Suche löschen...
Dresdner Journal : 31.01.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-01-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190601314
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19060131
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19060131
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-01
- Tag 1906-01-31
-
Monat
1906-01
-
Jahr
1906
- Titel
- Dresdner Journal : 31.01.1906
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugspreis. V«im Bezuae durch die Heschäst»fteue innerhatS Ar,»de«» 2,so M (einschl Zuiragvngi, durch di« ^»D t« Deutschen Reiche 3 M. (autschließtikb Bestellgeld) vierteljährlich Einzelne Nummern 10 Ps Wird Zurückfendung der für die Schristleitung bestimmten, «der von dieser nicht ciu- aefordenen Beiträge bean- spruchl, fo ist das Postgeld beizufügen. Dresdner W Journal. Herausgegeben von der König!. Expedition des Dresdner Journals, Dresden, Große Zwingerstraße 20. — Fernspr.-Anschluß Nr. 1295. Erscheine«? Werktags nachm ö Uhr. — Originalberichte »nd Mitteilungen dürfen nvr mit voller Quellenangabe nachgedruckt werden Ankündtgn«,»gebühre«: Die Zeile kleiner Schritt der 7 mal gespaltenen Ankündi- gunaS Seite oder deren Naum 20 Pf Bei Tabellen und Ziffern sag ü Ps. Ausschlag für die Zeile Unterm Re» daktiontstrich (Eingesandt) oie Textzeile mittler Schrift oder deren Raum so Pf. Gebühren - Ermäßigung bei öfterer Wiederholung. Annahme der Anzeigen bi» mittags 12 Uhr für die nach» mitta gt erscheinende Nummer. ^ss Mittwoch, den 31. Januar nachmittag. 190« Amtlicher Stil. Auf Allerhöchsten Befehl wird wegen erfolgten Ablebens Sr. Majestät des Königs Christian IX. von Dänemark am König!. Hofe die Trauer auf drei Wochen vom 30. Januar bis mit 19. Februar d. I. angelegt Se Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Vorstande der Zollabfertigungsstelle am Güterbahnhofe Dresden-Altstadt Revisionsoberkon trolleur Zollinspektor Creutz bei seinem Übertritte in den Ruhestand den Titel und Rang eines Kommissionsrats zu verleihen. Ernennungen, Versetzungen re. tm öffent liche« Dienste. Am «eschLftsbereiche dr» Ministeriums des Annern. Zur Untersuchungsanstalt beim Hygieni schen Institut versetzt: Expedient Eckenbrecht von der Amtshauplmannschast Dippoldiswalde Behördl. Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile nichtamtlicher Teil. Tagrsgeschichte. Dresden, 31. Januar. Se. Majestät der König begab Sich heute früh 8 Uhr 23 Min. ab Hauptbahnhof, begleitet von einigen Herren, nach Klingenberg zur Hochwildjagd auf Spechtshausener Revier Die Rückkehr Sr. Majestät erfolgt heute nachmittag 5 Uhr 8 Min. Dresden, 31. Januar. Ihre König!. Hoheit die Prinzessin Mathilde und Ihre Durchlaucht die Prinzessinnen Hermine und Ida von Reuß ä. L. wohnten heute nachmittag der zum Besten des Vincentiusvereins im Residenztheater veranstalteten Aufführung des Märchens „Prinzessin Wunderschön" bei. Deutsches Reich. Berlin. Gestern vormittag besuchte Se. Majestät der Kaiser den Reichskanzler Fürsten Bülow und hörte später im hiesigen Königl. Schlöffe die Vorträge des Chefs des Militärkabinetts und de» Chefs des Admiral stabs der Marine. Abends wohnte der Monarch in Be gleitung der Prinzen Heinrich und Eitel Friedrich von Preußen beim Minister v. Budde einem Vor trag bei. Geh. Oberbaurat Müller sprach über die Entwickelung der Elsenbahnbetriebsmittel in den letzten 25 Jahren Unter den zahlreichen Geladenen befanden sich der Reichskanzler, die preußischen Minister vr. Studt, Schönstedt, v. Bethmann-Hollweg, Befeler, vr. Graf v Posadowsky, der Präsident des Reichseisenbahnamts, Schulz, Ballestreni, Kröcher, verschiedene Generale u. a Nach dem Vortrag zog der Kaiser viele Anwesende ins Gespräch. — Das ÄrmeeverordnungSblatt veröffentlicht einen Armeebefehl Sr Majestät des Kaisers, wo durch, um das Andenken des Königs von Dänemark zu ehren, bestimmt wird, daß sämtliche Offiziere der Armee fünf Tage und die des 6. Ulanenregiments, deffen Chef der König war, drei Wochen Trauer anzu- lcgen haben Eine Deputation des Regiments hat an der BeisctzungSseierlichkeit teilzunehmen. — Die „Nordd. Allg. Ztg" begleitet das Hin scheiden des ehrwürdigen Dänenkönigs mit folgenden Worten: Mit inniger Teilnahme wird die Kunde von dem Hin scheiden des dänischen Königs auch in Deutschland aus genommen. Se Majestät der Kaiser betrauert in dem Ver ewigten einen treuen Freund, der mit unserem Monarchen durch Bande gegenseitiger hvher Wertschätzung verknüpft war. Mehrer« demfche FürstenySuier standen mit König Christian in engen verwandtschaftlichen Beziehungen und blickten zu ihm mit Empfindungen warmer Hingebung empor Aber auch io weiteren Kreisen genoß der greise Monarch aufrichtige Verehrung. In langer Regierung hat der nun aus dem Erdealeben Abberufene mit Weisheit seines hohen Amtes ge waltet, vier Jahrzehnte hindurch seinem Lande den Frieden bewahrt und damit die erste Vorbedingung für eine gedeih liche Entwickelung deS Volkes gesichert. Der hohe Stand der Wohlfahrt und Kultur, die jedem Besucher Dänemark- in die Augen sällt, ist wesentlich der unablässigen Fürsorge zu danken, die unter König Christians Regierung der förderlichen Wirk samkeit deS Staates auf allen Gebieten deS öffentlichen LebeuS zuteil geworden ist. Unter regster Mitwirkung des begabten dänischen Volkes zu reicher Blüte entfaltete wirtschaftliche Verhältnisse haben eine feste und gesunde Grundlage geschaffen für die Ausbildung des Schulwesens und für dir Pflege aller wichtigen Zweige kultureller Bestrebungen Nach außen hin war König Christian seit Jahrzehnten bestrebt, freundschaftliche Beziehungen zu unterhalten Insbesondere Hai unter wesent licher Teilnahme deS dahingeschiedenen Herrschers da- Ver hältnis zwischen Deutschland und Dänemark den Charakter aufrichtiger Freundschaft angenommen Ein segensreiche- Lebenswerk liegt in der durch da- Hinscheiden des Königs nunmehr abgeschlossenen Regierung Christians IX. vor der Geschichte da, die dem Verewigten da- Zeugnis nicht versagen wird, ein mit reichen Gaben der Natur ausgestatteteS Volk durch Weisheit und strenge Pflichterfüllung auf eine hohe Stufe der Wohlfahrt, der Bildung und Gesittung cmporgeführt zu haben. Mit dem Volke Dänemark- tritt auch Deutfchland ehrsurchtsvoll an die Bahre des Heimgegangenen Monarchen, dessen Vorbild seinem Nachfolger König Friedrich Lill alle zeit vorschweben möge, aus day auch über dem Walten des neuen Herrschers der Segen der Vorsehung ruhe!, — Die vereinigten Ausschüsse des Bundes rats für Justizwesen und für das Landheer und die Festungen hielten gestern eine Sitzung ab. — Im Reichs-Versicherungsamte wird auf Grund des von den BerusSgenoffenschaften und Jnvaliden- versicherungsträgern gelieferten Materials der Geschäfts bericht des Amtes für 1905 zusammengestellt. Der Bericht wird sich auch wieder ausführlich über die Er gebnisse der Rechtsprechung des Reichs-Versicherungsamts verbreiten. Ein besonderes Interesse wird er insofern haben, als er über die im letztverfloffcnen Jahre gezahlte Summe an Invalidenrenten wenigstens vorläufige Aus kunft geben wird. Bekanntlich konnte noch vor kurzem in der Nachweisung der RechnungSergebniffe der Ver sicherungsanstalten für 1904 festgestellt werden, daß die Jnvalidenrentenzahlungen des genannten Jahres sich gegen 1903 verringert hatten. Sobald der Geschäfts bericht des Reichs-Versicherungsamts für 1905 fertig gestellt sein wird, wird er sofort dem BundeLrate und Reichstage vorgelegt werden — Die „Köln. Ztg" schreibt: Es ist schwer ver ständlich, zu welchem Zwecke das Gerücht aufgebracht worden ist, daß um die Weihnachtszeit die Reichs verwaltung ein Vorgehen gegen die Sozialdemo kratie in Form eines Ausnahmegesetzes geplant habe, daß aber diese Maßregel wegen des Widerspruchs des Zentrums fallen gelassen worden sei. Das Un richtige dieser Nachricht geht an sich aus den in der letzten Zeit von dem Reichskanzler und dem preußischen Justizminister im preußischen Landtage abgegebenen Er klärungen hervor; auch braucht sich wirklich die Regierung bei der ihr bekannten Haltung des Zentrums und über haupt der großen ReichStagsmehrheit nicht noch zu ver- aewisiern, welche Ausnahme eine derartige Vorlage finden würde Es ist daher eigentlich überflüssig, wie wir aber nach unseren Erkundigungen tun können, festzu stellen, daß mit dem Zentrumsabgeordneten vr. Spahn in dieser Frage überhaupt nicht verhandelt worden ist. Derartige Gerüchte sind sicher nur geeignet, der Sozial demokratie Agitationsstoff zu liefern, und sollten deshalb am allerwenigsten von Zeilungsorganen verbreitet werden, die sich die Bekämpfung der Sozialdemokratie zur be sonderen Aufgabe machen. — Die „Badische LandeSztg." ergeht sich in einer heftigen Polemik gegen die Herrenhausredc des Reichskanzlers, weil dieser angeblich gesagt haben soll, daß er das liberal-sozialdemokratische Stichwahl bündnis in Baden tief bedauere, dagegen die Wahl bündnisse mit der Sozialdemokratie in Bayern nicht er wähnt kabe Demaeaenüber ist scstzustellen, daß Fürst Bülow nach dem stenographischen Berichte im Herren hause wörtlich folgendes ausführte: .Die Zeit ist zu ernst, als daß wir unS den LuxuS ge statten könnten. unS untereinander zu bekriegen. Dem AuS- druck dieser Überzeugung bin ich aber bisher leider noch viel zu selten begegnet. (Sehr wahr!) Im Gegenteil, während und nach den letzten Reichstagswahlen haben die bürgerlichen Parteien nur zu ost sich in den Haaren gelegen, sie haben sogar Wahlbündnisse abgeschlossen mit der Sozialdemokratie — (lebhafte Bewegung) zu meinem liefen Bedauern Bündnisse abgeschlossen mit der Sozialdemokratie, die ihrerseits alle bürgerlichen Elemente al- eine einzige feind- liche Masse betrachtet und behandelt. (Sehr wahr!) Für die Königl. StaatSregierung wie sür die bürgerlichen Parteien muß die Parole lauten: Gegen die revolutionäre Sozial demokratie!" Der Reichskanzler hat demnach nicht einzelne, sondern alle Wahlbündnisse mit der Sozialdemokratie bedauert. Daß er dazu ein volles Recht hatte, werden alle ein sichtigen Politiker zugeben Kiel. Wie hier verlautet, wird Se Majestät der Kaiser Sich von hier aus auf einem Kriegsschiffe nach Kopenhagen zu den Beisetzungsfeierlich keiten weiland Sr Majestät des Königs Christian IX. von Dänemark begeben. Oldenburg. In der gestrigen Sitzung des Land tags gab Staalsminister Willich die Erklärung ab, daß die oldenburgische Regierung demnächst eine Vorlage einbringen werde, welche die Einführung des direkten und geheimen Wahlrechts betreffe. Braunschweig. Die Regierung hat dem Land tage die offizielle Mitteilung zugehcn lassen, daß die durch den Rücktritt des Frhrn. v. Cramm- Burgsdorf erledigte braunschweigische Gesandt schaft in Berlin nicht wieder besetzt, sondern die Vertretung Braunschweigs im Bundesrate einem in Berlin wohnhaften Bundesratsmitgliede übertragen werden soll Tie Verhandlungen hierüber sind noch nicht ab- geschloffen. Detmold. Se. Majestät der Kaiser hat Se. Durchlaucht dem Fürsten zur Lippe bei seiner jüngsten Anwesenheit in Berlin den Roten Avlerorden 1 Klaffe verliehen Ebenso wurde daS Gefolge des Fürsten ausgezeichnet. Es erhielten: der Flügeladjutant des Fürsten, Oberst v. Malachowski den Roten Adler orden 3. Klaffe mit der Schleife, der Hofmarschall Graf v Rittberg den Roten Adlerorden 3 Klaffe und der Lippische HosstaatSsekretär Beermann den Kronenorden 4 Klaffe Der Fürst zur Lippe deko rierte den zum Ehrendienst bei ihm kommandierten Major v. Ribbeck vom 1. Garde-Ulanenregiment mit dem Ehren kreuz 3. Klaffe des Lippischen Hausordens und verlieh auch an andere preußische Untertanen mehrfache Aus zeichnungen Stuttgart. Wie in einem Teile der gestrigen Auslage unter den Drahtnachrichten bereits mitgeleilt wurde, setzte die Kammer der Abgeordneten gestern ihre Verhandlungen über die BersaffungSrevision fort und beschloß hinsichtlich der Zusammensetzung der Ersten Kammer, daß diese auS den Prinzen des Königlichen Hauses, den StandeS- herrrn und höchstens sechs vom König aus Lebenszeit ernannten Mitgliedern bestehen solle; ferner wurde die Mitgliedschaft von acht Mitgliedern des ritterschastlichen Adels unter Annahme eines entsprechenden Antrags der Ritterschaft mit öS gegen 21 Stimmen des Zentrums und der Sozial demokraten angenommen, sowie die des Präsidenten des evangelischen Oberkonsistoriums, des Präsidenten der evangc lischen Landessynode und der beiden Generalsuperintendcnten. Bezüglich der Vertretung der katholischen Kirche verzichtete das Zentrum auf die landständischen Rechte des Bischofs; cS wurde ein Antrag des Zentrums angenommen — gegen die Stimmen .der Sozialdemokraten —, wonach der Ersten Kammer angehören sollen rin Vertreter deS bischöflichen Ordinariats und ein von den katholischen Dekanen ouS ihrer Mitte gewählter Vertreter Genehmigt wurden serner je ein Vertreter der Landesuniversität in Tübingen und der Technischen Hochschule in Stuttgart. Ein Antrag v. Secken dorfs aus eine besondere Vertretung der Gemeinden durch drei Abgeordnete bez. aus Vertretung der drei größten Städte des Landes, Stuttgart, Ulm und Heilbronn, wurde abgelehnt. Ferner beschloß das Haus gemäß einem Antrag der Ritter schaft, drei Abgeordnete sür Handel und Industrie, drei sür Landwirtschaft und zwei Vertreter des Hand werks »uzulasien. Ein Antrag v Seckendorfs, wonach Kimst und Wissenschaft. König!. Opernhaus. Am 30. d. M zur Er innerung an den 150. Geburtstag Mozarts: „Don Juan". Oper in zwei Akten von da Ponte. Musik von W. A. Mozart. Dem „Figaro" folgte in dem Znklus Mozartscher Meisterwerke, den uns die König! Hofoper dankenswerter weise doch noch bietet, ordnungsgemäß der „Don Juan". Unter welchem Gesichtspunkte man das Werk immer be trachte, es ist und bleibt einzig in seiner Art, ein ge waltiges musikalisches Drama, gleich groß in seiner Individuen, nicht Typen oder Verkörperungen poetischer Ideen u. dergl. aus die Bühne stellenden musikalischen Charakteristik, wie m seiner ethischen Bedeutung. E» hat lange gedauert, ehe man die letztere richtig erkannte und noch heute mag eS manchen geben, der daS Sujet mit Beethoven für ein „skandalöses" hält, der nicht erkennt, wie nachdrücklich gerade hier auf das Bestehen einer sitt- licheu Wrltordnung hingewiescn wird. Ins Moderne gewendet, so lehrt untz ja der Verlauf des Stücke« nichts anderes, als daß auch des „Übermenschen" Drang, sich auszuleben, seine Schranken findet. Erft stellt sich ihm da« Recht der Persönlichkeit, da« eben auch im sogenannten „Herdenmenschen" lebendig ist, entgegen, dann greift das Schicksal selber mit seiner marmorkalten Faust ein Uns dunkt, es sei gleichsam eine Predigt über das Thema vom „ckis8ojuto punito" in dem Werke enthalten, und nur daß sie der Meister nicht al« „Moralprediger" hält, sondern al« genialer Künstler in farbensatte, lebensvolle Bilder kleidet, hat, meinen wir, verwirrend gewirkt. Wa« ficht es un« nun da an, daß da und dort in der Art der Darstellung nicht alles mehr unserem Zeitgeschmack entspricht, daß eine oder die andere Arie un» den Gang ver Handlung zu sehr aufhatr und was dergleichen, sagen wir cS nur, Kleinigkeiten sind. Auch beim großen Shakespeare und selber bei unseren Klassikern heißt cs ja, dies und das würde man jetzt anders machen. Hauptsache ist und bleibt es, den Blick für das Ganze, das Große und da« Entscheidende nicht zu verlieren, und das ist hier darin zu suchen, daß Mozart ein Künder echten, lebensvollen und lebenswarmen Menschentums war und darum unter die führenden Geister rangiert. Zur Aufführung der Oper kommend, so ftand auch sie, von Hrn Kutzschbach temperamentvoll geleitet, unter einem günstigen Stern. Alle Mitwirkenden waren sichtlich wieder von dem Gedanken erfüllt, eine „Fcstvorstellung" zu bieten. Vor allen ragten wieder der Don Juan des Hrn. Perron als eine in jeder Hinsicht bewunderns werte Leistung hervor, und Frau Abendroth darf mit Recht eine Vertreterin der Rolle der Elvira genannt werden, die nicht sobald ihresgleichen findet. O. S. Zeutraltheatcr. — Am30. d. M.: „Shylock" (Der Kaufmann von Venedig). Schauspiel in vier Akten von W. Shakespeare (Zweites Gastspiel Ermete Novelli«) Bei dem gestrigen zweiten Gastspiel Ermete Novellis stand ganz richtig Shylock auf dem Theaterzettel. Den Untertitel „Der Kaufmann von Venedig von Shakespeare" hätte man gewiß bester weggelasten. Denn wenn da«, wa« gestern im Zentraltheater gezeigt wurde, eine Vor führung des Shakespeareschen Schauspiels sein sollte, so verdiente diese Art, wie hier eine klassische Dichtung gleich einem wertlosen Opernlibretto durch die willkür lichsten Streichungen und Einlagen für einen Darsteller zurechtgestutzt war, die schärfste Zurückweisung Die Un sitte, daß statt eine« Schauspiels nur eine Rolle gegeben wird, ist aber leider bei derartigen Gastspielen fast zur Regel geworden, und die Gründe, die den Virtuosen zu einer fotchen Gewattfamteit befttmmen, sind jUr ihn zu gewichtig, das Publikum in der Bewunderung einer schauspielerischen Jndividuallcistung viel zu freigebig, als daß hier eine Besserung zu erwarten wäre. Der Italiener sündigte nur in demselben Sinne, in dem sich unsere ganze Zeit am Theater versündigt. Novelli zeigte uns Shylockszenen. Die Mitglieder seiner Truppe leisteten ihm in ganz vorzüglichen Kostümen und zum Teil mit bemerkenswertem Geschick den un dankbaren Dienst, die notwendige Staffage für die Ent faltung seiner Kunst abzugeben, auf die sich das ganze Interesse konzentrieren mußte. An dem Sl-ylock des gestrigen Abends war nicht, wie wir es auf deutschen Bühnen so oft gesehen haben, die tragische Seite dieses komplizierten Wesens hervor- gekchrt. Nach psychologischen Problemen in den dar gestellten Charakteren zu suchen, ist überhaupt nicht die Eigenart Novellis. Tas Pathos, zu dem er am Schluffe seines ersten Aktes als der betrogene und bestohlene Vater und von aller Welt verhöhnte Jude kommen wollte, konnte nicht überzeugen und ebenso erregte der Schluß der Gerichts szene, für den er sich einen Fluch auf die verhaßten Christen frei erdichtet hatte, auch abgesehen von dcr Be denklichkeit dieser Erfindung, keine innere Teilnahme. Novelli fehlt für solche Momente die große Geste. Ihn interessiert nur der Typus dieses in die engen geistigen Banden seiner geheiligten Tradition eingeschloffencn, durch den ewigen Druck versteinerten Hebräer«, dcS hart herzigen Wucherers, der nur aus diesen beiden Leiden schaften, Gewinnsucht und Haß gegen seine Peiniger, die Christen, zu bestehen scheint. Und diesen Shylock wußte er nun freilich fo überzeugend hinzustellen, daß er alles vergessen ließ was der Abend sonst an Unerfreu lichem brachte. Wenn er mit seitlich geneigtem Kopf au« den nie ruhenden Augen lauernde Blicke auf seine Feinde schoß, oder vorwärt« geneigt mit schlürfendem für den Fall de- Erlöschen- einer Stande-Herrschast aus die Dauer einer Wahlperiode ein weitere- Milglied zu be rufen sei, um — abgesehen von den Königlichen Prinzen — die Gesamtmitgliederzahl der Ersten Kammer aus 4» fest- zusetzen, wurde abgelehnt. Weiterhin erledigte die Kammer Artikel 2 bi» 1t deS Bersaflung-gesetzemwurf- und nahm dabei, entgegen der Erklärung des Ministerpräsidenten, daß die Regierung an dem 30 Lebensjahre für das passive Wahl recht sesthalte, den KommisionSantrag, der das 2b. Lebensjahr dafür ansetzt, an. Bezüglich de- Wahlmodus wurde der Re- gierung-enlwurf betreffend da- romanische Verfahren mit 62 gegen 26 Stimmen angenommen. Htraßburg. LandcsauSschuß. Bei der gestrigen ersten Lesung des Etats deS Landesausschusses teilte Staats sekretär v Koeller auf Anfragen mit, daß die Beschlüsse dc» LandeSauSschusseS zur Versassungssrage dem Bundesräte zur Erwägung und Beschlußfassung übergeben worden sind. Eine weitere Anfrage bezog sich aus die kürzlich erschienene Bro schüre de- aus dem Dienst entlassenen retchsländifchen Polizei kommiffarS Stepdany, in der das reichsländische Beamten tum in schässter Weise angegriffen und weiter behauptet wird daß seitens der Verwaltung Proskriptionslisten geführt würden mit den Namen solcher Personen, die im Falle der Mobil machung verhaftet i der au-gewiefen werden würden In ersterer Hinsicht äußerte sich Staatssekretär v Koeller, daß er hinsichtlich der Vorwürfe, die gegen einzelne Beamte erhoben worden seien, Erhebungen habe anstellen lasten, und daß diese bisher in ihren wesentlichen Punkten die Haltlosigkeit der Vorwürfe ergeben hätten; gegen etwaige tatsächliche Ungehörig keiten würde er rücksichtslos einschreiten Er wies sodann darauf hin, daß jeder Beamte es seinem Amte schuldig sei, nicht allein im Dienste seine Pflicht zu tun, sondern daß er auch außerdienstlich jede Ungehörigleit vermeiden müsse Unterstaatssekretär Mandel erklärte, es könne sich bei der so genannten schwarzen Liste nicht um eine Vorbereitung sür die Mobilmachung, sondern nur um eine solche für den Kriegs zustand handeln, während besten die Befugnisse der bürger lichcn Gewalt auf die Militärgewalt übergehen und die parla mentarijche Verantwortung ausgeschaltet ist Es handie sich dabei um Vorbereitungen gegen einen etwaigen inneren Feind, da es einzelne Personen gebe, deren Feindseligkeit gegen Deutschland bekannt fei und die vermöge ihres Einsluffrs leicht die Bevölkerung aufrcizen könnten; cs handle sich nur um wenige Perfonen, die interniert, aber weil sie Inländer sind, nicht ausgewiesen werden können, auch gehöre keine der in der Broschüre genannten Personen auf diese Liste. Die Bemerkung des Unterstaatssekretärs, daß die Angaben der Broschüre keine Verstimmung zwischen der Regierung und der Bevölkerung Hervorrufen würden, wurde im Hause mit Zu stimmuog ausgenommen. Österreich - Ungar«. Budapest. Der leitende Ausschuß der Koalition hat gestern bezüglich der durch den Grafen Andraffn mitgeteilten Botschaft des Königs einen Beschluß gefaßt, dessen Inhalt authentisch nicht bekannt gegeben worden ist Aus verschiedenen Anzeichen schließt man jedoch, daß über Annahme oder Ablehnung der von dcr Krone angebotenen Kabinettsbildung innerhalb der koalierten Parteien be trächtliche Meinungsverschiedenheiten bestehen, so daß mit Sicherheit noch nicht gesagt werden kann, ob aus der von seiten der Krone festgestellten Grundlage ein Aus gleich zustande kommen wird oder nicht. — Es verlautet, daß Graf Andrassy sich heute nach Wien begeben wird, um neuerliche Anträge der Koalition bezüglich des Programm« für die Kabinetts bildung dem Könige zu unterbreiten. Wien, 30 Januar Abgeordnetenhaus. Im Ein laufe befindet sich eine Interpellation Licht, in der die Regie rung gefragt wird, von welchen Beweggründen die Regierung bei Verhängung der Viehgrenzsperre gegenüber Serbien ge leitet gewesen und welches der gegenwärtige Stand der Ver tragsangelegenheit sei Das Haus schreitet zur ersten Lesung der Rekrutenvorlage. Der erste Redner dagegen Prasek (tschechischer Agrarier) erklär», seine Partei habe für Abände rung der Tagesordnung gestimmt, weil aus Ungarn die Nach richt komme, daß dort alles geordnet sei, was gleichbedeutend damit fei, daß die Militärverwaltung den Ansprüchen der Magyaren entgegengekommen sei. »Wir stehen den Forde rungen der Magyaren sympathisch gegenüber, wir müssen aber verlangen, daß die Militärverwaltung auch die Forderungen der slawischen Völker berücksichtigt." Danach greift Abg Graf Sternberg in persönlichster Weise den Ministerpräsidenten an und zieht sich einen zweimaligen Ordnungsruf zu. Der Ministerpräsident weift die Anariffe zurück. Tritt sich ihnen näherte, wenn die wachieuve innere crr- regung in dem nervösen Spiel seiner Hände — welcher Hände! — zum Ausdruck kam, die mit hastiger, kleiner Bewegung beständig arbeiteten, wenn die der Rolle wunderbar angepaßte Stimme bald klar und bald ver schleiert, jubelnd und klagcnd immer neue und über raschende Nuancen fand — dann mußten alle Bedenken, die sich andrängten, vor dem Genuß der gegenwärtigen Leistung schwinden und das Publikum zeigte durch seinen Beifall, daß es die Virtuosität eines solchen Spiel« voll zu würdigen wußte. Beifallklatschen bei offener Bühne, Beifallklatschen zum Schluß DaS ist der künstlerische Lohn den Ermete Novelli sucht und — den seine Leistung verdient. Zu der nachhaltenden tiefen Dankbarkeit, die wir dem Künstler schulden, der uns die Werke der großen Dramatiker durch seine Darstellung innerlich nahe bringt, verpflichtet er uns nicht. m. Neues vom Radium« In ungewöhnlich großer Anzahl hatten sich zur letzten Sitzung der deutschen physikalischen Ge sellschaft in Berlin die Zuhörer eingestellt E« war ein Vortrag angekündigt von Prof. vr. Geitel aus Wolfenbüttel, bekannt durch seine in Gemeinschaft mit vr. Elster ausgeführten feinen Untersuchungen über Radium und Radioaktivität. Man war deshalb vorbereitet daraus, Neue« aus diesem noch so wenig er- schloffenen und Loch so überaus fesselnden Gebiete zu hören. Und diese Voraussicht trog nicht, wenn auch da« Thema de« Vortrag«: „Uber die spontane Ioni sierung der Luft und anderer Gase" e« nur ver muten ließ, daß von den geheimnisvollen Strahlungen die Rede sein werde, die sich an den Namen „Radium" knüpfen.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite