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4. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Sonntag, den 25. Dezember 1983, 20.00 Uhr Festsaal des Kulturpalastes Dresden Montag, den 26. Dezember 1983, 20.00 Uhr olnilhsrnooniie» Dirigent: Roberto Benzi, Frankreich Carl Maria von Weber 1786-1826 Johannes Brahms 1833-1897 Ouvertüre zu „Euryanthe" Variationen und Fuge über ein Thema von Händel op. 24 DDR-Erstaufführung der Instrumentation von Roberto Benzi Georges Bizet 1838-1875 PAUSE Suiten Nr 1 und Nr. 2 aus der Bühnenmusik zu Alphonse Daudets „L'Arlesienne" Prelude (Allegro deciso, Tempo di Marcia) Menuett (Allegro giocoso) Adagietto (Adagio) Carillon (Allegretto moderato) Pastorale (Andante sostenuto assai) Intermezzo (Andante moderato ma con moto) Menuett (Andantino quasi Allegretto) Farandole (Allegro deciso; Tempo di Marcia) Vom vierten Lebensjahre ab erhielt er Musikunter richt (in Gesang und Klavier) beim Vater. Als die Familie nach Frankreich übersiedelte, verstärkte sich sein Wunsch, das Dirigieren zu erlernen, und er wurde mehrere Jahre von Andre Cluytens und Fer nand Lamy unterwiesen. Sein Dirigenten-Debüt gab er im Juli 1948, sein erstes Konzert in Paris — beim Orchester Colonne - leitete er im November des gleichen Jahres, also im Alter von elf Jahren. Die damit beginnende „Wunderkind“-Karriere, die ihn auf Konzerttourneen durch die ganze Welt führte, fand ihre Höhepunkte in zwei Musikfilmen, deren Hauptdarsteller er war: „Vorspiel zum Ruhm" (= „Roberto"; 1949) und „Der Ruf des Schicksals" (- Konzert in Venedig"; 1952). Beide Filme stei- ln den Jahren 1952 bis 1956 widmete er sich weite ren Musik- sowie Universitätsstudien. 1954 war er erstmalig als Operndirigent tätig. 1959/60 leitete er die erste Inszenierung der Oper „Carmen" an der Pariser Grand Opera (das Werk war zuvor nur an der Opera Comique gegeben worden), eine Auf führung, mit der eine erfolgreiche Gastspieltournee nach Japan unternommen wurde. Der junge Künstler wurde bald von den berühmtesten Orchestern und Musikfestivals eingeladen und errang als weltweit gefragter Gastdirigent größte Erfolge. 1973 wurde er Chefdirigent des Orchestre Symphonique de Bor deaux-Aquitaine. Seit 1960 produzierte er zahlreiche Schallplattenaufnahmen. Bei der Dresdner Philhar monie war er 1968, 1970 und 1981 zu Gast. ZUR EINFÜHRUNG Carl Maria von Webers Oper „Eury anthe" wurde am 25. Oktober 1823 in Wien uraufgeführt. Trotz anfänglichen Erfolges, der wohl mehr der Person des durch seinen „Frei schütz" bereits weltberühmt gewordenen Kom ponisten galt, konnte sich das Werk durch das unzulängliche, verworrene Libretto derDichterin Helmine von Chezy (1783-1856) nicht im Re pertoire der Musikbühnen halten. Auch ver schiedene Bearbeitungen vermochten an die ser Tatsache bis heute nichts zu ändern. Ähn lich wie bei Webers letzter Oper „Oberon", die gleichfalls unter einem wenig bühnenwirk samen Textbuch leidet, sind von der herrlichen Musik des Komponisten bei beiden Werken eigentlich nur die Ouvertüren lebendig ge blieben, die als wirkungsvolle, glänzende Ör- chesterstücke mit Recht zu den beliebtesten Schöpfungen Webers gehören und häufig im Konzertsaal begegnen. Wie in der Ouvertüre zum „Freischütz" wird auch in der „ Euryanthe "-Ouvertüre der Grundgedanke der Oper zum Ausdruck ge bracht: der Sieg des Guten über das Böse - die Überwindung feindlicher, böser Mächte durch die standhafte Liebe eines edlen jun gen Paares. Der Oper entnommene Motive werden in diesem Sinne programmatisch mit einander verbunden, jedoch bedarf es zum Verständnis des äußerst plastisch gestalteten Werkes keineswegs einer genauen Kenntnis der im einzelnen nicht eben logischen, sehr verschlungenen Handlung, die im mittelalter lich-ritterlichen Milieu spielt. Das heroisch stolze Marschthema zu Beginn der Ouvertüre gibt eine allgemeine Einstimmung in die Welt ritterlichen Glanzes. In einem gesangvollen Seitenthema erklingt die schwärmerische Lie besweise des Ritters Adoiar, des Helden der Oper. Nach einem spannungsreichen Über gang beschwört eine kurze Largo-Episode mit schwebenden Geigenklängen eine feierliche, geheimnisvoll-mystische Stimmung herauf - die motivische Andeutung von Gefahren, die dem Liebespaar fast zum Verhängnis werden. Nun entwickelt sich ein in den tiefen Streichern beginnendes Fugato, das allmählich wieder zu den Motiven des Anfangs überleitet. Mit der Wiederaufnahme und Vereinigung der beiden Themen der Einleitung wird in einem jubelnden, strahlenden Hymnus schließlich der Sieg des Guten gefeiert. Brahms wählte als Ausgangsthema für seine Variationen eine „Aria", die er einer Cembalo suite („Lessons for the harpsichord") Georg Friedrich Händels entnahm. Ausgehend von dieser „Aria“ in B-Dur entwickelte der Kompo nist 25 Variationen, wobei er jeder eine eige ne musikalische und ausdrucksmäßige Bestim mung gab. Obwohl nur einzelne motivische Bausteine des Themas verwendet werden, bleibt in den Veränderungen der formale und harmonische Ursprung immer erkennbar. Auf Grund der mehrmaligen Verarbeitung be stimmter Motive lassen sich Gemeinsamkeiten der Variationen feststellen. So baut Brahms Variation 7 und 8 auf einem rhythmischen Motiv auf, das in der Baßstimme der 22. wie derkehrt und dort die Bedeutung eines Orgel punktes erlangt. Ein Laufmotiv verbindet die Variationen 14, 15 und 16. Als Abschluß tritt es in der 14. stark hervor, bestimmt die 15. völlig und wird in Variation 16 einer kanon artigen Imitation unterworfen. Kontrapunkt^ sehe Satzkunst liegt aber auch Veränderung 5 und 6 zugrunde, wobei die innige b-Moll- Invention der 5. in der 6. in ein geheimnisvol les, rätselhaftes Licht gerückt wird. Eine breite Skala von Ausdrucksmöglichkeiten gibt dem Werk sein eigenes Gepräge. Sie um faßt ernste, nachdenkliche Klänge (Var. 2, 9, 10), tänzerische Melodien (Var. 7, 9), die in Variation 14 typisch ungarisches Kolorit erzeu gen, und zarte Lyrik in Veränderung 11 und 18, aber auch versonnene oder sogar herbe Melancholie (Var. 5, 6). Eine freudige, an Mozartsche Musik erinnern de Beschwingtheit der 3. Variation kontrastiert Die Variationen und Fuge über ein Thema von Händel op. 2 4, im Sommer 1861 entstanden, nehmen mit ihrem Reichtum an Phantasie und der überlegenen Meisterung aller Mittel innerhalb des ge samten Klavierschaffens von Johannes Brahms eine Sonderstellung ein. Im Herbst 1862 stellte er sich u. a. mit diesem Werk, das nicht nur sein kompositorisches Genie, sondern auch sein hohes pianistisches Können offen barte, dem Wiener Publikum vor und erregte damit große Aufmerksamkeit. Die Kritik sprach von der „enormen technischen Durchbildung, dem musikalisch feinen Vortrag und der eben so eigentümlichen wie bezaubernden Behänd^ lung des Klaviers", und Robert Schuman" äußerte über Brahms' Fähigkeiten als Pianist: „Sein Spiel gehört eigentlich zu seiner Musik“.