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Fehlbetrag steigt also auf 106 Millionen. Er erhöht sich weiter um 28 Millonen Einnahmeausfall, der durch das verspätete Inkrafttreten der Deckungsvorlagen eintritt. Die Reichshilfe Dem Zwecke der Deckung der Fehlbeträge dienen insbe sondere die Reichshilfe der Personen des öffentlichen Dienstes und die einmaligen außerordentlichen Zuschläge zur Einkom- mensteusr im Rechnungsjahr 1930. Diesen Abgaben sind drei - Personengruppen unterworfen. Die erste Gruppe bilden die j Beamten und Angestellten der öffentlichen Hand, denen ; wegen ihrer gesicherten Stellung ein Opfer zugemutet wer- ; den kann. Die zweite Gruppe bilden die höheren Einkommen, ? d. h. also Einkommen von mehr als 8000 RM. Die dritte i Gruppe bilden Personen, die für Frau und Kinder nicht zu s sorgen haben und deshalb im Vergleich zu diesen als etwas leistungsfähiger angesprochen werden können. Der Reichshilfe unterliegen die Beamten und Angestell ten der öffentlichen Hand im weitesten Sinne, die Angestell ten der öffentlichen Hand allerdings nur insoweit, als sie nicht der Arbeitslosenversicherung unterliegen. Dagegen sind entsprechend den Beschlüssen des Reichstagsausschusses auch die Bezieher von Aufsichtsratstantiemen der Reichshilfe un- terworsen. Die Reichshilfe bemißt sich nach den Bruttodienst bezügen, die für die Zeit vom 1. September 1930 bis zum 1. April 1931 gewährt werden. Sie wird im engsten Anschluß an die Lohnsteuerbestimmungen erhoben. Sie beträgt 2)4 Prozent der Gehaltsbezüge. Für jedes minderjährige Kind bleiben 20 RM monatlich frei. Personen, deren Dienstbezüge nach Absetzung von 20 RM für jedes Kind 2 000 RM im Jahre nicht übersteigen, sind von der Reichshilfe befreit. Die Bezieher von Aufsichksratstantiemen, bei denen die Reichs hilfe im Wege der Veranlagung erhoben wird, unterliegen der Reichshilfe mit 60 v. H. der nn Kalenderjahr 1929 erziel ten Aufsichtsratstantiemen. Die Reichshilfe ist bei der Berech nung des Einkommens abzugsfähig. Die einmaligen außerordentlichen Zuschläge zur Ein kommensteuer im Rechnungsjahr 1930 bestehen in einem 5prozentigen Zuschlag der für.1929 veranlagten Steuer. Die sem Zuschlag unterliegen die wegen eines Einkommens von mehr als 8 000 RM veranlagten Personen. Bei ihnen wird die gesamte Einkommensteuer, also ohne irgendwelche Ab züge, dem Zuschlag von 5 v. H. unterworfen. Es ist also ein Zwanzigstel der Einkommensteuer 1929 zu entrichten. Weiter wird ein Zuschlag zur Einkommensteuer der Le digen erhoben. Dieser Zuschlag besteht einerseits in der Wie derhinzurechnung der durch die Gesetze von 1927 und 192k eingefuhrten Abschläge von 25 o. H. höchstens aber 3 RM monatlich, ferner in einem Zuschlag von 10 v. H. zur Steuer bei den Pflichtigen, bei denen sich nicht der prozentuale, son dern der feste Abschlag ergibt. Als ledig gelten auch verwit wete oder geschiedene Personen, aus deren Ehe Kinder nicht hervoraegangen sind. Vom Zuschlag befreit sind unverhei ratete Frauen, denen Kinderermäßigungen zustehen, ferner Steuerpflichtige, die zum Unterhalt ihrer geschiedenen Ehe frau oder eines bedürftigen Elternteils seit einem Jahre min destens 10 v. H. ihres Einkommens aufwenden, und denen deshalb eine Ermäßigung der Einkommensteuer bewilligt worden ist. Der Zuschlag zur Einkommensteuer der Ledigen wird bei den Lohnsteuerpflichtigen im Wege des Steuerab zuges in der Zeit vom 1. November 1930 bis 31. März 1931 erhoben. Bei den veranlagten Einkommensteuerpflichtigen unterliegen, da der Ledigenzuschlag nur für 7 Monate gel ten soll, nur 60 v. H. der Jahressteuer für 1929 dem Ledi- aenzuschlag. Die Veranlagten haben den Zuschlag für die Einkommen von mehr als 8 000 RM und den Ledigenzu schlag gleichzeitig mit ihren Einkommensteuervorauszahlün- gen, also am 10. Oktober 1930 und am 10. Januar 1931 z> entrichten. Die Gemeinden erkalten mit sofortiger Wirksamkeit da. Recht, B irgersteuer und Gemeindebiersteuer zu erbeben, uni zwar letztere in einem gegenüber bisher erhöhten Ausmaße Gemeinden, deren Etats durch die Wohlfahrtserwerbslosen fürsorge außerordentlich belastet sind, sollen das Recht be kommen, daneben auch von den übrigen Getränken außei Bier eine Gemeindegetränkesteuer zu erheben. Der Satz der Bürgersteuer beträgt im allgemeinen < RM. Er ermäßigt sich für Leistungsschwache auf 3 RM, er höht sich auf 25, 50,100, 200 und 500 RM. Bei den höchster Einkommen beträgt er 1000 RM. Die Vsthilfe In dem gleichzeitig durch Notverordnung in Kraft ge setzten Haushaltsplan sind für Frachtenerleichterung, Erleich terung der kommunalen Lasten, Senkung der Schiffahrtsab gaben, Zinsverbilligung, Betriebssicherung und sonstig« Maßnahmen auf wirtschaftlichem, gesundheitlichem und kul turellem Gebiete insgesamt rund 128 Millionen RM ausge morsen. Zur Beschaffung des Dauerkredits für die ländlich« Siedlung und für Umschulungszwecke ist der Reichsregierunc die Ermächtigung zur Üebernahme einer Garantie in Höh« von vorläufig 150 Millickflen RM gegeben worden. Der Voll streckungsschutz wird bis zum 3-1. Dezember 1930 gewähr! werden. Lrwerbslosenversicheruag, Krankenversicherung, Reich» Versorgung Im einzelnen handelt es sich auf der Einnahmeseitk darum, daß der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung für die Zeit vom 1. August 1930 auf 4)4 v. H. des Arbeitsentgelts festgesetzt worden ist. Auf der Ausgabeseite sind Maßnahmen vorgesehen, die insgesamt für den Rest des Haushaltsjahres etwa 100 Mil lionen RM ersparen we-den. Die Höhe der Unterstützung «Grd künftig in eine Beziehung zur Dauer der Anwartschaft gebracht. In der Frage der Sperrfristen entscheidet sich die Notverordnung dahin, daß die normale Dauer der Sperr fristen künftig sechs Wochen beträgt. Dafür sind aber für die Fälle freiwilliger Arbeitsaufgabe Erleichterungen über das gegenwärtig geltende Maß hinaus vorgesehen. Die Dauer einer Krisenunterstützung wird unter bestimmten Voraus setzungen jetzt auf die Dauer der versicherungsmäßigen Ar- beitsloßmunterftützung angerechnet. Durch dies« Maßnahmen wird der Ausgleich der Ein nahmen und Ausgaben der Reichsanstalt für eine bestimmt« Zahl von Arbeitslosen sichergestellt Die Maßnahmen der Verordnung hinsichtlich der Kran- künverficherung betreffen die Beteiligung der versicherten an di» Kosten sür die ärztliche Behandlung und die Heilmittel, den Beginn der Krankengeldes, regeln die Familienkranken pflege, beschränken die Krankenkaffen im Erwerb von Grund , ücken, kn der Errichtung von Gebäuden und Anstalten und in der Festsetzung des Beitrags. Die Verordnung macht auch die Bildung unwirtschaftlicher Zwergkaffen unmöglich. Aus Grund der Verordnung haben die Krankenkassen den Bei trag unter Berücksichtigung der Aenderung der Verord nung neu se ft zusetzen. Auf dem Gebiete des Äersorgungvrechts soll die erst malige Anmeldung eines Rentenanspruchs künftig nicht mehr möglich sein. Der Rechtsanspruch auf Neufestsetzung der Ver- soraungsbezüge wegen veränderter Verhältnisse wird be schränkt auf die Gesundheitsstörungen, für die am 31. Juli 1930 Rente bezogen wurde, und schließlich wird die Möglich keit des Rekurses in Fällen eingeschränkt, in denen die recht liche Bedeutung des Streitgegenstands dieses Rechtsmittel nicht mehr erfordert. Verhülung unwirtschaftlicher Preisbildungen Die Neichsregierung wird ermächtigt, unter bestimmten Voraussetzungen Verwaltungsmasznahmen unwirtschaftliche Preisbildungen auszuräumen. Die Uebertragung dieser Be fugnisse entspricht den Beschlüssen, die der Deutsche Iuristen- iag 1928 zur Abänderung der Kartellverordnung gefaßt hat. Ferner kann die Reichsregieruna die Eingangszölle solcher Waren, deren Erzeugung oder Verkehr durch Preisbildung in unwirtschaftliche Bahnen gelenkt wird, aufheben. Woldemaras deportiert. Auf Verfügung des Komnoer Kommandanten wurde der frühere litauische Diktator Woldemaras verhaftet und nach einem nock unbekannten Provi^ort verschickt. Der Anlaß soll Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch Weldem.iras sein. Unser Bild zeigt den ehsmelieen litauischen Ministerpräsidenten Woldemarac. Aalienr «SM M! LrMMWÄm Rom, 26. Juli. Der König von Italien hat das Erdbebengebiet besucht Die Fahrt ging durch die Gegend von Lacedonia. Aquilonia und die Bisaccia. Der König suchte in den einzelnen Orten die Hospitäler auf, sprach den Verletzten Mut zu und tröstete die Hinterbliebenen. Die Bevölkerung bereitete ihm einen herzlichen Empfang. Die Baupolizei von Neapel hat dreihundert Wohnun gen wegen Einsturzgefahr räumen lassen. Den betroffenen Familien wurden anderweitig Wohnungen zugermesen. Sechs Kirchen in Neapel sind von der Baupolizei ebenfalls wegen Einsturzgefahr gesverrt worden. Diese Zahlen aus Neapel, das vom eigentlichen Erdbebenherd ziemlich weit abliegt, und wo verhältnismäßig geringer Schaden anye- richtet worden ist, zeigen, wie groß der Gebäudeschaden >m eigentlichen Erdbebengebiet sein muß. Erstes Bild aus dem vom Erdbeben zerstörten Meist. Unser Bild zeigt ein durch das nächtliche Erdbeben in Melfi, Mittelitalien, zerstörtes Haus. Sechs Be wohner wurden getötet, fünf schwer verletzt. Die L^MüliLgsr Hirth und Weller in London. Dieses Bildtelegramm zeigt die jungen deutschen Sportslieger Wolfgang Hirth und Oskar Weller (rechts) wenige Minuten nach ihrer Landung in London, von wo sie in ihrem 4l>-PS.-Kleinflugzcug über Schottland, Irland, Grönland, Labrador und Kanada nach Chikaao weiterfliegen wollen. MMsrMWe MeyiuLeEVe-ttlM Bor etwa Jahresfrist tauchte in Berlin ein gewisser Georg Langner auf, der mit einem Ingenieur eine große Propaganda für eine'Forschungsreise in unerforschte Ge- ' biete Abessiniens machte. Tausende von Briefen und Pro spekten wurden versandt, um Teilnehmer für diese For schungsreise zu suchen. Auf diese Ausrufe hin fanden sich zahlreiche Personen, die Geldbeträge für die Expedition zur Verfügung stellten. Auch Lebensmittel wurden von Firmen gestiftet, damit Langner die Waren während seiner For- : schungsreise verwenden und ihre Qualstät prüfen sollte. In ! Stahnsdorf hatte Langner ein großes rotes Zelt aufgeschla- ! gen, das er mitführen wollte und das jederman besichtigen j konnte. An zahlreiche Künstler und Wissenschaftler trat > man heran, die an der Reise gegen Bezahlung teilnehmen oder mit den Forschungsergebnissen versehen werden soll ten. Immer wieder vertröstete Langner seine Geldgeber, bis er jetzt plötzlich verschwand. Die polizeilichen Ermitt lungen ergaben, daß Langner in der Schweiz und in Ita lien wie auch in Berlin mit Frauen in Verbindung getreten war, von denen er Summen von 2000 bis 10000 Mark er halten hattet Als sich der Amtsvorsteher von Stahnsdorf angesichts der Häufung der Anfragen nach dem „Forscher" für Langner interessierte, stellte er fest, daß Langner poli zeilich nicht gemeldet war. Langner hat bereits vor Jahren ähnliche Schwindeleien in Szene gesetzt. Aus dem Gerichtssaal Lin „schändlicher" Erzieher In mehrstündiger geheimer SitzüNg verbandelte das Gemeinsame Schöffengericht Dresden gegen den 21 Jahre alten Erzieher Gebauer aus Dresden wegen Sittlichkeits oerbrechens (Vornahme unzüchtsger Handlungen an Mäd chen unter 14 Jahren). Der Angeklagte, der wegen gleicher Delikte bereits vorbestraft ist, war zuletzt als Erzieher im Stadtkinderheim „Marienbof" in Dresden-Trachau tätig. Nach dem Erösfnungsbeschluß sollte er sich an einem 6jäh- rigen Mädchen und an einer 7 Jahre alten Schülerin unsitt lich vergangen haben. Der Beschuldigte wurde nach Bekannt werden sofort vom Amte suspendiert und später dienstent» lassen. Das Gericht sah nach eingehender Beweiserhebung den Angeklagten für im vollen Umfange schuldig, und verur teilte ihn wegen Sittlichkeitsverbrechens nach 8 176, Abs. 3, des Str G. B. in zwei Fällen zu2JahrenZuchthaus und 5 Jahren Ehrenrechtsverlust. Gebauer wurde sofort in Haft genommen. Kommunisten vor Gericht In zweitägiger Verhandlung hatten sich vor dem Ge meinsamen Schöffengericht Dresden sieben Kom munisten wegen schweren Landfriedensbruchs und gefähr licher Körperverletzung zu verantworten. Es handelt sich um die Vorgänge vom 22. Mai lfd. Js. in Dresden-Neu- stadt, wo es nach einer nationalsozialistischen Versammlung im Orpheum an der Albertbrücke zu einer wüsten Schlä gerei zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten ge kommen war, wobei mehrere Personen verletzt wurden. Das Gericht verkündete folgendes Urteil: Es werden verurteilt wegen schweren Landfriedensbruchs in Tateinheit mit ge meinschaftlicher Körperverletzuno die Angeklagten Vermes sungstechniker Predelund Glasmacher Höhnezu je acht Monaten Gefängnis, Tiefbauarbeiter Schimmack wegen chweren Landfriedensbruchs zu sieben Monaten Gefängnis, rie Arbeiter Schramm, Ernst und Mürbe wegen ein- achen Landfriedensbruches zu je vier Monaten Gefängnis und Markthelfer Hofmann wegen einfaeb-n "-idfriedens- bruchs zur Mindeststrafe von drei Monaten Gefängnis. Die noch in Haft befindlichen Angeklagten Predel, Höhne und Mürbe, denen die seit dem 22. Mai erlittene Untersuchungs haft voll angerechnet wird, wurden am Schluß der Verhand lung aus der Hast entlassen Mr Heise dmH Sale» (Fortsetzung) Es wird langsam dunkel und die Sonne geht im Westen langsam unter, da erhebt sich ein Jude legt den Gebetriemen um, und indem er sich nach Osten wendet und die Hände er hebt, verrichtet er sein Gebet. Keiner von den vielen, die im Wagen sind, stört den gläubigen Juhen. In Debica und Mielec hatte ich noch einige kleine Ueber- nachtungsabenteuer, auch dies ging vorüber, aber über eins muß ich mich doch wundern. In den hochkultivierten Pro vinzen Posen und Pommerellen sind überall Verbote ange bracht „Nicht auf den Fußboden spucken"; in den Hotels sind sanitäre Vorschriften an den Wänden beftstigt. Aber gerade da, wo es unbedingt notwendig ist, in Kongreßpolen und Galizien, fand ich dergleichen nicht, trotzdem es dort eher angebracht ist, .als in den anderen Provinzen. Dir ; in den höchsten Beamtenstellen sitzenden Leute stammen s alle aus Kongreßpolen und Galizien und behaupten steif und fest, sie haben erst Kultur nach Posen und Pommerellen ge bracht. Na, ich hab« Kultur dort unten tennengelernt. Ueber Krakau, dieser schönen Stadt, von der man noch nicht viel volnischen Einschlag merkte, ging es nach Oberschlesien. In das Land, daß uns ungerechterweise entrissen wurde. Katto- witz, der Mittelpunkt der Industrie. Ohne Oberschlesien könnte Polen nicht leben, deswegen mußt« es uns genom- i men werden. Schmach und Schande war es damals, Ver- i rat an der treuen deutschen Bevölkerung. Sie hat sich mit - blutendem Herzen hineinfinden müssen und hofft, hofft, - hofft. Deutschen Geist und deutschen Willen lernte ich ! auf den landwirtschaftlichen Musterbetrieben der Fürstlich * Gräflich von Henckel und Donnersmarckschen Verwaltungen s n Neudeck und Alt-Tarnowitz kennen. Der alt« Oberin« j pektor Schirm, aus Gr. Gni« in Ostpreußen stammend, l chüttelte mir herzlichst beim Abschied die Hand. In Tarno« witz, jetzt Tarnowskie Gory Slask, steht im Hotel Mr freien ! Bergstaot: ; Fern von gebildeten Menschen, am Ende des Reiches, I Wer hilft Euch Schätze finden und sie glücklich bringen ans sülcht? Nur Verstand und Redlichkeit Helsen. Es führen die beiden Schlüssel zu jeglichem Schatz, welchen die Erde verwahret. 4. 9. 1790. Goethe. Wenn Goethe zur damaligen Zeit gewußt hätte, was es heute für Oberschlesien bedeutet: .