Volltext Seite (XML)
SCHULKONZERT für die 11. und 12. Klassen (Progr aBlin KONZERT FÜR LEHRLINGE gesondert) Montag, 28. November 1983, 16.30 Uhr im Festsaal des Kulturpalastes r Dresdner Philharmonie Leitung und Einführung: Claus Peter Flor Solist: Detlef Kaiser, Klavier Peter Tschaikowski (1840-1893) Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 b-Moll op. 23 „Die Arbeit geht sehr langsam vorwärts und will mir nidit gelingen“, heißt es in einem Brief Peter Tschaikowskis an seinen Bruder Anatol wäh rend der Komposition des Klavierkonzerts Nr. 1 b-Moll op. 23. „Grundsätzlich tue ich mir Gewalt an und zwinge meinen Kopf, allerlei Klavierpassagen auszutüfteln.“ Diese Zeilen zeugen von der unerbittlichen Selbstkritik, die der Meister immer von neuem an sich übte, von seiner schöp ferischen Unzufriedenheit, die es ihm stets schwer machte, an seine künstlerische Leistung zu glau ben. Aber auch der berühmte russische Pianist Nikolai Rubinstein, Direktor des Moskauer Kon servatoriums, dem Tschaikowski das Werk ursprüng lich widmen wollte und von dem er technische Ratschläge für die Gestaltung des Soloparts erbeten hatte, lehnte es mit vernichtenden Worten als völlig unspielbar und schlecht ab, was sich der Komponist sehr zu Herzen nahm. Und doch sollte gerade das 1875 beendete b-Moll-Konzert eine der allerbekann testen und beliebtesten Schöpfungen Tschaikowskis werden. Der Komponist widmete es nach der Ab lehnung Rubinsteins dem deutschen Dirigenten und Pianisten Hans von Bülow, einem großen Verehrer seiner Musik. „Ich bin stolz auf die Ehre, die Sie mir mit der Widmung dieses herrlichen Kunstwerkes erwiesen haben, das hinreißend in jeder Hinsicht ist“, schrieb Bülow, der das Konzert bei der Ur aufführung am 25. Oktober 1875 in Boston spielte und es in Amerika und Europa zu größten Erfolgen führte. „Die Ideen sind so originell, so edel, so kraftvoll, die Details, welche trotz ihrer großen Menge der Klarheit und Einigkeit des Ganzen durchaus nicht schaden, so interessant. Die Form ist so vollendet, so reif, so stilvoll - in dem Sinne nämlich, daß sich Absicht und Ausführung überall decken.“ Seitdem ist der große Erfolg diesem an das Erbe Schumanns und Liszts anknüpfenden wie auch Elemente der russischen Volksmusik aufgreifenden und doch ganz persönlich geprägten Werk stets treu geblieben. Eingängige, sinnenfreudige Melodik und originelle Rhythmik, aufrüttelndes, lebensbejahendes Pathos und musikantischer Schwung, stilistische Ele ganz und virtuose Brillanz sind die Eigenschaften, die es zu einem Lieblingsstück sowohl des Publikums als auch der Pianisten aller Länder werden ließen. Mit einer außerordentlich schwungvollen, selbstän digen Einleitung beginnt das Werk, das von Hörner fanfaren eröffnet wird. Eine durch Violinen und Violoncello vorgetragene, schwelgerische Melodie wird vom Soloinstrument zunächst mit rauschenden Akkorden begleitet, dann von ihm aufgenommen und ausgeschmückt und schließlich nochmals original in den Streichern gebracht. Das Hauptthema des folgenden Allegro con spirito ist einem ukrainischen Volkslied nachgebildet, das der Komponist von blinden Bettelmusikanten auf dem Jahrmarkt in Kamenka bei Kiew gehört hatte. Ihm steht ein innig-gefühlvolles Seitenthema kontrastierend gegen über. Ein buntes, glanzvolles Wechselspiel zwischen Solopart und Orchester mit mehreren virtuose’ Höhepunkten kennzeichnet den Verlauf der haupt sächlich von Motiven des zweiten Themas getragenen Durchführung des Satzes. Lyrisch-kantabel ist der Anfangsteil des in Liedform aufgebauten zweiten Satzes: Von Violinen, Bratschen und Celli zart begleitet, bläst die Flöte eine sanfte, anmutige Melodie. In dem lebhafteren, scherzo ähnlichen mittleren Teil fand ein modisches fran zösisches Chanson „11 faut s’amuser, danser et rire“ (Man muß sich freuen, tanzen und lachen) Eingang. Der Schlußteil führt dann wieder in die verträumt idyllische Anfangsstimmung zurück. Von sprühendemTemperament, kraftvoll-tänzerischer Rhythmik ist das stark durch ukrainische Volks musik inspirierte Finale, ein Rondo, erfüllt. Neben dem feurigen, fröhlichen Hauptthema, dessen Melodie einem ukrainischen Frühlingslied entstammt und das zu wilder Ausgelassenheit gesteigert wird, gewinnt im Verlaufe des Satzes auch das gesangliche, ausj drucksvolle zweite Thema Bedeutung. Ein hymnisch jubelnder, wirkungsvoller Schluß beendet das Werk. Detlef Kaiser geb. 1954 Senftenberg; Studium 1976-81 in Dresden (Klavier bei Prof. Eva Ander), Zusatzstudium am Moskauer Tschaikowski-Konservatorium; seit 1983 Assistent an der Hochschule für Musik Dresden, internationaler Wettbewerbskandidat.