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3. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Sonnabend, den 25. Dezember 1982, 20.00 Uhr Festsaal des Kulturpalastes Dresden Sonntag, den 26. Dezember 1982, 20.00 Uhr oNIhairnooniiefc Dirigent: Christian Ehwald, Jena Solist: Burkhard Glaetzner, Leipzig, Oboe Chor: Philharmonischer Kinderchor Dresden Einstudierung und Leitung Wolfgang Berger Carl Philipp Emanuel Bach 1744-1788 Konzert für Oboe, Streicher und Basso continuo Es-Dur Allegro Adagio ma non troppo — Allegro ma non troppo Benjamin Britten 1913-1976 Johann Nepomuk Hummel 1778-1837 A Ceremcny of Carols (Weihnachtslieder- Zyklus) für dreistimmigen Kinderchor und Harfe op. 28 (1942) (Texte aus dem 14. bis 16. Jahrhundert von James John und Robert Wedderburn, Robert Southwell, William Cornish und Anonyma) Einzug — Willkumm, Jul! — Es ist kein Ros — Wann hub dies Kindlein — Bubaideli — Wie Tau im April — Der kleine Knabe — Zwischen spiel (Harfe) — In kalter Wintersnacht — Frul’M lings-Chor — Adam lag gebunden — Abgangl Harfe: Barbe Barthel Introduktion, Thema und Variationen für Oboe und Orchester op. 102 PAUSE Wolfgang Amadeus Mozart 1756-1791 Sinfonie C-Dur KV 551 (Jupiter-Sinfonie) Allegro vivace Andante cantabile Menuett (Allegretto) Finale (Allegro molto) BURKHARD GLAETZNER wurde 1943 in Posen geboren. Die erste musikalische Ausbildung erhielt er 1958—1962 an der Musikschule der Stadt Berlin. 1962—1965 studierte er an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler" in Berlin (sein Lehrer im Fach Oboe war Prof. Hans Werner Wät- zig) und hatte 1965 66 eine Aspirantur an diesem Institut inne. Von 1966 bis 1982 war er Solo-Oboist am Leipziger Ru^^Änk-Sinfonieorchester und ist seitdem als Professor c Leipziger Musikhochschule „Felix Mendelssohn BarW^Ly" tätig. Bei internationalen Musikwettbewerben errang er Preise und Diplome (1968 Genf, 1968 Prag, 1970 Budapest, 1971 Kritikerpreis der III. Musikbiennale Berlin). Er ist Mitglied des Trios „Aulos" sowie der Gruppe Neue Musik „Hanns Eisler“ und absolvierte zahl reiche Rundfunk-, Fernseh- und Schallplattenproduktio nen. Erfolgreiche Gastspiele als Solist führten ihn u. a. 1973 zum „Warschauer Herbst", in viele Städte der DDR, in die UdSSR, CSSR, VR Polen, VR Bulgarien, BRD, nach Frankreich, Kuba und Südamerika. CHRISTIAN EHWALD, seit 1981 Chefdirigent der Jenaer Philharmonie, außerdem Leiter des FDJ-Sinfonieorche- sters der Musikhochschulen der DDR, wurde 1953 in Eberswalde geboren. Sechsjährig erhielt er in seiner Heimatstadt von Paul Zerna den ersten Klavierunterricht; Grete Herwig betreute sodann seit 1969 seine systema tische Ausbildung im Fach Klavier. Von 1973 bis 1978 studierte er an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler" in Berlin Dirigieren bei Prof. Horst Förster und absol vierte danach ein zweijähriges Zusatzstudium bei Prof. Arvid Jansons in Leningrad. 1979 gewann er den 3. Preis des Internationalen Herbert-von-karajan-Dirigentenwett- bewerbes in Westberlin. Das Ministerium für Kultur sprach ihm 1980/81 das Mendelssohn-Stipendium zu. Gastspiele führten ihn zu verschiedenen Klangkörpern der DDR, u. a. zum Berliner Sinfonieorchester und zum Gewandhausorchester Leipzig, aber auch bereits in das Ausland (z. B. zur Philharmonie Wroclaw). ZUR EINFÜHRUNG Carl Philipp Emanuel Bach — der zweitälteste und insgesamt wohl bedeutendste Sohn Johann Sebastian Bachs — ist nach seinen Wirkungsstätten unter dem Namen eines „Ber liner" oder „Hamburger" Bach in die Musik geschichte eingegangen. 24jährig wurde er Kammercembalist Friedrich II. von Preußen, in dessen Dienst er fast 30 Jahre lang tätig war. Da das Leben unter dem strengen Dienstzwang des Berliner Hofes ihn auf die Dauer immer weniger befriedigte, bemühte er sich verschie dentlich um eine andere Stellung. Doch erst 1768 gelang ihm der Wechsel: Er übernahm das Amt seines Patenonkels Georg Philipp Telemann als Stadtkirchenmusikdirektor und Kantor in Hamburg, das durch dessen Tod frei geworden war. Als einflußreiche, hochgeachtete Persönlichkeit wirkte er hier bis zu seinem Tode im Jahre 1788. Sein Ruhm als fortschrittlicher Komponist und Klavierpädagoge war unter seinen Zeitgenossen so groß, daß daneben das Andenken an seinen genialen Vater verblaßte. Carl Philipp Emanuel Bach, aus dessen Feder u. a. zahlreiche Konzerte für Cembalo und an dere Instrumente, Sinfonien und Sonaten, Lie der und geistliche Werke vorliegen, muß als einer der wichtigsten Mittler zwischen Spät barock, Empfindsamkeit und Klassik ange sehen werden. Seine musikalische Sprache be sitzt bereits jenen neuen Subjektivismus des Ausdrucks, der so kennzeichnend und entschei dend für den neuen Kompositionsstil war. Von den Wiener Klassikern, deren Schaffen er stark beeinflußte, wurde er als „Vater" bezeichnet. Wie alle Konzerte C. Ph. E. Bachs für Oboe, Flöte und Violoncello ist auch das 1765 in Ber lin komponierte Konzert für Oboe, Streicher und Basso continuo Es-Dur als Klavierkonzert überliefert; wahr scheinlich ist jedoch die Oboenfassung dieses Werkes zuerst entstanden, vermutlich auf An regung des Berliner Oboisten Carl Ludewig Matthes, Kammermusikus des Markgrafen Heinrich, der 1769 als Mitarbeiter des von C. Ph. E. Bach redigierten Musikjournals „Mu sikalisches Vielerley" tätig war. In der Oboen literatur des 18. Jahrhunderts kommt diesem Konzert voller Ausdruckskraft und Empfindungs tiefe (mehr noch als dem in B-Dur), worauf Hermann Töttcher hingewiesen hat, besondere Bedeutung zu: Der in der Solostimme vorwie gend konzentrierte und herrschende „fluktuie rende Ausdruck" (Johann Georg Sulzer, Allge meine Theorie der Schönen Künste, 1771/74 erweitert den bis dahin gültigen Begriff de Affettuosen zu einer echten Sprache des Her zens, der Leidenschaften und des Ergriffensein: „indem ein Musickus nicht anders rühren kan er sey dann selbst gerührt". Benjamin Britten, der 1976 verstör bene bedeutendste zeitgenössische Komponis Englands, gilt zu Recht als Erneuerer des eng lischen Liedes, führte er doch in seinen meister liehen vokalen Werken die traditionelle eng lische Partnerschaft von Ton- und Dichtkunst ci breiter Basis fort. Bereits in seinen früh" Schöpfungen beeindruckt aufs stärkste, wie siel seine kompositorische Erfindung der mensch liehen Stimme verbindet und wie alle musika lischen Formen sich dem fügen. Zu den Werken die ihm seine Stellung als Meister des eng lischen Liedes eintrugen, gehört der im Alte von 29 Jahren, Anfang 1942 geschaffene Chor zyklus „A Ceremony of Carols' op. 28, der am 5. Dezember 1942 in Nor wich Castle vom Fleet Street Chor unter Lei tung von T. B. Lawrence uraufgeführt wurde Dem Zyklus liegen weihnachtliche Texte au: anonymen mittelalterlichen englischen Liedern und auch einige Gedichte namentlich bekann ter Autoren zugrunde, die in unserer Auffüh rung in einer deutschen Übersetzung von Her bert E. Herlitschka erklingen, die versucht, den ganz eigenen, altertümlichen Sprachstil der Texte entsprechend ihrer Entstehungszeit wie derzugeben. Die für dreistimmigen Chor (mit eingestreuten Solopassagen) und Harfen begleitung komponierten Gesänge, eingerahmt von einem Eingangs- und einem Schlußgesang, mit einem Harfensolo als Zwischenspiel am Schluß des zweiten Drittels der Liederfolge ven sehen, sind wirkungsvoll aufeinander urfl gegeneinander abgestimmt. Beeindruckend ist die ökonomische Schreibweise Brittens. Den stilistischen Reiz des Zyklus macht die originelle Verbindung von liturgisch-mittelalterlichen Ele menten mit einem frischen englischen Volks liedton aus. „Wäre Beethoven 25 Jahre später geboren worden, so hätte er Hummel unbestritten den Ruhm lassen müssen, der erste Instrumental komponist seiner Epoche zu sein". So schrieb der berühmte Musikgelehrte F. J. Fetis (1784 bis 1871) über Johann Nepomuk Hummel, und sein Biograf Karl Benyovsky