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ZUR EINFÜHRUNG Mit der Transkription, der Übertragung bzw. Einrichtung eines musikalischen Werkes für eine andere Besetzung bei weitgehender Bei behaltung der originalen Struktur wird unser heutiges Konzert eingeleitet: mit der Bearbei tung eines Orgelwerkes von Johann Se bastian Bach für großes Orchester durch Heinz Bongartz: Präludium und Fuge Es-Dur BWV 55 2. Als Arnold Schönberg 1922 zwei Orgelchoräle Bachs in strumentierte, die in dieser seiner Fassung übrigens im 7. Zyklus-Konzert erklingen wer den, erklärte er gegenüber dem Dirigenten Fritz Stiedry, daß die von ihm gewählten or chestralen Farben die Verdeutlichung des Ver laufs der Stimmen bezwecken. Das sei im kon- trapunktischen Gewebe sehr wichtig. Unsere heutige musikalische Auffassung verlange Ver deutlichung des motivischen Verlaufes in der Horizontalen sowie in der Vertikalen: „Wir wol len diese Kontrapunktik wahrnehmen als mo tivische Zusammenhänge“. Es geht also darum, eine Komposition und ihre Struktur durch ver änderten Kiang neu zu interpretieren. Bach hat selbst zahlreiche Beispiele dafür gegeben, freilich stand bis ins 18. Jh. hinein Komponie ren und Bearbeiten weitgehend gleichrangig nebeneinander. Er schuf als Selbstbearbeitun gen gewissermaßen Neueinrichtungen eigener Werke (z. B. das Doppelkonzert für 2 Violinen als Konzert für 2 Klaviere), wie er auch Kom positionen anderer bearbeitete, so von Vivaldi, Marcello, Telemann und dem Herzog Johann Ernst von Sachsen-Weimar (BWV 592 — 597, 972- 987, 1065). Werke Bachs sind seit Mendelssohn, Schumann, Reger bis hin zu Schönberg, Strawinsky, Sto- kowski (seine berühmte Instrumentation) der Tokkata und Fuge d-Moll bildet den Ausklang unseres diesjährigen Zyklus) und anderen im mer wieder bearbeitet worden. In der Reihe jener Orchestrationen, die die in der origina len Komposition enthaltenen Möglichkeiten mit einem großen (spätromantischen) Orchester apparat entfalten, ohne daß der historische Klang des Bach-Orchesters etwa angestrebt würde, steht auch die Einrichtung von Heinz Bongartz (1884—1978), dem einstigen langjäh rigen, verdienstvollen Chefdirigenten der Dresd ner Philharmonie (1947-1964), an dessen 90. Geburtstag am 31. Juli 1984 mit der Aufführung zugleich nachträglich erinnert werden soll. Bon gartz war 1937—1944 als GMD am Theater von Saarbrücken tätig. In dieser Position instrumen tierte er im Jahre 1941 als sein op. 25 Bachs Präludium mit Fuge Es-Dur für Orgel, das 1928 auch schon Arnold Schönberg in einer Orche sterfassung vorgelegt hatte. Die Uraufführung erfolgte am 7. März 1944 in einem Sinfonie konzert in Saarbrücken; seither erlebte die Be arbeitung zahlreiche Wiedergaben, auch im Ausland und nicht nur durch den Dirigenten- Kompcnisten selbst. Das handwerklich gekonnte kompositorische Schaffen von Heinz Bongartz wuchs aus spätromantischer Haltung Reger scher und Strauss’scher Provenienz hervor. Sei ne Bach-Transkription strebt die kraftvolle, großartige Wirkung an. Wie bei Schönberg und Stokowski etwa finden sich in der Partitur Klarinetten, Posaunen und Tuba, die das Bc^^ Orchester nicht kannte. Bachs Präludium mit Fuge Es-Dur, als Ein- und Ausleitung die Choralbearbeitungcn der soge nannten „Orgelmesse" umschließend, gehört unbestreitbar zu den Gipfelpunkten Bachscher Orgelkunst. Das strahlend-festliche Präludium zeigt die Concerto-grosso-Form mit drei The men. Auch die gewaltige Fuge ist dreiteilig angelegt. Ihre thematische Präqnanz, die kom binatorische und rhythmische Vielfalt und vor allem die so hohe musikalische Aussagekraft setzen sie an die erste Stelle aller Bachschen Fugen. Eine denkbar gegensätzliche Bach-Huldigung, herb, spröd, klangunsinnlich fast in ihrer Be scheidung mit sparsamen Mitteln, folgt auf den pompösen Beginn unseres Konzertes: die Fan tasie über BACH für? Chor und kleines Orchester von Herbert Collum nach Johannes Bobrowskis eigen willigem Gedicht „ J. S. Bach" (1958), das sich in der dritten und letzten Gedichtsammlung „Wetterzeichen" dieses Autors findet. Herbst Collum, von 1935 bis zu seinem Tode im Jc^^ 1932 Kreuzorganist in Dresden — er wäre am 18. Juli dieses Jahres 70 Jahre alt gewor den —, als überaus vielseitiger Künstler, als Or ganist, Cembalist, Pianist, Dirigent, Kompo nist wie als Pädagoge, über Jahrzehnte ein beträchtlicher Aktivposten des Dresdner Musik lebens, ein glänzender und unermüdlicher Bach-Interpret zumal, schuf dieses Zeugnis seiner Bach-Verehrung im Jahre 1967 für sei nen schon 1946 gegründeten Chor, der die seit 1935 existierenden Dresdner Collum-Konzerte um eine wichtige Farbe bereicherte. Der mit der Dresdner Philharmonie eng verbundene Komponist, einst von Johann Nepomuk David TORSTEN JANICKE, 1958 in Dresden geboren, besuchte die Bezirksmusikschule „Paul Büttner" und die Spezial schule für Musik in seiner Heimatstadt. 1976—1982 stu dierte er an der Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber“ in Dresden bei Prof. Heinz Rudolf und gehörte seit 1975 zusätzlich der Meisterklasse von Prof. Gustav Schmahl an. Bereits während seiner Ausbildung wurde Preisträger mehrerer nationaler und internationa- ^Ri'Wettbewerbe (1969 beim Fest junger Künstler, 1975 beim Bach-Wettbewerb für Schüler und Jugendliche in Leipzig, 1979 im Internationalen Instrumentalwettbewerb Markneukirchen, 1980 im Internationalen Johann-Seba- stian-Bach-Wettbewerb Leipzig und beim 6. Festival jun ger Musiker in Gdansk/VR Polen). Das Ministerium für Kultur der DDR erkannte ihm 1980/81 das Mendelssohn- Stipendium zu. Seit 1982 ist er 1. Konzertmeister des Rundfunk-Sinfonieorchesters Leipzig. Erste Auslandsgast- spie.le führten ihn u. a. in die UdSSR, in die CSSR sowie in die Ungarische VR. HEIKE JANICKE, die Schwester Torsten Jänickes, wurde 1962 in Dresden geboren und erhielt seit dem 5. Le bensjahre Violinunterricht. Seit 1971 besuchte sie als externe Schülerin, seit 1975 regulär die Spezialschule für Musik in Dresden, seit 1980 studiert sie — jetzt im 5. Studienjahr — an der Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber". Ihr Lehrer ist Prof. Heinz Rudolf, seit 1979 gehört sie zusätzlich der Meisterklasse von Prof. Gustav Schmahl an. Beim Bach-Wettbewerb für Schüler und Jugendliche 1972 in Leipzig gehörte sie zu den Preisträgern, beim Internationalen Violinwettbe- werb 1978 in Usti nad Orlici erhielt sie ein Diplom. 1983 gewann sie den 3. Preis des Internationalen In strumentalwettbewerbes Markneukirchen. Sie konzertier te bereits in mehreren Städten der DDR, wirkte bei Rundfunkproduktionen und Hochschulaustauschkonzerten in der VR Polen mit.