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2. ZYKLUS-KONZERT FELIX MENDELSSOHN BARTHOLDY Festsaal des Kulturpalastes Dresden Sonnabend, den 19. November 1983, 20.00 Uhr Sonntag, den 20. November 1983, 20.00 Uhr öresoner olnilbiQmooniio e Dirigent: Herbert Kegel Solist: Martino Tirimo, Großbritannien, Klavier Peter Tschaikowski 1840-1893 Fantasie-Ouvertüre „Romeo und Julia" Ludwig van Beethoven 1770-1827 Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 c-Moll op. 37 Allegro con brio Largo Rondo PAUSE Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847 Sinfonie Nr. 5 D-Dur op. 107 (Reformations-Sinfonie) Zum 500. Geburtstag von Martin Luther Andante - Allegro con fuoco Allegro vivace Andante Choral „Ein feste Burg ist unser Gott" (Andante con moto) - Allegro vivace - Allegro maestoso MARTINO TIRIMO entstammt einer griechischen Musi- kerfamilie, die die Begabung des Kindes schon zeitig förderte. Seine pianistische Ausbildung erhielt er in London, der Stadt, die er später auch als Wohnsitz wählte. Seine internationale Karriere begann mit den 1. Preisen bei den Internationalen Klavierwettbewer ben in München (1971) und in Genf (1972). Konzerte in vielen europäischen Musikzentren, in Kanada und den USA (hier debütierte er mit dem Cleveland-Orchester) brachten ihm eindrucksvolle Erfolge. Anerkennung er rang er auch mit seinen Schallplatteneinspielungen aller Schubert-Klaviersonaten, der Klavierkonzerte von Brahms und verschiedener Werke von Rachmaninow. ZUR EINFÜHRUNG Peter Tschaikowskis Fantasie-Ouver türe „Romeo und Julia" nach Shake speare, heute zu den beliebtesten Werken des Komponisten gehörend, hatte anfangs einen ausgesprochenen Mißerfolg und stieß überall auf Ablehnung. Nach der Uraufführung der im Herbst 1869 entstandenen Komposition, die 1870 in Moskau im Rahmen der Konzerte der Russischen Musikgesellschaft stattfand, schrieb Tschaikowski in einem Brief: „Meine Ouvertüre .Romeo und Julia' hatte hier keinen Erfolg und fiel durch", und auch weitere Interpretationen der Ouvertüre im Jahre 1876 in Wien und Pa ris wurden für den Komponisten deprimierende Mißerfolge. So schrieb der gefürchtete Wie ner Musikkritiker Eduard Hanslick nach der dortigen, von dem berühmten Dirigenten Hans Richter geleiteten Aufführung: „Das zweite philharmonische Konzert brachte eine Ouver türe zu Shakespeares .Romeo und Julia’ von dem russischen Komponisten P. I. Tschaikowski. Diese Ouvertüre war neu, neu und befrem dend; denn daß diese seelenlose, von grauen Dissonanzen und wildem Lärm durchtobte Ton schlacht eine Illustration der zartesten Liebes tragödie sein soll, das hätten die wenigsten Zuhörer zu denken gewagt. Das Stück schien bereits mit völligem Stillschweigen übergan gen, als einige Hände sich in heftigem Applaus regten und damit das Signal zu einem ziem lich allgemeinen und schnell obsiegenden Zi schen gaben." Dennoch steht heute fest, daß die „Romeo-und-Julia-Ouvertüre" eines der ersten wirklichen Meisterwerke des zur Entste hungszeit knapp 33jährigen Tschaikowski dar stellt, der die Komposition übrigens selbst sehr liebte und sie nach der Fertigstellung noch zweimal (1870 und 1879) umarbeitete. Er fühlte sich zu diesem Sujet so hingezogen, daß er auch eine Oper nach der Tragödie Shakespea res, dem berühmtesten Liebesdrama der Welt literatur, plante, von der allerdings nur ein Duett erhalten ist. Die Ouvertüre, die sich durch melodische Er findungskraft und Feinheit der Instrumenta tion, Klangschönheit und dramatischen Schwung auszeichnet und eine bemerkenswerte Ge schlossenheit der Wirkung erreicht, folgt in ihrer Anlage nicht dem Handlungsverlauf der Shakespeare-Tragödie. Sie gibt vielmehr in ihrem sorgfältig gegliederten musikalischen Verlauf den Inhalt des Dramas durch eine sinfonische Darstellung des Schicksals der Handlungsträger, des dramatischen Grund konflikts wieder. Drei Hauptthemen tragen das musikalische Geschehen des Werkes. Feier lich, choralartig erklingt das auch später er scheinende Thema der Einleitung (Andante non tanto, quasi moderato), das den gütigen Pater Lorenzo, den Beschützer der Liebenden, charak terisieren soll. Im Hauptteil (Allegro giusto) werden zu Beginn in temperamentvoller Weise die Kämpfe der beiden feindlichen Adelsge schlechter geschildert, denen Romeo und Julia entstammen; energisch, rhythmisch prägnant ist das hier zugrunde liegende Thema. In star kem Gegensatz dazu steht das sehnsuchtsvak leidenschaftliche, lyrische dritte Hauptthe^J das ausdrucksvolle „Liebesthema" des durch den Zwist der Eltern in den Tod getriebenen unglücklichen Paares. Nach der Gegenüber stellung dieser Themen in Durchführung und Reprise bildet ein ruhiger Nachsatz (Mode rato assai), formal der langsamen Einleitung entsprechend, den Ausklang der Komposition. Ludwig van Beethoven hat mit sei nen fünf Klavierkonzerten, die er zunächst für sein eigenes öffentliches Wirken als Pianist schrieb, Gipfelwerke der virtuosen Konzertlite ratur geschaffen. Bereits vor den ersten beiden Klavierkonzerten op. 15 und op. 19 hatte er sich mit der Komposition von Klavierwerken beschäftigt (Trios op. 1, zahlreiche Sonaten) und auf diesem Schaffensgebiet weit eher musika lisches Neuland, neue Klangbezirke erschlos sen als in der Sinfonik. Die Klavierkonzerte entstanden etwa parallel zu den ersten sechs Sinfonien. Als sein Gehörleiden den Meister zwang, seine von den Zeitgenossen hochge schätzte pianistische Tätigkeit aufzugeta^ hatte er sein bedeutendstes Klavierkonzert, fünfte in Es-Dur, bereits geschaffen und die mit dem dritten Konzert einsetzende Entwick lung seines konzertanten Schaffens von aristo kratisch-gesellschaftlicher Unterhaltungskunst zum ideell-schöpferischen Bekenntnis auf den Höhepunkt geführt. Das 3. Klavierkonzert in c-Moll op. 3 7 stammt in seiner endgültigen Gestaltung aus dem Jahre 1802 (Skizzen dazu entstanden allerdings bereits in früheren Jahren) und wurde mit dem Komponisten als Solisten zu sammen mit der 2. Sinfonie und dem Orato rium „Christus am Olberg" am 5. April 1803