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Denn sieh, die Sonn’ am Horizont geht finster auf; und der Mond in der Nacht scheint nicht hell. Ob ihrer Lüge will die Welt ich bestrafen, ob ihrer Sünd’ und ihrer Schuld. Und verfluchen Hochmut und Stolz und die gewalt’ge Tyrannei. Darum will die Him mel ich bewegen, daß die Erde von Grund aus erbebe. Dies ist der Tag, der Tag des Herrn! Der Tag der großen Rache, der Tag des gewaltigen Zorns. Soli und Chor Ewiger Gott, Herr meines Heils, bei Tag, bei Nacht schrei ich zu Dir. Laß mein Gebet erreichen Deine Gnade! Neige Dein Ohr zu meiner Seele Not! Denn mein Herz ist schmerzerfüllt, und ich gehe dahin, mich erwartet der Tod. Du hast geschlagen mich im Zorn. Du hast gelegt mich in den Sarg und mich gestürzt in des Grabes Vernichtung. Fern Deiner Gnad’, ich bitt um Deine Hülf’. Sieh mich an, ich leide, mein Gott. Ach! warum hast Du mich verlassen? g Ist es denn für die Toten, daß Wunder geschehn? Stehn Tote auf zu Deiner Groß, Lob? Spricht man denn im finstern Grab von Deiner Güte, Deiner ewigen Treu im Verderben? Des Nachts erfleh ich Deine Hülf’, und früh am Tag schrei’ ich zu Dir. Warum, o Herr, verstößt Du meine Seele? O sag, warum entfernst Du Dich von mir? Zu Dir schrei’ ich, Gott, und ich warte. Ach, warum verließest Du mich? II. Nacht! Und des Wächters Antwort ertönt: Chor Spendet Trost dem Volke, spricht euer Gott. Und Freude verheißet allenthalben und kündet allen laut, daß die Zeit des Krieges ist erfüllt, und daß nun alle Sünde ist vergeben, daß unser Gott in seiner Macht uns sandt’ die zweifache Straf’ unsrer Schuld. Ein Ruf erschallt: Unserm Gott in der Wüste bereitet einen Weg! Und in der Öde ebnet die Straße für den Einzug uns’res Herrn! Erhebet die Tiefen aller Soli (Bariton, Sopran, Tenor) Aber nicht ewig wird dauern die Finsternis, alle Welt in Todesangst hüllend. Die Völker, die dahingingen im Dunkeln, sehn jetzt ein herrliches Leuchten! Und allen, die da lebten im finstern Reich der Todesangst, wird nun erstrahlen neues Licht! Sieh, wie schön sind auf den Bergen die Schritte des Herolds, der kündet die freudige Botschaft! Der den Frieden uns bringt! Der das Heil uns verheißt! Der also redet: Dein Gott herrschet! Der Freudenschrei deiner Wächter Widerhall Mächtig ertönet ihr Ruf. Denn die herrliche Botschaft tun sie nun kund, daß mi" eigenen Augen sie schauen, wie uns der Herr den Frieden nun bringt. Lasset laut erschallen Freudenklänge, Trümmer, WO' einst die Stadt! Denn unser Gott wird trösten die Völker, und überall auf der leidenden Erde wird auferstehn Frieden und Heil. Tenorsolo und Chor Wächter, sage, was Dir kündet die Der Morgen kommt, und auch die Nacht. Fragt immerfort! Demütigt euch und kommt zurück! Erbarme Dich, mein Gott, und Barmherzigkeit übe! Meine Sünde ist groß. Verzeihe mir, mein Gott! O Herr! Befreie mich von Blutes Schuld! Mach mich rein! Ach! mach mich wieder rein, mach mich weißer als Schnee! O Gott, gib mir die Freude in Deinem Heil! Täler, erniedrigt die Gipfel der hohen Berge, wandelt die Hügel zu einer Ebne, und durch enge Schluchten führt einen Weg! Sodann wird allenthalben die Macht des Ewigen sich kundtun und alles Fleisch wird miteinander es sehn. Und wir hören alsbald sein göttliches Wort. Sagt eine Stimme: Schreie! Ich aber frag: Was soll ich schreien? Alles Fleisch ist wie die Blume und seine Schönheit welkt dahin wie Gras auf dem Feld. Halme brechen, Blumen welken, wenn die Stürme unsres Herrn über sie wehen. Wahrlich das Volk ist wie die Blume und seine Schönheit welkt dahin wie Gras auf dem Feld. Doch in Ewigkeit währet Gottes mächtiges Wort. Soli und Chor Mache dich auf, stehe auf, Volk des Herrn! O Zion, leg an deinen Schmuck! Leg an deine schönsten Kleider! Mache dich auf, erheb dich aus dem Staube! O werfe alle iFesseln von dir! Gottes Hand reichte dir den Kelch seines grimmigen Zornes. Und du leertest bis zum Grunde den Kelch der Unbesonnenheit. Erwache nun! Stehe auf! Uns ist geboren ein Kind, ein Sohn ist uns geschenkt. Und er wird genannt; Wunderbarer, Herr des Rechts, mächt’ger Gott, Ewiger Vater, Friedensfürst der Welt! Erhebt zu Gott der Freude Jubel, ihr Völker aller Welt! Preiset die Ehre uns’res Herrn! Jauchzet und singt zu seinem Lobe! Und wißt, der Ewige ist Gott! Demütig singt die ganze Welt zu seiner Ehr’: Groß ist unser Gott. Denn seine Güte währet immer, seine Treue in Ewigkeit. III. Altsolo Und sieh, dies ist mein Knecht, mein Erkor’ner, der meiner Seele wohlgefällt. Es waltet mein Geist in ihm. Er wird allen Völkern verkünden das Recht. Er wird nicht schreien, er wird die Stimme nicht erheben, auch nicht sie auf den Gassen hören lassen. So zerbricht er auch nicht das zerstoß’ne Rohr und er wird den Docht nicht löschen, der leise noch glimmt. Und er wird verkünden das Recht nach wahr haftigem Gesetz. Er wird erhöht werden, und sehr hoch erhoben sein. Und also wie er den Menschen ein Anblick des Grauens war, so sehr entstellt war sein Ant litz, so sehr die Erscheinung verschieden von jedem Menschensohne, also wird er einst vielen Völkern sein die Quelle ihrer Freude. Und vor ihm verstummt das Wort der Könige: Sie werden sehn, was ihnen bis jetzt noch niemand gezeigt, sie werden hören, was sie vernommen noch nie. Aber wer glaubt unsrer Predigt? Und wem wird der Arm des Herren offenbart? Denn er ist erstanden vor Ihm gleich einer schwachen Pflanze, gleichwie ein Sprößling steigt aus unfruchtbarer Erde; in ihm war keine Schönheit, kein Glanz, unsern Blick zu erfreun, seine Gestalt könnt’ keinem gefallen. Alle Schmach, alle Verachtung galt ihm; zum Leiden aus erkoren und an Schmerzen gewöhnt, war sein Antlitz wie jenes, vor dem alle sich verhüllen; so verachteten wir ihn. Fürwahr, er hat unsre Schmerzen getragen, er lud auf sich all unser Leid; uns aber schien, er sei bestraft von unsrem Herrn, von Gott erniedrigt und geschlagen. Jedoch, er ist verwundet für unsre Sünde, zer schlagen für unsre Schuld. Da er gequält und gehöhnt, gemartert ward, hat er den Mund nicht aufgetan, gleich wie ein sanftes Lamm, das zur Schlachtbank hinge führt wird; gleich wie ein stummes Schaf, geduldig vor seinem Scherer, hat er den Mund nicht aufgetan. Er ward von uns genommen aus Todesangst und Gericht. Aber wer unter uns hat geglaubt, daß verstoßen er ward aus dem Land der Leben digen, und geschlagen für unsre Schuld ?