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Beilage zm Wettze-M Fettung n -Enabend. am 19. Ap.il 1930 W^ahr^ ersten Grün erblühen Flure» gottesfroher Himmelspracht. Im «n Christus lebt! Tie Zeit der Not ist nun vorüber, Bom nahen Turm die Glocke klingt, In Freude quillt die Seele über. Das Auge Frühlingswunder trinkt. Des Winters letzte rauhe Spurei Verschlang der Sonne Zaubermacht. Die Glocke siugt mit Engelszungen Die süße Ostermelodei, Drob sind die Knospen aufgesprungen Und läuten mit: „Bald kommt der Mai!" So hat schon über tausend Jahre Das Herz der Gläubige» gebebt, Wen» Gottes Wort, gleich der Fa»f« Uns kündet: „Freut euch, Christus lebt!" Jörg Beßler-Gera. Lxcelbior? , Run liegt von Primel» ein bunter Kranz i Ueber den Hängen und Triften, Nun lischt der siegende Morgenglanz Ter Sorge zitternde Schriften. Sie haben eine schöne Sitte irgendwo. Still sam meln sich im Morgengrauen des Ostersonntags die Gläubigen in der dunklen Kirche. Leise schluchzt die Orgel, sagt etwas vom Sterben und Vergehen und klagt mit den Verlassenen und den Hinterbliebenen. In dieser Zeit steht auf dem Turm des Gottes hauses der Wächter, den Blick nach Osten gerichtet, wo die Sonne noch schläft. Wenn sie dann aufsteht, wenn's dämmert, wenn aus der Dämmerung immer i mehr Licht wird, dann ist alles Spannung im Wächter. ! Und wenn dann aus der Morgenröte Licht plötzlich auf- ' blitzt der erste Helle Sonnenstrahl am Horizont, dann i zieht er die Glocken an. Ein Heller Ton schwingt durch . die Lande. Dann hebt die Orgel an ein mächtig Klin- ! gen, jubelnd singen alle, alle mit, und ziehen hinaus j zwischen Gräber und Kreuze, und stehend an der Toten ! Stätte, singt der Chor der Lebenden: „Ich sage es jedem, daß er lebt und auf erstanden ist, daß er in unserer Mitte schwebt und ewig bei uns ist, ich sage es jedem, jeder sagt es seinen, Nächsten gleich, daß bald an allen Orten tagt das neue Himmelreich: Christ ist auferstanden von der Marter all, des laßt uns froh sein! Chri stus will unser Trost sein. Hallelnja!" Sie haben ihn zwar umgebracht auf Golgatha, den Heiland der Welt, mit Stricken, Geißeln, Kreuz und Nägeln, aber sie haben ihn nicht hindern kön- nen, daß er auferstanden ist am Ostermorgen, daß er heute noch lebt und schafft in der Menschheit. So ist alles wahrhafte Leben sieghaft über den Tod. ! Darum kennt der Gläubige keinen Schrecken mehr > vor dem Tod, der nur ein Wandel ist des Lebens , in neue Gestalt, darum kein Grauen mehr vor dem I Alter, das nur die Jugend ist vor der Ewigkeit, darum: Excelsior! Aufwärts den Blick! Weg mit den Kla- : gen, daß die Welt immer schlechter werde, weg mit dem Jammer über die Vergänglichkeit der Welt. Latz sterben, was da sterben mag und soll und mutz! Das Leben siegt, das ist der Osterglaube. , Der Osterglaube! Gläubigen Herzens müssen wir den Ostermorgen erleben, wenn wir seiner Segnungen teilhaftig werden wollen. Derjenige, der nicht mehr glaubt, empfindet nicht seine Wundergewalt, der klagt in seinem grenzenlosen Jammer innerer Zerrissen heit mit Faust: i Was sucht ihr, mächtig und gelind, I Ihr Himmelstöne, mich am Staube? Klingt dort umher, wo weiche Menschen sind. Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. Aber der, der den Osterglauben in sich trägt, als kostbares Gut, der wcitz, daß Osterhossnung von der r» ven Himmer greift, der weiß, daß Osterleben vom Himmel auf die Erde reicht, und der ist innerlich darob so froh, daß er auch das richtige Verständnis für die Tatsache hat, daß dieses Osterfest in eine Zeit gelegt ist, in der auch di« Natur vom Tode zum Leben erwacht, und er sieht bealückt die Wahrheit: Nun liegt von Primeln ein bunter Kranz Neber den Hängen und Triften, Nun lischt der siegende Morgenglanz Der Sorge zitternde Schriften. So, in dieser Stimmung, in diesem Glauben und ! in dieser Hoffnung lasset uns Ostern feiern! Lassen wir uns Frieden und Zuversicht ins Herz hineinläuten , von den Festtagsglocken, Frieden und Auferstehungs glauben, auf daß unsere Seele ausharre, bis dem Leid und Kummer dieser Welt doch einst das Oster- fest der Schnsuchtserfüllung anbricht! Excelsior! Aufwärts den Blick. Denn es ist Ostern, ist Auferstehungstag. D. Die rettende Osterglocke. Eine Skizze aus dem Leben. Bo» Heinz aus der Heide. Am Nachmittag vor dem Osterfeste. Der Forstgehilfe Oskar John steht von seiner Schreibarbeit auf, geht zum Fenster und schaut über das Vorgärtchen, das das verträumt im Tann lie gende Forsthaus schmückt, nach dem Wetter aus. Er ist innerlich mit sich nicht im reinen. Zu- l nächst ärgert er sich einmal über den vergangenen Winter, der kein Winter war, und dann über den Frühling, der kein Frühling ist, sondern ein Gemisch von Herbst und Nachwinter, und über das schlechte Ergebnis des Raubtierfanges, denn ohne Winter kein zufriedenstellender Erfolg. Und dann ärgert er sich über sich selbst. Warum? Eine dumme Geschichte. Zu Pfingsten soll er die Försterstelle, die er jetzt stellvertretender weise verwaltet, fest übernehmen. Da gehört eine Frau ins Haus, und da liegt der Grund, warum er sich über sich selbst ärgert. Vor Monaten war da ein schmuckes Weib ins nahe Dorf gekommen, aus der Stadt, die Verwandte eines Großbauern. In die verschossen sich sofort die heiratsfähigen Männer, denn sie imponierte, weil sie in ihrem Gebaren, in ihrer Kleidung und in Hrer; Sprache abstach von den Dorfschönen, der jungen Wett, denn bei der hatten auch schon die dummen Ideen von der neuen Zeit Wurzeln geschlagen. Die blonde Grete, anders nannte sie keiner, wurde umschwärmt und umworben, heimlich und offen, auch offen von John unter anderen, und unter anderen heimlich von dessen bestem Freund, dem Kaufmannssohn Fritz Wacker. Vor einigen Tagen hatte sich John, als er offi ziell um die blonde Grete wyrb, bei ihr einen Korb geholt und dabei erfahren, daß sie bald mit Fritz Wacker Verlobung feiern werde. Da zog etwas in die Seele des jungen Forst- beamten, das ihm früher fremd war. Das war nicht die Niedergeschlagenheit über die Absage, nicht der Kummer um die verlorene Geliebte. Liebte er sie wirk lich? War diese blonde, oberflächliche, mit allen schön tuende Fremde überhaupt eine Frau für ihn, patzte sie ins Forsthaus hinein? Derlei Zweifel und Fragen waren häufig bereits in ihm aufgestiegen, wurden aber in den Hintergrund gedrängt,' weil ihn ebenso wie die anderen das Aeußere in Bann hielt. Nein, wahrer Liebesgram drückte ihn nicht nieder. Ewas ganz anderes fesselte seine Sinne. Er glaubte sich betrogen, gemein hintergangen von seinem besten! Freunde, verrannte und verbohrte sich in diese Idee, und Hatz, grimmiger Haß, eroberte sein ganzes Ich. Und dieser Haß fraß sich so in seine Seele, daß der Unglücksmensch, als habe Irrsinn ihn ergriffen, sich selbst fast stündlich beim Sinnen aus Rache ertappte. Gegen diese Rachegedanken kämpfte er einen schweren Kampf, in dem er bis jetzt Sieger geblieben war. Er war doch so vernünftig, Hatto sich doch so in der Gewalt, daß er dem „verhaßten Freund" aus dem Wege ging, damit kein Unheil geschehe. Eine solch zerrissene Seele schaut aus Johns sonst so klaren Augen, wie er jetzt in die Dämmerung des Karsamstags blickt. Da ziehen düstere Wolken! herauf, kommen näher und dann taumeln dicke, weiße Flocken auf die Erde, die nicht den Winter, sondern den Lenz erwartet. Weiße Ostern! John vergißt seine eigene Stimmung, das Jäger blut durchbricht die Wälle von gekränktem Ehrgefühl, von Haß- uns Rachegedanken, macht ihm das Herz warm und die Augen wieder blank. Das gibt ja mor gen eine prächtige „Neue"! Da besteht Hoffnung, einmal nachzusckauen, wo der alte Fuchsrüde steckt, den er neulich im Erlengrund, als die Betze rannte, so jämmerlich gepudelt hat. Die Rollzeit ist eben erst vorüber, der Balg kann noch gut sein, denn Ostern ist ja in diesem Jahre so früh. Älso beschließt er, vor Tau und Tag draußen zu sein. Dann hat ey Zeit bis zum Hauptgottesdienst. Merkwürdig; trotz seiner inneren Verfassung hat er seinen Herrgott nickl vergessen, jeder Glockenklang klingt ihm trotz allem wis Harmonie in den Ohren. Di« Erziehung in den Kin dertagen ist Sieger geblieben. * Ostermorgen! Tiefes Dunkel liegt über dem feier lich schweigenden Forst. Aber die Wolken sind weg gefegt, die letzten Sterne flimmern in der dünnen Schneedecke, die mit ihrem allmählichen Verschwinden und im werdenden Tag ein Buch ist, in dem John eifrig zu lesen beginnt. Hatz und Rachsucht sind vergessen, die Freude über diese weißen Ostern und über das aufgeschlagene Buch der Natur haben häß liche Regungen zurückgedrängt. Da hat eine Rotte Sauen das Gestell überfallen, da ist ein Mardersprung, da hoppelte Mümmelmann zn Holze. Und da, schnürte Reineke in die junge Kiefernkultur. Die Stelle dort paßt! Der Drilling liegt im linken Arm, griffbereit. Schauerlich läßt John Lam pes Klagelied erschallen. Vielleicht hat der alte rot« Räuber auch jetzt noch, da der Helle Tag gekommen, Appetit auf Hasenbraten. Leises, ganz leises Kni stern im Dickicht, dünn rieselt Schnee von jener Jung- kieier am Bestandesrande. Reinekes Spitzbubengesicht schiebt sich vorsichtig hervor. Der Gauner windet, äugt. Hier muß es doch gewesen sein! John zieht ihn mit einem letzten ersterbenden „Wäh!" vollends auf die Schneise — wirft dann den Hut nach ihm, denn der Balg ist ihm doch zu ruppig. Und dann will er sich halbtot lachen, über das Gesicht und.übeq