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6. PHILHARMONISCHES KONZERT Festsaal des Kulturpalastes Dresden Freitag, den 18. Februar 1983, 20.00 Uhr Sonnabend, den 19 Februar 1983, 20.00 Uhr dresdner oNllnaroooniicf Dirigent: Johannes Winkler Solist: Ralf-Carsten Brömsel, Dresden, Violine Jörg Herchet geb. 1943 Komposition 1 für Orchester (l/ll) Uraufführung Niccolö Paganini 1782-1840 Konzert für Violine und Orchester Nr. 1 D-Dur op. 6 Allegro maestoso Adagio espressivo Rondo (Allegro spirituoso) (Zum 200. Geburtstag des Komponisten) Peter Tschaikowski 1840-1893 PAUSE Sinfonie Nr. 2 c-Moll op. 17 Andante sostenuto — Allegro vivo Andantino marziale, quasi moderato Scherzo (Allegro molto vivace) Finale (Moderato assai — Allegro vivo — Presto) Das Konzert wird von Radio DDR, SenderDresden, mitgeschnitten und am 8. März 1983 im Rahmen des „Dresdner Abends" gesendet. RALF-CARSTEN BRÖMSEL, Sohn des Dresdner Philhar monikers Jürgen Brömsel, wurde 1956 geboren. Mit sechs Jahren erhielt er seinen ersten Violinunterricht an der Musikschule „Paul Büttner“ in Dresden. Seit 1965 besuchte er die Spezialschule für Musik „Carl Maria von Weber" und wurde Schüler von Dozent Ingolf Brinkmann. 1974, mit Beginn des Studiums an der Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber" in Dresden, wurde er Mitglied der Meisterklasse von Prof. Gustav Schmahl. Bei nationalen Wettbewerben und Solistentreffen errang er mehrere Preise und eine Goldmedaille. 1973 wurde er 1. Preisträger des Inter- nationalen Instrumentalwettbewerbes in Markneukirchen. Er ist zudem Preisträger des V. Internationalen Bach- Wettbewerbes 1976 in Leipzig. Vom Ministerium für Kul tur bekam er 1975 das Felix-Mendelssohn-Bartholdy-Sti- pendium zuerkannt. Konzerttätigkeit in der DDR. der UdSSR, der Ungarischen VR, der CSSR und der SR Rumänien sowie Rundfunk- und Fernsehaufnahmen machten den jungen Geiger schon frühzeitig bekannt. Seit 1981 ist Ralf-Carsten Brömsel Konzertmeister der Dresdner Philharmonie. ZUR EINFÜHRUNG Jörg Herchet wurde 1943 in Dresden geboren. 1964—1967 studierte er in seiner Heimatstadt Komposition (u. a. bei Manfred Weiss) und Violoncello. 1967—1969 setzte er seine Studien in Berlin fort, wo er Unterricht in Komposition — zu seinen Lehrern zählten Rudolf Wagner-Regeny und Ruth Zechlin — und Chorleitung erhielt. Außerdem belegte er musikwissenschaftliche Vorlesungen bei Georg Knepler. 1970 nahm ihn Paul Dessau als Meisterschüler an der Akademie der Künste der DDR auf. 1974—1981 war er ausschließ lich freischaffend tätig. 1981 nahm er einen Lehrauftrag für Tonsatz an der Dresdner Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber" an und wurde 1982 Gastdozent für Komposi tion und Analyse an der Kirchenmusikschule Halle. Auf mehrere seiner 20 bisher vorliegenden Kompositionen hat die Dresdner Philharmonie mit erfolgreichen, viel beachteten Urauffüh rungen hingewiesen. So erklangen im Rah men der Landhaus-Konzerte erstmals verschie dene kammermusikalische Werke und im 3. Philharmonischen Konzert 1976 die Komposi tion für Flöte und Orchester mit Eckart Haupt als Solisten, die mit denselben Interpreten un ter Leitung von Johannes Winkler auch als Schallplatte vorliegt. Jörg Herchet hat seine „Komposition 1 für Orchester (l/ll). Paul Dessau in Verehrung und Dankbarkeit" zwischen Novem ber 1981 und August 1982 für die Dresdner Philharmonie und Johannes Winkler geschrie ben. Das reichlich 35minütige, wuchtig ausla dende Stück besteht aus zwei sich ergänzen den Sätzen gegensätzlichen Charakters. Der Komponist sagt dazu: „Im ersten Satz verbreitert sich der melodi sche Fluß zu einem Cluster, mündet dann aber in einen zwölftönigen Akkord. Ihm folgen weitere statische Akkordblöcke, deren Tonzahl sich nach und nach vermindert, so daß die Akkordstrukturen immer deutlicher vernehmlich werden. Ein viertöniger Akkord wird vom Blech laut ins Orchester geworfen und von ihm derart aufgenommen, daß die vier Töne in allen Oktaven erklingen. Auf der Höhe des Satzes schließlich spielen die Fagotte im zar testen Pianissimo einen dreitönigen Akkord. Er wird durch seine spiegelbildliche Entspre chung in den Oboen ergänzt, während die Violinen die übrigen sechs Töne der Zwölf tonskala zu einem dichten Cluster vereinen. (So waltet zwischen dem Chaos des Clusters und dem durchsichtigen Akkordbau eine in nige Entsprechung.) Das hier erstmals ertö nende Tamtam markiert diese Stelle als Kul minationspunkt des ersten Satzes. Das Orche ster indessen entrinnt vorerst der strengen Strukturierung, fällt aber doch alsbald in die aus der ersten Satzhälfte bekannte Akkordfol ge, die freilich Jetzt in Dauer und Lautstärke streng seriell geordnet ist. Nur ein kraftvolles Paukensolo trägt den melodischen Strom über die unbeweglichen Akkorde hinweg in den Schluß, in dessen letzten Takten das reine Intervall der Oktave aufstrahlt: Es öffnet die Starrheit des Endes auf den zweiten Satz hin. | Dieser besitzt, anders als der erste, ein deutliche architektonische Gliederung: Er baut sich aus fünf Teilen auf. Der erste, gleichsam einleitende Teil nimmt den melodischen Schwung des ersten Satzes auf. Aus dem Wellenbogen fallen achttönige Akkorde (sie bestehen aus dem viertönigen Akkord des er sten Satzes und seiner Umkehrung auf ver schiedenen Tonstufen). Nach einer General pause beginnt der zweite Teil, der die im Schlußabschnitt des ersten Satzes sich ankün digende serielle Ordnung nunmeh als über greifendes Gliederungsprinzip geltend macht. Ihr gehorchen nämlich sowohl die melodischen Gestalten, die aus dem Zerfall der aus dem ersten Satz stammenden Akkorde aufblühen, als auch die mit den Bläsern abwechselnden Schlagzeuggruppen. Die Streicher entwickeln unterdessen den viertönigen Akkord. Ein schwe rer Beckenschlag eröffnet den dritten Teil, den jetzt ebenjener viertönige Akkord beherrscht. Er erklingt zusammen mit seiner Spiegelung, mit der er im Zentralton b zusammentrifft. Während dieser Zentralton von den Hörnern festgehalten wird, schwingen sich sechs Solo streicher von den übrigen Akkordtönen hin ztf diesem Zentralton, der dann vom ganze^ Orchester in alle Oktaven gehoben wird. Nun führen die Soloinstrumente zurück zum Ausgangsakkord und seiner Spiegelung, wel-