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Dresdner Journal : 10.01.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-01-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190601109
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19060110
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19060110
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-01
- Tag 1906-01-10
-
Monat
1906-01
-
Jahr
1906
- Titel
- Dresdner Journal : 10.01.1906
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Beilage zu 7 des Dktd^Utk ^DUkUllld. Mittwoch, den 10. Januar 1906, nachm. oeitungs schau. Der Eindruck, den die Veröffentlichung des deutschen Weißbuchs im AuSlcnide macht, ist überall, wo nicht Voreingenommenheit gegen Teutsch land das Urteil trübt, ein günstiger. Auch die französischen Zeitungen erkennen die Sachlichkeit der Darstellung an, wennschon bei den meisten da» Be streben ersichtlich ist, die Haltung der französischen Diplomatie im Gegensätze zu den durch da» Weiß buch belegten Tatsachen al» von vornherein durchaus korrekt hinzustellen Ter „Köln Ztg." werden tele graphisch folgende Pariser Preßstimmen übermittelt: Der „GauloiS" schreibt: „Es muß hervorgehoben werden, daß der Ton der von dem Weißbuch wieder gegebenen Depeschen sichtlich gemäßigt ist Wir müssen auch anerkennen, daß der Reichskanzler offenbar bemüht gewesen ist, in den Berichten alles, was unsere Empfind lichkeit erwecken könnte, abzuschwächen. Diese Haltung bestätigt die versönlichere Stimmung, die seit einigen Tagen in Berlin Platz gegriffen hat. Kurz gesagt, das Weißbuch gestaltet den gegenwärtigen Stand der fran zösisch deutschen Beziehungen weder bester noch schlechter, es kann den ausgezeichneten Boden, aus dem Frankreich sich verschanzt hat und zu dem die Tür für alle ver nünftigen Vorschläge offen bleibt, nicht umgestalten " Im einzelnen bemerkt das Blatt: „Man muß beachten, daß Graf Tattenbach eingesteht, das Reformprogramm niemals zu Gesicht bekommen zu haben Er hat seinen Bericht also auf Auskünfte aufgebaut, die von Dritten herstammten und deren Zuverlässigkeit bestritten werden konnte" Der Vorwurf, den der „Gaulois" hier dem Grasen Tattenbach macht, ist mehr als seltsam, wenn man bedenkt, daß, wie das Blatt misten muß, der fran zösische Gesandte absichtlich dem Maghzen eine schriftliche Abfassung der Reformvorschläge nicht unterbreitete, damit eben kein schriftliches Zeugnis darüber vorhanden sei. Im „Matin" begnügt sich der journalistische Schildknappe Delcaßes, Stephane Lauzanne, damit, die Frage aufzuwersen, wie der Reichskanzler darüber habe unterrichtet sein können, daß Rouvier das Verhalten DelcastsS mißbillige „Wer ist der geheimnisvolle Sendbote gewesen, der für diese Gelegen heit an den Fürsten v Bülow abgesandt worden ist? Wie kann der Reichskanzler von einer solchen Auskunft in einem amtlichen Schriftstück Gebrauch machen? Es ist wohl das erstemal, daß man in einem amtlichen Schriftstück dem außerordentlichen Schauspiel begegnet, einen Kanzler zu sehen, der seinem Botschafter sagt: „Tragen'Sie dem, was der Minister des Äußern, bei dem Sie beglaubigt sind, sagt, keine Rechnung, denn ich habe Grund, anzunehmen, daß sein Vorgesetzter, dem Range nach, der Ministerpräsident, seine Auffassungen mißbilligt" Tas sind allerdings wohl Fragen, auf die man eine sehr einfache Antwort geben wird, nämlich über haupt keine" Der „Figaro" versucht in Ermangelung ernster Gegen gründe die Feststellungen des Weißbuchs, daß Delcast« von dem Vertrag über Marokko an Deutschland keine amtliche Mitteilung machte und daß die marokkanische Regierung Deutschland davon unterrichtete, der französische Gesandte habe die Behauptung von einem europäischen Mandat ausgestellt, ironisch abzutun Das Blatt meint, das bekannte Gespräch, worin Fürst Radolin durch wiederholte Fragen Telcaße zu einigen unzulänglichen Mitteilungen über die Unterhandlungen mit England veranlaßte, als Privalgespräch bezeichnen zu wollen, sei eine Perle, und glaubt damit bewiesen zu haben, daß Delcastö — bas einzige, worauf es ankommt — Deutsch land in der Tat amtlich Mitteilung von dem Vertrag gemacht habe. Noch einfacher macht sich der „Figaro" die Sache mit dem europäischen Mandat Taillandiers: er bezeichnet die Erklärungen, die der Sultan von Marokko dem Grafen Tattenbach darüber machte, kurzweg als eine freche und hinterlistige Lüge Dieses Urteil begründet das Blatt wie folgt: „Der Sultan sagte: „Aus die Behauptung Taillandiers, er spreche im Namen der europäischen Mächte, fragte ich ihn, welcher Mächte?" Wenn der Sultan diese Frage stellte, so geht daraus hervor, daß Taillandier nicht be hauptet hatte, er sei der Mandatar Europas, denn in diesem Falle hätte eine solche Frage kernen Zweck ge habt" So die Beweisführung des „Figaro". Wenn allo jemand, der im Zweifel über eine allgemeine Be hauptung ist, nähere Angaben über diese Behauptung verlungr, so ist damit bewiesen, daß die Behauptung nicht ausgestellt worden ist. Das ist die Logik des „Figaro". Und mit solcher Beweisführung qelanat das Blatt dann dahin, die Feststellungen des Weißbuch« als eine Fabel au« Tausend und eine Nacht zu bezeichnen. Da ist die Einfachheit der Logik doch noch vorzuziehen, mit der die „Republiqur Fran^aise" die Frage erledigt „Unsere Wahl zwischen unseren Schriftstücken und dem Wort des Sultans, den der Bericht de« deutschen Konsuls darstellt, wie er sich gierig auf die Ge legenheit wirft, die Deutschland ihm bietet, den Reformen aus dem Wege zu gehen, ist getroffen Hr Rouvier hat sich in seiner Erklärung in sehr beredter und trefflicher Weise für die Aufrichtigkeit unserer Agenten verbürgt, die Frage ist somit entschieden. Die unzusammenhängenden Redensarten de« Sultan« verdienen um so weniger Glauben, al» sie in gcwlssen Punkten der Wahrheit ins Gesicht schlagen." Die Un- wahrhaftigkeit des Sultan« wird der „Republiqur Franzaise" zufolge bewiesen durch eine im Besitz de« „Ouai d'Orsay" befindliche schriftliche Erklärung von ihm, worin er den Rat Frankreichs nachsuche und die Absicht ausspreche, diesem Rat zu folgen. Ter Ouai d'Orsay soll nach dem Blatt auch den Beweis dafür in der Hand haben, daß die marokkanische Regierung die vorgeschlagenen Reformen im Grundsatz angenommen hatte. Man muß die Richtigkeit dieser Behauptungen so lange dahingestellt sein lassen, bis man diese angeblichtn Beweisstücke kennen lernt Bis dahin kann man nur seiner Verwunderung darüber Ausdruck geben, daß der Ouai d'Orsay derartig wichtige und für seine Sache beweiskräftige Urkunden nicht im Gelbbuch mit ver öffentlicht hat. Tie englischen Blätter nehmen das Weißbuch, mit wenigen Ausnahmen, die unschwer schon vorher erraten werden konnten, günstig, zum Teil sogar sehr freundlich auf Freilich wird in einigen großen Londoner Zeitungen eine eingehende Besprechung durch die naturgemäß ganz im Vordergrund stehende Wahlkampagne zurückgedrängt Tie „Daily News" begrüßt den sreunvschastlichen Ton den die englische Presse gegen Deutschland an schlägt, dessen Herbeiführung sie m erster Linie der neuen englischen Regierung und der starken Annäherungs bewegung zwischen England und Deutschland zuschreibt. Das Blatt fügt hinzu: Wir haben allen Grund zu der Annahme, daß die Konferenz einen glücklichen Verlaus nehmen wird und daß sie den Beginn besserer Be ziehungen nicht nur zwischen England und Deutschland, sondern auch zwischen Deutschland und Frankreich be deuten wird. Die Zeitung fährt fort: Wir bedauern aufrichtig, daß ein englisches Blatt, das früher einen gewissen Ruf besessen hat, dieses Eingreifen Deutschlands durch die Behauptung nachteilig zu beein flussen gesucht hat, daß England Frankreich die Garan tien für eine Unterstützung in diesem Falle zugesagt habe. Diese Behauptung ist vollkommen aus der Luft gegriffen. Wir vertrauen auf die freundlichen Gefühle des deutschen Volkes, die aber von der deutschen Regierung nicht immer geteilt werden. Es findet sich in der Stimme Bülows ein unangenehmer Anklang an die harte Bis- marcksche Note. TaS große Unionistenorgan, der „Daily Telegraph", erklärt, die deutsche Regierung habe cs mit peinlicher Sorgfalt redigiert und sich Mühe gegeben, ihre Be ziehungen zu Frankreich nicht zu verschlimmern. Fürst Bülow und der Minister des Äußern verdienten hierfür den herzlichen Dank Europas und würden ihn auch er halten. Das Weißbuch füge keine einzige neue Schwierig reit für die Konferenz hinzu, noch erhöhe es eine der alten, es bestärke vielmehr die wachsende Überzeugung, daß die Konferenz erfolgreich sein und die Marokkofrage eine dauernde freundschaftliche Lösung finden werde Tie dornenvollste Frage für die Konferenz sei die Organisation der Gendarmie; man sei jedoch allerseits geneigt, Kom promiße zu finden Es sei daher die Entdeckung einer Lösung zu erhoffen, die Frankreich ehrenvoll befriedige und Deutschland Gerechtigkeit widerfahren laße. Tie „Köln. Ztg" begleitet ihren Bericht über die englischen Preßstimmen mit folgenden Bemerkungen. Im einzelnen freilich stehen sämtliche Blätter in ihren Berichten wie in den Äußerungen der Leitartikel auf seilen Frankreichs Man hütet sich, auch nur an die Frage heran- zutrelen, ob es nicht mindestens zunächst wahrscheinlich gewesen sei, daß der französische Gesandte in Fez versucht habe, als Mandatar Europas zu erscheinen, sondern be gnügt sich mit der Erklärung, es ständen sich einerseits die Worte eines französischen Gentleman, anderseits die Auf fassungen und Erklärungen eines orientalischen Fürsten gegen- Die Wievergefundene. Novelle von Adolf Stern. 7 (Fortsetzung.) Ter Justizrat erriet aus einer Gebärde der Tame. daß sie nicht seiner Meinung war, obschon sie noch nicht wieder zu sprechen vermochte Und da ihm selbst nur zu viel daran lag, so schnell als möglich und im Zusammenhang alles weitere zu er fahren, so rief er: „Gönnen Sie sich wenigstens eine Viertelstunde Ruhe! Ich will den Weg, der dort hinunter führt, ein wenig auf und abgchen, nicht weiter, als ich Sie im Auge behalten kann, Frau Hermine, und danach wollen wir sehen, ob Sie wieder sprechen dürfen." Die Kranke blickte dankbar zu ihm auf, der Justizrat versuchte, sich die Miene zu geben, als ob es ihm selbst recht lieb sei, einen ruhigen Ausblick in die Gegend zu tun. Tie Sonnenstrahlen fielen schon schräger über den Platz, und im Westen be gann sich der Horizont abendlich zu färben In der milden, fonnengetränkten Luft war noch kein kühler Hauch, und der Anwalt, der mit großen Schritten hin und wieder ging, bemerkte bald, daß sich Frau v. der Brüggen schon zu erholen be ginne Aber er ließ sich durch ihr einladende- Lächeln nicht früher zu dem Sitze zurücklocken, al- bis die volle Viertelstunde vorüber war, von der «r gesprochen hatte. Tie große goldene Repetieruhr in der Hand, setzte er seinen kurzen Spaziergang fort und betrachtete eine violette Wolke über der Tent de Morcle so aufmerksam, als stünde sie mit der Familiengeschichte in Zusammenhang, die jetzt feine ganze Seele erfüllte Toch sobald die Uhr die erwartete Minute zeigte, kehrte Doktor Hilde brand rasch von dem Aussichtspunkt, an dem er zuletzt gewartet hatte, zur Bank zurück, setzte sich neben Aran v. der Brüggen und nahm ihre kleinen Hände zwischen seine großen, indem er sagte: „Jedes Wort, das Sie sprechen, ist von Wert und Wichtigkeit für mich, Frau Hermine Aber ich bitte Sie flehentlich, fassen Sie sich kürzer, damit ich mir keinen Vorwurf über die erste Stunde zu machen habe, in der ich Sie wiedersehe. Lassen Sie mich versuchen, Ihnen etwas zu Hilfe zu kommen Fräulein Flottwell führte Ihnen also noch an dem selben Tage die alte Gauklerin zu und Sie über zeugten sich durch alle Fragen und über jeden Zweifel hinaus, daß Fräulein Arabella Godin Ihr verlorenes Kind Hedwig sei?" „Guter Gott — ich ließ er an Fragen nicht fehlen, aber die Überzeugung hatte ich, ehe ich die Lippen öffnen konnte Die Alte kam herein — und da ich es nicht über mich brachte, sie willkommen zu heißen, so fiel sie zwischen der Tür und meinem Sitz auf ihre Knie und rutschte buchstäblich über den Teppich zu mir heran, wobei sie ein Bündel in wunderlich buntem Einschlag wie zu ihrem Schutz vor sich hielt. Sie legte dasselbe, sobald sie nahe genug war, auf meinen Schoß, und indem ich, der ersten widerwilligen Regung folgend, dasselbe von mir schleudern wollte, erkannte ich schon den Inhalt ES waren die Kinderkleider, die meine, unsere Hedwig an jenem unseligen Sommernachmittag getragen, an dem sie verschwand. Verschossen, verstaubt, aber vollständig lag alles unter meinen Händen, was ich zwölf Jahre hindurch nicht mehr gesehen und doch wieder und immer wieder vor Augen gehabt hatte. Mit einem Blick hatte ich alles erkannt, schmerzlich bewegt ließ ich vom Kleidchen bis zu dem Kinder- Hemdchen, da- ich selbst gesäumt und gezeichnet, die Gegenstände durch meine Finger gleiten. Ein krampfhafter Tränenstrom war die nächste Folge, und ohne die zu meinen Füßen Knieende eine- Blickes zu würdigen, brach ich schluchzend in den Kissen zusammen und rief: „Hedwig! Meine Hedwig!" — und Sophie hatte die verzweifeltste Mühe, mich zu beschwichtigen. Drei-, viermal versuchte sie um über, der in großer Bedrängnis plötzlich an Deutschland einen Rückhalt zu finden glaubte Unter solchen Um ständen sei es aber kaum zweifelhaft, wer Glauben ver diene Man darf wohl ruhig sagen, daß diese Be handlung der Dinge sich streng innerhalb der Grenzen hält, die durch Englands Abkommen mit Frankreich ge zogen werden Die diplomatische Unterstützung, die darin Frankreich verheißen wurde, dehnt sich auch auf Glauben oder Unglauben bezüglich der Worte dritter Personen aus Man glaubt sich gehalten, alles durch die französischen Brillengläser betrachten zu müßen, und wo sich französische und deutsche Auffassung gegenüber stehen, hält man es für angezeigt, erstere allemal für richtig, letztere mindestens für irrig zu halten. Zu den Leitartikeln der ministeriellen Blätter wird auch aber mals ausdrücklich festgestellt, England sei verpflichtet, zur Erlangung der Durchführung der Klauseln über Marokko Frankreich die diplomatische Unterstützung zu leisten. Taran schließt sich dann der Ausdruck der Hoffnung, daß man aus dem Weißbuche wohl den Schluß ableiten dürfe, daß Deutschland gesonnen sei, bei der Konferenz eine Verständigung über die schwebenden Fragen im Einklang mit den andern Mächten zu suchen. In den Blättern der Opposition sind die Berliner Be richte der „Morning Post" am sachlichsten gehalten, und der des „Daily Telegraph", der unter dem Kabinett Balfour dem „Forcign Office" am nächsten stand, nähert sich auch heute besonders der Auffaßung der Ministeriellen In Bericht und Artikel am wenigsten freundlich sind, wie gewöhnlich, „Timet" und „Daily Mail", ohne baß übrigens im einzelnen etwas aus beiden Blättern hervorzuheben wäre Zu den bevorstehenden englischen Parlaments- Wahlen schreibt die „Nat-Ztg": Jntereßanter und bedeutsamer als der Kampf zwischen den beiden alten historischen Parteien, der im Grunde wenig neues bietet, ist da« Auftreten der dritten Partei, der Arbeiterpartei, der Partei der Zukunft, wie ihre Vertreter hoffen und verkünden. ES ist das erstemal, daß die heterogenen Elemente, aus denen sich diese Partei zusammensetzt — Gewerkschaftler, Kollektivisten, Sozialisten, Genossenschaftler, Sozial- rcformer und sonstige Unzufriedene und Nichlanerkannte — sich zusammengetan haben, um vereint an die Wahl urne zu treten. Mit den Liberalen ist ein Kompromiß ge schloßen worden Wie sich die Partei indeßen in Zu kunft zu den Liberalen verhält, wird ganz davon ab hängen, in welcher Stärke sie in das Parlament cinzieht. ES sind im ganzen 101 Kandidaten aufgestellt, 51 davon unter Mitwirkung der offiziellen Zentral organisation. dem Labour Representation Komitee, dem L R C, wie eS kurz genannt wird In 63 Wahl kreisen, wohl infolge des Kompromißes, haben sie keinen liberalen Gegner und führen den Kampf allein gegen den konservativen Kandidaten. Dieses Arrangement ist notwendig, da es eine Stichwahl nicht gibt London hat 12 Arbeiterkandidaten, von denen kaum 4 oder 5 durch kommen werden Einer von ihnen ist der Arbeiter minister John Burns 12 unter den Kandidaten be kennen sich als Sozialisten Von den 13 bisherigen Arbeiter-Parlamentsmitgliedern gehören nur 7 dem L. R. C an. Die 6 anderen haben sich geweigert, das Programm, das stark sozialistisch angehaucht ist, zu unter zeichnen Tas L R C hat da« Streben, eine selb ständige Arbeiterpartei zu schaffen, und ist gegen ein grundsätzliches Zusammengehen mit den Liberalen Ter linke Flügel der Liberalen — tout eommo cber uous — sympathisiert lebhaft mit ihnen und wünscht einen engen Zusammenschluß Die Arbeiterparteiler hoffen, 30 ihrer Kandidaten durchzubringcn Sie würden dann, besonders wenn sie mit den 80 irischen Nationalisten zusammen gehen, eine ganz respektable Macht repräsentieren und das althergebrachte Partciregiment unmöglich machen Der Einschluß John Burns, des Arbeiterführers, in da« Kabinett soll und wird vielleicht dem vorbeugen, trotzdem die crtremeren Elemente der Partei über sein Paktieren mit den „Bourgeois" nicht gerade erbaut sind * Ter Weinfrage widmet die „Schlesische Zeitung" im Anschlusse an den Prozeß Sartorius Betrachtungen, in denen es u. a. heißt: „Da in unserer nördlichen Zone im Sommer und Herbste sehr oft sonnige Tage fehlen, bedeckter Himmel und Regen die nötige Erwärmung des Bodens und des Weinstocks verhindern, kommt es vor, daß die Trauben nicht reif werden Nicht ganz reife Trauben aber haben sonst, meine Aufmerksamkeit auf die Gauklerin zu lenken und herrschte diese an: „Ihr müßt der gnädigen Frau erzählen, Madame Perette, wie Ihr zu diesen Kinderkleidcrn gekommen seid. Ihr habt nach Eurer Versicherung so viele Jahre auf diese Stunde gewartet, was bleibt Ihr nun stumm?" Die Alte hatte offenbar auf diesen Zuruf nur ge wartet, sie Hub an mit kläglicher Stimme zu reden — aber es dauerte lange, lange, ehe ich ein Wort von dem zu fassen vermochte, was ich hörte Sie war schon mitten in ihrer Erzählung, als ich sie nach dem Anfang fragte. Was ich Ihnen in meinem Briefe über die Schicksale des Kindes seit dem Raube geschrieben, erfuhr ich in den nächsten Stunden durch hundert verworrene Kreuz- und Querfragen — und ohne Sophiens Beistand wäre ich niemals zu Ende gekommen. Tenn immer wieder, wenn ich begriffen zu haben wähnte, was mir berichtet ward, schwanden mir die Sinne, ich stöhnte verzweifelt dagegen auf und klagte Gott und die Welt an, daß dergleichen möglich sei" „Und der Gedanke kam Ihnen nicht, Frau Her mine, daß die alte Landfahrerin Sie dennoch betrüge? Taß der Raub Ihres KindeS freilich wahr und die Ihnen gebrachten Kleider die richtigen wären, aber Hedwig längst nicht mehr am Leben und — Arabella Godin Gott weiß wer, aber nicht Ihr Kind sei?" rief der Justizrat. Frau v. der Brüggen löste ungestüm ihre Hände aus denen deS Rechtsfreundes und sah den alten Herrn mit schmerzlich vorwurfsvollem Blick an. Toch hielt sie das zürnende Wort zurück, das über ihre Lippen wollte, sie nahm wahr, daß Doktor Hilde brands Wangen von ein paar schweren Tränen genäßt waren, und versetzte nach einigen Augen blicken leise: „Warum quälen Sie mich und sich mit solchen Fragen, lieber Justizrat? Wenn mir ein Zweifel geblieben wäre, wenn nicht alle-, alles mich in der wenig Zuckergehalt und bedürfen daher eine« Zusatze« von chemisch reinem Zucker, der gesetzlich erlaubt >st. Der zugesetzte Zucker in wässeriger Lösung vergärt aber in Verbindung mit dem Moste, wie reiner Most selbst. Sauere Moste, wie sie hier in den schlesischen Wein bergen bei Grünberg vorkommen, finden sich aber in wärmearmcn Jahren fast in sämtlichen deutschen Wein- bauaebieten, so daß eine Verzuckerung dieser saueren Moste unbedingt notwendig erscheint, wie die« von allen Wcinfachleuten in ganz Deutschland und den sämtlichen deutschen Regierungen als notwendig anerkannt ist. Nur in dem einen Punkte gehen die Weingelehrten aus einander, nämlich in der Deklaration Der ehrliche Weinhändler deklariert seinem Abnehmer ganz genau: „Ter Wein ist Natur und kostet pro Liter so viel " „Ter Wein ist verzuckert und kostet pro Liter so viel." Würde der Wirt beim Ausschank verpflichtet, ebenfalls zu deklarieren, d. h. auf seiner Etikette zu schreiben: „Geisenheimer verzuckert", „Rüdesheimer Natur", „Norheimer verzuckert", „Kauzenberger Natur", „Oppenheimer verzuckert", „Niersteiner Natur", „Muß bacher verzuckert", „Deidesheimer Natur" re., so wäre der Konsument in der Lage, zu wählen, und würde, wenn ihm der verzuckerte Wem billiger verabreicht und besser schmecken würde als der teuere Naturwein, sich durch da« Verzuckertsein unmöglich beeinflußen laßen Hier ist der springende Punkt, wo Verkäufer und Kon sumenten auseinander gehen Hätte das ReichSgesundheitS- amt bei Vorlegung der unglücklichen Weingrsetze 1892 und 1902 einmal diesen springenden Punkt, welcher Wirt und Konsument heißt, richtig ins Auge gefaßt, statt Jntereßenten und Ehemiker zu hören, so wäre ein ganz anderes und höchst einfaches Gesetz zustande gekommen, wie es in 913 der „Schlesischen Zeitung" angedeutet ist TaS große Publikum soll und muß wißen, was ihm vorgesetzt wird. Wenn es weiß, daß einem saueren Moste vor der Vergärung nur Zucker in wässeriger Lösung zugesetzt werden darf und alle anderen Zusätze, sie mögen heißen, wie sie wollen, bei Gefängnis strafe verboten sind, so wird und darf es sich nicht an der Etikette „Verzuckerter Wein" stoßen " Örtliches. Dresden, 10. Januar. * Am 1b. Januar, abends 8 Uhr, eröffnet derDresdner Gabelsberger Strnographenverrin in der 2 Brzirks- schule am Freiberger Platz einen AnsängerkursuS in der Stenographie Gabelsberger- Gegenleistung 6 M An meldungen nehmen die Herren Kaufmann Beutler, Wall- straße 15, Lehrer Päßler, Pelerstraße 4t, Berlagsbuchhändler Reuier, Blasewitzer Straße 1, Kirchner Streidt, Wettinerplatz, sowie Wagner u. Sprung, Zirkusstraße 7, entgegen. — Am 17. Januar, abends 8 Uhr, wird Hr. Lehrer Päßler im Brr einslokal, Helbigs Weißem Saale, über „Die Nachsilben" sprechen * Wetterbericht. Wetterlage in Europa am 10. Januar, früh 8 Uhr Ter Anstieg des Barometers währte nur bis zum Abend des 9 Januar, später erfolgte erneut Rückgang des Luftdrucks Diese Erscheinung ist die Folge des Nachrückens der gestern im Nordwesten lagernden relativ tiefen Depression Dieses Ties befindet sich heute über der mittleren Nordsee Die eingetretenr Aufheiterung wird nur vorüber gehend sein Die Bewegung deS nahen Minimum nach Osten dürfte zunächst Regen, im späteren Verlaus auch Schnee be dingen Mit einer Drehung des Windes über Westen, Nord westen nach Norden und Nordosten wird auch ein Rückgang der Temperatur in Verbindung stehen. — Witterung- verlaus in Sachse» am 9 Januar, km 9. Januar fiel im ganzen Lande Niederschlag, und zwar regnete eS in tieferen Lagen und schneite im Gebirge. Infolgedessen kam e- bi- zu 3üv m Höhe herab zu einer leichten Schneedecke Die Tem peratur ist wenig gestiegen Frost wurde nur bis 400 m Höhe beobachtet Tas Barometer stand am Morgen stark unter normal, jedoch setzte im Lause de- Tages ein starker Anstieg ein Tie Niederschlagsmengen überschreiten im Ge birge 10 mm — Meldung vom Fichtelberge: Ununterbrochen starker Nebel, gute Schlittenbahn bis in die Täler hinab, Schnertiese 110 cm, starker Reif, erhält sich lange, Rauh frost großartige Erscheinung, stürmische Südwcft-Winde. — Prognose für den ll. Januar. Wetter: Regnerisch, in höheren Lagen Schneefall Temperatur: Normal. Wind ursprung: Nordtveit. Barometer: Tief. öflrnilichra Ltkanusmachongen. Tas auf Grund der Ergebnisse des allgemeinen und beschränkten Wettbewerbes über die architektonische Gestaltung des Theaterplatzes und auf Grund der hieran sich schließenden Beratungen hiesiger namhafter Architekten und Künstler angesertigtc Modell des Theater platzes nebst Umgebung ist bi» mitSonntag, den 21. Jan., von traurig-frohen Gewißheit bestärkt hätte, nicht Hedwig, aber meine Tochter in der jungen Kunstreiterin wiedergesunden zu haben — Sie hätten vielleicht nie von den Vorgängen in München erfahren. Lassen Sie mich's eingestehen, daß ich nur einen Augenblick reiner, seliger Freude hatte, als ich spät in der Nacht die Wiedergesundene in meine Arme schloß — einen Augenblick — und von ihr weiß ich nicht ein mal, ob sie auch nur diesen Augenblick erlebt hat." Tie Tame unterdrückte die Anwandlung zum Weinen, die sie überkam, und richtete den Kopf, der matt auf die Brust gesunken war, wieder auf. „Es ist unrecht von mir, daß ich so spreche — ich müßte Gott danken für die Wiedergabe meine» Kindes — so kurz auch die Zeit währen mag, daß ich sie behüten und beschützen kann! Ich sollte immer daran denken, wa» die Ärmste ertragen hat — und mich über nichts wundern, al» daß sie trotz allem noch so viel Liebe zu mir fühlt. — Den Raub haben die Gaukler damals unternommen, weil zwei kleine Mädchen, die aus der Bande stammten, kurz zuvor am Scharlachfieber gestorben waren Sie haben da» Kind aus unserem Park hinweggelockt und sind noch in der nächsten Nacht über die mecklenburgische Grenze gegangen. In dem kleinen Hafenort Ribnitz hatten sie schon zuvor ein Schiff gemietet, daS sie nach den dänischen Inseln bringen sollte. Mit dem unglücklichen, weinenden Kinde an Bord schwammen sie im Saaler Bodden und der Ostsee, al» alle unsere Nachforschungen noch land einwärts gingen." „Die Gauklergefellschaft, die wir kurz zuvor in Franzburg sahen, hatte sich geteilt, und wir waren hinter dem unrechten Teile drein?" fragte der Justiz rat, bei dem jetzt gleichfalls eine Erinnerung an ver gangene Tage und ihre Sorgen erwachte (Fortsitzun, folgt )
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