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1. PHILHARMONISCHES KONZERT Zum 35. Jahrestag der Gründung der DDR Festsaal des Kulturpalastes Dresden Sonnabend, den 29. September 1984, 20.00 Uhr Sonntag, den 30. September 1984, 20.00 Uhr oresoner olnilbiornoonii^ Dirigent: Herbert Kegel Solistin: Hiroko Nakamura, Japan, Klavier Paul Dessau 1894-1979 Sinfonie Nr. 2 Andante contemplativo — Allegramente ma non troppo allegro Andante quasi Allegretto Tanz (Hommage d Bartok) Marcia (Moderatissimo — Un poco piü mosso ma ben tenuto) Erstaufführung Zum 90. Geburtstag des Komponisten am 19. Dezember 1984 Wolfgang Amadeus Mozart 1756-1791 Jean Sibelius 1865-1957 Konzert für Klavier und Orchester c-Moll KV 491 Allegro Larghetto Allegretto PAUSE Sinfonie Nr. 1 e-Moll op. 39 Andante ma non troppo - Allegro energico Andante (ma non troppo lento) Scherzo (Allegro) Finale (quasi una Fantasia) Das Konzert wird von Radio DDR II, Sender Dresden, aufgezeichnet und am 16. Oktober 1984 im Rahmen des „Dresdner Abends" ge sendet. HIROKO NAKAMURA, die namhafte japanische Pia nistin, wurde seit früher Jugend ausgebildet von der Tokioter Klavierpädagogin Aiko Iguchi, die auch wäh rend ihres späteren Studiums an der Toho-Musikschule neben Leonid Kochanski zu ihren Lehrern gehörte. 1959 wurde sie im Alter von 15 Jahren die jüngste Preisträ gerin des NHK-Mainichi-Musikwettbewerbes in Tokio und erhielt einen Spezialpreis, nachdem sie bereits mehrere japanische Musikschulwettbewerbe gewonnen hatte. Wenig später debütierte sie mit dem Philhar monischen Orchester Tokio unter Hiroyuki Iwaki und wurde als Solistin für eine Europa- und USA-Tournee des Orchesters verpflichtet. In New York konnte sie an der Juilliard School bei Rosina Lhevinne ihre Studien fortsetzen; ferner gewannen Nikita Magaloff, Zbigniew Drzewiecki und Stefan Askenase Einfluß auf ihre künstlerische Entwicklung. 1965 wurde sie Preisträgerin des Chopin-Wettbewerbes in Warschau. Seitdem nahm ihre internationale Konzerttätigkeit einen großen Um fang an. Sie gastierte wiederholt in der UdSSR, CSSR, VR Polen, BRD, in Westberlin, Großbritannien, den Niederlanden, den USA und in Kanada und nahm an Musikfestivals wie Luzern u. a. teil. Außer dem verbreiteten Rundfunk-, Fernseh- und Schallplat tenaufnahmen ihren künstlerischen Ruf. Mit der Dresdner Philharmonie konzertierte sie erstmals zu den Dresdner Musikfestspielen 1982. ZUR EINFÜHRUNG Paul Dessau war einer der bedeutend sten Repräsentanten der Musikkultur der DDR. Sein umfangreiches Werk, das vom Massen lied über Film- und Bühnenmusik bis zur Sin- fcnik, Kammermusik und Oper alle musikali schen Genres umfaßt, fand international hohe Anerkennung. Der 1894 in Hamburg geborene Komponist, Ordentliches Mitglied der Akade mie der Künste der DDR, genoß auch als Pä dagoge und Musikerzieher einen bedeutenden Ruf. Er verstarb 1979 in Berlin. Die Sinfonie Nr. 2 entstand 1934 in Paris als dreisätzige Orchestersuite und erhielt in dieser Form einen Preis des Wiener Musikver legers Hertzka. 1962 komponierte Dessau einen vierten Satz hinzu (er steht an dritter Stelle). In dieser Gestalt wurde das Werk als 2. Sinfo nie 1962 in der Deutschen Staatsoper Berlin uraufgeführt. Ein Blick auf die Besetzung zeigt, daß der Komponist hier nach Transparenz des Or chesterklanges strebt, daß nicht Sinfonik mo numentalen Charakters gewollt wird, sondern plastisches Musizieren, Prägnanz der Thema tik, Durchschaubarkeit der kunstvollen thema tischen Arbeit. Man könnte die Komposition die „Symphonie classique" Dessaus nennen. Für die Konsequenz und gleichzeitig aber spielerische Eleganz der thematischen Arbeit in diesem Werk ist schon der erste Satz (An dante contemplativo — Allegramente ma non troppo allegro) beispielhaft. Aus einem lusti gen melodischen Gebilde der langsamen Ein leitung, die bereits wichtige Elemente des Themenmaterials des rascheren Hauptsatzes exponiert, gewinnt der Komponist das erste Thema, das im Hauptsatz permanent durch geführt wird. Erst in der Satzmitte, dort, wo in der Sinfonie der Klassik die Durchführung steht, erscheint das zweite Thema. Es mündet in einen weit ausgreifenden, sich steigernden Bläserchor über ostinat grollenden Violon celli und Bässen. In der Reprise werden dann Haupt- und Seitenthema kontrapunktisch ver bunden. Der zweite Satz (Andante quasi Allegretto) wird von einer slawisch gefärbten, volkslied haften Melodie bestimmt, die zunächst im Eng lischhorn erklingt, verbunden mit einer Ge genstimme im Fagott. In immer neuer harmo nischer Beleuchtung führt sie zu großen dy namischen Seigerungen, zu leidenschaftlichen Wolfgang Amadeus Mozarts Kla vierkonzert c-Moll KV 491 gehört zusammen mit den Konzerten Es-Dur (KV 482) und A-Dur (KV 488) zu einer Gruppe von drei Klavierkonzerten, die, in den Wintermonaten 1785/86 geschrieben, in der geistigen Atmo sphäre entstanden sind, die die Arbeit an „Figaros Hochzeit" umgibt. Von diesen drei Konzerten ist das c-Moll-Konzert, das am 24. März 1786 vollendet und am 7. April von Mo zart in einem seiner Wiener Subskriptionskon zerte gespielt wurde und dessen Köchel-Nunr mer der des „Figaro" unmittelbar vorange^ entschieden das bedeutendste. Es nimmt m.. einem Vorstoß in Gebiete der Romantik einen Kontrasten innerhalb der musikalischen Ent wicklung. Der dritte Satz (Tanz), dem Andenken Bela Bartöks gewidmet („Hommage ä Bartok" steht über der Partitur), empfängt seine vitalen Im pulse aus dem Rhythmus. Eingedenk mancher Bartökscher Stücke (zum Beispiel im „Mikro kosmos"), verwendet Dessau hier bulgarische Rhythmen mit ihren unregelmäßigen Akzenten. Sie geben dem brillanten Tanzsatz ganz ei genwillige Scherzozüge. Das Finale ist eine Marcia (Moderatissimo — Un poco piü mosso ma ben tenuto). In der Einleitung bereiten signalartige Motive das Hauptthema, das zuerst in den HolzbläseÄ dann in Trompete und Posaune auftritt, v™ Das Thema ist klar, rhythmisch und melodisch scharf geschnitten. Sein Elan gibt dem gan zen Satz den Impetus. Ein rhythmisch nicht min der prägnantes Seitenthema führt schließlich zu großer Steigerung. Im zweiten Teil des Sat zes werden die beiden Themen des ersten und das Thema des zweiten Satzes einbezogen. Dieses ganze thematische Material der Sinfo nie erfährt abschließend ebenso kunstvolle wie mitreißende Verarbeitung. ganz eigenen Platz im Gesamtschaffen Mozarts ein, in ihm offenbart sich deutlich die geistige Wandlung, zu der sich der Komponist zu die ser Zeit in einem schmerzvollen Reifeprozeß hindurchrang. Das ganze Werk atmet tiefe Tragik, düstere Leidenschaftlichkeit. Es ist ver ständlich, daß Beethoven, der die innere Ver wandtschaft dieser Musik zu seiner eigenen fühlte, dieses Konzert besonders geliebt hat. Eine große Orchesterbesetzung (der reichste Orchesterapparat, den Mozart jemals in einem Konzert einsetzte), eine höchst bedeutsame Behandlung und Anwendung der Bläser (Obo-