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Groener erläutert den Wehretat. P»or dem Haushaltsausschuß. — Schärfste Bekämpfung aller Zersetzung-Versuche. Der Haushaltsausschuß des Reichstags wandte sich Im weiteren Verlauf seiner Etatsarbeiten der Beratung d-s Haushaltsplanes des ReichSwehrministeriums zu. Ms Berichterstatter betonte der Sozialdemokrat Stück» Lan, erhebliche Ersparnisse im Wehretat seien nur Kim möglich, wenn man von dem Grundsatz, alle Möglichkeiten des Versailler Vertrags auszuschöpfen, «bgehe. MS Mitberichterstatter verwies der Zentrums- tBgeordnete Ersing demgegenüber auf die Zwangs- Kufigkeit der Mehrausgaben. In der Debatte betonte der Demokrat Külz, man müsse zu dem Reichswehrminister Vertrauen haben. Nicht angängig M, daß ausgeschiedene Offiziere sich in revolutio nären Parteien betätigten. Der Volksparteiler Cre mer fragte, ob der Andrang zur Reichswehr noch so stark sei wie früher. Der Wirtschaftsparteiler Sach- senberg forderte die volle Ausnutzung aller uns nach Km Versailler Vertrag offenen Möglichkeiten. Der Sprecher der Deutschnationalen, Schmidt-Stettin, «Werte sich zur Frage der Garnisonverlegungen. Alsdann forderten der Sozialdemokrat Schöpflin Md der Zentrumspolitiker Dr. Köhler Aufklärung Ker die Gerüchte über angebliche Geheimrüstun- a<n. Abg. Schüpslin bemerkte dabei, wenn der Wehr minister keine Auskunft gebe, werde seine Fraktion iyr Reichstagsplenum vom Kanzler Aufklärung ver- Smgen. Reichswehrminister Groener führte in seiner Erwiderung aus, der Wehretat, bei dessen Aufstellung es an Selbstkritik nicht gefehlt habe, Vom gesamten Kabinett gebilligt worden. Ter "ipchrminister HWe im übrigen auch gar keine chkeit, eine Sonderpolftik treiben zu könne». Bei Minen z. «., die außenpolitische Wirkungen haben Uten, fti er von der Zustimmung des Außenmini- Wr« abhängig. Minister Groener behandelte danach die einzelnen Positionen des Etats, setzte sich für die Beibehaltung dpr Herbstmanöver im Interesse der Schulung des Hee nes em und bezeichnete es als unmöglich, ganz allge mein einen bestimmtest Prozentsatz des Mannschafts- «andes zu Offizieren zu befördern. Selbstverständlich «Üe aber auch in Zukunft dem Offizierkorps durch Be orderung bewahrter Unteroffiziere frisches Blut zuge- mhrt werden. Zur Frage der Zersetzungsversuche er- kuirte der Reichswehrminister: i «Ach Möchte keinen Zweifel : aenbrr lassen, daß ich rmffuhtSlos allen versuchest, den Gehorsam der Reichswehr zu untergraben, entgegentreten werde, und daß sch kein Mittel scheuen werde, um alle Ver suche, innerhalb per Reichswehr die Disziplin zu ge fährden, völlig unmöglich zu machen. Eine Wehr macht, die nicht absolut aufgebaut ist auf bedingungs losem Gehorsam, langt nichts." Zum Schluß machte Minister Groener noch ver dauliche Ausführungen über die Gerüchte über deutsch« Heheimrüstungcn. Der Haushaltsausschuß nahm dann noch verschiedene Anträge entgegen und führte die all gemeine Aussprache zum Abschluß. KoMwt die SteuersenkuttH? Bayerns Finanzminister glaubt noch nicht recht daran. - München, 7. Mai. Am bayerischen Landtag legte Finanzminister Dr. Schmelzle den Staatshaushalt für 1930 vor. In seiner Rede ging er davon aus, daß mit der Fehlbetragwirt schaft der letzten Jahre gebrochen und der Haushall ausgeglichen werden müsse. Der außerordentliche Haus halt für 1930 weist in Einnahmen und Ausgaben rund 94,73 Millionen Mark auf. Der ordentliche Haushalt zeigt bei rund 835,6 Millionen Mark Ein nahmen einen Fehlbetrag von 21,8 Millionen Mark. Zur Fehlbetragsabdeckung soll eine weitere Ver minderung der kleinen Amtsgerichte, ferner ein Abbau und eine Vereinfachung der Verwaltungsausgaben er folgen. Außerdem wird die Einführung einer Schlacht steuer vorgeschlagen, die auf den Kopf der Bevölkerung eine Belastung von etwa zwei Mark im Jahre beträgt. Zur Reichsfinanzpolitik bemerkte ver Minister u. a., es gebe niemanden, der nicht eine Senkung der Steuer aufs innigste wünschen möchte. Dagegen gebe es viele, die daran zweifeln, ob schon im Jahre 1931 Äne Senkung in de« vom Reichsfinanzminister in Aus sicht genommenen Ausmaße tatsächlich möglich sein werde. Bei den Ländern und Gemeinden lägen die Ver hältnisse so verschieden, daß weder ein allgemein gleich dringendes Bedürfnis nach einer Senkung dieser Steu- «n anerkannt noch eine solche Senkung durch einen Eingriff des Reiches ohne Schaffung neuer großer Ver schiedenheiten herbcigcführt werden könne. Wer aber hoffe, die Ausgaben der Länder und Ge meinden durch Beschlüsse des Reichstags oder durch ge setzliche Festsetzung einer obersten Grenze oder durch Kon tingentierung der Ueberweisungssteuern auf die Dauer «inschränken zu können, der würde sich bald von der Nnausführbarkeit solcher Gedanken überzeugen müssen. Kabiuettoberatlmg über die vfthilfe Zunächst stehen 110 Millionen zur Verfügung Berlin, 7. Mai. Das Reichskabinett beriet gestern nachmittag unter Vv. «h des Reichskanzlers Dr. Brüning und in Anwesenheit Se» Reichsbankpräsidenten Dr. Luther sehr eingehend den Entwurf eines Gesetze» über Hilfsmaßnahmen Ar die Osteidenden Gebiete des Ostens (Osthilfegeseh). Die Bespre chungen werden heute nachmittag fortgesetzt werden. Wie wir erfahren, hat das Kabinett in dieser Sitzung die Mittel sestgestellt, die ihm für die Verwirklichung einer Osthilse im Augenblick zur Verfügung stehen. Diese Mittel ourfren pcy nach dem Bericht des Reichsfinanzministers etwa folgendermaßen zusammen setzen: Für die Hilfe für Ostpreu- hen stehen 2S,3 Millionen im Etat. Dazu kommen 22 Mil lionen für das Ostprogramm. Ferner könnten die Einnah men aus der Verwertung des Relchsbesitzes im besetzten Rheinland verwendet werden und der Rest der Rücklagen der ! Bank für Industrieobligationen. Diese beiden letzten Posten j schätzt man rund auf 50 bis 60 Mill. RM., so daß im ganzen > etwa rund 110 Mililonen RM in absehbarer Zeit zur Der- > fügung stehen dürften. ! Das Reichskabinett ist sich schlüssig geworden, die Auf- ! gaben der Osthilfe so zu zerlegen, daß zunächst auf der Basis der erwähnten verfügbaren Gelder ein Sofort-Programm in Angriff genommen wird, das die dringendsten Aufgaben umfaßt, während die Fragen, die noch ein genaues Studiufn und weitergehende Vorbereitungen erforderlich machen, spä ter organisch an das Sofort-Programm angeschlossen werden sollen. Kommunistische Demonstrationen i,< Berlin Berlin, 7. Mai. Die Kundgebungen der kommunistischen Partei gegen das Verbot des Roten Frontkämpferbundes, die an verschie denen Stellen der Stadt veranstaltet wurden, sind im allge- - meinen ohne größere Zwischenfälle verlaufen, abgesehen von . Ausschreitungen gegen einen Polizeioffizier am Koppenplatz. - Die Verletzungen dieses Offiziers stellten sich jetzt als nicht ; erheblich heraus, so daß er seinen Dienst weiter ausüben ! konnte. Zusammen wurden etwa 20 Personen zwangsge- stellt. Zweiter Brief Gandhi» an den Vizekönig Ravsari, 7. Mai. In einem zweiten Schreiben Gandhis an den Vizekönig, - das Gandhi am Vorabend seiner Verhaftung verfaßt hatte, heißt es u. a.: „Ich kenne die Gefahren, die die von mir angenommene Methode begleiten; aber das Land wird das, ! was ich will nicht mißverstehen. Ich sage, was ich will und i denke. Der einzige Weg, um Gewalt zu beseitigen, ist durch j reine Nicht-Gewalt. Wenn trotz wiederholter War nungen Leute zur Gewalt greifen, so muß ich Vie Berant- ' wortung hiefür ablehnen. Ziehen Sie eine gewaltsame Erhe bung vor? Die Geschichte wird das Urteil fällen, daß die bri- j tische Regierung, die die Nicht-Gewalt nicht ertrug, weil sie ! sie nicht verstand, die menschliche Natur zur Gewalt antrieb, j der sie zu begegnen wußte." Gandhi schließt mit dem Ersu- ! chen an den Vizekönig, die Salzsteuer aufzuheben. Das f Schreiben, das mit der Anrede „Lieber Freund" beginnt, j endet mit den Worten „Ihr aufrichtiger Freund M. K. ! Gandhi". Wieder bebt die Erde. s Zahlreiche Todesopfer einer Erdbebenkatastrophe i« Hinterindien. In der Provinz Burma in Hinterindien hat sich ! ein schweres Erdbeben ereignet. In der Stadt Rangoon sotten 50 Menschen ge* - tötet und mehr als 200 verletzt worden sein. Biele Ge» j bände sind znsammengcstürzt. Der Rest ist schwer be- I schädigt. j In der Stadt Peau brach nach dem Erdbeben , Feuer aus, während gleichzeitig große Ueberschwern- ' mungen Schaden anrichtctcn. Beteiligung de» Reichs am Südflügel des Mittellandkanals Berlin, 7. Mai. Vom Haushallsausjchuß des Reichstags wurde zur Vollendung des Mittellandkanals (Bleilochsperre) als dringlich die erste Rate der a-:(.esorderten 1.800 000 RM im Betrage von 450 000 RM bewilligt. Die Forderung wird seitens der Regierung damit begründet, daß im Jahre 1925 die Aktiengesellschaft Obere Saale, deren Aktien sich damals in der Hand des Landes Thüringen befanden, den Bau der 215 Millionen Kubikmeter fassenden Bleilochsperre zum Zwecke der Kraftgewinnung im Tal der oberen Saale be gonnen hat. Da die Gewinnung von Zuschußwasser zur Er höhung oer Fahrwassertiefe in der Elbe in trockenen Zeiten äußerst wertvoll und im Mittellandkanalaesetz vorgesehen ist, lag es im Interesse des Reiches, daß es sich im Jahre 1929, als Preußen und Sachsen durch ihre Elektrizitätsgesellschaf ten beitraten, ebenfalls durch seinen Beitritt in das Unter nehmen einschaltete. Die Baukosten der Sperre, der Kraft werk- und sonstigen Zubehöranlagen sind auf 34 Millionen RM veranschlagt worden, die zu 15 Millionen durch Vor zugsaktien, zu acht Millionen durch Stammaktien, zu 8,67 Millionen durch Darlehen und bezüglich des Restes durch Mittel aus der werteschaffenden Erwerbslosenfürsorge auf gebracht werden sollen. Das Reich ist an den Stammaktien mit 5/ Millionen und am Darlehn mit 5,78 Millionen bete!' Saatenstand im Freistaat Sachsen Dresden, 7. Mai. Im Monat April setzten nach einigen trockenen Tagen Niederschläge ein, die gegen Mitte des Mo nats recht ergiebig waren. Die durch die Trockenheit der ver gangenen Monate im Wachstum zurückgehaltenen Saa- t e n hatten so die Möglichkeit, sich günstig zu entwickeln, so daß ihr Stand gegenwärtig als befriedigend anzusprechen ist. Bei großen Aussaatmengen und früher Saat stehen die Wintersaaten teilweise so dicht, daß mit Lager gerechnet wer den muß. Die Sommersaaten sind im Niederlande gut auf gelaufen und versprechen auch in höheren Lagen einen gün stigen Aufgang. Der Klee beginnt, soweit er nicht wegen lückigen Standes umgepflügt werden mußte, nach den gefal lenen Niederschlägen und nach Eintritt höherer Wärmegrade ebenfalls sich zufriedenstellend zu entwickeln. Das Gleiche trifft für Wiesen und Weiden zu, so daß die Koppeln zum Teil schon besetzt werden konnten. Die Aussaat des Sommer getreides ist im ganzen Lande, das Drellen der Rüben zum größten Teil schon beendet worden. Das Legen derKarr of- feln ist in vollem Gange. An Schädlingen treten Mäuse, teilweise auch Engerlinge in stärkerem Umfange auf. Ver- I schiedentlich machen sich Drahtwürmer und Larven der Frit- fliegen bemerkbar, lieber starke Entwicklung des Unkrautes > besonders des Hederichs in den Sommersaaten, wird häufig j geklagt. Für das Land sind vom Statistischen Landesamt fol gende Durchschnittsnoten berechnet worden (dabei bezeichnet I einen sehr guten, 2 einen guten, 3 einen mittleren, 4 einen geringen und 5 einen sehr geringen Stand): Winterweizen 2.1 (2,7), Winterroggen 2,2 (2,6), Wintergerste 2,3 (2,9), Raps 2,5 (3,1), Klee 2,7 (3,2), Luzerne 2,3 (3,1). Be-(Cnt-) wässe^ —---wiesen 2,5 (3,2), andere Wiesen 2,6 (3 4). Die ein- gekl m Zahlen beziehen sich aus Ansang Mai 1"'". Aus dem Gerichtssaal Verurteilte Jungkommunisten Wegen des Ueberfalles auf Nationalsozialisten am 3. März bei Aue hatten sich 14 Jungkommunisten vor dem Ge meinsamen Schöffengericht in Zwickau zu verantworten, von denen zwei wegen Mangels an Beweisen freigespro- chen wurden. Drei Angeklagte wurden zu einem, acht zu e Asi und einer zu vier Monaten Gefängnis verurteilt. D e Nationalsozialisten waren sämtlich ohne Stöcke und Was sen, so daß den Angeklagten bei der Gemeingefährlichkeit ihres hinterlistigen Ueberfalles auch die Zubilligung mil dernder Umstände vom Gericht versagt werden mußte. Körperverletzung mit Todesfolge. Das Schwurgericht Naumburg verurteilte am 27. Januar den Arbeiter Otto Born wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einem Jahr Gefängnis. Born hatte sich in einen Streit seiner Frau mit Nachbarsleuten eingemischt und schließlich seinen Widersacher Albert Herzog mit seinem Stock, den er als Fußkranker mit sich führte, so über den Kopf geschlagen, daß Herzog an den Folgen einer Gehirn blutung geraume Zeit nach seiner Einlieferung ins Kran kenhaus verstarb. Dieses Urteil hat jetzt das Reichsgericht durch Verwerfung der Revision bestätigt. Mordprozeß Hcitzwebel. In Stettin begann der Prozeß gegen den bereits wegen Tötung eines Berliner Polizeibcamten zu lebenslänglichem Zucht haus verurteilten Willi Hcitzwebel. Dem Angeklagten wirb zur Last gelegt, im Mai 1927, nachdem er kurz vorher aus einer Krankenabteilung der Strafanstau in Halle ausgebrochen war, in Stettin zuerst einen vollendeten Raubüberfall und zehn Minuten späte, einen versuchten Raubüberfall, bei dem er einen jünge ren Versicherungsbeamten, der in Begleitung seine, Braut nach Hause ging, niedergeschossen hat, begangen zu haben. Hcitzwebel entkam nach den beiden Untaten und wurde erst nach 1-/? Jahren in der Tschechoslowa kei durch einen Zufall bei seiner Verhaftung als de, langgesuchte Raubmörder erkannt. Friedrich von Schiller. Am 9. Mai jährt sich zum 125. Male der Todes» tag des deutschen Dichters Johann Christoph Fried- Crich von Schiller. Wir können diesen Tag nicht ver streichen lassen, ohne seiner besonders zu gedenken, Sein Ruhm und sein Werk benötigen keine Würdi gung mehr; Dichtung, die sich trotz einer gewissen Abneigung des Publikums gegen Klassiker so lebendig erhallen bat, wie die seine, hat sich damit selbst ge würdigt Mit keinem anderen Dichter befaßt man sich auf den Schulen so viel wie mit Schiller, in kein anderes Werk werden die Schüler so tief eingeweiht wie in das seine. Und trotz aller Abneigung, die man als Schü ler meist gegen das Lernen hat, hat man seine Bal laden: Der Taucher, der Kampf mit dem Drachen, di« Bürgschaft, der Ring des Polykrates, die Kraniche des Jbykus und auch das Lied von der Glocke gern gelernt, seine Dramen, den Teil und die Räuber gern gelesen und sich auch mit seiner Lebensgeschichte mehr j als gewöhnlich befaßt. j Die ist zu bekannt, als daß man hier näher ! darauf eingehen müßte. Es bleibt nichts übrig, als j dem Dichter an einem solchen Gedenktage wieder Worte der Verehrung und Bewunderung zu zollen, doch was Ist das gegen unsere Liebe zu ihm? Blütenmonat. In den Kreislauf des Jahres ist der Blütenmonat Mai wie ein leuchtender Edelstein gesetzt. Blütenkränze zeichnen seines Weges Spur. Ucbecall, wohin das Auge blickt, ist strahlende, verheißende Helle. Denn Blüten sind erste Versprechungen, sind formgewordene Hoff nungen, sind beschwingte Zukunftsmusik. Nach der win terlichen Starre und Trübe quellen die Blüten aus dem jungen Grün wie ein beglückendes Lächeln, das die Tore in die Ferne aufstößt, die voll ist von Möglich keiten, von Wünschen und kaum geahnten Zielen. Im Blütenschmuck des Frühlings bietet die Natur den ersten bezaubernden Einblick in das unerschöpfliche und unergründliche Buch ihrer Wunder. Nicht die Augen weide allein, sondern vielleicht mehr noch der tiefere Sinn, der hinter dem Sichtbaren waltet, mag uns den Mai besonders nahcbriügen. Das Spiel der Farben spiegelt die Stimmungen Wider, die in.der Brust eines jeden Menschen wach