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Dresdner Journal : 08.09.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-09-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190309085
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19030908
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19030908
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-09
- Tag 1903-09-08
-
Monat
1903-09
-
Jahr
1903
- Titel
- Dresdner Journal : 08.09.1903
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Erste Beilage zu ^7 208 des Dienstag. 8. September 1903, nachm. - - >- »> - , >> . H -« Laisermanöver. . (Eigtubcricht.) Merseburg, 7 September. Der heutige erste Ge- fechtstag unterschieb sich in manchem von seinen Vor gängern in früheren Jahren; vor allem darin, daß es gleich heute nicht nur zu unbedeutenden Plänkeleien, sondern sogleich zu einem gröheren Zusammenstöße kam. Die allgemeine Kriegslage war, wie schon kurz telegraphisch mitgeteilt, die, daß eine rote Armee — bestehend aus dem IV. Armeekorps unter Generalleutnant v. Beneckendorff und v Hindenburg, dem Xl. Armeekorps unter General v. Wittich und der Kavalleriedivision X unter General major Frhr. v. Langermann und Erlenkamp, Oberst kommandierender der ältere General v. Wittich — die über Eisenach, Weimar und Naumburg vormarschiert war, gestern östlich von Leipzig von einer über Dresden vorgegangenen blauen Armee — bestehend aus den beiden sächsischen Armeekorps, XII. unter Sr. König!. Hoheit dem Kronprinzen Friedrich August von Sachsen, XIX. unter General v. Treitschke und Kavalleriedivision 8 unter Generalmajor Frhr. v. Milkau, Oberstkommandierender General v. Treitschke — geschlagen und zum Rückzüge in Richtung Halle—Merseburg gezwungen worden war. Diese Rückzugsrichtung war also westlich bez. nord westlich. Demgemäß stand die rote Armee heute morgen folgendermaßen: das XI. Korps hatte nordwestlich von Merseburg eine Stellung mit der Front gegen Osten eingenommen; weiter südlich, nordwestlich von Weißen fels, stand das IV. Korps, die 7. Division bei Groß- Kayna, die 8. bei Tagewerken, hinter ihnen die Kavalleriedivision bei Pettstädt. Die Saale von Merseburg bis Naumburg und die untere Unstrut wurde von einzelnen gemischten Abteilungen und Es- kadrons beobachtet. Bei Freyburg, Henne (nordöstlich von Naumburg) und Lobitzsch stand je eine Eskadron der Kavalleriedivision bei Weißenfels, Burgwerben und Kriechau je eine Kompagnie oer 8. Division, bei Corbelha und Dürrenberg Jnfantericbataillone mit Pio nieren, bei Merseburg ein Bataillon mit Husaren, Feld- artillerie und Pionieren. Drei Eskadrons Husaren vom 10. Regiment waren morgens 4 Uhr von Dürrenberg a. S. gegen Osten aufklärend vorgegangen. Das in Frage kommende Gelände ist flach, meistens bebautes Feld, mit geringen welligen Erhebungen und vereinzelten Waldparzellen, letztere zumeist in der Saale- nicderung. Die blaue, sächsische Armee, ging gegen Westen vor. Das XIX. Korps stand bei Groß-Dölzig, das XII. bei Knautnaundorf, die Kavalleriedivision 8 am südlichsten bei PMU. Die Armeekorps sollten gegen die Saale zwischen Wölkau und Weißenfels voraehen, die Spitzen sollten gegen 8 Uhr vormittags die Saale er reichen. So setzen sich — von Norden nach Süden ge nannt — die 40., 24., 34. und 32. Division gegen Südwesten in Bewegung. Die Kavalleriedivision 8 sollte über Aupitz, Rössula und Wermsdorf vorreiten und bei oder oberhalb Weißenfels die Saale zu überschreiten versuchen. Auf dem Bahnhofe Corbetha ging es heute morgen lebhaft zu. Die Wagen für die Manövergäste waren aufgefahren, Ordonnanzen des Pferdekommandos hielten di», für du^ürstlichkeitLN und, fremdewHffiziere zmd Gefolge bestimmten Reitpferde, gegen 200, und für Se. Majestät den König von Sachsen stand ein Kaiser!. Viererzua bereit. König Georg kam im Sonderzug von Leipzig, stieg zu Pferde und rttt mit Seinen Herren auf Klein-Corbetha zu, also den sächsischen Truppen entgegen. Bald darauf langte der sogenannte Fürstcnzua aus Halle an. Die glänzende Kavalkade ritt gegen Westen auf die Posendorfer Höhen zu. Auf den Höhen, von denen aus man bis zu den Denkmälern der Schlacht von Roßbach Hinüberblicken kann, hielt Se. Majestät der Kaiser mit Seiner Suite. Er war von Merseburg im Jagdwagen mit den vier Juckern nach dem Vorwerk Grünebäumchen bei Corbetha gefahren und hier zu Pferde gestiegen. Unweit davon stand der Fesselballon der Manöverleitung mit seiner Signalfahne. Der zur Aufnahme elektrischer Funkengespräche bestimmte Ballon stand daneben. Die Telegraphcnmannschaften ließen auch Drachen steigen, die ähnlichen Versuchen dienten. Am Horizont standen die Ballons der einzelnen Armeekorps. Schon in aller Frühe hatte man Gewehrfeuer ver nehmen können, zuerst vereinzelt, dann andauernder. Um '^10 Uhr griff auf beiden Seiten die Artillerie ein und eS war nunmehr auf dieser Seite der Schlachtlinie zu erkennen, daß der linke Flügel und die Kavallerie der Blauen fick weit südwestlich in starken Märschen vor geschoben yatten und nun fast vom Süden gegen die rechte Flanke von Rot andrängten. So war daS 102. Regiment (23. Division) noch nachts um 2 Uhr in Leip zig gewesen und war um 10 Uhr bereits bei Delitz und Klichau an der Saale, die Leute m sehr guter Verfassung. Die Divisionen des IV. Korps mußten diesen Kampf allein aufnehmen, denn das XI. war noch zu weit ent fernt Die 7. und 8. Division gingen daher gegen Westen zurück. Die 8. nahm dann die Front gegen Süden und rückte von den allerdings nicht beträchtlichen Höhen herunter, der Saale und Weißenfels zu. Sächsische Schützenketten, von Regimentern der 32. und sogar schon der 23 Division tauchten von Weißenfels her auf, um ^11 Uhr gingen sie mit Hurra zum Sturm über. Die sächsischen Gardereiter attackierten. Rot mußte nördlich zurück. Wie man hörte, waren inzwischen auch die nörd licher marschierenden Teile der blauen Armee weit vor- gedrunaen; die sächsische Grenadierbrigade u a. war bei Keuschberg und Kirchdorf über die Saale gegangen, andre Abteilungen an einer andern Stelle. Und so sah man denn auch auf der Rückfahrt hierher die ganze Bahn linie Corbetha—Merseburg bereits von blauen Truppen besetzt. Bei Posendorf kielt der Kaiser eine sehr eingehende Kritik ab. Die fremoen Militärattaches, die der Kritik ja nicht beiwohnen können, ritten ab; unter ihnen der statt liche französische Oberstleutnant Ebener, der russische Oberst Schebeko in weißem Uniformrock und der Japaner. Um 12 Uhr gab der Ballon der Manöverleitung das Signal „Das Ganze Marfch". Die Truppen gingen kriegsmäßig unter vereinzeltem Feuer in die angewiesenen Stellungen, teils ein wenig weiter vor, teils ein wenig zurück, je nachdem die Schiedsrichter Angriff oder Ver teidigung für erfolgreich erklärt hatten. Meldereiter ritten von der Manöverleitung zu den Truppen, Rad fahrer und Kraftwagen fuhren schnell die Chausseen ent lang, der Feldtelegraph trat in Tätigkeit. Se. Majestät oer Kaiser ging nach Gosecke, westlich Weißenfels, ins Biwack. Das Wetter war warm und sonnig, vielleicht nicht ganz so glühend wie in den letzten Tagen. Augenblicklich hat sich ein geivitterdrohender Wirbelwind erhoben, oer Staubwolken durch die Straßen Merseburgs jagt. Sport. * Der Dresdner Rennverein wird nach einer langen Pause von etwa 3^ Monaten, innerhalb deren sich auf dem Turf große Ereignisse abgespielt haben, am kommenden Sonn tag, den 13. September, nachmittags ^3 Uhr den Spott auf seiner Rennbahn in DreSden-Seidniy Eingang halten lassen. Für die an diesem Tage ausgeschriebenen 6 Rennen, worunter das Dresdner Jugend-Rennen mit 12000 M. Geldpreis der Olou des TageS ist, sind die Nennungen in ganz bedeutender Anzahl eingegangen, so daß die im Herbst alljährlich bekannten großen Felder in jedem Rennen auch diesmal unserer so all seitig beliebten Rennbahn wieder zuteil werden dürften. — Da die Herbsttennen sich stets einer großen Frequenz erfreuen, ist ein rechtzeitiges Besorgen von numerierten Logen und Tribünensitzev, die nur im Sekretariat des Dresdner Renn- vmeinS, Pragerstr S, I. Etage (Zentral-THehler-Passage) erhält lich sind, nur baldigst anzuräten. Cvln a Rh., 7. Septbr. I. Preis der Flora. StaatS- preis 5000 M. 1200 m. Gest. SchlendechanS dbr. H Real Scotch (JoneS) 1. Hrn. H. v. Treskows F-H. Ver flixt I (E. Martin) 2. Gest. Römerhofs F.-H Govi (Warne) 3. Tot.: 79:10. Platz: 14, 12, 11:10. — II. Preis von Nippes. 3000 M 1400 m Herren C. v. Lang-Puchhof u. A. v Schmieders 4j. F.-St. Blumenmädchen (E. Martin) 1. Hrn. Balduins Ordensritter II (Utting) 2. Gest Schlender hans Helena (Iones) 3. Tot.: 19:10 Platz: 13, 17:10. — II>. Saphir-Rennen. Staatspreis 5000 M. 1000 w. Hrn. Weinbergs 4j. br. St. Saskia (Hill) 1. Gest Römer- Hoss Gloria (Warne) 2. K. Württ Priv.-Gest. Weils LiebeS- ritter (JoneS) 3 Tot.: 23 : 10. Platz: 10, 10 : 10. — IV.Preis von Donaueschingen. Goldpokal und 20000M, 3000 M, 2000 M. 2200 m. Kapt. JoSs 4j. F -H. Hamilkar (E. Martin) 1. Hrn. Weinbergs Sj. br. St. Beda (Hill) 2. Hrn. A. v. Schmieders Laurin (Lange) 3. vr. Lemckes Draga (Warne) 0. Tot.: 14:10. Platz: 10, 11:10 — V. Preis von Niehl. 3000 M 3200 m. Kapt Joös 5. schw. W. Saint Lunaire (Bastian) 1. Lt. Frhxn. v. Entteß - Fürstenecks Giudecca (Lünse) 2. Hrn. H. Königs Cobweb (I. Hoffmann) 3. Tot: 23:10. Platz: 12,13, 51:10. — VI. Abschieds-Handicap. Preis 3000 M. 1400 w. Hrn. H. v. Grundherrs 5j. br. H. Prince Melton (Warne) 1. Hrn H v. TreSkowS Drossel (E. Martin) 2. Hrn Horn- Mandarin (Toon) 3 Tot.: 3» : 10 Platz: 13,11,28:10. Paris - Boi- de Boulogne, 8 Septbr. Prix Jouvence. 12 000 FrcS 4800 m Mons. Marino CladoS Tigre (ShieldS) 1. Mons W Barker- Lavandier 2. Mons. I de Brömonds Kakimono 3. Tot.: 57 : 10. Platz: 22, 21, 27 : 10. — Prix de Boi--Roufsell. 12 000 FrcS. 2200 w. Vicomte d'Harcourts Exema (Thorpe) 1 Baronin Forest- Lisette 2. Comte de FclS' La Dragonne 3. Tot: 29:10. Platz: 15,2l: 10.— Prix de Villirr- 10000FrcS. 1800 m. Mons M Henry-Lepautes F -H. Lorlot (H. Stern) 1. Comte de Fels' Feuille de Chou II 2. Bar. de RothschildS ThölömeS. Tot : 68 : 10. Platz: 18, 41, 18 : 10 — Prix de Bellevue lOOOO FrcS. 1800m. Mons >A Prövosts »j br. St. Ginette (I. Rausch) 1. Mons. E. Leich- Le Souvenir 2 Mons F. Charron- Barde 3 Tot.: 51 : 10. Platz: 23, 42, 37 : 10. Verband Deutscher Hlewerbegerichte. (Nachdruck ohne Quellenangabe verboten.) I. e. Der kurz nach Erlaß des Gewerbcgerichtsgesetzes von 1890 aus Zusammenkünften zwischen den Vorsitzenden der Gewerbegerichte Meinz und Franksurt a. M. Oberbürger meisters I)r.Gaßner-Mainz und Stadtrats Flesch-Franksurt a.M. entstandene Verband Deutscher Gcwcrbegerichte tritt am kommenden Donnerstag im Kongreßsaale der Deutschen StädtcauSstellung zusammen, um außer geschäftlichen Er ledigungen auch Beratungen zu pflegen über einen Gesetz entwurf betreffend Kaufmanusgerichte, über die Verhältnis wahl in der Praxis, über die Gesetzgebung, betreffend den Arbeit-Vertrag seit 190!, über das Verhältnis der Gewerbe- perichle zu den Elbzollgerichten, über Zuständigkeitssragen, insbesondere in Lehrlingsstteitigkciten, über die Grundsätze für die Zuziehung der Beisitzer, über den Sühneversuch in der Praxis, über daS Recht des Arbeitsvertrages und über den Anschluß von Arbeitsnachweisen und Auskunstsstellen an die Gewerbegerichte. Die Anmeldungen zu dem Berbandstag sind aus allen Teilen des Reiches sehr zahlreich erfolgt, besonders stark aber aus dem Königreich Sachsen, der Provinz Sachsen, den thüringischen Staaten und Bayern. Anläßlich des Verbandslages ist eine interessante Festschrift erschienen, die einen überblick über das erste Jahrzehnt (1898 bis 1903) der Verbandstätigkeit gibt. Als am 11. Juni 1893 ein „Verband Südwestdeulscher Ge- werbegcrichte" zusammentrat, lagen aus allen Teilen des Deutschen Reiches so zahlreiche Beitrittsgesuche vor, daß die Vereinigung sofort als „Verband Deutscher Gewerbegerichte" gegründet wurde. Der Verband, der am Schluffe des ersten Jahres feines Bestehens 73 Gewerbegerichte zu Mitgliedern zählte, ist heute auf 207 angewachsen und schließt nahezu alle größeren Gewerbegerichte des Deutschen Reiches in sich, darunter die bereits seit länger als 20 Jahren bestehenden ältesten deutschen gewerblichen Schiedsgerichte zu Elbing, Danzig, Posen, Dresden, Leipzig und Breslau. Bald nach Gründung des Verbandes zeigte sich, daß derselbe außerordent lich notwendig war und sehr fruchtbringend wirkte. Berbands- organ ist die im Verlage von Georg Reimer in Berlin er scheinende Zeitschrift „Das Gewerbegericht", die als solches die „Soziale Praxis" ablöste. Daß der im „Gewerbegericht" gebotene sortlausende überblick über die gewerbegerichlliche Rechtsprechung in der Tat für die fachgemäße Erledigung der richterlichen Aufgaben auch der Beisitzer für unbedingt er forderlich gehalten wird, ist daraus zu entnehmen, daß eine große Reihe von Gemeinden beschlossen haben, das Organ auf Gemeindekosten zu beschaffen und jedem Gewerbegerichts- mitgliede von Amts wegen bereitzustellen. Im Jahre 1900 gründete der Verband ein Archiv, das insbesondere in tun lichster. Vollständigkeit die Urteile der Gcwerbegcrichte oder der ordentlichen Gerichte, die sich mit den Einwirkungen des Bürgerlichen Gesetzbuches aus den gewerblichen Arbeit-Vertrag beziehen und sonstiges entsprechendes Material sammelt. Die Justizbehörden zahlreicher deutscher Staaten haben das Organ des Verbandes als ein im Interesse der Rechtsentwick lung nützliches Unternehmen anerkannt und den ordentlichen Gerichten dessen Unterstützung durch Einsendung von Urteilen und Abonnement empsohlen. Anderseits ist der Verband auch imstande gewesen, mit dem ihm zur Verfügung stehenden Material den Behörden und gesetzgebenden Körperschaften Dienste zu leisten. Dies gilt hauptsächlich von dem vom Verbände veranstalteten Statistiken. Die Statistik der gewerb lichen Tätigkeit mußte zunächst damit beginnen, sestzustellen, wo sich Gewerbegerichte befinden. So wurde 1895 in allen deutschen Staaten eine amtliche Aufnahme der vor handenen Gewerbegerichte veranstaltet und 1896 und 1900 statistische Ausnahmen über die Tätigkeit der einzelnen Ge werbegerichte. Diesen Statistiken zufolge waren vorhanden 1889 24, 1893 203, 1896 284, 1900 316 und 1903 384 Gewerbegerichte. Im Jahre 1900 wurden erledigt 81931 Prozeßsachen, darunter durch Vergleich 36 265, also 44,3 dß- Bei den Amtsgerichten stellte sich 1899 die Vergleichserfolgzahl bei 1 131038 Prozeßerledigungen und 141189 Vergleichen nur auf 12,4 sth. Was die Schleunigkeit der Prozesse anlangt, so erledigten die Gewerbegerichte 57 der Prozesse des Jahre- 1900 in weniger als einer Woche, während sich diese Prozentzahl bei den Amtsgerichten 189» aus nur 2,9 stellt. Diese Berbandsstatistiken bilden die Hauptquelle für die Kenntnis der gewerbegerichtlichen Tätig keit Deutschlands, und durch sie wurden zum ersten Male tue Gemeinden mit mehr als 20 000 Einwohnern ausgedeckt, die mit der Errichtung von Gewerbegerichten im Rückstände ge blieben waren Dies war der Anlaß, für Gemeinden mit mehr als 20 000 Einwohnern die Errichtung des Gcwerbt- gerichts durch Reichsgericht obligatorisch zu machen. Auch die regelmäßigen Veröffentlichungen des Verbandes werden in ihrem Wette sür die praktische Rechtsprechung und sür die Entwicklung der Theorie vom Arbeitsvertrag immer mehr anerkannt Wenn in den letzten Jahren die Wichtigkeit des Kollektivarbeit-Vertrages, der den Streik- und Aussperrungen vorbeugt, mehr und mehr Anerkennung findet, wenn die Bedeutung, welche die Gewerbcgerichte als Einigungsämter für den ruhigen Gang der Industrie und damit für die ge samte wirtschaftliche Entwicklung haben, in der immer häufigeren Anrufung der einigungsamtlichen Tätigkeit der Gewerbegerichte mehr und mehr zum Ausdruck kommt, so wird auch hierbei dem Verbände der Gcwerbegcrichte sein Verdienst nicht ge schmälert werden können. Der Verbandstag in Dresden ist also unter den vielen hier abgehallenen Kongressen infolge seiner sozialen und wirtschaftlichen Tragweite einer der be deutendsten. An den bevorstehenden Verhandlungen nehmen Vorsitzende und Beisitzer gleichmäßig Anteil. Beschlüsse sollen nicht gcsaßt werden, sondern es handelt sich in der Hauptsache um einen durch kurze Referate eingeleiteten Meinungsaustausch über die oben erwähnten Fragen. Statistik und Volkswirtschaft. * Dresdner Börsenbericht vom 8 September Berlin zeigte auch heute wieder recht feste Grundtendenz, ob wohl die geschäftliche Tätigkeit nach wie vor minimal war. Hüttenwerte blieben beliebt. Man notierte in Berlin: Kredit 202,60, Staatsbahnen 140,00, Lombarden 16,60, Diskonto 187,40, Italiener —, Dortmunder Union 86,25. An der hiesigen Börse kam das Geschäft nahezu ganz zum Stillstand. Die Kurse veränderten sich nur wenig Wir verzeichnen nach stehende Umsätze: Deutsche Fonds: 3-ß Sächsische Rente er zielten 88,50, 3>/z "iß Landeskulturrenle 96,80, dergleichen a 1500 M 96,75, 3 Iß Landwirte 87,30, 3H <jß Landwirt schaftliche Pfandbriefe 99,50 (— 20 Pf), dergl. Kreditbriefe 99,60 (-10 Pf ). Ausländische Fonds: Für Ung. Goldrente legte man 100,20, für ungarische Kronenrente nur 97,80 (— 20 Pf) an. Bankaktien blieben unbeachtet Der Geldkurs für Dresdner Bank wurde weiter ermäßigt. Transportwerle: Nur Sächsische Straßenbahn zu 118 konnten plaziert werden. Papier- re. Fabriken: Bereinigte Strohstoff sanden wieder Abnehmer mit 75. Sonstiges ohne Veränderung still. Baugesellschaften traten überhaupt nicht in den Verkehr. Von Maschinen fabriken wurden Großenhainer mit 49,50, König Friedrich August-Hütte zu 115, sowie Schimmel mit 123,50 (^ 2>^stß) umgesetzt. Zimmermann stellten sich wieder auf 1 yß, Schön- herr und Schubert u. Salzer (tz stß höher. Elektrische Unternehmungen fanden keine Interessenten. Von Fahrrad aktien bedangen Seidel 255,50, Corona 154,50 (— 2H yß), Herkules gewannen 1^ und Wanderer 2 <jß Von Braue reien handelte man heute nur Rizzi Lit. 8 zu 23,60 (-s- 35 Ps), Sächsische Malzfabrik blieben mit 65,25 (4- (4 Iß) gesucht. Porzellan- rc. Fabriken: Für Carl Tei chert legte man heute 128 (4- 1 yß) an Aktien verschie dener Unternehmungen: Mörbitz fanden Nehmer mit 96, Ruscheweyh mit 141,50 (4- IH ?ß), Kartonnagen mit 106,75, dergleichen Genußscheine mit 505, Dresdner Näh- maschinenzwirpsabrik zu 131 und Plauener Spitzen bei 154 * An den Kaffen der Dresdner Filiale der Deutschen Bank steht der soeben erschienene Prämien tarif für die im Oktober stattfindenden Verlosungen von Wettpapieren aus Wunsch zur Verfügung. * In Sachen der Reichsversicherung der Privat angestellten fand unlängst zu Braunschweig eine Sitzung des Ausschusses der Vereinigten Verbände und Vereine statt. Bekanntlich ist dieser Ausschuß die Stelle, mit der die Reichs verwaltung in der Angelegenheit der Pensionsversicherung verkehrt, und so hatte er sich denn auch mit den Änderungen zu beschäftigen, die das Reichsamt des Innern in der Be- fragung der Privatangestellten vorgenommen hat Es wird nun von den vereinigten Verbänden und Vereinen am 15. Oktober die Befragung ihrer Mitglieder in der vom Reichsamt des Innern gebilligten Weise vorgenommen werden und zu diesem Behuse werden eingehende Fragebogen an die etwa 300 000 Mitglieder verabfolgt werden. * In Berlin haben in den letzten Tagen erneut längere Ver handlungen wegen Bildung eines internationalen Glüh lampenkartells stattgefunden, an denen die Vertreter der hauptsächlichsten Glühlampensabriken Europas teilgenommen haben. Wie die „Voss. Ztg." erfährt, haben die Verhand lungen jedoch einen derart erregten Verlaus genommen, daß die Vertreter der Allgemeinen Elcktrizitätsgesellschaft und der Kinder der Finsternis. Roman von Anton v. Persall. 24 (Fortsetzung.) Kapitel 4. Eindrücke der Seele sind dem Gesetze der Be harrung unterworfen, gleichviel wie stark sie waren und zu welcher Zeit sie geschahen. Sie sinken nur oft in unbekannte Tiefen, in denen kein Licht mehr leuchtet, um dann plötzlich wieder aufzutauchen. Darauf beruht die Grundlage aller geistigen Bildung Oft gleichen sie jahrelang verwischten Inschriften, derer man nicht mehr achtet, um dann Plötzlich in feurigen Lettern aufzuleuchten. So ging es Johannes mit den Eindrücken „der Nacht", wie er kurzweg im stillen die Erlebnisse seines nächtlichen Ausflugs benannte. Von Gundlach entfernt, in ein kleines kreis städtisches Seminar versetzt, in völlig neuer Um gebung, unter Söhnen angesehener Familien, die hier für die Hochschule erzogen wurden, erschien ihm „Die Nacht" bald nur mehr wie ein interessantes Abenteuer, das er in der Monotonie seines bis herigen Lebens nicht einmal missen wollte ' Der Vorgang erschien ihm jetzt völlig klar. Der Mann, der ihn entführte, war ein Gauner, der ihn unter falscher Vorspiegelung einfach stehlen wollte. DaS war ja schon oft vorgekommen. Die schreckliche Frau war seine Spießgenossin, die Kneipe am Flusse eine Diebeshöhle. Sein Schlußvermögen war noch nicht genügend reif, dagegen seine Phantasie so ausschweifend, daß er sich rasch alles zusammenreimte, von seinem Wunsche geleitet. Ja, sie spielte ihm noch einen ganz besonderen Streich. Der „Prinz" Hannes tauchte iv ihm wieder auf. Wenn hinter dem Hohne doch eine Wahrheit steckte, die Mutter Marianne ihm ver hehlen wollte? Dann wäre sogar die Entführung erklärlich, daS Trugspiel mit der angeblichen Mutter Dann war er nicht mehr der arme Junge, um den ein solches Wagstück Torheit war, sondern der Sprößling eines Königshauses, aus dem sich aller hand herausschlagen ließ, wenn nicht gar in höherem Auftrage gehandelt wurde. Eins wurde ihm in diesem Zwiespalt klar, daß er alles daran setzen müsse, etwas zu werden, der Ungunst des Schicksals sich entgegenstemmen, durch die Tat beweisen, wer er war; vor allem der Mutter Marianne und dem weißen Mädchen, dem Klärchen, wie er es jetzt immer nannte. Es sollte sich nicht mehr zu schämen haben, wenn er ihr wieder begegnete! Es war mehr der Ehrgeiz, der ihn die Jahre durchhetzte, als ein gesunder Wissens drang. Er hatte von Gundlach seit sieben Jahren nichts mehr gehört Man hielt es dort wohl nicht der Mühe für wert, sich weiter nach ihm zu erkundigen, war wohl herzlich froh, ihm los zu sein. Auf einen Brief, den er einen Monat nach seiner Abreise an Mutter Marianne geschrieben hatte, war eine kühle, förmliche Antwort gekommen, die ihn nicht zu weiterer Korrespondenz ermutigte. Seine neuen Vorgesetzten kamen ihm in einer Weise entgegen, die lebhaft von der in Gundlach gepflegten abstach, trotz allem Guten und Lieben, was er dort erfahren hatte. Unvermögend, den Unterschied beider Anstalten abzuschätzen, fühlte er seine Ahnung von einer ge heimnisvollen Abstammung dadurch nur bestärkt. Dem Sohne der Frau mit der roten Jacke kommt man nicht so entgegen, den nimmt man überhaupt nickt in diese Anstalt auf, sondern läßt ihn in Gund lach, bei dem roten Mathes. Die Idee befestigte sich immer mehr, wuchs mit ihm auf, erfüllte ihn zuletzt mit einer Selbstüber schätzung, einem Hochmut, der ihm jede Sympathie «einer Mitschüler raubte. So bezog er ohne Freunde, völlig auf sich gestellt, körperlich und geistig über reizt nach Vollendung seiner Seminarstudien die Hochschule. Wohin sich wenden, um möglichst rasch Karriöre zu machen, seinen brennenden Ehrgeiz zu befriedigen? Während er danach suchte, überraschte ihn daS Leben, die bis jetzt ungenosscne Freiheit. Die alten Kräfte brachen los, maßlose Be gierden, rücksichtsloser Betätigungsdrang, den er schon in Gundlach gezeigt, verbunden mit einer wilden Genußsucht. Die durch das Studium über reizten Nerven, der geschwächte Körper hielten nicht Widerstand. Die Auszahlung eines monatlichen Wechsels von seite des Kabinetts, für seine früheren Verhältnisse eine überraschende Summe, machte ihn von neuem stutzig. Nie mehr als jetzt hatte der Glaube an eine hohe Abstammung für ihn Verführerisches, wenn er gleich daneben den schwarzen Abgrund einer andern Auslegung sah, vor dem ihm jetzt schauderte. Höhe oder Abgrund, er hatte keine andre Wahl. Warum sollte er nicht die erste wählen, wenn schon beides ungewiß. Jetzt verteidigte er mit einer starren Energie vor sich selbst einen Glauben, in dem er ebenso instinktiv sein Heil sah, als in dem gegenteiligen, in der Nacht geborenen, sein vollkommenes Verderben. Der auffallend schöne Jüngling, mit dem geist vollen Kopf und dem vornehmen Wesen, fiel in der kleinen Universitätsstadt entschieden auf. Der Name Ohnesorg klang enttäuschend bürgerlich dafür, man hätte lieber den Sprößling einer hohen Aristokraten- samilie in ihm erblickt. Sorgte Johanne- selbst dafür oder spielte der Zufall? Die Geschichte von der seltsamen Verbin dung der jungen Studenten mit dem Kabinett eines der ersten deutschen Fürstenhäuser blieb kein Ge heimnis. Weitere Nachforschungen, welche die Klatsch sucht und die Langeweile der kleinen Stadt nur förderten, hatten ein völlig erwünschtes Ergebnis. Ohnesorg war von unbekannter Herkunft, in einer Waisenanstalt in Süddeutschland erzogen und auf „hohen Befehl" wie eS hieß, hierher geschickt worden, um seine Studien zu vollenden Der verkappte Prinz war fertig, noch viel rascher wie damals in Gundlach Ohnesorg klang ohnehin etwas unwahrscheinlich, symbolisch fast. Sei ohne Sorg', ich wach' über dich! definierte eine der geist reichsten Damen, und das Wort ging als ein „ge flügeltes" in der ganzen Stadt herum. Mädchenaugen richteten sich begehrlich auf ihn, selbst die immer spottbereiten Kollegen blickten trotz aller jugendlich demokratischen Gesinnung mit ge wissem Respekt auf ihn. Das erste Korps, in das sonst nur ein aristo kratischer Name oder der Nachweis eines großen Wechsels Einlaß gewährte, alle Stipendiaten selbst verständlich ausgeschlossen waren, bewarb sich um seine Mitgliedschaft. Er ließ sich nicht lange nötigen und wurde Fuchs der Normannia. Das war die erste offi zielle Anerkennung, die erste Fleischwerdung seines Traumes. Er ging in seinen neuen Verpflichtungen ebenso rastlos auf, wie früher im Studium, und er lebte sich derart in die Rolle hinein, die er sich einmal zugedacht hatte, daß ihm alles übrige unwichtig er schien, Studien, Wissen, das Ringen nach eiuer hervorragenden Stellung. Ja, er zweifelte in seinem Wahn keinen Augenblick, daß zur rechten Zeit ein helfender Arm jsich ausstrecken werde, der ihn aller Mühe überhob. Der Reiz seiner Persönlichkeit war so groß, ver band sich mit so viel Geist und Talent, daß man alle die ungemäßigten Ausbrüche seines Tempera ments, die oft etwas überraschend Brutales an sich hatten, auf Kosten der überschäumenden Rasse setzte Johanne- Ohnesorg war bald der gefährlichste Raufbold der Universität, der Schrecken aller Poli zisten und Scharwächter, auf die er es besonder- ab gesehen hatte, aber auch der Liebling der Bürger, Vie dem vornehmen Jüngling gerne durch die Finger sahen, und der Stolz seines Korps, das ihm im dritten Semester die erste Charge verlieh, die vor ihm ein Graf Culm geführt hatte. Johannes trat in die Stellung mit dem Bewußt sein seiner vollen Berechtigung, und wer ihn sah, zweifelte keinen Augenblick an der seltsamen Sage, die von ihm ging und immer neue greifbare Gestalt gewann (Fortsetzung johl.)
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