Volltext Seite (XML)
6. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Festsaal des Kulturpalastes Dresden Sonnabend, den 21. April 1984, 20.00 Uhr Sonntag, den 22. April 1984, 20.00 Uhr dresdner ohilhornoorniej Dirigent: Antoni Wit, VR Polen Solist: Jozef Serafin, VR Polen, Orgel Georg Friedrich Händel 1685-1759 Konzert für Orgel und Orchester g-Moll op. 4 Nr. 1 Larghetto, e staccato Allegro Adagio Andante PAUSE Richard Strauss 1864-1949 Eine Alpensinfonie für großes Orchester) und Orgel op. 64 Nacht - Sonnenaufgang - Der Anstieg - Eintritt in den Wald - Am Wasserfall — Auf blumigen Wiesen - Auf der Alm - Durch Dickicht und Gestrüpp auf Irrwegen — Auf dem Gletscher — Gefahrvolle Augen blicke — Vision — Nebel steigen auf — Die Sonne verdüstert sich allmählich — Elegie - Stille vor dem Sturm - Gewitter und Sturm, Abstieg - Sonnenuntergang — Ausklang — Nacht Orgel: Hans Otto ANTONI WIT wurde 1944 in Krakow geboren. Er stu dierte 1963—1967 an der Musikhochschule seiner Hei matstadt bei Henryk Czyz (Dirigieren) und bei Krzysz tof Penderecki (Komposition). Seine Ausbildung ver tiefte er im Weimarer Musikseminar 1966 bei Arvid Jansons sowie 1967—1968 bei Nadia Boulanger und Pierre Dervaux in Paris. Neben seinen musikalischen Studien absolvierte er noch 1969 ein Jura-Studium an der Universität Krakow. 1970 teilte er sich den 2. Preis des Karajan-Wettbewerbes in Westberlin mit dem jun- Sen sowjetischen Dirigenten Maris Jansons. Nach Assi stenzjahren bei Witold Rowick? an der Nationalphil harmonie Warschau war er 1970—1972 Dirigent der Philharmonie Poznan (seitdem auch ständiger Gast dirigent am Warschauer Opernhaus), 1973—1977 Chef dirigent der Philharmonie Pomorska Bydgoszcz, seit 1977 ist er Chefdirigent des Sinfonieorchesters des Rund funks und Fernsehens Krakow. Konzertreisen führten ihn in viele Länder Europas. Mit den Dresdner Philharmo nikern musizierte er bereits 1979 und 1982. ZUR EINFÜHRUNG Georg Friedrich Händel, der gro ße Zeitgenosse Bachs, in vielem sein Antipo de, ließ im Jahre 1738 bei seinem Londoner Verleger John Walsh als Opus 4 eine Samm lung Orgelkonzerte erscheinen, mit denen er diese Gattung gewissermaßen begründete. Bekanntlich war es eine Gewohnheit Hän dels, sich zwischen den Akten seiner Orato rien auf der Orgel hören zu lassen. Er be gann, wie Zeitgenossen uns überliefert ha ben, zunächst mit einem Präludium, dem er dann das Concerto folgen ließ, „welches er mit einem Grade von Geist und mutiger Si cherheit ausführte, dem niemals einer gleich zukommen sich vermaß". Was er bei derar tigen Aufführungen meist improvisatorisch darbot, faßte er nun in die strenge Form ei nes Konzertes von drei bis vier Sätzen, „im Widerspiel von Tutti und Solo und ihrer ge legentlichen geistvollen Durchdringung". Das Orgelkonzert g-Moll o p. 4 N r. 1 ist das gewichtigste der ganzen Sammlung. „Bereits der Anfang des einleitenden Lar ghetto mit dem markanten, im zweiten Takt energisch emporschnellenden sarabandenar tigen Hauptthema und seiner elegischen Fort führung gehört zu den schönsten Gedanken des Meisters. Das folgende Solo wird ständig von diesem plastischen Motiv unterbrochen, aber auch weitergetragen. Kräftige Unisono- Figuren geben den Rahmen, bis in typisch Händelscher Weise ein Adagio den fragen den Halbschluß bringt. Eine optimistische, energiegeladene Antwort gibt das G-Dur- Allegro, in der dichten Folge seiner motivi schen Einsätze, in der virtuosen Spielfreude und dem mannigfaltigen Dialogisieren, aber auch in seinen melancholischen Seitensätz chen ein ganz prächtiger Händel. Das an schließende kurze e-Moll-Adagio trägt trotz seines edlen Pathos mehr Überleitungscharak ter. Einer der zartesten und zugleich fröhlich sten Händelschen Sätze ist das abschließen de Andante (G-Dur) im 3 / 8 Takt, das sich in seiner tänzelnden Thematik und reichen Echo- und Variationstechnik rondomäßig gibt und in froher Spiellaune das kraftvoll-be schwingte Ende herbeiführt. Der Solist hat am Schluß wieder eindeutig die Oberhand, und doch entsteht der Eindruck einer kammermu sikalischen Gemeinschaft, eines freudigen Konzertierens. Es ist wohl ein einzig daste ¬ hender Fall in Händels Instrumentalmusik, daß jeder der vier Sätze in einer anderen (freilich eng verwandten) Tonart steht. Den noch macht das Werk durchaus einen folge richtigen und einheitlichen Eindruck; ein Satz erwächst aus dem anderen, es entsteht ein farbenprächtiges, reich differenziertes, aber in sich geschlossenes Gemälde" (W. Siegmund- Schultze). In den Jahren 1911 bis 1915 — neben der Ar- op. 65 ™ Strauss die Alpen- großes Orchester beit an der „Ariadne auf Naxos" op. 60, dem „Festlichen Präludium" op. 61, der „Deut schen Motette" op. 62, der „JosephslegendflM op. 63, der „Frau ohne Schatten" schuf Richard Sinfonie für und Orgel op. 64, die er der „Königli chen Kapelle zu Dresden in Dankbarkeit" widmete. Dieser Klangkörper brachte dann auch unter der Leitung des Komponisten das Werk, dessen Instrumentation im Winter 1914/ 15 in genau 100 Tagen fertiggestellt wurde, am 18. Oktober 1915 in Berlin zur Urauffüh rung. Vor der Premiere äußerte Strauss die bekannten Worte „Ich hab' einmal komponie ren wollen, wie die Kuh, die Milch gibt", wo durch er sicher nicht eben das Verständnis für seine formal einsätzige, dennoch alle Keime der vier Sätze des sinfonischen Zyklus ein schließende Monsterpartitur gefördert hat, in der mit kaum noch überbietbarer technischer Virtuosität und Klangphantasie ein übergro ßes Instrumentarium zur Erzeugung wahrhaf tiger „Farbengluten" eingesetzt wird. Der Strauss-Biograph Ernst Krause schreibt unter anderem über das heute in unseren Konzertsälen zur „Rarität" gewordene Werk, das übrigens Fritz Busch einmal im Jahrr 1928 mit Dresdens beiden Orchestern gerne« sam zu Gunsten der damaligen Pensionskas se der Dresdner Philharmonie musizierte: „Wie Straussens erste Tondichtung ,Aus Italien 1 von den Naturerlebnissen des Südens ausging, so schöpfte der fünfzigjährige Meister in der .Alpensinfonie' seine Bilder und Stimmungen aus der geliebten Bergwelt der oberbayri schen Heimat. Große alpine Touren waren nicht nötig: von den Fenstern seines Garmi scher Landhauses hatte er den schönsten Blick auf die Zugspitze und das gewaltige Wetter steingebirge; doch spielen in das Werk na türlich auch die Eindrücke des Berchtesgade ner Landes, des Steinernen Meeres und an-