Suche löschen...
Dresdner Journal : 17.01.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-01-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190601178
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19060117
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19060117
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-01
- Tag 1906-01-17
-
Monat
1906-01
-
Jahr
1906
- Titel
- Dresdner Journal : 17.01.1906
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
!U Dresden, 17.Januar. Se. Majestät der König hat den Prinzen Ludwig von Bayern ü I» suite des 3. Infanterieregiments Nr. 102 „Prinzregent Luitpold von Bayern" gestellt, dessen Inhaber Se. König!. Hoheit der Prinzregent ist, und diese Er nennung dem Prinzregenten durch ein Handschreiben mitgeteilt. Heute nachmittag um 5 Uhr beabsichtigt Se. König!. Hoheit eine Offiziersabordnung des Regiments zu empfangen Dresden, 17. Januar. Ihre König! Hoheit die Prinzessin Mathilde wohnte gestern abend der Aufführung des Trauerspiels „Des MeereS und der Liebe Wellen" im König!. Schauspielhause bei. Deutsche» Reich. Berlin Se. Majestät der Kaiser hörte gestern vormittag den Bortrag des Kommandierenden Generals des XIV. Armeekorps v. Bock und Polach, des Chefs des Militärkabinetts und des Chefs deS AvmiralstabS und empfing in Abschiedsaudienz den großbritannischen Militärattache Grafen v. Gleichen und den großbritanni schen Marineattachs Kapitän Allenbl). --- Prinz Heinrich von Preußen trifft heute in Berlin ein, zur Teilnahme an dem morgen im hiesigen König! Schlöffe durch den Kaiser abzuhaltenden Kapitel des hohen Ordens vom Schwarzen Adler und dem sich hieran anschließenden Krönungs- und Lrdensfest In das preußische Herrenhaus berufen ist der Oberbürgermeister der Stadt Altona vr. Tettenborn durch Allerhöchsten Erlaß vom 8. Januar d. I. auf Präsentation der Stadt Altona als Nachfolger des am 30. Dezember 1904 verstorbenen früheren Oberbürger meisters dieser Stadt, vr Giese Karlsruhe. Der Erbgroßherzog und die Erb großherzogin sind gestern abend nach Cannes abgereist. In der gestrigen Sitzung der Zweiten Kammer teilte Minister Schenkel mit, daß die Verhandlungen mit Elsaß-Lothringen in bezug auf die Fortsetzung der Rhein- Regulierung zum Abschluß gelangt seren Elsaß- Lothringen erkläre sich zu weitestem Entgegenkommen be reit. Die Regierung werde eine NachtragSsorderung einbringen zum Zwecke des Beginns der Rhrinregulicrung nach Straßburg — In derselben Sitzung wurde an Stelle des zurück- gctretenen Oberbürgermeisters vr Gönner Oberbürger meister vr. Wilckens-Heidelberg (natl.) zum Präsi denten gewählt. Preußischer Landtag. In der gestrigen Sitzung des Abgeordnetenhauses wurde zunächst die Generaldebatte über den Etat zu Ende geführt und der größere Teil des selben der Budgelkommission überwiesen In der Debatte nahm den breitesten Raum ein Redezweikampf zwischen den Abgg Brömel (frs B) und Frbr». v Zedlitz (srcikons) ein Der erstere legte nachdrücklich Verwahrung gegen die Behauptung ein, er habe in der Lonnabendsitzung einen Staatsstreich gegen den Landtag zum Zwecke der Wahlrechts reform angeregt und ging im übrigen auch scharf gegen die gestrige Rede des zweitgenannten Abgeordneten vor Dieser erwiderte, daß die betreffende Äußerung des Abg Brömel, wenn sic überhaupt einen Sinn haben sollte, gar nicht ander- aufgrfaßt werden konnte als ein Hinweis aus einen Staats streich Nachdem der Redner sie aber in anderem Sinne deklariert habe, nahm er selbstverständlich seinen Vorwurf zurück Auch im übrigen blieb der Redner dem Abg. Brömel die Antwort nicht schuldig Seine Ausführungen sanden auf der Rechten wiederholt lebhafte Zustimmung und zum Schluß starken andauernden Beifall, wodurch der Abg Brömel zu einer so regen Erwiderung veranlaßt wurde, daß der Präsi dent ihn zweimal zur Ordnung rusen mußte. BlSdann sprachen die Abgg. v Arnim (kons ), der insbesondere die Verhetzung der Sozialdemokratie zur Sprache brachte und den Wunsch äußerte, es möchte den aus ihrer Heimat vertriebenen Balten die Ansiedelung in Preußen erleichtert werden, der Abg. Gras Praschina, der bemerkenswert von den Polen abrückte und der Abg v. DziembowSli, der die schärfste Tonart der Polenpolitik anschlug. Im Lause der Ver handlungen erklärte der Justizministrr, daß er die Ver antwortung für die Begnadigung deS Grasen Pückler trage. Der Minister deS Innern ergriff zweimal das Wort Er lehnte eS ab, aus die Wahlrechisfragen einzugehen, weil er mangel- positiver Unterlagen sich eine Förderung der Sache nicht verspreche Die von dem Vorredner verlesenen sozial demokratischen Artikel seien der Verurteilung bei allen Parteien des HauseS sicher, und es unterliege keinem Zweifel, daß mit allen gesetzlichen Mitteln dagegen ein- geschritten werden müsse Aber auch die bürgerlichen Parteien hätten die Pflicht nicht noch die sozialdemokratische Ver hetzung zu unterstüken, indem sie mit dieser Bewegung kokettieren, welche die ernsteste Gefahr in sich schließt Mit den aus ihrer Heimat vertriebenen Balten habe die Regierung die lebhafteste Sympathie Sie heiße sie herzlich in Preußen willkommen und habe, wie aus einem von ihm verlesenen Erlasse an die Lberpräsidenten hervorging, die geeigneten An ordnungen getroffen, um ihnen die Ansiedelung zu erleichtern. Rach den guten Traditionen des Hohenzollernhauses und deS preußischen Staates werde die weitestgehende Gastlichkeit gegen über den zum Verlassen ihrer Heimat genötigten deutschen Elementen aus den russischen Ostfeeprovinzen geübt werden Dem polnischen Redner erwiderte der Minister, daß in dem Appell der Thronrede an die deutschen Grundbesitzer, ihren Besitz in deutscher Hand zu behalten, auch bei strengster Aus legung keine Verletzung der Verfassung gefunden werden könnte Daß die Ursachen der Friedensstörung aus polnischer Seite lägen, unterliege keinem Zweifel Da- ließe sich leicht durch zahlreiche Belege aus der polnischen Presse erhärten Er begnüge sich, aus eine Besprechung der auswärtigen Politik Deutschland» in e»nem polnischen Blatte hinzuweiseo dir dem Bersasser eine schwere GesängniSstrase eingetragen habe Er müsse erwarten, daß nicht bloß von den polnischen Abgeord neten vom Frieden geredet, sondern daß auch solchen Preß- aueschreilungen im Interesse deS Friedens zwischen den Nationalitäten entgegengetreten werde. Wenn der Vorredner mit warmen Worten den Anschluß an die polnische Sache be fürwortet habe, so könne er mit nicht minder warmen Worten den Anschluß an da- Vaterland empfehlen. (Beifall ) — Es folgte die erste Lesung de- Gesetzentwurf-, betreffend die Er höhung de» Wohnung-geldzuschusse- für die Unterbramten. Nächste Sitzung Montag, den 22, tt Uhr. Interpellation Roeren, wegen angeblicher Überwachung katholischer Geistlichen und erste Lesung de« Gesetzentwurfs, betreffend da- Knapp- schast-wesen München. Kammer der Abgeordneten. DenHaupt- inhalt der Beratung des Militäretat» bildete eine lang- gedehnte Debatte über die Stellung der Sozialdemokratie zu Militari-mu- und BaterlandSgesühl, wozu die wütende Ver leugnung de- VaterlaadsgedankenS in Bebel- Stile durch den sozialistischen Vertreter für Augsburg, Rollwagen, das Stich wort gegeben hatte Zuerst drückte der liberale Pfälzer, Gymnasialprosessor vr. Hammerschmidt die Entrüstung seiner Partei über .diese Armut und diesen Tiefstand des nationalen Empfinden-' aus. Dann fchritt der Häuptling der Sozial demokraten, v Vollmar, in die Arena, um den üblen Eindruck der Rede seines Fraktionsgenoffen abzufchwächen Mit gewandter Tialektik deutete er die Äußerung Rollwagens: .Tas Vaterland ist da, wo es uns gut geht" um und stellte in Abrede, daß jenes Won jemals von der Sozialdemokratie als programmatisch angesehen oder erklärt worden sei Speziell in bezug aus sich selbst nannte er es eine .infame Be schimpfung', würde man ihm Vaterlandslosigkeit vorwersen. Zum Schluß fragte er mit PathoS: .Gibt es denn einen besseren Beweis für diese Vaterlandsliebe aus unserer Seite, als eben den, daß wir die Zustände dieses Landes im Innern so auSgestalten wollen, wie nach unserer Auffassung, Gerechtigkeit, Bernunst und Kultur eS ver langen, und daß wir für diese Arbeit alle die Unbequemlich keiten, die Anfeindungen, alle die Verfolgungen und die Opfer ohne Zahl, die Sie wohl kennen konnten, ruhig auf unS nehmen " Ter kluge Redner, der sein Publikum wohl kennt, erreichte seine Absicht vollkommen, und der Reihe nach be stätigten ihm die verschiedenen Parteien des Hauses, daß sie nunmehr sowohl von seinem Patriotismus als auch von dem seiner Freunde im Hause überzeugt seien und sich recht sehr darüber freuten. Nur einer der liberalen Redner kam in die Nähe der einzig richtigen Wertung dieser .patriotischen" Rede Vollmar-, der vr. Goldschmidt, der daraus hinwies, daß mit solchen Anschauungen Vollmar in der Sozialdemokratie nicht nur vereinzelt, sondern auch gegenwärtig gänzlich bedeu tungslos sei. Ter Zentrumsabgeordnete vr. Geiger- München führte aus: „Ich erkläre namens meiner politischen Freunde, daß wir uns den Kundgebungen der Vaterlandsliebe vollständig anschließen, ebenso den Kundgebungen der Ent rüstung über die vorgestern gemachten Ausfälle, und daß wir jeden Versuch, den Geist der Disziplin unserer Armee irgend wie in zerstörender oder zersetzender Weise zu beeinslusfen, als ein Verbrechen ansehen. Abg v. Vollmar Hal gestern eine patriotische Rede gehalten, aber der Versuch, den sehr ent gleisten Rollwagen wieder ins richtige GleiS zu bringen, ist ihm nicht vollständig gelungen." Österreich Ungarn. Wien. Unter dem Vorsitze des Ministers des Äußern fand gestern eine gemeinsame Ministerkonferenz statt, in der die in der Angelegenheit der Handels vertragsverhandlungen mit Serbien und Bul garien sich aus der Lage ergebenden Beschlüsse ein stimmig gefaßt wurden; eS wurde ferner beschlossen, die notwendigen Instruktionen an die österreichisch-ungarischen Vertretungen in Belgrad und Sofia unverzüglich ergehen zu lassen. Im Laufe der Beratung wurde festgestellt, daß zwischen dem gemeinsamen Ministerium des Äußern und der österreichischen oder ungarischen Regierung eine Meinungsverschiedenheit in der Auffassung oder Stellung nahme bezüglich dieser Angelegenheit weder bestanden hat noch besteht — Der „Politischen Korrespondenz" geht von maß gebender bulgarischer Seite die Mitteilung zu, daß die bulgarische Regierung ihre Zollbehörden angewiesen hat, Herkünfte aus Osterreich-Ungarn bis auf weiteres nach dem Grundsätze der Meistbegünstigung zu behandeln. Ebenso sei der bulgarischen Regierung von Osterreich- Ungarn die Erklärung zugegangen, daß Herkünfte aus Bulgarien in Osterreich-Ungarn bis auf weiteres in gleicher Weise behandelt werden würden. — Der ungarische Ministerpräsident Baron Fejer- vary äußerte sich in einer Unterredung mit einem Mit arbeiter des „Neuen Wiener Tagblatt" über den aus die Handelsverträge bezüglichen Beschluß des Koalitions ausschusses dahin, niemand werde den Herren glauben, daß die Krone und die Regierung die Handelsverträge und den neuen autonomen Zolltarif der Beurteilung des Parlaments entziehen wollen, oder daß das Interesse des Landes es fordere, daß das Jnslebentreten der Ver träge und des Zolltarifs unterbleibe „Wenn wir die Verträge nicht ins Leben treten ließen, würde die Folge hiervon eine weitgehende Schädigung Ungarns und eine schwere Krise der ungarischen Landwirtschaft sein, ganz abgesehen von den eventuellen Konsequenzen, welche die dann zu erwartenden Zustande für die internationale Politik haben könnten." Die Regierung werde daher im Bewußtsein ihrer Verantwortlichkeit ihre staatsmännischen und patriotischen Pflichten mit opferwilliger Hingebung für die großen, vitalen Interessen de« Landes erfüllen, und wenn die Koalition nicht noch im letzten Augenblick in sich geht, im VerordnungSwege jene Schäden ver meiden, die Ungarn mit seiner wirtschaftlichen Isolierung erwachsen würden; „die drohenden Beschlüsse deS KoalitionS- auSschuffcü" — fuhr der Ministerpräsident fort — „machen uns nicht bange. Wir hören bloß auf die Stimme unseres patriotischen Gewissens, wir halten uns lediglich die großen universellen Interessen des Landes vor Augen und wir werden auch in diesem Betracht männlich unsere Pflicht erfüllen. Wir sind sicher, daß für da« JnSlcben- trelen der Verträge und des Zolltarif» uns das ganze Land dankbar sein wird". Frankreich. Pari» Gestern nachmittag fanden sich die den verschiedenen Gruppen der Linken angehörenden Depu tierten und Senatoren in großer Zahl im Palais Luxem bourg ein, um eine Probeabstimmung für die Präsi dentenwahl vorzunehmen Die Abstimmung ging unter lebhafter Beteiligung vor sich Von 717 einberufenen republikanischen Parlamentariern nahmen 649 an der Abstimmung teil; davon stimmten 416 für Falliöres, 191 für Doumer, 42 waren zersplittert FalliöreS wurde sodann unter lebhaftem Beifall der Radikalen als Kandidat proklamiert. Die Anhänger Doumer» tragen gleichwohl ziemliche Zuversicht zur Schau und weisen insbesondere darauf hin, daß die 416 Stimmen, die Fallwres auf sich vereinigte, keineswegs die Mehrheit der heutigen Nationalversammlung bilden dürften, und daß das Ergebnis der Probeabftimmung für die Repu blikaner in keiner Weise bindend sei. An eine Anzahl Parlamentarier waren Stimmzettel verteilt auf den Namen Bourgeois. Bourgeois, der entschieden für die Kandidatur Fallit-res eingetreten ist, legte gegen dieses Vorgehen Verwahrung ein Die Radikalen sind überzeugt, daß Falliärcs gleich im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erhallen werde, nämlich etwa 440, da er aus die meisten der auf Bourgeois und Brisson und andere entfallene Stimmen rechnen könne, überdies seien von 72 Deputierten und Senatoren, die der gestrigen Probeabstimmung nicht bei wohnten, etwa 20 sichere Anhänger Fälliges Doumer könne im besten Falle auf 380 Stimmen rechnen. Die Anhänger Doumers führen Klage darüber, daß bei der gestrigen Probeabstimmung das Wahlgeheimnis nicht gewahrt worden sei, da die auf Falliöres lautenden Zettel aus starkem und die auf Doumer lautenden aus dünnem Papier hergestellt waren. «rotzbritanute«. London Nach den bis gestern 11 Uhr abends ein gegangenen Wahlergebnissen sind gewählt 146 Liberale, einschließlich 21 Vertretern der Arbeiterpartei, 45 Unio nisten. Tie Regierungspartei hat bis jetzt 78 Sitze gewonnen In einer Rede, die Chamberlain gestern in Nuneston hielt, gab er seiner Sympathie für den im Wahlkampf unterlegenen ehemaligen Premierminister Balfour Ausdruck und äußerte die Überzeugung, daß Balfour nur kurze Zeit dem Unterhause nicht angehören werde. Balfours Niederlage sei allerdings nicht nur eine persönliche Es sei zwecklos, die Tatsache als gering fügig hinzustellcn Die Partei habe in den letzten wenigen Tagen eine schlimme Niederlage erlitten Sie solle daraus die Lehre ziehen, daß sie ihre Bemühungen verdoppeln müsse Nach seiner Meinung werde eine Reaktion ein treten, schneller sogar als bei früheren Gelegenheiten. Er, Chamberlain, sei persönlich durch das gegenwärtige Mißgeschick nicht mutlos geworden Von vornherein habe er es ausgesprochen, daß er nicht glaube, daß seine neue Politik bei der ersten Wahl schon siegen werde Er sei daraus vorbereitet gewesen, daß er in zwei, ja drei oder gar fünf Wahlen auftreten müsse. Wenn Campbell Bannerman glaubt, daß er die Agitation für eine Rezi prozitätsbehandlung des fremden Handels und für eine Bevorzugung des Handels der Kolonien vernichtet habe, befinde er sich stark im Irrtum. Solange er, Chamber lain, lebe, werde er die Agitation fortsetzen, und wenn er abgetan sei, werden viele Leute sie weiterführen Rußland. St. Petersburg. (St. Petersburger Tel-Ag ) In der vergangenen Nacht ist der Arbeiterdelegiertenrat, insgesamt 22 Personen, verhaftet worden; seine Dokumente und Briefschaften wurden mit Beschlag be legt Es ist erwiesen, daß der Arbeiterdelegiertenrat aus Revolutionären bestand, die der Arbeiterklasse nicht angehören und sich ausschließlich damit beschäftigten, die Arbeiter zu terrorisieren, um Ziele zu erreichen, die mit der Arbeiterfrage nichts gemein haben In behördlichen Kreisen glaubt man, daß die Ausdehnung der revolutionären Organisationen infolge der Verhaftung des Arbeiter- delegicrtenrats und der Beschlagnahme seiner Dokumente sehr erschwert worden sei Kreta. * Canea Die Ergebnisse der Wahlen für die Verwaltungskörper sind, so weit bi» jetzt bekannt ist, der Opposition günstig gewesen. In Piorgiopolis und Cambrana, wo die Anhänger der Regierung den Versuch machten, die Wahlurnen mit Gewalt fortzunehmen, kam e» zu ernsten Unruhen Die kretensische Gendarmerie mußte mit Hilfe einer italienischen Truppenabteilung einfchreiten Mehrere Personen wurden getötet und ver wunde», auf feiten der Truppen wurde ein Soldat verwundet Verstärkungen an Gendarmerie und Militär sind nach diesen Orten abgesandt worden, um die Ordnung wieder herzustellen Tas italienische Kanonenboot „Jride" geht nach Paliacor, um dort Erkundigungen einzuziehen. Marokko. Algeciras Die erste Sitzung der Marokko konferenz wurde von dem Botschafter v Radowitz als Delegierten der nach dem Alphabet an erster Stelle stehenden Macht eröffnet. Der Herzog von Almo- vodar hielt, nachdem ihm der Vorsitz übertragen worden, «ine Ansprache, worin eS heißt: Durch die Festsetzung des Programms, das den Beratungen der Konferenz als Grundlage dient, zeigten die Mächte deutlich ihr Interesse daran, daß Ordnung, Friede und Wohlfahrt in Marokko herrschen Nach der übereinstimmenden Ansicht der Mächte kann dieses kostbare Ziel nur erreicht werden durch Reformen, die auf der Souveränität des Sultans, der Integrität seiner Staaten und gleicher Behandlung in kommerzieller Hinsicht, das heißt, der offenen Tür, beruhen. Es handelt sich darum, Mittel zur Anwendung derjenigen Maßregel zu beraten, die sich schon jetzt als die dringendsten und leichtesten erzeigen Diese Maß regeln würden noch wirksamer sein, wenn da, wo die Konferenz es als ausführbar erachtet, Polizeikorps er richtet sein werden Die gegenseitige Achtung der gegen seitigen Interessen und der aufrichtige Wunsch, diese Interessen in Einklang zu bringen, müssen mit den Grundsätzen der Souveränität des Sultans und der Integrität seines Reiches die Richtschnur für die Be ratungen der Konferenz sein Solche Gesinnungen werden schon diktiert durch die erwartungsvolle Haltung der ganzen Welt, die eintrachtsvolle den immer mehr wachsen den Bestrebungen universeller Solidarität entsprechende Lösungen erwartet. Nachdem der Herzog von Almovodar geendet hatte, erhob sich Revoil und ersuchte die Konferenz um Zu stimmung zu den vom Vorsitzenden namens Spaniens ausgestellten Prinzipien. Alsdann stellte v Radowitz offiziell namens Deutschlands die deutsche Anerkennung der drei fundamentalen Grundsätze fest, nämlich Souveräni tät des Sultans, Unabhängigkeit Marokkos und offene Tür für den Handelsverkehr aller Nationen. Es folgte eine einstimmige Verständigung über die tägliche Be kanntgabe eines Resümees der im übrigen geheim zuhaltenden Verhandlungen an die Presse. Der Tag der nächsten Sitzung ist noch nicht bestimmt. Unter den Diplomaten sind die Ansichten über die voraussichtliche Dauer der Konferenz geteilt Vor wiegend ist die Meinung, daß mindestens vier Wochen erforderlich sein werden Auf der Reed« liegen jetzt zwei französische Kreuzer und ein Torpedoboot Das amerikanische Geschwader in Gibraltar rüstet sich zur Abfahrt * * Unter der Überschrift: „Unberechtigter Pessimis mus" wird der „Köln. Ztg." aus Berlin geschrieben: Wir haben schon am Sonnabend daraus hingewiesen, daß von unverantwortlicher Seite immer wieder Gerüchte ver breitet werden, als ob die Konferenz von Algeciras die Meinungsverschiedenheiten zwischen Frankreich und Deutschland derartig verschärfen würde, daß schließlich kriegerische Verwickelungen daraus entstehen könnten Wir wiederholen, daß solche bedrohlichen Gerüchte, die immer wieder auftauchcn und nicht allein in den Zeitungen, sondern auch durch private Mitteilungen weitcrgetragen werden, unberechtigt sind. Der Fall wäre ja denkbar, daß eine Großmacht selbst bei einem Streite um ein geringwertiges Objekt zu einem Kriege gedrängt werden könnte, wenn auf den anderen Seiten die Absicht be stände, einen Konflikt hervorzurufen oder ihn durch herausfordernde Behandlung zu erzwingen. Eine solche Lage ist aber offenbar heute nicht gegeben. Wenn die Friedensliebe Deutschlands außer aller Frage steht, so liegt auch kein Grund vor, an anderen Stellen die Absicht vorauszusetzen, es zu einem Kriege zu treiben. Tie amtlichen Erklärungen der an der Konferenz von Algeciras beteiligten Staaten lassen hieran keinen Zweifel aufkommen, und insbesondere ist die ganze Entwickelung der marokkanischen Frage in Frankreich eine solche ge wesen, daß man nicht das Recht hat, der Republik kriegerische Absichten unterzuschieben Dagegen sprechen nicht nur die amtlichen Erklärungen der französischen Regierung, sondern noch deutlicher redet die große Friedens kundgebung, die seinerzeit vom französischen Volke durch die Entfernung Telcastös vorgenommen wurde Monate sind darüber verstossen, und seitdem ist in der Stimmung manche Schwankung bemerkbar gewesen, der Grund ton aber ist insofern derselbe geblieben, als man auch in Frankreich der Ansicht ist, die übergroße Verant wortung einer Herausforderung zum Kriege nicht tragen derartige Fragen noch oft wiederholt finden. Linne geht sogar in diesen Gedanken, die ihn als einen würdigen Vorläufer Darwins kennzeichnen, noch weiter, denn er hält es nicht für unmöglich, daß eine Pflanze gewisse Eigenschaften durch Anpayung an die Umgebung, nämlich an die Verhältnisse des Klimas oder des Bodens erworben habe. Das bedeutet, daß Linne in das Wesen der belebten Natur nach den heutigen Anschauungen tiefer eingedrungen war als irgend ein anderer Gelehrter seiner Zeit. Bildende Kunst. * Die „Köln Ztg." schreibt: Eine jedenfalls eigen artige Idee wird seit einiger Zeit in den Kreisen Ham burgischer Künstler und Kunstfreunde erwogen: die größten und schönsten deutschen Ozeandampfer den Zwecken von Gemäldeausstellungen dienstbar zu machen. Der Gedanke hat auf den ersten Blick wohl etwas Bestechendes Nachdem die deutsche Schiffahrt sich zu ihrer heutigen Höhe entwickelt hat, die einzelnen Dampfer an Größe, Pracht und Geräumigkeit immer mehr zunehmen und im neuesten Typ, wie ihn die „Amerika" darstellt, beinahe schon das Schiff vergessen lassen und mehr an ein vornehmes Hotel zu Lande er innern — nach dieser ungeahnten Entwickelung konnte wohl der Gedanke auftauchen; wie wäre es, wenn diese auch von vielen Ausländern bevorzugten Schiffe dazu ausersehen würden, auf ihren Reisen eine Auswahl von Gemälden deutscher Meister mitzuführcn, damit die noch immer nicht genügend gekannte und gewürdigte deutsche Kunst von der glücklichen Lage der Technik und Schiff fahrt Vorteil ziehe ? So sollten der deutschen Kunst also, kaufmännisch gesprochen, neue Absatzgebiete erschlossen werden Wie so viele schöne Gedanken im Leben hat aber auch dieser seine Schattenseiten, und zwar im buch stäblichsten Sinne des Wortes Wir meinen nämlich die in der Anordnung des Schiff-innern begründete be schränkte Lichtzufuhr auch auf unseren größten und präch tigsten Dampfern Wa» also für die Wirkung des Bildes Hauptsache ist, würde auf den Schiffen mit ihrer stets mangelhaften und durch elektrische Beleuchtung verstärkten Lichtzufuhr zu einem Notbehelf werden, womit naturgemäß die feinsten Wirkungen des Kunst werks von vornherein ertötet werden würden Da entsteht dann die Frage, ob in Anbetracht dieses Grundmangels nicht der beabsichtigte gute Zweck, deutsche Kunst zu empfehlen, in sein Gegenteil verwandelt werden könnte Diese Frage zu entscheiden bleibt den Personen über lasten, welche die Angelegenheit soeben in die Hand ge nommen haben, um für den Gedanken Reedereien und weitere deutsche Kunstkreise zu gewinnen Erwähnt sei, daß in der jüngst in Hamburg unter Führung des Marine malers ^chnars-Alquist gepflogenen Besprechung Ham burger und Altonaer Künstler auch dir hier erwähnten Schwierigkeiten des Lichtes unter noch anderen Schwierig keiten, wie sie z B der auf Schiffen durchweg stark ausgenutzte Raum bietet, gewürdigt worden sind Gleich wohl glaubt man, mit Hilfe der allen nationalen und idealen Interessen freundlich gesinnten deutschen Groß- reedereien auch dieser erheblichen Hindernisse Herr werden zu können, wenn man sich auch über das Wie zunächst keineswegs klar ist Man will sich jedenfalls vorläufig mit den Leitern der in Frage kommenden Schiffahrts gesellschaften in Verbindung setzen und ferner durch Rundschreiben alle angesehenen künstlerischen Vereinigungen Deutschlands ohne Ansehen der Parteirichtung für die Sache zu interessieren und Ansichten und Vorschläge aus Fachkreisen zu erlangen suchen * Der Friedrichs bau de» Heidelberger Schlosses ist jetzt fertiggestellt Der Karlsruher Architekt Friedrich Ratzel berichtet über die Ausführungsarbeiten und den Eindruck, den das vollendete Gebäude macht, ausführ lich im Zentralblatt der Bauoerwaltung" und in der „Deutschen Bauzeitung" unter Beifügung zahlreicher photographischer Abbildungen Die Arbeiten nahmen einen Zeitraum von zehn Jahren in Anspruch und kosteten 580000 M Ratzel vertritt die Ansicht, das der Bau in seiner jetzigen Vollendung eine äußerst günstige Wirkung Hervorrufe. Theater. * Aus Wien wird dem „Berl. Lok Anz." gemelvet: Zwischen den Direktoren des Theaters an der Wien und der Direktion des Carl Theaters schweben Ver handlungen, die auf eine Fusion in der Leitung beider Bühnen abzielen Falls eine solche Verschmelzung zu stande käme, so würde nach wie vor auf beiden Bühnen die Operette gepflegt werden Dabei würde ein Austausch der Künstlerfchar, wie dies bei den Jarnoschen Bühnen geschieht, stattfinden Sollten die Verhandlungen zu keinem Obereinkommen zwischen den Bühnenleitungen führen, dann beabsichtigen die Direktoren Karczag und Wallner vom Theater an der Wien eia neues Operetten theater im großen Stil zu erbauen und gemeinsam mit ihrer Bühne zu führen, die dann den Gastspielen großer Künstler und auswärtiger Ensembles vorbehalten werden soll. Konzert. Im üblichen Rahmen, im Saale des Ge werbehauses, und unter der üblichen überaus lebhaften Anteilnahme des Publikums fand gestern das vierte der Philharmonischen Konzerte statt Ihm aber gab die Mitwirkung Eugene AjayeS seine besondere Weihe Angesichts seiner Künstlerschaft erübrigt sich auch ein „Kritisieren" von selbst Dsaye steht sozusagen üoi-8 ckv evneourz, ist ein souveräner Vertreter seiner Kunst Laut VortragSordnung spielte er Bachs L-änr-Konzert und Bruchs 6-mvll-Konzert Es ist oft genug darauf hingewiesen worden, wie bei ihm die eminente Virtuosität völlig im Dienste seiner Vortragskunst steht und wie diese wieder geadelt wird durch ein geistig wie seelisch gereistes künstlerisches Empfinden Die ganze Bedeutung der Kunst MayeS, seine Wesenheit trat an diesem Abend am glänzendsten in der Wiedergabe de» Adagio des Bachschen Konzert» zutage Lie fast romantisch zu nennende, iveltabgewandte schwärmerische Innerlichkeit dieses zu den herrlichsten Eingebungen der gewaltigen schöpferischen Kraft des Altmeisters gehörenden Satzes sang uns feine Geige in geradezu bezwingender Weise. Neben diesem Geigerfürsten, der unser Innerstes in solcher Weise zu berühren vermag, hatte die weitere mit- wirkcnde Kraft unter allen Umständen einen schweren Stand Und so mag man es auch erklären, daß der Sängerin des Abends, Elena Gerhardt, nur mehr ein warmer ehrender Erfolg zuteil wurde Allerdings läßt sich auch nicht verschweigen, daß die Wahl der Gesänge zum Teil keine günstige war Elena Gerhardt, von Leipzig kommend, woselbst sie an keinem geringeren als an Arthur Nikisch einen künstlerischen Berater sand, verfügte über einen Sopran von weichem sympatischen Timbre, über eine Stimme, die man eminent lyrisch nennen möchte Diese Stimme ist bereits gut vorgebildet, spricht in der Mittellage auch im Piano voll und klang schön an und harrt eigentlich nur nach der Hohe zu noch der Entwickelung und Kräftigung um auch dem Bühncngesang, d i. dem dramatischen Ausdruck ge wachsen zu werden. Tas wurde vor altem im Vortrag der schönen Arie „L Liebe, die vom Himmel stammt" aus Kretschmers „Folkungern" bemerkbar, wobei wir von der kleinen Entgleisung bei einer harmonisch schwierigen Stelle kein weiteres Aufheben machen wollen Ungleich wärmer und blühender im Ton sang Elena Gerhardt die Lieder, die ihre zweite Nummer bildeten Aber warum durchgängig Brahmssche Lieder? Ihr Organ und ganz offenbar auch ihr Wesen weisen die Sängerin auf naivem Empfinden entstammende Ge sänge hin Brahms ist doch mehr oder weniger immer musikalischer Denker. — Noch mag dann Erwähnung finden, daß die Gewerbehauskapelle, wie üblich, in der Begleitung wie im Einzelvortrag (Jesionda-Luverture) sich bewährte, daß Hr. A W Rost an einer Esteyorgel mit bestem Ersolq beim Bachschen Konzert mitwirkte und daß Hr Karl Pretzsch am Klavier sich wieder als Be gleiter von Rang und Ruf bewährte. O L. l ( i i i < s i i « i
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)