Volltext Seite (XML)
Die im heutigen Landschaftsbild bereits vielfach vorkommenden Staubecken, Sammelteiche oder Tal sperren, die im Grunde eine Wasserregulierung be zwecken, sind uralten Ursprungs. Der größte bekannte Stausee war der von den Aegyptern um 2000 v. Chr. zur Bewässerung der Nilebenen angelegte, unter dem Hochwasser des Nils gelegene Mörissee mit 3000 Mill. Kubikmeter Fassungsraum, der im 3. Jahrhundert vor Chr. zerstört wurde. In neuerer Zeit hat besonders Nordamerika große Talsperren gebaut. Der Croton damm bei New Uork ist 70 Meter hoch und staut etwa 125 Millionen Kubikmeter Wasser auf. Die sehr widersiandSjähigen Staudämme aus Erde voer Steinen werden hier über den Lauf eines Wild- bacheS zur Zurückhaltung des Geschiebes und zur Auf füllung tief cingeschnittener Rinnen geführt. Dann auch zur Absperrung eines Tales und zur Aufstauung fließender Gewässer zur Gewinnung von Nutzwasser für die Landwirtschaft oder die Gewerbe, für Wasserversor gung der Städte und für die Speisung von Schiffahrts- kanälen, wie auch zur Abwehr von Ueberschwemmungs- §<ahren. Zur Anlage von Talsperren eignen sich am besten geräumige, talabwärts sich verengende unbebaute Talbecken mit hohen Ufern, deren Sohle und Wände gleichartig und hinreichend fest sind, um die Last der Sperrmauer oder des Sperrdamms zu tragen, als auch Durchqrellungen und Unterspülungen zu verhindern. Die Sperrwerke erfordern außer einer sehr sorgfältigen Herstellung eine gewissenhafte Unterhaltung, damit durch Beschädigung oder Bruch derselben nicht eine plötzliche Entleerung des Staubeckens cintrcten kann, die für die talabwärts gelegenen Ländereien und Ort schaften mehr oder minder verhängnisvoll werden müßte. Der Bruch des Staudamms oberhalb Johnstown in Pennsylvania zerstörte 1889 ganze Teile der Stadt, wobei 4000 Menschen umkamen. Die Sperrwerke wer den bis zu Höhen von 50 Meter als Erdschüttungen mit flachen Böschungen und Steinbekleidung, als Mauern mit verbreitertem Fuß oder als Erdschüttungen mit Kernmauern ausgeführt. Die großen Staudämme im Ril bei Assuan sind aus Beton und Eisenbeton ausge- führt. Neuerdings wurden in Amerika die größten Stau werke der Welt angelegt, es sind dies der Muscle Shoals, seine ganze Länge beträgt etwa 1500 Meter. In den Unterteil der Eisenbetonmauern sind die ge waltigen Turbinen eingebaut, die viele Tausende von Mlowatt elektrischen Stromes erzeugen. Das größte Kraftwerk der Erde ist das Queenstownwerk am Niagara. In Deutschland sind in den letzten Jahrzehnten ^ne Reihe größerer Talsperren angelegt worden mit gleichen und verschiedenen Aufgaben. Es regnet im Winter, wenn die Vegetation sich im Ruhestand befin det. In den Gebirgsgegenden bleibt der Regen in Form von Schnee liegen, und im Frühjahr bei der Schnee schmelze überfluten die von ihnen kommenden Flüsse reißend ihre Ufer und richten gewaltigen Schaden an den anliegenden Siedlungen und Ländereien an. Im Sommer ist das Bild ein ganz anderes. Wenn nicht be sondere günstige Verhältnisse vorliegen, muß die Land wirtschaft oft viele Wochen auf die so notwendige Feuch tigkeit gerade in der Zeit warten, wenn die im besten Wachstum sich befindenden Wiesen und Aecker eine an- Kemessene Bodenfeuchtigkeit dringend benötigen. Bisweilen hat die Natur allerdings selbst schon bis « «inem gewissen Grade für Schutz und Hilfe aesorat. Da und dort haben sich im Oberlauf der Flüsse große Sammelbecken gebildet, Seen, in denen sich die Wasser im Frühjahr bei der Schneeschmelze und sonst bei kata strophalen Regenfällen «in wenig beruhigen und an stauen können. So hat der Rhein in dem Bodensee ein natürliches Staubecken erhalten, das verhindert, daß das aus den Schweizer Bergen kommende Hochwasser ungehindert und schadenbringend ins deutsche Land hinausläuft. Durch die geplante Bodenseeregulierung soll sogar erreicht werden, daß die Winter-Hochwasser in ihm noch länger zurückgehalten und dazu verwandt werden können, im Sommer den niedrigen Rhcinwasser- stand für die Schiffahrt zu erhöhen. Schon im 16. Jahrhundert legte man im Oberharz durch Staudämme abgeschlossene Deiche an, deren Wasser Mühlen trieb. Unser moderner Talsperrenbau ist eng mit dem Namen des Aachener Professors Dr. ing. Jntze verknüpft, der als erster 1887 die Talsperre bei Rem scheid erbaute. Dieser folgten dann in großer Zahl Tal sperren im Wupper- und Ruhrgebiet. Das Odergebiet litt schon immer unter verheerenden Hochwassern, die fast alljährlich wiederkehrten. Die Anlage einer grö ßeren Zahl Talsperren, darunter die Bobertalsperre bei Mauer mit 50 Millionen Kubikmeter Fassungs raum, hat hier Abhilfe geschaffen. Während ein Teil dieser schlesischen Sperren auch der Kraftgewinnung nutzbar gemacht wird, sind andere kleinere Hochwasser schutzbecken vorhanden, die leer stehen und in landwirt schaftliche Pflege genommen sind. Nur an dem Ab- sperrbauwerk ist ihr Zweck in der trockenen Jahreszeit zu erkennen. Auch die 45 Millionen Kubikmeter fassende Urfttalsperre in der Eifel sollte ursprünglich nur Hoch wasserschutzzwecken dienen. Erst bei ihrem Bau stellte sich heraus, daß das Wasser der Urft durch einen Stollen von drei Kilometer Länge in das benachbarte Tal der Roer oder Nur geleitet und mit einem Gefälle von 110 Metern ausgenutzt werden ronnie. Mn großes Elektri zitätswerk ist der unmittelbare Gewinn dieser Anlage. Im Ruhrtal liegen die Verhältnisse ganz besonders verwickelt. Die zwischen Arnsberg und Ruhrort in fast ununterbrochener Folge längs der Ruhr angelegten Wasserwerke führen das entnommen« Grundwasser den Städten, Bergwerken und Industrieanlagen des Ruhr gebietes zu, wie Diplomingenieur Mangold in einer Uebersicht im Wochenblatt „Daheim" aussührt. Diese bedeutenden Wassermengen werden nun zum größten Teil der Rubr soaar nickt wieder ruaeiübrt. sondern müssen aus anderen Gründen zur Emscher, dem nörd lich der Ruhr fließenden Fluß, entwässert werden. Nur durch Anlage von zahlreichen kleineren und mehreren größeren Talsperren konnte die erforderliche Wasser menge beschafft werden. Ohne sie hätte man heute in der Wasserwirtschaft mit den größten Schwierigkeiten zu kämpfen. Die Möhnetalsperre speichert allein 130 Millionen Kubikmeter Wasser für die trockene Jahreszeit auf. Die größte Talsperre Deutschlands ist die 202 Mill. Kubik meter fassende Waldecker Talsperre im Edertal bei Hemfurth. Die Sperrmauer ist 48 Meter hoch und 408 Meter lang. Sie dient allen drei Zwecken, sie schützt das Wesertal gegen Hochwasser, erhöht das Niedcrwasscr der Weser und gibt einen bedeutenden elektrischen Kraftge- winn. Ihre Anlage bat kick bei .Nockwasser ganz vor züglich bewährt. Die Schwarzwaldtalsperre erweckt durch ihre Kon struktion besonderes Interesse. Sie ist ein gegliedertes Bauwerk, bei dem der Wasserdruck durch eine Reihe schief liegender Gewölbe in Eisenbeton ausgenommen und durch rippenartige Pfeiler auf den Felsnntergrund übertragen wird. Alle Teile können hierbei so bemessen werden, daß die Festigkeit des Baustoffes vis zur zu lässigen Grenze ausgenutzt wird. Dies ist ein großer Vorteil gegenüber den massiven Staumauern, bei denen es in erster Linie auf die Mauermasse ankommt, wäh rend die Festigkeit nur in den untersten Schichten und dann nur bei großen Mauerhöhen ausgenutzt werden kann. Zudem sind die Baukosten bedeutend geringer. Man erkennt aus allem die ingenieurtechnisch lang wierigen Vorarbeiten und kunstvollen Entwürfe, die in der praktischen Ausführung von Talsperren notwendig sind, um allen technischen und wirtschaftlichen Anforde rungen zu genügen. Und doch hat diese Ausnutzung na türlicher Kräfte den Urzustand kaum beschädigt, wie wir ihn im tannenumrauschten Talgrund finden, wo der geschäftige Bcrgbach Plätschernd hinabrauscht und ein .kroosu-ve. t- Teil von des Wildbachs Element oberhalb bereits abge fangen und abgeleitet ist, um das Mühlrad zu treiben. Dieses Idyll im Waldtal ist Jahrtausende alt und zeigt uns wohl die älteste Weise, in der Menschen die Urkraft der Gebirgswasser nutzten, an deren Einpassung in das Naturbild wir uns auch heute fast täglich erfreuen kön nen. Auch die größten modernen Anlagen zeigen da« Bestreben, das Landschaftsbild zu erhalten, wenn mög lich es sogar zu heben, was an verschiedenen Stellen auch trefflich gelungen ist. In einer Zeit, wo die Gewinnung der schwarzen Kohle immer schwieriger und kostspieliger wird, und die erreichbaren Vorräte sich bedenklich mindern, hat man die Kraft des Wassers eben auch zur Erzeugung von Energien zu binden gesucht. Die fließende Kraft, die Wasserkraft, ist zum stärksten Elektrizitätserzeuge» geworden, wozu di« Anlagen von Talsperren haupt sächlich bettragen. Die Schweiz steht als wasserreichstes Land Europas mit der Verwertung natürlicher Wasser kräfte an erster Stelle, dann folgen Norwegen, Italien und Japan. In Deutschland hat das Walchensee-Kraft werk eine große Energteerzeugung zu leisten, aber alle fließenden Kraftquellen sind noch längst nicht erschöpft- In allen wasserreichen Gegenden werden Staudäov»« aufgeführt, Projekte sind allerwege in Arbeit, hofftot» lich zum Wohle und zu reicher Arbeit der oen und kommenden Generation-