Volltext Seite (XML)
Serlmer SäUe! (Nachdruck sänftliSer «rttket und Jllustralwnen verboten.) 1428 Die Saison steht noch nicht ans -em Höhepunkt, aber schon jetzt vereint eine Fülle von Festen und Bälle« Jung und Alt. — Das lang schleppende Kleid hat seine Feuerprobe nicht bestanden, wohl aber das längere, graziöse, weit und doch schlank fallende Kleid mit Glockevvolants, Schärpen nnd Zipfelteilen. — Die schlanke Silhouette wird durch geschickte Drapierungen «nd prinzsßartige Schnitte gewahrt. — Die Jugend zieht das hochgegürtete Kleidchen vor. Kurze Jäckchen aus Panne bilden die willkommene Ergänzung -er großen Abendkleider. — Kleider aus grobem Tüll, Spitze und Georgette mit durchsichtig gearbeiteten Aermcln und Ausschnitt, fallen für Theater und kleine Geselligkeit als Neuestes auf. öerliner Sülle l Wenn man die Berliner Zeitungen eifrig durchblättert und ans die BaUkalcnder stößt, in denen gewissenhaft jeder Vereinsball verzeichnet ist, so könnte man wirklich zu den, Resultat kommen: Berlin habe nichts anderes in diesen schweren Zeiten zu tun. als zu tanzen. Ein besonders ge wissenhafter Ballbcrichterstatter hat sogar einmal die ge meldeten groben Festlichkeiten zusammengestcllt und ist zu dem stattlichen Resultat gekommen: 500 Bälle! Fünfhundert! Es ist nicht auszudcnken: „Nun ja. die vergnügungssüchtige Stadt Berlin!" Und dabei wird jeder, den der Wog einmal für kürzere oder länger« Zeit in die Reichshauptstadt führte, der mit offenen Augen fah. zu dem Resultat gekommen sein, nirgends wird mehr gearbeitet, kaum anderswo so das Letzte aus Kopf und Körper herausgepreßt, wird so viel im Stillen gehungert, wie gerade hier. „Aber die vi«len Bälle!" Meine Herrschaften: Berlin hat nahezu 7 000 000 Einwohner. Wteviele gehen wirklich zu diesen 800 Bällen? Abgesehen davon, daß die Zahl etwas hochgegriffen scheint, sind Bälle heute, wie sich die ganze Lage entwickelt hat, kaum etwas anderes, als Bereinsfeste im größeren und größten Stil. Eine Form der Geselligkeit, wie sie sich also selbst im kleinsten Städtchen abspielt. Vielleicht wird mancher staunen über die Behauptung, und doch hat gerade dieser Winter mehr denn je di« Nichtigkeit der Behauptung ergeben. Zuerst kannte» wir nach dem Kriege nur ein großes repräsentatives Fest, den Presseball, den man mit Recht den Hofball der Republik nennt, weil er Negierung und Presse. Finanzgewaltige und schöne Frauen zu einem Bild von packendstem, großstädtischem Reiz vereint. Daö Fest der AuSlandsprest« folgte. Wie sehr es sich durch gesetzt hat. bewies der diesjährige Gesellschaftsabend im Hotel Adlon, bet dem jode, aber auch jede Botschaft «nd Gesandtschaft ihren Tisch hatte. Ein Bild von berückendem, vornehmstem Stil, weil man selten eine solche Fülle schöner Krauen aus aller Herren Länder, soviel international« Eleganz und Geist beisammen sah. Vielleicht war der Diplomatische Ton ein wenig zu distinguiert, zu vornehm die Linie des ganzen Festes, aber «s war eben ein Reprä- fentationSsest, ein Fest der Diplomatie, di« der Presse ihre Reverenz macht«. Trotzdem wird der Eindruck jedem, der dabet war, unvergeßlich sein, weil auch das modische Bild ein ganz wunderbares war. Dies« rassigen Frauen trugen mit einer seltenen Selbstverständlichkeit die kostbarsten Roben, oft von jener raffinierten Einfachheit, die die Kenner Immer am meisten entzückt, daß man gar nicht dazu kam, über -le Frag« „Kurz oder Lang", kurz und lang zu dis kutieren. Diskussionen, zu denen der große Ftlmball reich lich Gelegenheit gab: denn all unsere Prominenten und selbstverständlich auch die, di« hoffen, «s einmal zu werden, hatten ihren Ehrgeiz darein gesetzt, nicht nur mit Greta- Garbo-Locken, sondern auch mit möglichst langen und schleppenden Gewändern zu erscheinen. Nicht immer war der Erfolg «in ungetrübter! Erstens können nur sehr wenige Frauen sich das wiegende Gleiten und Schreiten, das diese Kleider erfordern, gestatten, ohne unerträglich ge ziert zu erscheinen, zweitens find diese Kleider «in allge meines Verkehrshindernis in der fürchterlichen Enge -er Ballsäle, und drittens können unsere Herren sich überhaupt nicht mit ihnen abfinden. Sie sind gewohnt, jetzt viel zu sorg los -aherzüschreiten, so daß aus dem Parkett und besonders auf den Treppen manch nicht wieder gut zu machender Niß im Kleid der Dame entstand, den nicht nur Balzac, der große Frauenkenner, als «in Unglück bezeichnet, sondern der schon manchen Riß in der Freundschaft zur Folge hatte. Die einem solchen Unglück beiwohnenden Herren konnten sich zudem nicht enthalten, spöttisch zu schmunzeln, was di« Laune der Partnerin selbstverständlich nicht erhöht« und der arme Verbrecher büßen mußt«. Maria Paudlers abgerissene Schlcppenendchen wurden ja sogar von einem prominenten Ballberichterstatter der Mitwelt überliefert. Sie, die immer Lustige, bat aber auch darüber nicht die Laune verloren. Ein wirkliches Bild der Mode konnte man auf diesem Balle jedoch nicht gewinnen. Zu sehr hatte jeder einzelne seinen Hauptehrgeiz aus bildhaft« Wirkung eingestellt und die Tendenzen der Mode dadurch ost bis zur Verzerrung über steigert. Es ist natürlich ein Unterschied, ob eine einzelne Frau ihre Erscheinung auf der Bühn« oder tm Film voll zur Geltung bringen kann, oder ob sie nur «in Farbfleck in einer berauschenden Farbensymphonie ist. Ein weit klareres und sehr günstiges Bild der Mode des Winters, ohne Uebertreibungen, gab der Ball der Technik und der Ball der Industrie. Zum erstenmal hatten hier die zwei wichtigsten Zweig« unserer Wirtschaft zu Änem großen repräsentativen Fest geladen und es wurde «in voller Er folg. Aus allen Teilen des Reiches war man, vom Wirt- schaftssührer an, herbetgeeilt, weil man wußte, daß hier jeder zu treffen sein würde, d«n man gern wieder gesprochen hätte, um alte Beziehung«» aufzunehmen. Auch manch neue Geschäftsverbindung soll angeknüpft worden sein, denn man war ja ganz unter sich und hatte tm vornehmsteü Rahmen der Geselligkeit Gelegenheit: wirtschaftliche Inter essen mit dem Vergnügen zu vereinen. Man amüsiert« sich auch hier wie aus den meisten Bällen des Winters ganz ausgezeichnet! Auch die Damen kamen voll aus ihre Kosten, die schönen Kleider wurden viel bewundert, jede hatte Wert auf geschmackliche Kultur gelegt, weil sie wußte, daß sie hier auch di« Stellung des Gatten zu repräsentieren hatte. Schleppende Gewänder sah man nur ganz vereinzelt, wohl aber konnte man feststellen, daß die Kleider durchweg be deutend länger geworden sind, zum mindesten aber in Zipfeln und Glockenteilen, die sich organisch der schlanken Linie -er Kleider anpassen, bis zum Knöchel herabgchen. Fast stets komplettierte ein Jäckchen, mit graziösen Schal enden oder dekorativem Pelzkragen, die Kleider aus duftigem Georgette, aus Tüll und Chiffon, aus glänzender Seide oder Panne, auch Brokat und Chinö-Taft fanden viel Beachtung. Alle Kleider waren auf Linie gestellt. Die schlanke Sil houette wird um jeden Preis gewahrt. Blenden, geschickte Drapierungen und ausgeklügelte Schnitteiluugen der tief ansetzcnden Volants songen dafür. Das schon erwähnt« Jäckchen aus Brokat oder Scideusamt wird ebenfalls eng um die Figur ««zogen. Es hat erfreulicherweise den im Ballsaal auch sehr überflüssigen Pelzmantel abgelöst. DaS konnte man auch auf dem Juristen- und Stndcntenball. bei den Ausländsdeutschen und den Festen der großen Auto» mobilverbände und den unzähligen Bällen der Tennis- und Sportklubs einwandfrei feststellen. Hier, wo d«r Jugend der Tanz die Hauptsache ist, und man weniger gesehen wer den will als sich amüsiere», sind die Kleidchen nirgends besonders lang, wohl aber von betont weiblicher Grazie die weit«» Röcke, allerdings, gegen das Vorjahr gemessen, stets bedeutend länger gearbeitet. Zierlich gereihte Taillen, Gürtelchen mit blitzenden Straß-Schnallen, eng um die Taille gelegt, wehende Schalenden und graziöse Schulter- kragen bringen hier die hübschesten und jugendlichen Ten denzen der Mode zur Schau. Die Jugend kommt auf diesen Bällen voll und ganz zu ihrem Recht und manch sportliebender Junggeselle revanchiert sich bei verheirateten Freunden durch die immer begehrte Einladung zum Klubball. Klei ner« Ver«inSfeste, di« natürlich in der Zahl övo absolut nicht «inbegriffen sind, dürfen deshalb nicht unerwähnt bl«iben, weil man hier genau wie im Theater eine der hübschesten neuen Nuancen der abendlichen Mode zu sehen bekommt: das Kleid aus grobmaschigem Tüll, Spitze ober Georgette-Krepp, mit langen, durchsichtig gearbeitet«« Aermeln und Ausschnitt, nicht selten vom paßenden Schalf ergänzt. — Noch hat die Berliner Ballsaison erst begonnen. Di« kommenden Wochen werden die Hochflut bringe», ab«» auch sie werden nur den erneuten Beweis bringen, -ast über das langschleppende Kleid die Akten zu schließen stutz und nur das länger« graziös«, schlank und doch wettfallen-V Kleid den Erfolg des Winters bedeuten wird. geschnittene Rock angeseht. Letzterer verläuft nach hinten länger. 1428. Elegantes Abendkleid auS fliederfarbener Seide, mit zwische»gesetzten Blenden garniert. Unter der Blend« wil der glockige Rock, -eßen Borderbahn an der rechten Hüfte drei, in schräger Richtung bis unter Hüfthöhe abgesteppte Falten hat, angesetzt. Die Hintcrbahn ist glatt und wird gleichfalls der rundvcrlanfcndcn Blende niitcrgesteppt. 142S. Abendkleid mit losem Jäckchen, aus schwarzer, bunt Unsere Modelle- dieser Aufmacbuua als Neuestes zur Ergänzung -er Abend kleider gilt. 1127. Abendkleid, für schlank« Figur geeignet, auS matt- velbem China-Erepp oder Georgette. Beachtenswert ist -aS sezogeue Leibchen, dem oben die zackig« Paste aufgenäht wird, «m untere», rund au-gebogenem Rande wird der glockig gesticktrr Seide. DaS Kleid ist einseitig gearbeitet, a» de» linken Hüfte greift die Hinteribahn mit angeschnittener seD kicher Schleppe in ersichtlicher Weis« nach -er Vordevbahu. 1480. Abendkleider mit Brokatjäckchen. wie «S unter« M-» bildung zeigt, sind «rotze Mode. 14S1. AuS schwarzem Panne ist -isseö Kleid, mit arndeH Georgetttpaste. Die Bovderbahn zeigt mehrfache TMrmG an den LangSnähten wird je eine Falte eingenäht. , Verla,sfchvittmvster nur für Abonnenten. Mäntel, Kostüme, Kleider »0 Pf., Binsen, Röcke, Kindergarderobe. Wäfche 70 Pf. Zu beziehe« b«rch die GefchäftsffBl«.