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Niederlage der Pariser Regierung. — Paris, 18. Februar. Bei der Einzelberatung »es Finanzgesetzes verlangte Fiuanzminister CHSron »ie Abtrennung des Artikels 2, der eine Herabsetzung »er Grundsteuer für unbebaute Grundstücke von 18 auf Iss Prozent vorsieht und für den Staat einen Steuer- rusfall von etwa 50 Millionen Franken bedeuten oürde. Der Finanzminister sah sich aber gegenüber »er Hartnäckigkeit der Kammermehrheit gezwungen, im Namen des Ministerpräsidenten Tardieu die Ver lrauensfrage zu stellen. Mit 290 gegen 270 Stimmen vurde der Negierung das Vertrauen ausgesprochen, die Mehrheit von nur 20 Stimmen ist in erster Linie »en 23 Ministern zuzuschreiben, die naturgemäß für »ie Negierung stimmten. — Bei einer zlveiten Ab- Ämmnng blieb die Regierung mit 281 gegen 286 Stimmen in der Minderheit. Rücktritt der französische» Regierung. Paris, 18. Februar. Nach der Abstimmungs niederlage ersuchte Ministerpräsident Tardieu den Fr- nanzminister Chöron, dem Präsidenten der Republik sofort schriftlich den Rücktritt des Kabinetts nntzu- teilen und so eine klare politische Lage zu schaffen. Forderungen der Gewerberaummieler. Die Reichstag» ug -es Verbandes in Chemnitz. Der Reichsverband der Mieter gewerblicher Räume hielt in Chemnitz seine Reichstagung ab. Nmtsvorsteher a. D. Höpfner-Hamburg, der Vor sitzende des Reichsverbandes, legte die Ziele des Ver bandes -ar und erklärte, daß ein Mieterschutz für den Gewerberaummieter und eine angemessene Rege lung der Mietshöhe unbedingt erforderlich seien. Für die Festsetzung einer Miete im gerichtlichen Verfahren forderte er die Hinzuziehung von zwei Sachverständi gen, anstatt wie bisher eines einzigen Sachverständi gen. Tiner der Sachverständigen müsse den Kreisen der Gewerberaummieter angehören. Anschließend schilderte Stadtverordneter Richter. Chemnitz die Folgen einer weiteren Lockerung des Mieterschutzes für den gewerblichen Mittel- Arnd. Zum Schluß sprach der Geschäftsführer des BetLandes Ser Arbeits- und Gewerberaummieter, Verlin, Rechtsanwalt Dr. Hans A. Meyer. In zwei Entschließungen wurde die sofor tige Einführung eines ausreichenden Mieterschutz gesetzes für gewerbliche Räume auf Grun- eines vom Reichsverband ausgearbeiteten Gesetzentwurfs gefordert. Mellor Nauer ermordet. Seine Leiche geborgen. Der seit 18. Dezember vorige« Jahres spurlos ver« schwuudene Geschäftssührer Bauer aus Halle wurde als Leiche vom Brückenwärter Bogt bei Wettin aus der Saale gelandet. Die Landjägerei Wettin benachrichtigte sofort nach der Bergung der Leiche die Hallesche Kriminalpolizei, Die Mordkommission begab sich im Kraftwagen nach Wettin und stellte weitere Ermittlungen an. Eine erste Untersuchung ergab, daß die Leiche, die von einer starken Schlammkruste bedeckt war, mehrere tiefe Messerstiche am Kopf und am Halse aufweist. Da bei der Leiche auch noch die Uhr und 90 Reichsmark Bargeld gefun den wurden, entfällt die Möglichkeit eines Raub mordes. Auch das Gerücht von einem Versicherungsbetrug nach Art -es Falles Tetzner ist mit der Auffindung der Leiche hinfällig geworden, wenigstens soweit Bauer selbst in Betracht kommt. Denn es bleibt auf fallend, daß Bauer sehr bald nach dem Abschluß einer für seine Verhältnisse ungewöhnlich hohen Lebens versicherung ermordet wurde. Japan Ms der WA. Sanz überraschenderweise kommt die Nachricht, -aß auch Japan sich an der Internationalen Pelz- Ausstellung beteiligen will, obwohl Japan dich eigent- lich kein Pclzland ist. Es handelt sich auch nicht um -as eigentliche Japan, sondern uni die Insel Sachalin, deren Verwaltung Robben und Füchse zur JPA. schicken will. Wenn diese japanische Beteiligung dem Umfang uach auch nicht sehr groß sein wird, so ist sie immerhin eine sehr erfreuliche Bereicherung der großen inter nationalen Schau in Veipua. Tie „Europa" vor ver Rrrsrecse. Auf der Werst von Blohm uno Voß in Hamburg liegt Deutschlands größter Dampfer, die „Europa", fahrt bereit. Eine Besichtigung des Schiffes läßt mancher lei Jnteressan.es entdecken, so verrät uns beispiels weise die obige An'nahme. daß nie riesigen Schorn steine aus zwei Kaminen gebildet werden. Bequeme- Kussteigeu nn- ^rugzeugc» i Ein neuer Flugzeugtyp „Math lll" hat soeben in Eng- < land seine Versuchsflüge beendet. Das Flugzeug ge- i stattet dem Piloten eine erheblich bessere Aussicht, dem ! Passagier ein bequemeres Ein- und Ansteigen und s ist außerdem mit WindschnHscheiben versehen. i j r Gerettet! ! Die 15 verschütteten Bergarbeiter wohl- s behalten geborgen. i Die ununterbrochenen Rettnngsarbeiten bei vem - Grubencinsturz von St. Etienne wurden nach 60 Stun« ! den von Erfolg gekrönt. Alle 15 verschütteten Berg arbeiter wurde-! befreit. Sie sind gesund »nd scheinen - weder körperlich noch geistig unter dem n„alü«»ssaN gelitten zu haben. Aus Stadt und Land. Verstärkte Werbungen für die Fremdenlegion. Die Werbungen für die Fremdenlegion werden im ganzen besetzten Gebiet verstärkt betrieben. Die Kandidaten ! für die Fremdenlegion werden über Bingen, Bad l Kreuznach nach der Grenze geschafft. In verschie« i denen Kasernen der Besatzungstruppen sind Anwerbe- ! stellen eingerichtet. In Sammellagern werden die , Transporte zusammengestellt und weiter nach Frank- - reich abgeschoben. s Der Zusammenbruch der Bayrischen Eisenbahner- < bank. Der Zusammenbruch der Bayrischen Eisenbah- - ! nerbank in München zieht auch andere Organisa- i tionen in Mitleidenschaft. So teilt die Bayrische Bau« j i sparkasse mit, daß die Zahlungseinstellung der Bay- i rischen Eisenbahnerbank auch ihr Verluste bringen > dürfte. Da ein erheblicher Teil der Bauspareinlagen I aber in sicheren Hypotheken ausgeliehen /sei, würden > sich die voraussichtlichen Verluste der Bausparkasse jedoch in erträglichen Grenzen halten. Die Bayrische j Bausparkasse hat emen besonderen Ausschuß zur Wahr« i nehmung der Interessen der Bausparer gegenüber der i Bayrischen Eisenbahnerbank bestellt. Eisenbahnunglück in Paris. Ein Eisenbahnun glück, durch das 24 Personen mehr oder weniger schwer verletzt wurden, ereignete sich bei der Einfahrt eines Personenzuges in den Pariser Ostbahnhof. Der Zug befand sich bereits in der Bahnhofshalle und die Rei senden hatten schon zum großen Teil die Türen geöff net und die Trittbretter bestiegen, als plötzlich die Bremse versagte und die Lokomotive mit ziemlicher Ge walt gegen den Prellbock rannte. Der Anprall war so heftig, daß die Reisenden zum Teil auf den Bahn steig geschleudert wurden, zum Teil in den Abteilen gegen die Wände stießen. Den Sohn erschossen. Auf einem Bauernhof in der Nähe von Tours in Frankreich spielte sich ein Familiendrama ab. Der 73jährige Besitzer des Hofes lebte in ständigem Unfrieden mit seinem 36jahrigen Sohn. Als es auf dem Hof des Anwesens erneut zu Meinungsverschiedenheiten kam, ging der alte Bauer in das Haus, holte ein Jagdgewehr, legte kaltblütig auf den Sohn an und streckte ihn mit zwei Schüssen nieder. Der Sohn hinterläßt eine Witwe und sieben unmündige Kinder. Heuschreckenplage in TranSjordanien. Wie aus Ma an in Transjordanien gemeldet wird, nimmt die seit Wochen herrschende Heuschreckenplage dauernd an Umsang zu. In den letzten zehn Tagen wurden allein im dortigen Bezirk sechzig Tonnen Heuschrecken ge sammelt und vernichtet. Man befürchtet, daß die ge samte Ernte verloren ist. Mit 110 Fahrgästen auf Grund gelaufen. Der Dampfer „Admiral Benson", mit 110 Reisenden an Bord, ist nach Berichten aus Point Adams am Eingang des Columbia-Flusses im Nordwesten der Vereinigten Staaten bei dichtem Nebel auf Grund gelaufen. Es gelang, alle Fahrgäste und Mannschaften mit Ausnahme der Offiziere zu retten. Als eine Frau in der Rettungshose durch die Brandung geholt wurde, erlitt sie durch den hohen Seegang leichte Ver letzungen. Genickstarre iu Mexiko. Nach in Mexiko-Stadt eingegangenen Berichten wird der Staat Sonora von einer ansteckenden Krankheit hcimgesucht, die als Ge nickstarre in Erscheinung tritt und innerhalb der letzten 86 Stunden bereits 94 Todesopfer gefordert hat. Die Krankheit wütet in Cumpas am stärksten. Alle Theater, Kinos und Gaststätten sind polizeilich geschlossen wor den. Geheimbrennerei fliegt in Vie Lust. In Rea ding im Staate Pennsylvania wurden bei einer Ex plosion einer Geheimbrennerei, die in den alten Pa piermühlen untergebracht war, zwei Personen getötet und fünf schwer verletzt. Die Explosion war so heftig, daß umliegende Gebäude einstürzten. Aus der so fort eingeleiteten Untersuchung ging hervor, daß die Brennerei Schmuggcl-Alkohol herstellte. 60 Mensche» vom Tode des Ertrinkens gerettet. In der Nähe von Miami im Staate Florida konnten 60 Personen, die mit einem großen Boot mit GlaS- boden zum Studium von Korallenbänken unterwegs. waren, nur mit knapper Not vom Tode des Ertrinken» gerettet werden. Der Glasboden war durch Anstotzen des Bootes an eine Sandbank gesprungen, so daß das Wasser rasch in das Boot eindrang. Einem in der Nähe befindlichen Fischerboot gelang es, das Boot, das schon teilweise unter Wasser stand, noch recht zeitig an Land zu schleppen. Kleine Nachrichten. * Die bei den tommuntstischen Ausschreitungen auf den Opelwerken in Rüsselsheim am Mittwoch verhafteten Land tagsabgeordneten Müller-Frankfurt und Sumpf sind aus der Haft entlassen worden. * Bei einer politischen Versammlung in Victoria im Staate ESspirito Santo kam es zu schweren Schießereien, wobei fünf Personen getötet und 13 verwundet wurden. Der Aberglaube der Verbrecher. Von Justizoberinspektor Karl Fuchs (Neutz). „Die Wahrheit muß manchmal, in Höhlen wohnen, während der Unsinn in großen Schritten durchs Land zieht." Dieses Wort, das Scheffel in seinem Ekke hard dem Alten aus der Heidenhöhle in den Mund legt, gilt trotz aller Erfolge auf wissenschaftlichen und technischen Gebieten auch heute noch für unsere doch sonst so aufgeklärte Zeit. Zwar ist das Lesen der Zukunft aus dem Kaffeesatz etwas aus der Mode ge kommen, man ist eben anspruchsvoller geworden und will lieber unter dem Deckmantel sogenannter „Wis senschaft" betrogen werden. Daher läßt man sich, wie zu Wallensteins Zeiten, das Horoskop stellen, und sei es auch nur auf dem Jahrmarkt durch einen „Astro nomen", der gläubigen Gemütern an seinem mit Stern karten und Zeichen des Tierkreises ausgestatteten Stand gar geheimnisvoll und wissenschaftlich vorkommt. Eine besondere Heimstätte hat der Aberglaub« in solchen Kreisen, deren Erfolg vom Zufall oder Augenblick abbängt, seien es nun Welt umsegler zu Wasser oder in der Luft, Autofahrer oder Jäger. Besonders abergläubisch ist die Zunft der Be trüger und Verbrecher. Kartenlegerinnen, deren Geschäft lediglick auf Ausbeutung der Dummheit ihrer Mitmenschen be ruht, tragen selbst die seltsamsten Gegenstände als Amulette bet sich, merst auf dem Leibe, um vor Nachstellung durch die Polizei und der damit ver bundenen Geschäftsschädigung geschützt zu sein. Der Buckel eines Verwachsenen erfreu, sich im Aberglauben besonderer Wertschätzung, ganz besonders aber in den Kreisen der Falschspieler enthält er doch „reines" Gold, das durch Berühre« des Buckels mit Sicherheit und Leichtigkeit aus den Taschen der betrogenen Mitspieler gewonnen werden kann. Schon die leis« Berührung des Buckels mit einem Kleidungsstück, z. K. dem Handschuh, bringt das er hoffte Glück. Mephisto bekennt im Faust: 's ist ein Gesetz der Teufel und Gespenster: wo sie hereingeschlüpft, da müssen sie hinaus. Das erste steht uns frei, im zweiten sind wir Knechte." Die Einbrecher sind jedoch weit davon ent fernt, sich selbst zu den Teufeln und Gespenstern zu zählen und sich diesem Gesetz zu unterwerfen, sie wäh len vielmehr, um auch Gewißheit zu haben, ihre Beute ungestört in Sicherheit bringen zu können, zu ihrem Rückzug einenc anderen Weg, als den, durch den sie eingedrungen sind. Sind sie z. B. durch das Fenster eingestiegen, so werden sie zunächst versuchen, durch eine Tür oder ein anderes Fenster wieder in die Freiheit zu gelangen. Haben sie jedoch diese Mög lichkeit nicht, so werden sie die Einbruchsstelle nur rückwärts überschreiten. Auf diesem Aberglauben beruht auch die Tatsache, daß der gleiche Einbrecher nicht zweimal in dasselbe Haus cinsteigt, es sei denn, daß er einen anderen Weg benutzen kann als bet dem ersten Diebstahl. Viel Aerger bereitet es dem Bestohlenen, wenn er neben dem Verlust der Wertgegenstände auch noch eine grobe Verunreinigung, meist an versteckter Stelle, im Bett, Sofa oder unter dem Teppich, feststellen muß. Auch diese Verunreinigung beruht ans Aberglauben. Solange sie unentdeckt bleibt, ist nämlich auch der Dieb vor einer Entdeckung des Einbruches und vor Nachforschungen geschlitzt. Allgemein bekannt ist, daß es den? Verbrecher, insbesondere den Mörder, mit unwiderstehlicher Ge walt immer wieder an den Ort seiner Tat zurückzieht. Alle diese Sachen sind dem Kriminalisten bekannt und bieten ihm wichtige Anhaltspunkte für die Auf klärung von Verbrechen. So hatten z. B. vor einiger Zeit in Wien bei einem Einbruch in ein Juwelen geschüft die Diebe sich der mühsamen Arbeit unter zogen, durch den Keller einzudringen und von dort aus das Gewölbe zu durchbohren, obwohl sie sich auf leichtere Weise den Zutritt durch die nur wenig geschützte Tür hätten verschaffen können. Aus dieser ausfallenden Erscheinung schloß die Polizei, daß der Einbruch von der gleichen Bande ausgeführt sein müsse, die schon früher einmal einen Einbruch verübt hatte, und zwar damals durch die Ladentür. Die nach dieser Richtung hin angestellten Nachforschungen bestätigten den Verdacht und führten zur Ermittlung der Täter. Im übrigen jedoch setzt sich der Verbrecher über sonstige abergläubische Ansichten mit einem Lächeln hinweg. Insbesondere hat die Unglückszahl 13 für ihn kernen Schrecken, auch wird er keinen. Anstoß neh men, die Eisenbahn an einem Freitag zur Ausübung seines dunkeln Handwerks zu benutzen, insbesondere gilt aber für ihn nicht der Satz: „Was Sonntags er worben, ist Montags verdorben". Der Verbreö^r hat eben seinen besonderen Berufsaberglauben. Nervöse Reizbarkeit. Heutigen Tages will möglichst jeder nervös sein, aber vielfach sucht man mit Nervösität jede Ungezogen heit und Uebereilung zu entschuldigen. Viele Personen sind nicht eigentlich nervös, als vielmehr rücksichtslos, ungezogen und ungebärdig. Und andere wieder — besonders zahlreiche für nervös gelten wollende Da-