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Fortschreitende Arbeitslosigkeit Der Arbeitsmarkt in Sachsen. Die Steigerung der Arbeitslosigkeit in der Be. rtchtswoche vollzog sich in Sachsen noch in etwas stärkerem Ausmaße als in der vorhergehenden Woche. Vom 2. bis 9. Januar hat Lie Zahl der Hauptunterstützungsempfänger in der Arbeits losenversicherung von 211404 auf 232 009, also um 9,7 v. H., zugenommen, gegenüber 8,4 v. H. kn der Vorwoche. In der Krisen Unterstützung erfolgte eine Steigerung von 30 432 auf 82 086, also um v. H. gegenüber 4^ v. H. in der vorhergehen den Woche. Kür diese recht beträchtliche Zunahme, die in den meisten anderen Landesarbeitsamtsbezirken nicht so park Ä, sind neben der saisonüblichen Bewegung auf dem «ÄeitSmarkte verschiedene Gründe maßgebend. Eine leichte Entspannung ist in der In dustrie der Steine und Erden und im Baugewerbe Sie Unruhen von Hartmannsdorf. Regierungserklärung im Sächsischen Landtag. — Dresden, den 16. Januar 1930. Vor Eintritt in die Tagesordnung der heutigen Land« tagSsitzung legte Abg. Opitz (Komm.) einen Antrag vor di« Regierung zu beauftragen, sämtliche an den blutiger "Zwischenfällen in Hartmannsdorf bei Chemnitz schuldiger Polizcioffiziere und Beamten zu entlassen und zu be- strafen. Der Redner behauptete, es Handl« sich um einer planmäßig organisierten 'Arbeitermord (Ordnungsruf des Präsidenten). Als der Redner die arbeitswilligen Ar beiter der Reccniawerte als Gesindel bezeichnete, erhob sich ein Sturm der Entrüstung im Haus. Innenminisier N ich t-. gab zu der Angelegenheit folgende Erklärung ab: Die Ne gierung steht, wie das ganze Land, tief bcw:gt unter dein Eindruck dessen, was sich in Hartmannsdorf bei Chemnitz zugctragen hat. Der Minister verlas dann den Polizeibo- richt, wonach bei den Zusammenstößen vier Demonstranten getötet und 15 schwer verletzt wurden, während die Polizei 11 Verletzte zu verzeichnen hat. Ter Minister fügte hinzu, für jeden klar Urteilenden sei es klar, daß die Polizei abteilung trotz des Angriffs auf ihren Führer versucht habe, mit dem Gummiknüppel Ordnung zu schaffen. Erst nachdem sie durch den regelrechten Angriff der mit Steinen und Latten bewaffneten Menge in äußerste Bedrängnis gebracht worden war, hat sie in nackter Notwehr von der Schußwaffe Gebrauch gemacht. Die Negierung bedauert tief, daß durch diese bluti gen Vorgänge einige Personen ihr Leben eingebüßt und andere schwere Verletzungen davongetragen haben. Die Regierung steht aber auf dem Standpunkt, -atz die wirtschaftliche Notlage, die gerade im Land Sachsen einen noch nie dagewesenen Grad erreicht hat und die zn lindern und zu bekämpfen die Regie rung nichts nnterlassen wird, was in ihren Kräften steht, nicht dazu führen dürfe, die öffentliche Ordnung zu gefährden und die zu ihrer Aufrechterhaltung pflichtgemäß handelnde» Beamten tätlich an- zugreifeu. Sie richte an die Bevölkerung die ernste Bitte und Mahnung, sich in ihrer begreiflichen Er regung über die wirtschaftliche Not nicht zu Wider setzlichkeiten verleiten zu lassen, die die Regierung mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu vcr, hindern verpflichtet und gewillt fei. Abg. Dr. Wagner (Dntl.) begründete hierauf eine Anfrage über das Prüfungsergebnis der BezirkSlehrplän« und fragte, ob die Bestimmungen des Landeslehrplanes ein- aehalten worden seien und für Religionsunterricht auch die m der Verfassung geforderte Ueberetnstimmung mit den Grundsätzen der betreffenden ReligionsgeseNschaften gewähr leistet ist. Hierzu erklärte ein Regierungsvertreter, die Lehrerschaft und die Schulbeamten haben mit Eifer diese bedeutungsvolle Aufgabe verfolgt und bis auf eine Aus nahme auch erfüllt. Sollte irgendwo Sinn und Wortlaut des LandeslehrplaneS verletzt werden, so werde selbstver ständlich sofort Abhilfe geschafft. Das gilt auch von den Bezirkslehrplänen für den Religionsunterricht. Daß dieser entsprechend der Reichsverfassung mit den Grundsätzen der Religionsgesellschaften übereinstimmt, wird u. a. gewähr leistet durch den für die Lehrerschaft verbindlichen Landes lehrplan für die Erteilung von Religionsunterricht. Den Bezirksschulräten ist nachdrücklichst die Ueberwachung des Religionsunterrichts als eines ordentlichen Lehrfaches zur Pflicht gemacht. Abg. Schwarz (Soz.) verlangte den Wegfall des Religionsunterrichts und der Lebenskunde in den ersten beiden Schuljahren. Mit der Neugliederung des Schuljahres befaßte sich eine Anfrage des Abg. Kastner (Dem.). Er befürwortete den Schluß des Schuljahres vor den großen Ferien bei Verkürzung der übrigen Ferien. Auf die Wünsche der Vorredner erwiderte Ministerpräsident Bünger, die Regierung sei nicht in der Lage, anzuordnen, daß in den Volksschulen in den ersten beiden Schuljahren weder Religionsunterricht noch Lebenskunde erteilt werde, weil eine solche Verfügung mit der Verfassung unvereinbar sei. Die Festsetzung des Schuljahrbeginns sei nicht nur eine päda gogische Frage, sie greife so tief in das gesamte öffentliche Leben ein, daß es notwendig sei, vor einer etwaigen Aen- derung des bisherigen Zustandes die besonderen Verhältnisse in den verschiedenen Teilen des Reiches eingehend zu unter suchen. Der Reichsminister des Innern beabsichtige des halb, den ganzen Fragenkreis erst nach allen erforderlichen Vorbereitungen dem Ausschuß für das Unterrichtswescn zur Beratung zu überweisen. Eine vom Abg. Voigt (D.Vp.) begründete Anfrage der Deutschen Volkspartei wendet sich gegen zahlreiche Fälle von kommunistischer Hetze in den Schulen und gegen Vie Flugblattverteilung an Kinder. Ministerpräsident Bünger erwiderte daraus, die Re gierung sei nicht gewillt, parteipolitische Kämpfe in die Schule hineintragen zu lassen. Die danach behandelten Anträge und Anfragen betrafen u. a. die ausgedehnte schriftstellerische Tätigkeit eines Berufs schuloberlehrers, Fragen des Religionsunterrichts, der kommu nistischen Verhetzung der Jugend, den Generalbebauimgsplan des Dresdner Museumsvierlels, den Verkehr mit Kleinkraft rädern, Straßenbau und Wasserwirtschaft, Talsperrenbauten und Eisenbahnangelegcnheilen. Die nächste Sitzung findet am 21. Januar, mittags I Uhr statt. stellenweise scstzusteUen, der man es zum mindesten verdankt, daß der Anstieg der ArbeitSlosenkurve nicht noch steiler heraufging, als es der Fall gewesen ist. Aus Stadt und Land. Von seinem eigenen Traktor getötet. Auf dem Kohlenplatz der Firma Sigismund Teller Nachfolger in der Uorckstraße in Berlin ereignete sich ein töd liches Unglück. Der 24jährige Schofför Otto Knochen hauer aus Segefeld wollte an einem Traktor eine Re paratur vornehmen. Beim Ankurbeln setzte sich der Traktor Plötzlich in Bewegung und druckte Knochen hauer gegen die Wand einer Garage. Knochenhauer erlitt so schwere Brustquetschungen, daß er aus der Stelle getötet wurde. Paxagcieukraukheit auch in Köln nnv in Düssel dorf. In Köln sind im Monat November zwei Krank heitsfälle tödlich verlausen, die mit den Anzeichen der Papageienkrankheit, begonnen haben und ihre typischen Erscheinungen aufwiesen. Augenblicklich sind noch zwei wertere Kölner wegen Papageienkrankheit in Behand lung. — Im Lheresienhospital in Düsseldorf wur den kürzlich zwei ältere Damen etngeliefert, die an der Papageienkrankheit erkrankt waren. Am Dienstag ist nun die ältere der beiden Patientinnen an den Folgen der Krankheit gestorben. Mit einer wetteren Ausbrei tung" der Seuche ist nicht zu rechnen, da der kranke Pa pagei bereits gestorben ist. Flugzeug stürzt in lxn Karlsruher Rheinhafen. Bei Karlsruhe stürzte ein Sportflugzeug von der Württembergischen Fliegerschule in Böblingen aus ge ringer Höhe in den Rheinhafen. Bei den Bergungs arbeiten fand man den 20jährtgen Piloten Walter Sauer aus Germersheim im Führersitz, der bei dem niedrigen Wasserstand aus dem Wasser ragte, mit lebensgefährlichen Verletzungen bewußtlos auf. Der Flieger hatte in etwa 20 Meter Höhe den Rheinhafen umkreist und nach einem Nollandeplatz gesucht. Beim Gleitflug blieb das Flugzeug mit der ganzen Breite des linken Flügels in einer am Ufer befindlichen Pap pelgruppe hängen, so daß die Tragflächen geknickt wur den und das Flugzeug kopfüber ins Wasser stürzte. Der Jungflieger Sauer ist seinen schweren Verletzungen im Krankenhaus erlegen. Weiblich« Offiziere in Nortvegen? In Oslo wurde kn der Thronrede anläßlich der Eröffnung des norwegi schen Storthing ein Gesetz über die Zulassung der Frauen zu allen öffentlichen Aemtern angekündigt. Bereits jetzt werden die Frauen in Norwegen zu den meisten öffentlichen Aemtern zugelassen. Nach dem neuen Ge setz sollen sie alle Aemter bekleiden dürfen, d. h. sie sollen Geistliche, Diplomaten und jedenfalls theoretisch auch Offiziere werden können. Besonderen Widerspruch erweckt die Ankündigung, daß Frauen auch Geistliche werden können. Bor einiger Zett hat die Regierung die Kirchenbehörden aufgefordert, sich über diese beiden Fragen zu äußern. Dabei sprach sich die überwiegende Mehrzahl der Befragten gegen weibliche Geistliche aus. Geheimnisvolles Verschwinden eines polnischen Be amten. Der Rechtsbeirat des polnischen Seeamtes in Gdingen, Dr. Januß Zalewski, ist bei Hinterlassung von etwa 20 000 Zloty Schulden flüchtig geworden und soll sich ins Ausland begeben haben. Bei der Polizei ist der Verdacht aufgetaucht, daß Dr. Zalewski in Wahr heit einen ganz anderen Namen trägt und seine amt liche Stellung auf Grund falscher Dokumente erworben har. Da er Zutritt zu den Geheimarchiven des See- ; amtes besaß und häufig Geldsendungen aus dem Aus land empfangen haben soll, glaubt man es mit einem Spion zu tun zu haben. " Auffindung eines Steinkohlenlagers. Ein Stein- kohlcniagervorkommen wurde durch Bohrungen, die bei Gablonzer Großindustrielle Ridlhammer vornehmer ließ, bei Liebenau und Iilowei zwischen Neichen i bcrg und Turnau festgestellt. Bis zu einer Tiefe vor ! 300 Metern wurden 12 überlagernd ausgedehnte Stein i kohlenflöze ermittelt, deren stärkster 4,5 Meter mächti; ist. Eine Akii.'uics.'lls.haft ist in Bildung begriffen die dieses Kohl.»Vorkommen ausbcuten wird - Auf der Ferdinand-Grube in Kattowitz ist beim Zusammenbruch eines Pfeilers ein Bergarbeiter aus Bogutschütz erschlagen worden. Die Leiche konnte bald geborgen werden. — Auf der Zechenanlage Prosper - 21 der Rheinischen Stahlwerke in Bottropp geriet ein 48- > jähriger Hauer bei Reparaturarbeiten nnter herein brechende Gestcinsmassen und wurde auf der Stelle zu Tode gedrückt. Die Kaiserschiffe im Nemi-See. Der Leiter der Forschungsarbeiten im Nemi-See, Professor Antonelli, hielt in Rom einen Vortrag, in dem er die Behaup tung anfstcllte, daß der Nemi-See außer dem bekanntlich bereits trockengelcgten alten Kaiserschiff noch zwei wei tere Kaiserschiffe berge und nicht, wie bisher angenom men wurde, nur eines. Das dritte bisher noch nicht entdeckte Kaiserschiff befinde sich an der tiefsten Stell« des Sees. - Ncbergang vom Flugzeug zur Eisenbahn. In Nizza findet zur Zeit eine Tagung des Unteraus- ' schusses für Reiseverkehr der internationalen Eisen bahnunion statt, auf der ein Vertragsentwurf aus gearbeitet werden soll, der den Uebergang vom Flug zeug zur Eisenbahn zum Gegenstand hat. Dem Rei- . senden und dem Flugpersonal soll es ermöglicht wer ben, die Flugstrecke in einem beliebigen Ort zu ver lassen und mit dem Flugschein den Bestimmungsort auf der Eisenbahn zu erreichen. Deutschland ist auf der Tagung u. a. durch Direktor Wronsky von der Luft Hansa vertreten. Explosion in einer Ammoniakfabrit. In e»>— Ammoniaksabrik in Vaziers bei Lyon explodiert« ein Behälter. Fünf Arbeiter wurden mit zum Teil furchtbaren Brandwunden von der Unfallstelle getra gen. Während zwei von ihnen kurz nach der Einliefe rung ins Krankenhaus starben, ringt ein dritter mit dem Tode. Die Verletzungen der beiden anderen sind weniger ernster Natur. «« «rack »es -«»gar Quinet". Der groß» fran. zöstsche Schleppdampfer „Goliath", der dem gesunkenen Schutkreuzer „Edgar Quinet" zur Hilfe geeilt war, befindet sich aus der Rückreise nach Toulon, um einen Teil der an Bord genommenen Offiziere und Martneschüler sowie das gerettete Material dorthin zu bringen. Zwei andere französische Schlepper haben den Tag über bei ruhiger See an der Uebernahme des Materials aus dem Wrack des „Edgar Quinet" ge- arbeitet. Die Internationale Ausstellung in Barcelona. In Barcelona fand in Anwesenheit des Königs und Primo de Riveras die amtliche Schließung der In ternationalen Ausstellung statt. Dieser Akt bedeutet jedoch nicht die endgüliige Schließung der Ausstellung, sondern stellt nur eine Abschiedskundgebung Spaniens für die internationalen Teilnehmer dar. Die Aus stellung selbst wird unter Beibehaltung der für die ausländischen Besucher anziehendsten Sehenswürdig keiten als nationale Ausstellung bis Juli weitergeführt. S<a,kc Ersstößr in Hollywood. In Hollywood und anderen Städten Kaliforniens wurden mehrere starke Erdstöße verspürt. Die Bewohner wurden von einer Panik ergriffen und verließen fluchtartig ihre Häuser. Die Telsphonleitungen wurden zum Teil un terbrochen. - * Der Sicherheitsrat der Vereinigten Staaten gibt be ¬ kannt, daß im Jahre 1929 nicht weniger als 20 500 Pev- soncn durch Autounfälle getötet wurden. Ungefähr die Hälfte dieser Zahl tvaren Fußgänger. ! Wann ist der Mensch tot? Ein Delinquent, der seine Hinrichtung überlebt. Die absolut sichere Feststellung des Todes ist durch aus nicht so einfach, wie man denken könnte. Das ist i auch die feste Ueberzeugung des französischen Arztes i Dr. Henri Drouin, des früheren Leiters der Laborato- i rien des Broca-Krankenhauses. Ohne auf die vielen j Geschichten einzugehen, die von dem Erwachen Schetn- ! toter im Grabe allerlei Gruseliges zu erzählen wissen, ! verweist er auf die wissenschaftlich einwandfreien Be- - richte, die von Aerzten über angeblich Tote erstattet ! wurden, die in Wahrheit nur im Starrkrampf lagen. Bezeichnend für dieses Kapitel ist der Bericht, den ; Dr. Sikor, ein bekannter Gerichtsarzt, erstattete. Da- i nach wurde ein gewisser Takacs, der zum Tode ver- , urteilt worden war, um 8 Uhr morgens gehenkt. Acht Minuten später wurde Dr. Sikor gerufen, um den Hin gerichteten zu untersuchen und den Tod festzustellen. Angesichts der bereits eingetretenen Leichenstarre, der Unempfindlichkeit der Pupille und anderer sicheren Zeichen des Todes bestätigte der Arzt das Ableben. Der Sicherheit wegen ließ man den Hingerichteten aber noch drei Minuten am Galgen. Dann wurde die Leiche - abgenommen und zur Sezterung in die Anatomie ttbcr- geführt. Man legte den Körper auf einen Tisch und nahm dann an ihm verschiedene Experimente mit Hilfe des elektrischen Stroms vor. Unmittelbar darauf begann das Herz wieder zu schlagen, der Puls wurde wieder wahrnehmbar, und nacheinander traten alle Lebcns- funktionen mit alleiniger Ausnahme des Bewußtseins ein. Der Unglückliche überlebte volle 24 Stunden seine Hinrichtung, ohne sich um Justiz und ärztliche Wis senschaft zu kümmern, die beide seinen Tod festgcsicllj hatten Man wird sich zwar hüten müssen, aus solchen Einzelheiten allgemeine Schlüsse zu ziehen; gleichwohl aber bleibt die Behauptung der Gelehrten unerschüt tert bestehen, daß bis zur Stunde kein absolut unscbl- barcs Zeichen für den eingetretenen Tod vorhanden ist, und daß allein der Eintritt des Werwesungsprozesses als unbedingt zuverlässiges Anzeichen für das erfolgte Ableben betrachtet werden kann. GeschMMloser KerrneVal. Maskierte „Tote '. — Festmahl mit Krieg« greueln. — Ein Bankett zum Ekel«. Zn unserer Vorstellung lebt die Renaissance als eine Zeit vollendeter Harmonie der Formen und einer nie wieder erreichten Hochblüte des Schönheitssinns fort, der besonders die mit Pracht und Geschmack aus gezeichneten Feste jener Epoche zum Vorbild für ganz Europa gemacht hat. Doch bevor die Medici ihre präch tigen und vornehmen Feste feierten, machten sich, be sonders im Rahmen der Volksbelustigungen, oft ge nug auch die scheußlichsten Geschmacksverirrungen breit. So veranstaltete man jahrzehntelang um die Kar- nevalszeit in Florenz Totenumzüge, „Trmmvhzttge des Todes" genannt, in denen Menschen als „Tote" ver kleidet unheimliche Lieder sangen. Oder man gab, als besonders „originelle" Anspielung auf die Greuel des Krieges, ein Festessen in einem Zimmer, in dem künst lich hergestellte abgeschlagen- und blutige Gliedmaßen um eine ebenfalls blutücsudelte Marsfigur herum lagen. Den Gipfelpunkt des Häßlichen erreichten aber wohl zwei Florentiner Künstlergesellschasten, die den Namen „Kochkessel" und „Maurerkelle" führten, bei einer ihrer Faschingsmahlzeiten. Schon die Eingangs pforte zu dem Festsaal bot einen vielversprechende» Anblick: Sie stellte einen Schlangenrachen dar, deo mit kariösen Zähnen eingefaßt war. Beim Eintritt in den nur von einem einzigen Lichtstümpfchen er leuchteten Saal wies ein überaus häßlicher Teufel dem Gast seinen Platz an der Tafel an. Derselbe Teufel schob dann an einer langen Stange den Gästen die Speisen zu — in Form von Ratten, Fröschen und Fledermäusen. Totenknochen aus Zucker bildeten den Nachtisch. Der Wein wurde in Trinkgefähen auf getragen, die künstlich so hergertchtet waren, daß marr unwillkürlich Ekel vor ihnen empfand. Das eigentliche Vergnügen begann indessen erst^ als das Essen beendet war, und gleichzeitig das Licht erlosch. In der undurchdringlichen Finsternis erhob sich nunmehr von allen Setten ein ungeheurer Läcm» ein Geschrei und Getöse, daß dem Gast die Ohren gell»