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voller Kraft verarbeitete Hauptthema für eine neuerliche Zäsur. Eine kunstvolle Verarbeitung der Schlußgruppe folgt und bildet den Auf takt zur Coda die aus dem Einleitungsgedan ken zu wuchtigem Orchesterklang findet und den Satz zu brillant gesteigertem Abschluß bringt. Igor Strawinskys Violinkonzert D - Dur entstand 1931 und wurde am 23. Ok tober des gleichen Jahres in Berlin unter Lei tung des Komponisten mit Samuel Dushkin als feolisten uraufgeführt. Als eines der großen Bblinkonzerte unseres Jahrhunderts steht es in einer Reihe mit denen von Prokofjew, Berg, Schönberg und Bartök, die ebenfalls im glei chen Jahrzehnt entstanden. Strawinsky zögerte zunächst, ein Konzert für die Geige zu schrei ben. Als Komponist kannte er zwar die tech nischen Möglichkeiten des Instruments, spielte es aber selbst nicht. Hindemith, der ein aus gezeichneter Geiger war, ermutigte ihn zu der Komposition. Bei der endgültigen Ausarbeitung des Soloparts zog Strawinsky den Solisten der Uraufführung zu Rate. Er ließ sich auch in die sem Werk von der Musik des 17. und 18. Jahr hunderts anregen. Sowohl die Satzbezeichnun gen Toccata, Aria I und II und Capriccio als auch Thematik und Motivik, ja sogar die Mu sizierhaltung weisen auf diese Zeit, allein die „Machart" kennzeichnet das Werk als echten Strawinsky. Am Anfang aller vier Sätze und innerhalb des dritten Satzes begegnen in verschiedenen Mo difikationen vier weitgespannte Akkorde; sie stehen stellvertretend für eine Intrada. Der er ste Satz (Toccata) schreitet nach den eröff nenden Akkorden zügig voran. Das Orchester beginnt mit einer Variante des Hauptthemas, kn den Trompeten im Terzabstand gespielt. Bas Hauptthema geht auf jenes gefällige Dop pelschlagmotiv zurück, mit dem Boccherini sein bekanntes Menuett-Thema eröffnet .Das an schließende Seitenthema erschließt den Ton raum nach der Höhe. Es wurde aus dem C-Dur-Dreiklang entwickelt. Im Mittelteil do miniert im Orchester über weite Strecken eine kantable, rhythmisch punktierte Linie. Es schließt sich eine Reprise an, die den ersten Teil des Satzes variiert. Die notengetreue Wiederholung der Intrada eröffnet auch den zweiten Satz (Aria I). In mäßigem Tempo trägt sofort die Solo-Violine, assistiert von den Violoncelli das Thema, eine weitgespannte Kantilene, vor. Dieser Satz ist Bach sehr verpflichtet; fast durchweg kammer musikalisch durchsichtig instrumentiert, ist er wie der dritte Satz (Aria II) melodiös und wohlklingend. Der abschließende vierte Satz (Capriccio), in freier Rondoform geschrieben, steigert die mu- sikantische Haltung der Toccata durch sehr schnelles Zeitmaß, ausgeprägte Motorik und schnelles Laufwerk. Strawinskys Vorliebe für metrische Verschränkungen und markante rhythmische Gestaltung läßt den Satz zu einem überzeugenden Finale werden, dessen Ansprüche an den Solisten enorm sind, obwohl der Höreindruck das nicht vermuten läßt. Robert Schumanns 4. Sinfonie in d-Moll o p. 120 ist sein sinfonisches Hauptwerk. Sie entstand in seiner glücklich sten Zeit, im „Sinfoniejahr" 1841, kurz nach der „Frühlingssinfonie". Ungeachtet ihres großen Reichtums an lyrischen Gedanken fand sie bei der Uraufführung am 6. Dezem ber 1841 im Leipziger Gewandhaus unter dem Konzertmeister David nicht den verdienten Erfolg. Doch der Komponist war von dem Wert seiner Schöpfung durchaus überzeugt, schrieb er doch 1842: „. . . ich weiß, die Stücke stehen gegen die erste (Sinfonie) keineswegs zurück und werden sich früher oder später in ihrer Weise auch glänzend machen". Zehn Jahre später nahm er die Partitur noch einmal vor. Kurz vor der Uraufführung der zweiten Fassung am 3. März 1853 in Düsseldorf schrieb Schumann dem holländischen Dirigen ten: „Ich habe die Sinfonie übrigens ganz neu instrumentiert, und freilich besser und wir kungsvoller, als sie früher war." Das Werk wird im chronologischen Verzeichnis als 4. Sin fonie gezählt. Die Grundstimmung ist ernster, gedankenschwerer als die der „Frühlingssin fonie", doch gewährt das fast Beethovensche Pathos einiger Abschnitte auch idyllisch-humo rigen Partien Raum. Inhaltlich spiegelt sie Schumanns Kampf gegen alles Philisterhaft- Hohle in der Kunst wie im Leben seiner Zeit wider. Dem Untertitel „Introduktion, Allegro, Romanze, Scherzo und Finale in einem Satz" entsprechend sind die vier Teile des Werkes ohne Pausen miteinander verbunden — typi scher Ausdruck der Neigung der Romantiker zur Verwischung und Auflösung der klassischer Sonatenform. Die einzelnen Sätze sind nicht nur äußerlich, sondern auch ideell-thematisch eng miteinander verknüpft, wodurch das Gan ze den Charakter einer sinfonischen Fantasie erhält und eine Vorstufe zur sinfonischen Dich tung, wie sie später üblich werden sollte, bil det. Dunkle, ernste Kampfstimmung waltet in der langsamen Einleitung des ersten Satzes. Eine auf- und absteigende Achtelfigur wird aus drucksmäßig ausgeschöpft. Stürmisch, in er regten Sechzehnteln setzt das Hauptthema des lebhaften Hauptteiles ein. Es bestimmt mit seinem drängenden Charakter eigentlich das ganze musikalische Geschehen des Satzes, erst in der Durchführung gesellen sich ihm neue Gedanken hinzu, in den Posaunen, in den Holzbläsern (ein Marschmotiv), in den ersten Violinen (eine zarte Melodie, welche die Bedeu tung des zweiten Themas erhält). Wie die Ge danken wechseln die Stimmungen. Doch der Schwung des Ganzen führt zu einem jubelnd hymnischen Ausklang. Nach einem unerwar teten, schroffen d-Moll-Akkord wird man von einem volksliedhaften Thema der Solo-Oboe und Violoncelli in die schwermütige Welt des zweiten Satzes, einer Romanze in a-Moll, ein geführt. Dieser klagenden Weise folgt unmit telbar in den Streichern die Achtelfigur der langsamen Einleitung, aus der vom Komponi sten der etwas tröstlichere Mittelteil der Ro manze entwickelt wird. Der klanglich fein ausgewogene Satz schließt wieder in der An fangsstimmung. Energisch-freudig hebt das Scherzo an, ja so gar der Humor stellt sich ein. Aber die straffe Haltung entspannt sich im Trio mehr und mehr und geht fast ins Träumerische über. Beim zweiten Erscheinen des Trios löst sich das Thema förmlich auf, wodurch ein Übergang zur langsamen Einleitung des Schlußsatzes ge schaffen wird. Hier erklingt zunächst das Kopf motiv des Hauptthemas aus dem ersten Satz, das den Hörer in die düstere Anfangsstim- rnung zurückversetzt. Jedoch schlagartig bricht strahlender D-Dur-Jubel mit dem Allegroteil herein. Das vor Kraft, Optimismus und Leben^ lust überschäumende Hauptthema, des^B siegesgewisse Impulse vom Seitenthema tergetragen werden, vermag sich gegen dü stere Gedanken durchzusetzen. In der Durch führung kommt es zu einem Fugato über das Hauptthema, grell-dramatische Einwürfe er zeugen vorübergehende Ungewißheit. Doch der glückliche Ausgang ist eigentlich schon entschieden. Im hinreißenden Presto bricht heller, eindeutiger Jubel aus, herrscht unge brochene Freude über den endlich errungenen Sieg über die Philister. VORANKÜNDIGUNG: Sonnabend, den 27. November 1982, 20.00 Uhr (FreiverPj^U Sonntag, den 28. November 1982, 20.00 Uhr (AK iQp Festsaal des Kulturpalastes Dresden 2. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Waleri Gergijew, Sowjetunion Solistin: Yaeko Yamane, Japan, Klavier Werke von Mozart und Bruckner Programmblätter der Dresdner Philharmonie Redaktion: Dipl.-Phil. Sabine Grosse. Druck: GGV, Prod.-Stätte Pirna 111-25-12 ItG 009-62-82 EVP —,25 M Spielzeit 1982 83 Chefdirigent: Prof. Herbert Kegel Den Einführungstext zur Wiener Symphonie von Gott fried von Einem entnahmen wir einem Programmheft der Gesellschaft der Musikfreunde Wien vom Dezem ber 1977. 1. AUSSERORDENTLICHES KONZERT 1 982/83