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8. PHILHARMONISCHES KONZERT Festsaal des Kulturpalastes Dresden Mittwoch, den 18. Mai 1983, 20.00 Uhr Donnerstag, den 19. Mai 1983, 20.00 Uhr olnilhairnoonii^ Johannes Winkler Dirigent: Solistin: Annerose Schmidt, Berlin, Klavier Wolfgang Amadeus Mozart 1756-1791 Sinfonie A-Dur KV 201 Allegro moderato Andante Menuett Allegro con spirito Bela Bartök 1881-1945 Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 Allegro Adagio — Presto — Adagio Allegro molto PAUSE Paul Hindemith 1895-1963 Sinfonie in Es Sehr lebhaft Sehr langsam Lebhaft Mäßig schnelle Halbe ANNEROSE SCHMIDT studierte nach langjähriger Ausbildung bei ihrem Vater an der Leipziger Musik hochschule bei Hugo Steurer und bestand nach drei Jahren 1957 das Staatsexamen mit besonderer Aus zeichnung. Sie ist Preisträgerin des V. Internationalen Chopin-Wettbewerbes 1955, 1. Preisträgerin des Piani stenwettbewerbes Leipzig 1955, an dem sich Pianisten aus beiden deutschen Staaten beteiligten, und 1. Preisträgerin im Internationalen Schumann-Wettbe ¬ werb 1956. 1961 erhielt die Pianistin den Kunstpreis sowie 1965 den Nationalpreis der DDR. Konzertreisen führten Annerose Schmidt in sämtliche Musikzentren Europas, des Nahen Ostens sowie Japans und der USA. Bei der Dresdner Philharmonie ist die pro minente Künstlerin ständiger Gast. Unter Kurt Masur spielte sie mit der Dresdner Philharmonie sämtliche Klavierkonzerte Mozarts für ETERNA ein, unter Prof. Herbert Kegel das 2. Klavierkonzert von Brahms. ZUR EINFÜHRUNG Wolfgang Amadeus Mozart schrieb zwischen seiner Wiener und Münchner Reise im Jahre 1774 eine Gruppe von Sinfonien (KV 183, 199 bis 202), die erhebliche formale und stili stische Ähnlichkeiten aufweisen und innerhalb der Entwicklung des Sinfonikers Mozart durch aus Marksteine sind. Hatten sich die vorausge henden Sinfonien an die dreisätzige italieni sche Ouvertürenform angelehnt, so ist die hier in Betracht kommende sinfonische Gruppe durch Wiedereinführung des Menuetts gekennzeichnet. Auffallend ist ferner, daß der äußere Umfang dieser Werke beträchtlich zu genommen hat, daß die Durchführungen zwar noch nicht wie bei Joseph Haydn streng the matisch bestimmt sind, sondern sequenzartig fortgesponnen werden. Substantiell ist ent schieden ein Hang zum Großen, Festlichen zu spüren. Die schwungvolle Thematik wird kon- trapunktisch verarbeitet. Selbständig sind die Bläser behandelt. Die Sinfonie Nr. 29 KV 201 A-Dur des 18jährigen Mozart ist neben der g-Moll- Sinfonie KV 183 das gewichtigste Werk die ser Gruppe. Es läßt deutlich das Streben des Komponisten nach „ideellem Zusammenschluß der vier Sätze" erkennen und ist überhaupt ein blendendes Zeugnis für das phantasie volle frühe sinfonische Schaffen des Salzbur ger Meisters, aus dem es noch viele Schätze zu heben gilt. Die Sinfonie, die keineswegs das Haydnsche Vorbild leugnet, atmet einer seits die kraftvolle Lebensfreude, andererseits die fast romantische Schwärmerei des 18jäh- rigen Jünglings. Anmutig-humorvoll gibt sich nach dem heiteren Einleitungssatz (Allegro moderato) auch der langsame zweite Satz, ein fein gearbeitetes Andante, in dem die zwei Bläserpaare (Hörner und Oboen) den Streichersatz melodisch bereichern. Auf das zierliche Menuett mit seinen Kontrastwirkun gen folgt ein Finalsatz von mitreißender, be schwingter Fröhlichkeit (Allegro con spirito), der nach dem Mozart-Forscher Alfred Einstein den reichsten und dramatischsten Durchfüh rungsteil besitzt, den der junge Komponist bis dahin geschrieben hat. Für die Besetzung Klavier und Orchester kom ponierte Bela Bartök in allen Schaf fensperioden: 1904 entstand als op. 1 die Rhapsodie für Klavier und Orchester, 1926 — in der mittleren Schaffensphase — das erste Klavierkonzert, dem 1931 das auf unserem heutigen Programm stehende zweite folgte. 1945 schließlich schrieb er als eine seiner letz ten und ergreifendsten Schöpfungen das dritte Klavierkonzert. Bartöks zweites Klavierkonzert wahrt die klassische Dreisätzigkeit, wenn auch der zweite Satz ein von Adagioteilen umschlossenes Scherzo ist (Adagio - Presto - Adagio) und somit eigent lich beide Innensätze des sinfonischen Zyklus in sich vereinigt. Indem Bartök im Schluß rondo thematische Gedanken des ersten Sat zes erneut verarbeitet, spannt sich über das ganze Werk ein für den Komponisten bezeich nender einzigartiger Spannungsbogen. Du bestimmenden Kräfte in dieser Kompositidj sind eine wahrhaft elementare Rhythmik unc musikantische Vitalität, die dem sehr bedeu tenden, substanzreichen Konzert das ganz eigene Gepräge verleihen. Große Sorgfalt hat der Komponist offenbar der geschliffenen for malen Seite gewidmet. Gegenüber dem er sten Klavierkonzert fällt ein größerer Reich tum an orchestralen und klavieristischen Farb werten auf, eine stärkere Einbeziehung diato nischer Elemente im Melodischen und Harmo nischen, Bereiche, die vorher vor allem chro matisch orientiert waren. Kontrapunktischer Gestaltungen bedient sich Bartök besonders im geistvollen, lediglich von Bläsern begleite ten ersten Satz (Allegro). Im Mittelsatz kon trastiert eine erregende Prestoepisode zu den getragenen Streicherklängen, dem Klavierre zitativ mit Pauke des Adagios. Im Finale (Al legro molto) walten wieder entfesselte musi kalische Urkräfte, fasziniert der Gedanken reichtum des großen ungarischen Meisters. Paul Hindemith (1895—1963) gehört neben Arnold Schönberg, Charles Ives, Bell Bartök und Igor Strawinsky zu den führender Komponisten der bürgerlichen Musikkultur im 20. Jh. Sein umfangreiches kompositorisches Schaffen umfaßt nahezu alle Gattungen und Gebiete der Musik: Lied, Kinder- und Schul musik, Kammermusik, sinfonische Musik, Ora torium, Ballett und Oper. Zugleich war Hinde mith Mitglied des Amar-Quartetts, berühmter Solist auf der Bratsche und vor allem in sei nen späten Lebensjahren ein erfahrener Diri gent. Auch als Pädagoge vermittelte er viel fältige Anregungen auf praktischem und theo retischem Gebiet, besonders durch sein Un terrichtswerk „Unterweisung im Tonsatz". In-