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5. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Festsaal des Kulturpalastes Dresden Freitag, den 14. Januar 1983, 20.00 Uhr Sonnabend, den 15. Januar 1983, 20.00 Uhr öresoner olnilhsrnnoniie» Dirigent: Takashi Asahina, Japan Solist: Peter Rösel, Dresden, Klavier Peter Tschaikowski 1840-1893 Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 b-Moll op. 23 Allegro non troppo e molto maestoso Andantino simplice Allegro con fuoco PAUSE Sinfonie Nr. 5 e-Moll op. 64 " Andante — Allegro con anima Andante cantabile con alcuna licenza Valse (Allegro moderato) Finale (Andante maestoso — Allegro vivace) TAKASHI ASAHINA, der 1908 in Osaka geborene ja panische Dirigent, ausgebildet durch die Professoren Emanuel Metter und Leonid Kreutzer und nachdrück lich geprägt auch durch seine Begegnung mit Felix von Weingartner, war 194247 Dirigent des Rundfunk-Sin fonieorchesters Osaka. Danach übernahm er die Lei tung des von ihm gegründeten Kansai-Sinfonieorche- sters in Osaka, wurde gleichzeitig als Direktor und Professor an die Musikakademie der Stadt berufen und zum Präsidenten der Internationalen Musikfestspiele von Osaka gewählt. 1952 folgte seine Ernennung auch zum Musikalischen Leiter der Kansai-Oper. Seit 1956 führten ihn seine Konzertreisen häufig nach Europa, wo er immer wieder Gast der führenden Orchester ist. Im Februar 1962 gastierte er erstmalig in der DDR und — wie auch 1965 ein weiteres Mal als gefeier- astdirigent zur Dresdner Philharmonie. PETER RÖSEL wurde 1945 in Dresden geboren. Sein Klavierstudium an der Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber" in Dresden bei Ingeborg Finke- Siegmund beendete er 1963 und setzte es von 1964 bis 1969 am Moskauer Konservatorium fort. Dort waren seine Lehrer die Professoren Dmitri Baschkirow und Lew Oborin. Bei mehreren international hoch dotierten Wettbewerben war Peter Rösel unter den ersten Preisträgern, so 1963 beim III. Internationalen Schu mann-Wettbewerb in Zwickau, 1966 beim III. Interna tionalen Tschaikowski-Wettbewerb in Moskau und beim IV. Internationalen Musikwettbewerb in Montreal 1968. Der Künstler, der bereits zahlreiche Rundfunk-, Fern seh- und Schallplattenaufnahmen produzierte, kon zertiert seit Beendigung seines Studiums mit außeror dentlichem Erfolg in vielen Ländern Europas, Asiens und in Nordamerika. Bei der Dresdner Philharmonie ist er seit 1968 ständiger Gast. Er zählt heute nicht nur zu den erfolgreichsten Künstlern der DDR, sondern auch zu den Besten seines Faches im europäischen Maßstab. 1972 erhielt Peter Rösel den Kunstpreis der DDR, und 1978 wurden seine hervorragenden künstle rischen Leistungen mit dem Nationalpreis der DDR gewürdigt. Seit 1976 ist er Solist des Gewandhausor chesters Leipzig. ZUR EINFÜHRUNG „Die Arbeit geht sehr langsam vorwärts und will mir nicht gelingen", heißt es in einem Brief Peter Tschaikowskis an seinen Bruder Anatol während der Komposition des Klavierkonzerts Nr. 1 b-Moll op. 2 3. „Grundsätzlich tue ich mir Gewalt an und zwinge meinen Kopf, allerlei Klavierpassagen auszutüfteln." Diese Zeilen zeugen von der unerbittlichen Selbstkritik, die der Meister im mer von neuem an sich übte, von seiner schöp ferischen Unzufriedenheit, die es ihm stets schwer machte, an seine künstlerische Leistung zu glauben. Aber auch der berühmte russische Pianist Nikolai Rubinstein, Direktor des Mos kauer Konservatoriums, dem Tschaikowski das Werk ursprünglich widmen wollte und von dem er technische Ratschläge für die Gestal tung des Soloparts erbeten hatte, lehnte es mit vernichtenden Worten als völlig unspielbar und schlecht ab, was sich der Komponist sehr zu Herzen nahm. Und doch sollte gerade das 1875 beendete b-Moll-Konzert eine der aller bekanntesten und beliebtesten Schöpfungen Tschaikowskis werden. Der Komponist widmete es nach der Ablehnung Rubinsteins dem deut schen Dirigenten und Pianisten Hans von Bülow, einem großen Verehrer seiner Musik. „Ich bin stolz auf die Ehre, die Sie mir mit der Widmung dieses herrlichen Kunstwerkes erwie sen haben, das hinreißend in jeder Hinsicht ist", schrieb Bülow, der das Konzert bei der Uraufführung am 25. Oktober 1875 in Boston spielte und es in Amerika und Europa zu größten Erfolgen führte. „Die Ideen sind so originell so edel, so kraftvoll, die Details, welche trotz ihrer großen Menge der Klarheit und Einigkeit des Ganzen durchaus nicht schaden, so interessant. Die Form ist so voll endet, so reif, so stilvoll — in dem Sinne näm lich, daß sich Absicht und Ausführung überall decken." Seitdem ist der große Erfolg diesem an das Erbe Schumanns und Liszts anknüpfen den wie auch Elemente der russischen Volks musik aufgreifenden und doch ganz persön lich geprägten Werk stets treu geblieben. Ein gängige, sinnenfreudige Melodik und origi nelle Rhythmik, aufrüttelndes, lebensbejahen des Pathos und musikantischer Schwung, stili stische Eleganz und virtuose Brillanz sind die Eigenschaften, die es zu einem Lieblingsstück sowohl des Publikums als auch der Pianisten aller Länder werden ließen. Mit einer außerordentlich schwungvollen, selb ständigen Einleitung beginnt das Werk, das von Hörnerfanfaren eröffnet wird. Eine durch Violinen und Violoncello vorgetragene, schwel gerische Melodie wird vom Soloinstrument zu nächst mit rauschenden Akkorden begleitet, dann von ihm aufgenommen und ausge schmückt und schließlich nochmals original in den Streichern gebracht. Das Hauptthema des folgenden Allegro con spirito ist einem ukrai nischen Volkslied nachgebildet, das der Kom ponist von blinden Bettelmusikanten auf dem Jahrmarkt in Kamenka bei Kiew gehört hatte. Ihm steht ein innig-gefühlvolles Seitenthema kontrastierend gegenüber. Ein buntes, glanz volles Wechselspiel zwischen Solopart und Or» ehester mit mehreren virtuosen Höhepunkte* kennzeichnet den Verlauf der hauptsächlich von Motiven des zweiten Themas getragenen Durchführung des Satzes. Lyrisch-kantabel ist der Anfangsteil des in Liedform aufgebauten zweiten Satzes: Von Violinen, Bratschen und Celli zart begleitet, bläst die Flöte eine sanfte, anmutige Melodie. In dem lebhafteren, scherzoähnlichen mittle ren Teil fand ein modisches französisches Chanson „II faut s'amuser, danser et rire" (Man muß sich freuen, tanzen und lachen) Eingang. Der Schlußteil führt dann wieder in die verträumt-idyllische Anfangsstimmung zu rück. Von sprühendem Temperament, kraftvoll-tän zerischer Rhythmik ist das stark durch ukraini sche Volksmusik inspirierte Finale, ein Rondo, erfüllt. Neben dem feurigen, fröhlichen Haupt thema, dessen Melodie einem ukrainischen Frühlingslied entstammt und das zu wilder Ausgelassenheit gesteigert wird, gewinnt im Verlaufe des Satzes auch das gesangliche, ausdrucksvolle zweite Thema Bedeutung. Ein hymnisch-jubelnder, wirkungsvoller Schluß be endet das Werk. über das sinfonische Schaffen Tschaikowski? äußerte Dmitri Schostakowitsch einmal: „Tschaikowski fügt zur philosophischen Verin nerlichung in der sinfonischen Musik Beetho vens jene leidenschaftliche lyrische Aussage der verborgensten menschlichen Gefühle, die die Sinfonie, dieses komplizierteste Formge bilde der Musik, der breiten Masse des Volkes zugänglich macht und nahebringt." Und tat sächlich haben gerade die Sinfonien Tschai kowskis — ganz besonders seine 5. und 6. Sin fonie, die Gipfelwerke der Sinfonik überhaupt darstellen — eine Popularität wie wenige an dere Werke dieser Gattung erreicht und ent-