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das Unwägbare, etwa Wechsel und Kontrast von Licht, Farben und Geräuschen. Seine Tonsprache will aber nicht Ausdruck sein, sondern sie will Impressionen, empfangene Eindrücke wiedergeben, übermäßige Dreiklänge, Septimen- und Nonenakkorde, Quarten- und Quintenparallelen, die exotische Ganztonskala — das ist Debussys Handwerkszeug, mit dem er an der überkommenen tonalen Ordnung rüttelte. Die Sonate für Flöte, Bratsche und Harfe (1916) ist eine von Debussys letzten Schöpfungen. „Es sind die kostbarsten Gaben eines Künstlers, der seinem kran ken Körper Gebilde von wundervoller Führung der Linien als einem gelösten Spiel tönend bewegter Formen abringt. Er plante sechs Sonaten für verschie dene Instrumente. Es war ihm jedoch nur vergönnt, die Cello- und Violinsonate, das Trio für Flöte, Bratsche und Harfe zu vollenden, von dem Debussy sagte, ,daß er nicht wisse, ob man dabei lachen oder weinen soll — vielleicht beides . . " (Armand Hiebner). Typisch für das dreisätzige Opus sind die alle Konventionen durchbrechenden. Harmonien mit ihrer schwebenden Mehrschich tigkeit, ihrer nervösen Beweglichkeit, das bei aller Freizügigkeit durchgeformte Melos, die arabeskenhafte Thematik und die feinnervige Rhythmik. Zu den dankbarsten und beliebtesten Kompositionen dieses Genres gehört Franz Schuberts, des großen deutschen Liedmeisters, Konzertstück „Der Hirt auf dem Felsen" für Sopran, obligate Klarinette und Klavier (postum als op. 129 veröffentlicht). Schubert komponierte dieses Werk im Oktober 1828 für die Sängerin Anna Milder-Hauptmann, die es jedoch erst nach seinem Tode erhielt und es im März 1830 in Riga erstmals vortrug. Es war ganz auf die Individualität der Sängerin zugeschnitten; die Gesangsmelodie weist einen ziemlich beträchtlichen Umfang und große Sprünge auf und zeigt allgemeine Brillanz. Die textliche Vorlage bildet das Gedicht „Der Berghirt“ von Wilhelm Müller, in das allerdings als Mittelteil („In tiefem Gram verzehr ich mich") eine recht wesensfremde Strophe von Helmina von Chezy, der Librettistin von Webers „Euryanthe", eingefügt wurde. Der Reiz des dreiteiligen Stückes liegt in seinem anmutigen Naturton, seiner quellenden, von der Soloklarinette schmeichelnd umspielten Melodik. Nach idyllischem Beginn führt der g-Moll-Mittelteil unver mutet in eine melancholisch-gefühlvolle Stimmung, doch voller Jubel über den kommenden Frühling klingt das Werk in beschwingter Fröhlichkeit aus. Paul Hindemiths, dieses großen Repräsentanten der neuen Musik, musikgeschichtlicher Position und Leistung sind heute längst nicht mehr um stritten; sein Schaffen gehört zu den Großtaten der Musik unseres Jahrhunderts. In seiner Sturm- und Drangzeit, in den Jahren 1921 bis 1926, durch seine mut willigen kompositorisch-stilistischen Experimente zu einem musikalischen »Bür gerschreck" geworden, machte er seit etwa 1931 eine künstlerische Entwicklung durch, die ihn schließlich zu einer absolut abgeklärten, seriösen Position führte bei weitgehender Rückkehr zu den tonalen Traditionen der Musik. Seine unge wöhnliche musikalische Potenz, seine rhythmische Kraft, sein melodischer Ein fallsreichtum, die er in seinen ungemein zahlreichen Kompositionen für alle Gattungen der Kammer-, sinfonischen, oratorischen und dramatischen Musik demonstrierte, ließen ihn zum jüngsten Klassiker der deutschen Tonkunst werden. Die „Kleine Kammermusik für fünf Bläser op. 24, Nr. 2" stammt aus dem Jahre 1922. Hindemith schrieb dieses Werk, das Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott vereinigt, für die Frankfurter Bläservereinigung. Die spielfreudige, origi nelle Komposition reiht fünf Sätze nach dem Muster etwa der barocken Tanz- Suite locker aneinander. Nach einem marschartigen Einleitungssatz (Lustig) wird in einem leicht parodistischen kleinen Walzer besonders die Pikkoloflöte effektvoll eingesetzt. „Ruhig und einfach" ist der dritte Satz überschrieben, dem noch ein ganz kurzer, mehrfach im Tempo wechselnder vierter Satz (Schnelle Viertel und ein unmittelbar anschließender, sehr lebhafter Finalsatz im bzw. 9 / 4 -Takt folgen. U. H. / 11 D. H. 111/9/14 EMZ 165 1 It-G 099/11/65