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Dresdner Journal : 08.03.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-03-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190603086
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19060308
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19060308
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-03
- Tag 1906-03-08
-
Monat
1906-03
-
Jahr
1906
- Titel
- Dresdner Journal : 08.03.1906
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Frankreich. Pari«, 7. März. Deputiertenkammer. In der Vormittagssitzung beriet die Kammer über die Inter pellation wegen der kirchlichen Inventaraufnahmen. Pltchon (Ralliierter) interpelliert wegen de« blutigen Zwischenfall« bei der Inventaraufnahme in Boeschhvpe. Er erklärt, da« Trennungsgesetz habe statt zur Beruhigung zu Morden geführt Guieyffe (Radikal) fragt, ob die Regierung e« zulasten werde, daß sich ein Herd für Be unruhigung bilde. Die Klausel betreffend die Inventarauf nahmen verdanke man übrigens den Progressisten. (Diese erheben lebhaften Widerspruch) Guieyffe fährt fort, es sei wichtig zu wissen, ob da« Gesetz durchgeführt und ob die Regierung vor einem fremden Souverän kapitulieren werde. E« sei sicher, daß die von den Katholiken be folgten Anweisungen au« Rom kommen. (Beifall« links, Widerspruch rechts ) Briand, der Berichterstatter über das Trennungsgesetz, erklärt unter großem Lärm auf der Rechten, daß die Opposition die Inventaraufnahme ver langt habe. Redner tadelt nachdrücklich die Provokationen des Klerus und fügt hinzu, er empfinde Sympathie und selbst Bewunderung für die Montagnards der Haute- Loire, die aufrichtig seien und ihren Glauben zu ver teidigen glaubten. Die Schuldigen seien die Hetzer, die Lügen verbreiteten; diese seien für die traurigen Ereig nisse verantwortlich. Es handle sich weniger um Fragen der Religion, als der Politik (Lebhafter Beifall links, Widerspruch rechts ) Von mehreren Seiten wird allge meiner Anschlag der Rede Briands verlangt, was mit 307 gegen 225 Stimmen angenommen wird. Lasies protestiert dagegen, daß Blut vergossen worden sei, und spricht die Ansicht aus, daß die Regierung mehr Takt und Mäßigung hätte zeigen tonnen. Abbs Lemire forderte die Negierung auf, sestzustcllellen, wer für den in Boeschspe verübten Mord verantwortlich zu machen sei. Er fragt, welche Maßnahmen die Re gierung zu ergreifen gedenke, um die Widerkehr solcher beklagenswerten Vorfälle zu verhindern und tadelt den Minister des Innern Dubief, weil er den Beamten vor geschrieben habe, die Inventaraufnahme vor dem 15. März zu beendigen Der Minister erwidert, er habe dies getan, um dem Zustand der Beunruhigung und Erregung ein Ende zu machen. Lemire gibt zurück: Man schafft eine gewalttätige Erregung und damit eine öffentliche Gefahr (Heftiger Widerspruch aus der Rechten); die Regierung will keinen Religionskriez führen, wir auch nicht. Dubief erklärt sodann: Nichts ließ das blutige Unglück in der Kirche von Boeschöpe vorhersehen. Um den Beamten vor den Angriffen der Menge zu retten, haben die Gen darmen und der Sohn des Beamten Reoolverschüste ab gegeben. Wer an dem todbringenden Schuß schuld ist, ist unbekannt Die Regierung muß das Gesetz zur An wendung bringen, sie hatte mit den Agitationen nicht ge rechnet. Sie wird mit verdoppelter Besonnenheit und Mäßigung vorgehen, es kann aber keine AuSfolgung von Kirckenvermözen geschehen, solange die Inventare nicht fertiggestellt sind. (Beifall links.) Ribot erkennt an, daß die GüterauSfolgung vor der Inventarisierung nicht vor sich gehen könne; die Negierung hätte jedoch die Durchführung der weltlichen Verwaltung abwarten sollen. Ein Gesetz, das den Bischöfen das Kirchenregiment zu gestehe und ihnen die Nutznießung der Kultusgebäude belaste, fei kein gewalttätiges Gesetz. (Beifall.) Die Kammer beschließt mit 275 gegen 211 Stimmen den öffentlichen Anschlag der Rede Ribot, ebenso daß die Rede des Abbs Lemire und mit 313 gegen 257 Stimmen, daß die des Ministers Dubief überall angeschlagen werden soll. Lerolle (von der Rechten) führt aus, die Katholiken machten bei ihrem Widerspruch gegen die Inventarisierung nur von ihrem Rechte Gebrauch Die Regierung habe ungesetzlich gehandelt, mdem sie die Kirchentüren habe einschlagen und die ehren wertesten Leute verhaften lasten. Die Regierung sei weit von Versöhnlichkeit entfernt, greise vielmehr zur Gewalttat. — Hierauf wird die Debatte geschlossen; Minister präsident Rouvier erklärt, er könne in einen Aufschub der Inventaraufnahme nicht willigen. Er werde das Gesetz zur Anwendung bringen, aber mit Besonnenheit, Takt und Klugheit, von dem Wunsche beseelt, den öffentlichen Frieden zu sichern. Der Ministerpräsident nimmt eine Tagesordnung Peret an, welche die Erklärungen der Re gierung billigt. Die von Peret eingebrachte Tages ordnung, welche die Erklärung der Regierung billigt, wird mit 267 gegen 234 Stimmen abgelehnt. Ministerpräsident Rouvier erklärt darauf, die Regierung habe an der Verhandlung kein Interests mehr und ver läßt den Saal; ihm folgen die übrigen Minister. über diese Tatsache sehr den Kopf zerbrochen und vor läufig keine bester« Erklärung dafür gefunden, als daß die Entstehung des verborgenen Bildes auf der Glas platte aus einer elektrochemischen Wirkung beruhe, wo durch gewisse Molekularkerne erzeugt werden, um die sich dann das sichtbare Bild bei der Entwickelung nach und nach ausbaut. Diese Deutung tlingt sehr gelehrt und deshalb unverständlich. * Psychologen und Soziologen setzen zumeist voraus, daß das Gehirn der Naturvölker eine andere Beschaffenheit besitze als dasjenige der Kultur völker. Auch manche Anatomen und Physiologen neigen dieser Auffassung zu. Eine Entscheidung ist noch nicht erreicht worden in dieser interessanten Frage, die noch eine andere weit zurückgreifende Bedeutung hat. Die Gehirne unserer europäischen Vorfahren lasten sich nicht mehr zur Stelle schaffen, und doch liegt die Frage zu nahe: Wie verhielten sich gerade die Stammeltern in dieser Hinsicht? Läßt sich in den Zustand des Gehirns der sogenannten wilden Rasten ein genauer Einblick gewinnen, dann ist davon auch ein Licht zu erwarten für unsere eigene Vorgeschichte Von diesem Gesichts punkte aus sei auf die Ergebnisse eines kompetenten Beobachters hingewiesen, der vier Gehirne an Feuerländern genau untersucht und mit Europäer gehirnen verglichen hat. Die Untersuchungen sind an der Universität in Buenos Aires von vr Ehr. Jakob gemacht worden. Das allgemeine Ergebnis stellt sich nun in folgender Weise dar. Die vier Gehirne der Feuerländer befinden sich vollständig auf gleicher Höhe mit dem mittleren Entwickelungszustande der Europäer gehirne. Sie variieren um «inen idealen Typus, wie alle Gehirne. Diese Angaben stimmen mit denen von Seitz und Manouvrier überein und zeigen aufs neue, daß alle Nationen, die man heute als zivilisierte bezeichnet, seit 2000 Jahren die gleiche Beschaffenheit aufweisen wie die Feuerländer. Zwar ist das Organ des Geistes in seinem Aufbau und in seinem Gewicht sehr variabel, aber Rastenunterschiede hat man bis jetzt auch bei den europäischen Völkern vergebens gesucht. Die Gehirne der Esthen, Letten und Polen, verglichen mit der Gehirnform anderer Völkerschaften lasten keine Unterschiede erkennen. Die übereinstimmenden Züge in dem Obcrflächenbau des Gehirns sind von so eklatanter Art, daß man versucht sein könnte, auf Grundlage der Beobachtung zwei einander so fremd gegenüberstehcnde Volksstämme, wie die Letten und Polen, geradezu als raflenverwandt, ja unmittelbar als Brüder zu erklären. Die „Polit anthropolog Revue" (Februar 1906) bemerkt dazu: Rasteunterschiede in der Grhirnform bei Europäern können nur dann festgestellt werden, wenn möglichst rassereine Individuen der nordischen, Rouvier überreichte Fallivre« die Demission des Kabinetts FallisreS nahm dieselbe an und bat den Minister, zur Erledigung der laufenden Sachen einst weilen im Amte zu bleiben. FallisreS wird morgen mit den Präsidenten des Senat« und der Kammer Be sprechungen haben. Unter den für das Ministerpräsidium in Betracht kommenden wird Millerand genannt, der Rouvier er suchen würde, das Portefeuille des Äußern zu behalten. daß da« serbische für die Ausfuhr bi« zum 1. März angemeldete Vieh, da« durch die Grenzsperre aufge- hallen wurde, auSgeführt und ebenfalls nach dem alten Vertragstarif verzollt werde. Die serbische Regierung, so wird von derselben amtlichen Stelle erklärt, habe das Viehkontingent, das nach den alten Vertragssätzen zu verzollen gewesen wäre, angegeben. In der letzten Antwort der österreichisch ungarischen Regierung sei nur die Forderung der Verzollung nach dem Vertrags tarif für nach Serbien bestimmte aber in Semlin auf Lpanien. San Sebastian. Der tlbertritt der Prinzessin Ena von Battenberg zur katholischen Kirche hat gestern in der Kapelle von Miramar stattgefunden Der Bischof von Nottingham hielt den Gottesdienst, Niinister präsident Moret und der Herzog von Alba fungierten al« Zeugen Eine Geschützsalve kündigte den Schluß der Feierlichkeit an Später fand ein Frühstück statt, an dem alle Persönlichkeiten, die der Feier beigewohnt hatten, teilnahmen — Se. König! Hoheit Prinz Albrecht von Preußen, Regent von Braunschweig, ist gestern nach mittag in Paris eingetroffen Am Bahnhofe hatten sich der Botschafter Fürst Radolin mit den Herren der Botschaft zur Begrüßung eingesunden. Um 8 Uhr reiste der Prinz-Regent nach San Sebastian weiter. «rotzbritannte«. London. Bei dem gestrigen Jahresbankett der vereinigten Handelskammern hielt der Deutsche Botschafter eine Rede, worin er u. a -sagte, die Handelskammern hätten sich in letzter Zeit eine neue Ausgabe gestellt, wozu jeder wohlmeinende ehrliche Mann sie nur beglückwünschen könne. Es scheine ihm eine be zeichnende Tatsache zu sein, daß die Handelswclt durch ihre Hauptvertreter jetzt ernstlich und warm für gute Beziehungen zwischen allen Nationen eintrete, besonders für die zwischen solchen Nationen, die des öfteren als Rivalen auf dem Gebiete des Handels angesehen werden. — Im Laufe der gestrigen Weiterberatung über das Marinebudget im Unterhause erklärte der Zivillocd der Admiralität, Lambert: Wenn für die Bedürfnisse der Flotte und für die Verteidigung des Reiches zur See die Flottenbasis in Nosyth nötig ist, so wird mit der Schaffung dieser Basis natürlich vorgegangen werden, aber wenn sie dafür nicht nötig ist, wollen wir hierfür kein Geld verschwenden. Ruhland. Helsingfors Der Senat beendete vorgestern die Beratung betreffend die neue Landesverfassung und das allgemeine Stimmrecht für Finnland. Da nach wiro das aktive und passive Wahlrecht allen Staats angehörigen beider Geschlechter erteilt, die das 24 Lebens jahr vollendet haben Serbien. Belgrad Skupschtina Bei Eröffnung der gestrigen Sitzung erklärte der Ministerpräsident Stojano- witsch, daß die Forderungen Österreich-Ungarns schwere seien Da die Opposition obstruiere, erblicke die Re gierung in der Demission den besten Ausweg aus der Lage. Hierauf wird die Sitzung vertagt Der erste Vizepräsident der Skupschtina Katitsch hat sein Abgeordnetenmandat niedergelegt. — Von amtlicher Seite wird erklärt, der öster reichisch-ungarische Vorschlag habe folgende Be dingungen enthalten: Mit dem Außerkrafttreten des Handelsvertrags erlischt die Veterinärkonvention. Das Provisorium wird auf dem beiderseitigen Meistbegünsti gungsrechte basiert. Prinzipiell bleibt die Grenzsperre für Vieh bestehen, nur verspricht die österreichische Ne gierung von Fall zu Fall serbische Viehtransporte zuzu lassen. Für diese Fälle würde das bisherige Vorgehen beobachtet werden. Ein- und Durchfuhr von Fletsch und Viehprodukten ist prinzipiell gestattet. Die Prove nienzen aus Österreich, die bis zum 1. März die Grenzen erreicht haben, sollen nach dem Vertragstarif verzollt werden Für die Einfuhr von serbischem Vieh und Fleisch gelten die Sätze der Meistbegünstigung. Die serbische Regierung habe sich bezüglich der Meistbe günstigung einverstanden erklärt unter der Bedingung, daß dl« Viehgrenzsperre prinzipiell fallen gelaffen werde, sie habe ferner ihr Einverständnis damit erklärt, daß die österreichischen Provenienzen, die bis zum 1. März das serbische Gebiet erreicht hätten, nach den alten Ver tragssätzen verzollt würden, jedoch unter der Bedingung, gehaltene Waren fallen gelassen worden Alle übrigen Bedingungen habe Österreich-Ungarn unverändert auf rechterhalten. Die serbische Regierung habe dieselben nicht annehmcn können. Als ungercchtfertigtste Forderung Österreich-Ungarns falle in die Augen die Aufrecht haltung der Viehgrenzsperre und Abhängigkeit der ser bischen Viehausfuhr vom Belieben der österreichisch ungarischen Regierung, endlich die Zumutung, Serbien solle die österreichisch-ungarischen Provenienzen nach dem alten Vertragstarif behandeln, während Österreich für serbisches Vieh und Fleisch autonome Sätze anwenden will, die siebenmal größer seien. Marokko. Algeciras. („Agence HavaS") Von vielen wird angenommen, die heutige Sitzung der Konferenz werde einen endgültigen Charakter haben, ohne indessen die letzte zu sein. Man nimmt allgemein an, wenn eine Verständigung als unmöglich erkannt werden sollte, würde es genügen, am Sonnabend eine Sitzung zur An nahme des VertagungsprotokollL abzuhalten Diese Eventualität ist indessen noch sehr unwahrscheinlich Die Bemühungen zur Herbeiführung einer Einigung werden noch sortdauern, obgleich die deutschen Vertreter keine Absicht kundgeben, den französischen Interessen die ge ringsten Konzessionen zu machen. Man spricht von einem vermittelnden Vorschläge, der von Österreich-Ungarn ein gebracht werden würde. Es ist nötig, diese Gerüchte mit Vorbehalt aufzunehmen, nicht weil sie unwahrscheinlich sind, sondern weil die Umstände alles ändern können, und weil niemand, nicht einmal von den Delegierten, weiß, was in der morgigen Sitzung eingebracht werden wird. Man müsse sich darauf beschränken, die Lage in folgender Weife zusammenzufassen: Wir sind der Ent scheidung nahe. Vielfach hofft man, daß sie heute ein- treten werde; man kann sogar sagen, daß die Hoffnung auf eine glückliche Lösung auf verschiedenen Seiten wieder erwacht. Kom Landtage. Dresden, 8. März. Heute hielten beide Kammern der Ständeversammlung Sitzungen ab. Der Sitzung der Ersten Kammer wohnten am Regierungstische Ihre Exzellenzen die Staatsminister I)r. Rüger und v. Schlieben, sowie eine Anzahl Kommissare bei. Auf der Tagesordnung standen außer dem Registrandenvortrag zunächst drei Petitionen: Die Petition des Vereins für Sächsische Volks kunde in Dresden um Überlassung fiskalischer Räume zur systematischen Aufstellung von Museumsgegenständen, ferner die Petition des ehemaligen Eisenbahnpackers Johann Georg Ernst Fischer in Werdau um Erhöhung seiner Ruhe stand sbezüge und endlich die Petition des Volks schullehrers a. D. Max Seidel in Schneeberg um Rück gängigmachung der verfügten Dienstentsetzung. Die beiden ersten Petitionen wurden von der Kammer einstimmig der König!. Staatsregierung zur Kenntnis nahme, die letztere zur Erwägung überwiesen. Bei letzterer wies Staatsminister v. Schlieben darauf hin, daß hier das natürliche RechtSgefühl in Wider spruch zum formalen Rechte stände, daß das Ministerium aber dem Manne zu helfen geneigt sei und seinen Entschluß abhängig mache von dem Aus gange der mit dem Vertreter des Petenten geführten Verhandlungen. — Hierauf wurde in die Beratung des Kultusetats eingetreten (Berichterstatter Ober bürgermeister Geh Finanzrat a. D. Beutler). Zu Kap 93, evangelische Kirchen, eröffnete die De batte StaatSminister v. Schlieben: Da der Kultusetat von seinem Vorgänger und dessen Räten aufgestellt sei, so werde er nicht auf alle Punkte persönlich ant ¬ alpinen und mediterranen Raffe untersucht werden. Daß Esthen, Letten, Polen keine Unterschiede zeigen, ist nicht zu verwundern, denn diese bedeuten keine Nasseunter- schiede. Solange man nicht lernt, Völker und Raffen genau zu unterscheiden, sind alle derartigen Untersuchungen und die daraus gezogenen Schlüffe wertlos. Nur um fangreiche Reihen von raffereinen Individuen können daher darüber entscheiden, ob in der äußeren Gehirn- sorm der Papuas, Neger, Mongolen, Alpinen, Mittel länder und der Nordländer typische Unterschiede bestehen. Literatur. * Aus der Feder Ernst v. Wildenbruchs erscheint binnen kurzem eine kleine Schrift über das Thema „Das deutsche Drama, seine Entwickelung und sein gegenwärtiger Stand". Die Schrift erscheint als sechstes Heft der von Hermann Gräf herausgegebenen „Beiträge zur Literaturgeschichte". Wildenbruch ergreift damit zum erstenmal das Wort, um sich theoretisch und kritisch über das deutsche Drama auszusprechen, zu dessen jüngster Entwickelung er selbst so zahlreiche und wichtige Beiträge geliefert hat * Rudolf Presbers „Nachtkritik", Lustspiel in drei Aufzügen, fand bei seiner Uraufführung im Hoftheater zu Hannover eine sehr beifällige Aufnahme. Nach dem zweiten und dritten Akte mußte der Verfasser wiederholt vor der Rampe erscheinen. Trotz einiger Längen und Widersprüche machte di« Novität einen recht gefälligen Eindruck, besonders sprach der feingeschliffege Dialog im zweiten Akte an. Bildende Kauft. * Man sollte es nicht für möglich halten, daß eines der Hauptwerke Menzels während 62 Jahren ver schollen bleiben konnte. Im Jahre 1843, als der Meister bei seinen Verwandten, der Familie Martini, in der kleinen Stadt Jauer auf Besuch weilte (also im 28. Lebensjahre), malte er als Geschenk für den dortigen Schühenverein das große treffliche Ölbild: „Falke aus eine Taube stoßend"^ Er hat sich später nie in der fabelhaft sicheren Beobachtung so rascher Bewegungen und in so großzügigem Realismus übertroffen. Das Bild, auf eine massive Holztafcl von 1,17 bis 1,04 m gemalt, kam damals nie nach Berlin und geriet dann gänzlich in Vergessenheit. In keiner der Separataus stellungen sah man cS, in keinem der illustrierten Werke war e« enthalten, ja, e« lag sogar zeitweilig ohne Rahmen auf Dachböden. Es ist das Verdienst des Leiters der Menzel-Ausstellung von 1905, des Hrn. Pros v. Tschudi und seiner Helfer, daS Bild jetzt, 62 Jahre nach seiner Entstehung, an» Licht gebracht zu haben. Gleich darauf war es nochmals im Berliner Künstlerhaus ausgestellt und fand uneingeschränktes Lob der Presse. Bei der Gelegenheit fand sich auch ein Brief von der Hand Menzels vor, im Jahre 1887 an den da maligen Besitzer des Bildes in Liegnitz gerichtet, welch letzterer also kaum mehr die Urheberschaft Menzel« kannte. Der Brief lautet wie folgt: „Berlin, 13. Mai 1887. In der Tat habe ich damals, anfangs der vierziger Jahre, zu einem Festschießen jenes Vereins, dessen geladener Ehrengast ich wiederholt war, jenes von Ihnen geschilderte Scheibenbild gestiftet. Eine Sehnsucht, dasselbe wieder zu sehen, verspüre ich nicht in mir, wünsche gegenteils, daß jener Verein — was mir auch nicht mehr erinnerlich — recht viele gute Schützen unter den Seinen gezählt, die daS OpuS in Rede mit recht vielen Kugelspuren geschmückt haben mögen! gez. Menzel" Tatsächlich waren denn auch auf das Bild einige Schüsse abgegeben worden, und dem besten Schützen siel es als Eigentum zu. Die Kugclspurcn, meist in der Luft sitzend, richteten wenig Schaden an, sie sind neuer dings kunstgerecht beseitigt worden, und das Bild ist sonst viel besser erhalten, als die meisten der späteren Zeit, die leider vielfach reißen, so namentlich die der siebziger Jahre. Es wird als das größte der wenigen, noch im Privatbesitz befindlichen Ölbilder Menzels wohl demnächst der in Vervollständigung begriffenen Mcnzelsammlung der Berliner Nationalgalerie dauernd rinverleibt werden. Theater. * Wie aus Wien gemeldet wird, gilt als aussichts reicher Kandidat für den Posten des Hoftheater- intendanten in Mannheim, von dem Hr. Hofmann bekanntlich zurücktritt, Hermann Nissen Konzert. Der Gesangverein der StaatSeisen- bahnbeamten (Leitung: Paul Funger) hielt gestern abend im Saale des Gewerbehauses sein übliches (Winter-) Konzert ab, das befremdlicherweise nicht besonders be sucht war und dabei doch ein abwechselungsreiche« und unterhaltendes Programm bot Eingeleitet wurde die Veranstaltung, der übrigens aber in allen Teilen die wohlverdiente, anerkennende Würdigung seiten der Hörer schaft zuteil wurde, von der Gewerbehauskapelle unter Hrn. Willy OlsenS Leitung mit einer trefflichen Wiedergabe der Ruy BlaS Ouvertüre von Mendelssohn. Dann betrat die Sängerschaft des konzertierenden Vereins das Podium und eröffnete den Reigen der weiteren Darbietungen mit dem schwungvollen Vortrag der „All- macht" in der Schubert LiSztschen Bearbeitung sür Männerchor, Tcnorsolo und Orchester. Zeigte sich schon hier die künstlerische Leistungsfähigkeit des Chore« im besten Lichte, so war die« gleicherweise dann in den Worten; das Prinzip seiner Amtsführung werde zunächst sein, in den Bahnen seines Vorgänger» weiterzugehen, dem man ja nachgerühmt habe, daß er in religiösen und konfessionellen Fragen eine zarte Hand betätigt habe. Herauf dankt Hr. Oberhof prediger I). vr. Ackermann der Staatsregierung für die Einstellung der Gehaltszulagen der Geistlichen und der Zweiten Kammer für die Anerkennung, die sie der Tätigkeit der Geistlichen gezollt habe; daß die Petition des Pfarrers Sachse nicht in vollem Umfange Be rücksichtigung gefunden habe, bedauere er, da sich inhaltlich nichts gegen sie einwenden ließe. Hr. Geh. Kirchenrat vr. Pank äußerte den Wunsch, daß man, wenn man die Petition Sachse nicht voll berücksichtige, doch dahin gelangen möge, wenigstens bei einem Teile der Geistlichen die im Hilfsdienste zugebrachten Jahre vom 25. Lebensjahre an nach erfolgter Ordi nation bei Gewährung der Alterszulagen mit in An rechnung zu bringen. Denn es sei bedauerlich, daß diejenigen Geistlichen, die lange in dem für sie übrigens beruflich sehr vorteilhaften Hilfsdienste tätig gewesen wären, später materiell schlechter ge stellt sein sollten als die, denen es geglückt sei, bald ständige Anstellung zu finden. Darauf erklärte Staats minister v Schlieben, daß er den totalen Ablehnungs standspunkt des Kultusministeriums zugunsten des 30 Lebensjahres abzumindern bestrebt sein werde. Hierauf nimmt die Kammer den zu Kap 93 ge stellten Deputationsantrag einstimmig an. Bei Schluß der Redaktion berichtet Hr. Oberbürger meister Geh. Finanzrat a D. Beutler zu Kap 94^, Fürsten- und Landesschulen Die Zweite Kammer beschäftigte sich in Gegen wart Ihrer Exzellenzen der Herren Staatsminister v. Metzsch und ivr. Rüger sowie von Regierungs kommissaren zunächst mit der Schlußberatung über den schriftlichen Bericht der Rechenschastsdeputation über Kap. 16 und 16a des Rechenschaftsberichts auf die Finanzperiode 1902/03, Staatseisen bahnen und Zittau—Reichenberger Privat bahn betreffend. Der Berichterstatter Abg. Grumbt sprach der Leitung des Finanzministeriums und den Eisenbahnbeamten die Anerkennung der Deputation für ihre Geschäftsführung aus und hob hervor, daß, wenn bisher bei diesen: Etat nicht alle Wünsche hätten erfüllt werden können, in nicht allzu großer Ferne bei der Besserung der finanziellen Lage des Staates ihnen Nechnnng getragen werden würde. Abg. Goldstein bemerkte, esmöge nicht an unrechter Stelle, besonders an Arbeitslöhnen gespart werden. Staats minister vr. Rüger wies die Behauptung zurück, daß etwa an Arbeitslöhnen gespart worden sei. Man habe auch in schlechten Zeiten für die Arbeiter getan, was nach Lage der Verhältnisse möglich war. Wenn z. B. den Werkstättenarbeitern weniger Lohn gezahlt worden sei, so sei dies wegen der geringeren Vor nahme an Bauten geschehen. Entlassungen seien nicht vorgenommen worden. Nach einer kurzen weiteren Be merkung des Abg. Goldstein wurden die Etatüberschrei tungen bei Kap. 16 und 16a nachträglich genehmigt. Der nächste Gegenstand war die Schlußberatung über den mündlichen Bericht der Finanzdeputation über Kap. 29 und 30 des ordentlichen Staatshaushalts- etatS für 1906,07, Landtagskosten und Steno graphisches Institut betreffend, sowie über den Antrag derselben Deputation zu Kap.29, die Wieder einsetzung einer Zwischendeputation für den Ständehausneubau betreffend. Den Bericht er stattete Abg. Facius. Abg. Hähnel gab hierbei einen Überblick über die Tätigkeit der bisherigen Zwischen deputation für den Ständehausneubau seit dem letzten Landtage und befürwortete auch für die nächste Zu kunft die Wiedereinsetzung einer Zwischendepntation. Abg. Ulrich berührte die Frage des Landtagsjchlusses und sprach den Wunsch aus, daß die Arbeiten in der Ersten Kammer so gefördert würden, daß der Schluß zu Ostern möglich sei. Präsident vr. Mehnert teilte daraufhin mit, daß die Erste Kammer in aller- a capella-Gesängen der Fall, die ja immer den Prüfstein abgeben, wenn es sich um die Beurteilung der gesanglichen Schulung größerer Vokalkörper handelt. Dabei trat auch die schlichte, ungekünstelte Art des Vortrags, die ihrer seits wieder den gesunden, natürlichen Stimmklang an genehm zur Geltung kommen ließ, von neuem recht er freulich zutage. Und sie ist es auch, die den Verein besonders sür das einfachere, mehr volkstümliche Genre, bei aller Wahrung der Eigenschaften künstlerisch zu be wertender Leistungen, berufen erscheinen läßt Die Wieder gabe von Kremsers prächtigem „Der Frühling kommt" mit einem von den Herren Schröder, Marx, Zcrbka und Mühle sehr hübsch gesungenen Soloquartett- Refrain, alsdann von Hugo Jüngst« reizender kroatischer Volksweise „Bei der Nacht im Mondenschein" und von Baldamus' immer seiner Wirkung sicherem „Zu Noma auf den Gaffen", daS es, bei geschmackvoller Abtönung und Pointierung, mit Recht zum äa espo brachte, u. a legten Zeugnis dafür ab. Aber, wie schon angedeutet, bestritt der Verein die Kosten der Unter haltung nicht allein. Der Mitwirkung der Gewerbe hauskapelle wurde bereits gedacht, sie spielte außer der Ruy BlaS-Ouvertüre aber noch die Schubertsche zu „Alfonso und Estrella", überdies bereicherte jedoch der Sänger des Tenorsolo der „Allmacht", Hr. Fritz Klar- Müller, Königl Opernsänger aus Wiesbaden, die Vor- tragSordnung noch mit einer Reihe von Liederspcnden, bei denen ihn Hr. Karl Pretzsch, wie immer ganz ausgezeichnet, am Klavier assistierte. In dem Debütanten machte man, das sei vorangeschickt, eine recht angenehme Bekanntschaft. Seine Stimme ist nicht groß, gibt aber besonders für den Liedgesang durchaus genügend au« und wird von dem Sänger mit Geschick und Geschmack verwendet Namentlich in Liedern von intimerer Stimmung wie in Rückauss „Lockruf" und Rob. Franz' „Stille Sicherheit", in denen er mit einem schönen merz» voc» und piano aufwartcn konnte, erzielte er künstlerische Wirkungen. O. S. * Dritte Deutsche Kunstgewerbeausstellung Dresden 1906. An den Arbeiten der Ausstellung hat sich in hervorragender Weise die einheimische Firma für Eisenhochbau Kelle u. Hildebrandt beteiligt. Sie hat e« übernommen, als Ausstellungsobjekt die gesamten Eisen- konstruktionen der Halle herzustellen, die bestimmt ist, eine Reihe zweckmäßiger Ladeneinrichtungen im Betrieb« vorzuführrn. Es ist sehr erfreulich, daß gerade sür diesen Teil der Naumkunstausstellung auch das um rahmende Gebäude den Charakter der neuzeitlich-groß- städtifchcn Durchbildung bekommt und so ein einheitlicher Eindruck erzielt werden kann.
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