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1. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Festsaal des Kulturpalastes Dresden Dienstag, den 19. Oktober 1982, 20.00 Uhr Mittwoch, den 20. Oktober 1982, 20.00 Uhr Dirigent: Johannes Winkler Solist: Andrej Korsakow, Sowjetunion, Violine Gottfried von Einem geb. 1918 Wiener Symphonie op. 49 Allegro ma non troppo Im Tempo eines Geschwindmarsches Adagio Allegro Zum 65. Geburtstag des Komponisten Erstaufführung Igor Strawinsky 1882-1971 Konzert für Violine und Orchester D-Dur Toccata Aria I Aria II Capriccio Zum 100. Geburtstag des Komponisten PAUSE Robert Schumann 1810-1856 Sinfonie Nr. 4 d-Moll op. 120 Ziemlich langsam — Lebhaft / Romanze (Ziemlich langsam) / Scherzo (Lebhaft) / Langsam — Lebhaft ANDREJ KORSAKOW, im Jahre 1946 geboren, ent- stammt einer Musikerfamilie und erhielt schon seit 1952 Unterricht an der Zentralen Musikschule des Moskauer Konservatoriums. 1964—1969 studierte er am Moskauer Konservatorium als Schüler Leonid Kogans und vervollkommnete bis 1971 sein Studium als Aspi rant Kogans, der seinen Schüler als „ungewöhnliches Geigertalent", als einen „souveränen Instrumentali sten" bezeichnete. Andrej Korsakow ist Preisträger zahlreicher internationaler Wettbewerbe (Paganini- Wettbewerb Genua 1965, Geigerwettbewerb Montreal 1966, Marguerite-Long-Jaques-Thibaud-Wettbewerb Pa ris 1967, Tschaikowski-Wettbewerb Moskau 1970, Köni gin-Elisabeth-Wettbewerb Brüssel 1971). Er konzer tierte bisher in vielen Großstädten der UdSSR und unternahm Tourneen u. a. nach Belgien, Österreich, in die VR Polen, die SFR Jugoslawien, CSSR, SR Ru mänien, DDR, nach Holland, Luxemburg, Italien, Finnland, Norwegen, Island, in die Syrische AR, den Libanon, nach Zypern, Kanada. Mit den Dresdner Philharmonikern musiziert er bereits zum fünften Mal. ZUR EINFÜHRUNG „Ich möchte mit meiner Musik zum Denken, zum Empfinden anregen. Ich suche in der Schönheit Wahrheit und wäre froh, wenn mei ne Musik heilend wirkte." So äußerte sich der österreichische Komponist Gottfried von Einem, dessen 65. Geburtstag am 24. Ja nuar 1983 wir mit der Aufführung seiner Wie ner Symphonie würdigen wollen. 1918 in Bern geboren, hat sich Gottfried von Einem nach profunder Schulbildung und mu sikpraktischer Tätigkeit als Korrepetitor an der Berliner Staatsoper dem Kompositions studium gewidmet — zunächst 1941 in Berlin bei Boris Blacher, mit dem ihn eine lebens lange Freundschaft verband, danach bei Jo hann Nepomuk David in Österreich, wo er seit 1944 lebt. 1963—1972 lehrte Gottfried von Einem an der Wiener Musikakademie. Dane ben übernahm er für fünf Jahre das Amt des Präsidenten der Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger. 6 Opern, 6 Ballette, Konzert-, Kammer- und Chormusik — insgesamt über 60 Werke sind bisher die Frucht seines künstlerischen Schaffens. Die Dresdner Philharmonie hatte 1946 sein Opus 2, ein Capriccio für Orchester, im Programm und hat 1971 mit Ruggiero Ricci das Violinkonzert op. 33 zur DDR-Erstaufführung gebracht. Heute erklingt die Wiener Symphonie op. 49 aus dem Jahre 1976 zum ersten Mal in Dresden. Formal meist den Traditionen der klassisch romantischen Musik folgend, belebt von Einem sein Werk durch musikantischen Schwung, rhythmische Vielfalt und interessante Harmonik. In seinen Orchester und Kammer musikwerken werden die einzelnen Instrumen te oft solistisch eingesetzt. Dadurch wird dem Zuhörer das Verfolgen der Strukturen zusätz lich erleichtert. In den Stilmerkmalen zeigt sich auch in die sem Werk eine häufig blockhafte Instrumen tierung, eine deutliche Affinität zur Sinfonik Anton Bruckners. Im ersten Satz klingt nach zwei eröffnenden Fortissimoschlägen des Or chesters in den Violoncelli das Kopfmotiv des Hauptthemas leise an. Deutlich charakterisiert erscheint es durch den abwärtsführenden Halbtonschritt und die sprunghaft absteigende Trioienbewegung, die in ihrer Gestik an Brucknersche Vorbilder gemahnt. Von diesem Material ausgehend, wird das Geschehen gesteigert und führt zu einer Reihe weiterer Motive, die im Verein mit dem Hauptmaterial dramatische Entwicklungen initiieren. Eine kantable Melodie sorgt für retardierende Momente, doch dann drängen die Motive des Beginns vehement weiter und lassen schließ lich den Hauptsatz in geballter Wucht des ganzen Orchesters erklingen. Gleichsam eine Scherzostelle nimmt der zweite Satz ein. „Im Tempo eines Geschwindmarsches'' intonieren nach einleitenden Trompetenfan faren Streicher und Fagott den teils humori stisch, teils grotesk wirkenden Hauptgedanken. Trioartig erklingt dann zunächst in den Holz bläsern, dann in den Streichern eine wiegende Melodie im 3 / 4 -Takt, die zu expressiven FoÄ spinnungen führt und so einen deutlichen Kontrast zum Hauptteil bildet. Im wieder an hebenden Scherzo fungiert diese 3 / 4 -Melodie nun triolisch umgedeutet als kantabler Kontra punkt. Eine breite Melodie der Trompete — vier Zwei taktgebilde mit jeweils markantem Abschluß stellt den Hauptgedanken des dritten Satzes vor. Dieser wird von den ersten Violinen vari iert übernommen und führt zu kantabler, ver klingender Fortspinnung. Die akkordische Be gleitung des Themas weiß dies in seinem Charakter deutlich zu bestärken. Als zweites Element folgt nun eine durchaus expressive Linie der Klarinette, von einer zweiten Klari nette und Fagott trioartig exponiert. Auch hier ergeben sich mannigfaltige Fortführun gen, die durch diverse Instrumentalblöcke führen. Auch der Seitengedanke, den die erste Violine ins Spiel bringt, erhält ähnliche Ausgestaltung, wobei nun die Holzbläser die Umspielungsmotive bringen. Das Geschehen beruhigt sich, noch einmal erklingt der erste Teil, drängt zu einem letzten Höhepunkt, ehe die Bewegung verebbt und in den Höhen lagen der Streicher verklingt. Im vierten Satz erhebt sich einleitend a^ den Primgeigen eine aufsteigende Stakkato- Linie, deren Bewegung tänzerischen Schwung atmet. Die Fortführungen verdichten sich zu breitem Gesang, der aber stets von markan ten Schlägen, die aus dem Anfangsaufstieg gebildet sind, begleitet wird. Im weiteren Verlauf erscheint noch ein tänzerisches, mit einem Abschlußtriller versehenes Motiv, das mit drängenden Weiterführungen die Exposi tion abrundet. Der nächste Abschnitt verar beitet den Einleitungsgedanken. Es folgen Variationen des Seitensatzes, die die verschie denen Instrumentalblöcke durchwandern. Dann sorgt das in Holz- und Blechbläsern mit