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Weitzeritz-Zeitung Tageszeitung Mö Anzeiger für Dippoldiswalde, Schmiedeberg «.U Bezugtpre»: Für einen Monat kLO NM. mit Zotragen, einzeln« Rummein IS Reichs- Pfennige :: Gemeinde - Berbands- Girokonlo Nr. S. :: Fernfprecher: Amt DlppoMSwaw« Nr. 403 :: Postscheckkonto Dreien 12 »48 4» ... Netteste AettnAg 0er AeLtek» Slefe» LUM eMHSU Die amtlichen Lekm»Mmachm»ge« De» Amtshauptmannschastz De» Amtsgericht» >mD De» Stavtrat» zu DlApotDi»«atD« NuzelgenpreUr Di« 4» Millimeter »reite Petitzetl« kV Meichspfennlge. »ingesantt unk Reklamen «0 Reichtpfennig« — DeranttoorlliAM Rodakl««» Selir 8etz>» — »ruck und Verla,? 8«l Set« te Vkm»»l»i«oat-«. Nr. 93 Dienstag, am 22. April 1930 96. Jahrgang Oertliches und Sächsisches. Dippoldiswalde. Als am Sonnabend die dunklen Wolken gar so drohend am Himmel hingen und immer noch neue Regengüsse herniederströmten, da hat wohl mancher die ge plante Osterpartie aufgegeben. Wer sich aber doch nicht ab halten lieh, der hatte das Richtige getan, die Osterfeiertage sind doch noch wesentlich besser geworden, als es erst den Anschein hatte. Zwar schüchtern nur kam am ersten Feiertage die Sonne zwischen den Wolken hindurch, behauptete aber doch ihre siegreiche Macht, so daß nach langen 8 Tagen am ersten Feiertage abends ein schöner Sternenhimmel über der Erde strahlte. Der Gottesdienst war besonders am ersten Feiertage gut besucht. Eine andächtige Gemeinde lauschte der Predigt Pfarrer Knorrs aus Possendorf. Doch schon am Vormittag setzte auch ein reger Verkehr ein. Wandervögel in stattlicher Zahl zogen durch unsere Stadt hinauf ins Gebirge, hinüber nach dem Wilisch, hinab nach der sich mehr und mehr füllenden Talsperre. Die Weitzeritz bringt ja immer noch viel Wasser. Was Wunder, datz eifrige Paddler nicht auch eine Fahrt auf der Weitzeritz probieren sollten. Am 2. Feier tage fuhr ein solches Boot unter der Sonnen- und Bahnhoss- brücke hindurch der Sperre zu. Wie es am Wehr bei der Turnhalle geworden ist, entzieht sich unserer Kenntnis. Es war diese Fahrt ein zweiter Versuch. Vor mehreren Jahren hat mans schon einmal probiert. Der Nachmittag des ersten Feiertages lockte immer mehr Menschen heraus, so daß am Abend nicht genügend Kraftfahrzeuge an den End- bez. Zwischenstationen der Krastwagenlinien vorhanden waren und die Passagiere wie die Oelsardinen in der Büchse „ver packt" wurden. Datz solches nicht ganz ruhig abging, kann man sich denken. Da sorgte die Reichsbahn doch für einen besseren Abtransport. Wesentlich stärker war der Verkehr am zweiten Feiertage. Und da war man auch bei den Verkehrs unternehmen besser gerüstet. 3n grotzer Zahl rollten Auto busse ins Gebirge und abends der Grotzstadt wieder zu. Ueber 200 Autobusse sollen (allerdings einschließlich der anderen Linien) voni Wiener Platz in Dresden abgefahren sein. Wer einen Krastwagen in seinem Besitze hatte, fuhr auch ins Freie. Infolgedessen herrschte, auf den Staatsstraßen ein riesiger Berkehr. Er wickelte flch aber ganz glatt ab. UngUcksfälle sind, soweit bisher bekannt geworden, nicht vorgekommen. An den HauptauSflngorten herrschte mitunter bas schlimmste Menschengedränge. Auf -er Bastei, wo auch, wie überhaupt in der Sächsischen Schweiz, viele Berliner weilten, war kaum noch ein Plätzchen zu bekommen, in Moritzburg wa-rs eben falls beinahe lebensgefährlich, -och auch unsere Talsperre fand viele Besucher und dem wiedererdffneten Rudersport wurde stark gehuldigt. Der am Nachmittag einsehende, hier stärker dort schwächer, hier nur mit Regen, dort auch mit Graupeln auftretende Gewitterregen, mitunter auch stärkere Gewitter mit Blitz und Donner, minderten bie Fest- und Wanderfreude nicht, so i>ah am Abend ein jedes vollbefrie digt heimkehrte. Trotzdem viele unterwegs waren, waren die Abendveranstaltungen doch noch recht gut besucht. So ist das Osterfest 1930 -och noch um vieles besser geworden, als es erst ben Anschein hatte. Mppoldiswalde, 21. April. Der Gesangverein „Lieder- kranz" (DAS.) erfreut sich seit langem eines sehr guten Rufes. Datz er begründet ist, hat der gestrige Abend aufs neue bewiesen. Konnte man dem vorhergehenden Konzert die Ueberschrist geben: „Kunstgesang", so war die gestrige Veranstaltung dem Gemüt gewidmet. „Der Liederkranz singt Volksweisen!" Das war der Blickfang der Re klame. Und er fang so ausgezeichnet, datz die gleichgestimmten Saiten im Herzen der Zuhörer mitschwangen von Anfang bis Ende. Wenn wir im Bericht über das vorhergehende Konzert sagten, daß es dem Verein schwer werden würde, seine Leistungen noch zu steigern, so müssen wir uns hin sichtlich des Frauenchores doch korrigieren. Er war gestern abend dem Männerchor mindestens gleichwertig. Das hätte vor einigen Jahren kaum jemand geglaubt. Durchdacht war die Auswahl der Weisen. Bot der erste Teil der Vortrags folge wenig bekannte Kompositionen aus dem 15., 16., 17. und 18. Jahrhundert (darunter manche Perle), so der zweite Teil in der Hauptsache deutsche Lieder, die noch heute all gemein gelungen werden, neben drei „Ausländern" Soll man auf Einzelheiten eingehen? Jede Nummer war durch die Art ihrer Darbietung schön. Einen schönen Auftakt bildete „Maien zeit bannet Leid'.' Glänzend gelang „Das stille Tal'! Rührend war das Cchlutzpiano des geistlichen Abendliedes. 3m Rhyth mus mitschwingen ließen „Hansel, dein Gretelein" und „Tanz rüber'.' Ganz eigenartig wirkten „Ich fahr' dahin" und „So wünsch' ich ihr eine gute Nacht'! Gar lieblich erklang „Blümlein auf der Heide" und wuchtig das Bergmannslied. „Der Jäger aus Kurpfalz" mutzte sogar wiederholt^werden, so gefiel er. Hindenburg. Fünf Jahre Reichspräsident. Für den Wiederaufstieg unseres Volkes ist die erste Voraussetzung, datz in allen Lebenslagen unserer Nation der heilige Wille und die zusammengefatzt« Kraft aller Teile und Schichten unseres Volkes ein gesetzt werden können. Hindenburg. V Wenn Revolutionen und Kriegskatastrophen das Heute scharf vom Gestern trennen, bedarf es langer Zeit um zu vergessen, und die Einheit im politischen Denken und Trachten wiederzufinden, die notwendig ist, wenn Völker Geschichte machen wollen. Ein Glück ist es, wenn in dieser Epoche Männer zu finden sind, die der Vergangenheit in Treue an hängen, gleichzeitig aber auch tapfer der Gegenwart dienen und so zum Pfeiler einer Brücke werden, die aus der Zwietracht zur nationalen Geschlossenheit führt. Als am 26. Avril 1925 14,6 Millionen Wähler Hindenburg, zum Reichspräsidenten kürten, im 77. Jahr seines Lebens, hat Hindenburg, der Frontoffizier von Köntggrätz und Sedan und Generalseldmarschall des Weltkriegs, vieles überwinden müssen, ehe er diesem Rufe Folge leisten konnte. Daß er sich zur Verfügung stellte, geschah, um zu seinem Teile zur Wiederauf richtung des hartgeprüften Vaterlandes beizutragen, gleichzeitig gab er uns damit ein leuchtendes Beispiel der Pflichterfüllung und höchster vaterländischer Tugend, wie ja Tugend nach Kant die Stärke der Maxime des Menschen in Befolgung seiner Pflicht ist. Die Verfassung von Weimar gewährt dem deut schen Präsidenten nur begrenzte Vollmachten. Der Reichspräsident bedarf der Gegenzeichnung des dem Parlament verantwortlichen Kanzlers, und d. h., auch die Politik des Reichspräsidenten ist bedingt durch die Partei-Konstellation im Reichstag. In diesem Rah men aber hat Hindenburg alles getan, was er tun konnte; er hat Krisen verhindert und die Lösung ausgebrochener Krisen beschleunigt, die Verabschiedung notwendiger Gesetze erleichtert und noch zuletzt, wie beim Agrar- und Ostprogramm, sich für die Stärkung der Gebiete eingesetzt, die er einst vor dem Kriegs brand bewahrt hat. Reichspräsident von Hindenburg hat aber auch im Laufe der Jahre schweren Herzens seinen Namen unter Dokumente setzen müssen, deren Inhalt Gegen stand erbitterter Auseinandersetzungen war und unter denen viele den Namen des Siegers von Tannen berg lieber nicht gesehen hätten. Daraus ist zu er- ! widern, datz Hindenburg die durch Locarno und die ' Younggesetze gekennzeichnete Entwicklung als Reichs präsident nicht verhindern konnte. Hindenburg konnte ' lediglich mit Gesten des Widerstandes die Entschei-- ' düng verzögern, oder er konnte auch sein Amt nieder legen, um in Ruhe die Verantwortung anderen zu I überlassen. Beides aber war für Hindenburg unmög ¬ lich. Die Kritik an Hindenburg übersieht, datz Po» f litische Entscheidungen, die verhindert werden sollen, > vor dem Eintritt in das Stadium der Unterzeich» , mung verhindert werden müssen und sie übersieht i ferner, datz man Gesten des Widerstandes nicht von < dem verlangen kann, dessen Lebenswerk die Tat war. > Hindenburgs Leben war ein gradliniges Leben ! der Pflichterfüllung, gepaart mit Rücksichtslosigkeit ge» ' gen das eigene Ich; recht tun war für ibn nach dem ; Wort eines Philosophen aus der griechischen Früh- j zeit, seine Pflicht erfüllen, unrecht tun, sich daran vorbei drücken. Der Weg des Reichspräsidenten von Hindenburg ist der Weg des deutschen Volkes; Wegbegleiter sind ' mroen uno Kamps, und auch die Sorgen fliegen neben her, insbesondere nm das Haupt des Führers. Bis- j marck sagte darüber: „Die Erwägung der Frage, obi i eine Entschließung richtig sei, hat für jeden gewissew- hasten und ehrliebenden Menschen etwas Aufreibendes; I es wird verstärkt durch die Tatsache, datz lange Zeit vergeht, bevor man in der Politik sich selbst über zeugt, ob das Gewollte und Geschehene das Richtige war oder nicht. Nicht die Arbeit ist das Aufreibende; die Zweifel und Sorgen sind es und das Ehrgefühl, die Verantwortlichkeit, ohne daß man zur Untersttitzung des letzteren etwas anderes anführen kann als die» eigene Ueberzeugung." Wer sich dessen bewußt ist, wird auch in den Kritik Berantwortungsbewutztsein bekunden, jede ehr liche Ueberzeugung achten und den Männern die Treue bewahren, die durch ihr Leben und Kämpfen dem Volke ein unvergängliches Vorbild gegeben haben. Die deutsche Gegenwart ist schwer, aber schließlich ist nach dem Wort eines Dichters die ganze deutsch« Geschichte eine schmerzensreiche Odyssee; abkürzen kön nen wir die Irrfahrt, wenn wir dem Beispiel Hinden burgs folgen, die deutsche Vergangenheit le« bendigerhalten, tapfer der Gegenwart le ben und glauben an die Zukunft des deut-, schen Volkes und an die Kraft der deut schen Nation!! Er war aber auch faszinierend, wie die Einsätze klappten, so, so — na — so wie selbstverständlich. Und so fort bis zum „letzten Tanz" mit seinem tragischen Schluß. Liederterte wurden verteilt. Aber die gute Aussprache ließ sie vielfach unbenutzt. Wollen wir auch etwas tadeln, so hätten wir bei dem Abendlied etwas mehr Zurückhaltung des Tenors gewünscht. Alles in allem: der Liederabend ist vorzüglich gelungen. Diese Anerkennung dürfen Sängerinnen und Sänger ruhig einheimsen. Ein Großteil davon aber muß auch ihrem fleißigen und befähigten Liedermeister Bernau mit vollem Recht zuerkannt werden. Mit Beifall wurde nicht ge kargt. Er war — wie gesagt — verdient. Leider war das am Nachmittag sich einstellende schöne Wetter dem Besuch nicht günstig. Er hätte besser sein sollen. — Wie schon viele Jahre am 1. Oskerfeierrag, so hielt auch dieses Jahr -er hiesige Nakurheilver ein wiederum einen öffentlichen Konzert- und Theaterabend in der Reichs krone ab. Nach begrüßenden Worten des Borstandes Karl Straßberger trug die rührige Musikkapelle einige Musik stücke vor, worauf zwei Solostücke in Bariton, «Frühlings lied" von Mendelssohn und das «Lied an den Waffenschmied" von Lortzing, von Heinrich Roche jun. vorzüglich vorgetragen wurden. ES folgten zwei Gesänge: «Glücklich wie du" und «Der kleine Postillon" von Franz Abt, gesungen von Frau ! Gertrud Gönner mit ihrer lieblichen Stimme. Ein Duett „Frühlingszeit" von Köllner wurde von beiden Borgenannten j vorgetragen. Alle Gesänge wurden in liebenswürdiger Weise von Oberlehrer Kantor Schmidt auf dem Klavier meisterhaft begleitet. Sie fanden stürmischen Beifall. Hierauf folgte ein Theaterstück «Ernte". Ein Stück aus dem Leben in zwei s Aufzügen von H. Bertram. Alle Rollen waren in guten Händen und wurden mit ganzer Hingebung gespielt, nur ver stand ein Teil des Publikums den Ernst des Stückes nicht recht zu würdigen; eS wurde gelacht, wo es wirklich! nicht an gebracht war. Nach einer Musikeintage wurde zum Schluß noch eine Burleske in einem Aufzug «Moderne Liebe" von Mutzhcim recht flott gespielt. Trotzdem eine Rolle erst in letz ¬ ter Stunde infolge Todesfalles in einer Familie in andere Hände übergehen muhte, gelang die Aufführung tadellos. Hierbei war der Haupttolleninhaber Fritz Müller wieder ein mal richtig irr seinem Elemente, wie auch alle anderen Rollen sehr gut wiedergegeben wurden. Die Zuhörer dankten mit viel Beifall. Den Abend beschloß ein flotter Tanz. Mppokdiswald«, 22. April. Die Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger erzielte gestern abend mit der Wieder holung der „Fledermaus" abermals einen großen Erfolg, Musik, Gesang und Spiel waren wieder wie aus einem Guß. die Garderobe besonders erwähnenswert. Die zahlreichen Besucher unterhielten sich vorzüglich. Dementsprechend war der Beifall. Am Schluß wollte er kein Ende nehmen. Es scheint fast, als sei die Genossenschaft auf dem besten Wege, hier sich ein Stammpublikum zu erspielen. Die Ouvertüre freilich litt stark unter Unruhe, besonders durch die Unpünkt lichen. Man übersieht nur zu leicht das halb acht. Pünkt lich wird aber begonnen. Starker Unwille herrschte aber bei einem Teile der Sperrsitzbesucher, weil sie wohl die gekaufte Stuhlnummer, nicht aber den gekauften Platz erhielten. Viel- leickt ist nachträglich die Zahl der Plätze vermehrt, die Sache aber nicht richtig durchdacht worden. Nun, jedenfalls wird und darf der Fehler nicht wieder gemackt werden. MppölLiswalde. Das evangelisch-lutherische Landeskon sistorium hat für die zweite Pfarrstelle hier Pfarrer Müller— Kipsdorf vorgeschlagen. Der Genannte wird am kommenden Sonntag vormittags 9 Uhr Gastpredigt in der hiesigen Stadt- kirche abhalten. Wetter für morgen: Zunächst noch heiter bis wolkig. Durch Ausstrahlung sehr kühle Nacht (besonders in Ostsachsen stellenweise Boden frost nicht ausgeschlossen), tags dann starke Erwärmung. 3m späteren Verlaufe, vielleicht noch übermorgen, unbeständig. Erneut aufkommende Gewitterneigung. Flachland vorwiegend schwache südöstliche bis südwestliche, Gebirge mäßige Winds aus südlichen bis westlichen Richtungen.