Peter Tschaikowsky Fantasie-Ouvertüre h-moll »Romeo und Julia« Von Kindheit an durchlitt Peter Tschaikowsky emotionale Grenzsituationen, beginnend mit der Trennung von der gelieb ten Mutter über eine desaströse Ehe mit Antonina Miliukova bis hin zu den Problemen durch seine Homosexualität. Kein Wunder, dass sich der Komponist von den großen Liebes- Tragödien der literarischen Welt zutiefst inspiriert fühlte. Eine der mitreißendsten musikalischen Ergebnisse ist die Fantasie- Ouvertüre nach William Shakespeares »Romeo und Julia«. Der damals 30-jährige Russe schuf hier eine Tonsprache der Leidenschaft, die mit den Protagonisten des Dramas mitfühlen lässt. Seit der Wiener Klassik des 18. Jahrhunderts war die Sonatenhauptsatzform das A und 0 bei der Verarbeitung des thematischen Materials. Auch Romantiker des 19. Jahrhun derts wie Tschaikowsky nutzten diese Form zur Strukturierung ihrer musikalischen Ideen - nicht nur in Sonaten und Sympho nien. Auch »Romeo und Julia« folgt der Organisation des Sona tenhauptsatzes mit Thema und variierender Durchführung. Tschaikowsky gelang dabei das Kunststück, den Handlungs verlauf des Dramas mit der musikalischen Form zu vermählen. In dieses Jahr fällt der 175. Geburtstag Peter Tschaikowskys, des bedeutendsten Symphonikers Russlands. Als »russischer Beethoven« wird Tschaikowsky zuweilen apostrophiert. Denn auch er verbindet Expressivität mit formalem Klassizismus. Tschaikowskys Tonsprache artikuliert seelische Vorgänge, Sehnsüchte, Qualen. »Schmerzensmann« ist daher ein wei teres Synonym für ihn. Seine Eltern schickten ihn auf die St. Petersburger Rechtsschule. Doch Tschaikowsky sollte bald Wege zum Studium am Petersburger und Moskauer Konser vatorium finden. Er starb 53-jährig auf dem Höhepunkt seines Könnens - mutmaßlich an den Folgen einer Selbst-Vergiftung.