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Dresdner Journal : 18.06.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-06-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190306184
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19030618
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19030618
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-06
- Tag 1903-06-18
-
Monat
1903-06
-
Jahr
1903
- Titel
- Dresdner Journal : 18.06.1903
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Katholiken ein andere- Ergebnis gar nicht zeitigen Wie in den beiden lebten Legislaturperioden, so wird aber auch in der bevorstehenden das Zentrum sich seiner Verantwortung als ausschlaggebende Partei bewußt bleiben und tatkräftig an der Lösung der nationalen Aufgaben des Reiches teilnehmen. Danach glauben wir als Ergebnis der Wahlen feststellen zu können, daß für die nächsten großen Aufgaben, die an den Reichstag herantreten werden, also für die Verlängerung der militärischen Quinquennats, für die notwendigen Marinefordcrungen, für die Neu regelung unserer Handelsbeziehungen zum Auslande durch langfristige Handelsverträge und für andere natio nale Aufgaben eine zuverlässige Mehrheit vorhanden sein wird Unerfreulich aber bleibt trotz alledem das Anwachsen der Sozialdemokratie, und es wird das vornehmste Ziel der inneren Politik sein müssen, Mittel und Wege zu suchen, auf denen es möglich ist, der weiteren Zersetzung unseres Volkslebens durch die sozialdemokratische Agitation ein Halt zu gebieten. Das ist eine der wesentlichsten Lehren, die aus den letzten Wahlen gezogen werden muß. Zu einer vollständigen Zusammenstellung der Wahlergebnisse im Reiche genügen auch die bisher vorliegenden Meldungen noch nicht; wir beschränken uns daher heute nochmals darauf, die bis Redaktionsschluß bekannt gewordenen Wahlen ohne Namen- und Ziffernnennung zur Kenntnis unserer Leser zu bringen. Gewühlt worden sindnach der letzten zusammenfassenden telegraphischen Meldung (gestern abend Hl2 Uhr): 30 Konservative, 83 Zentrum, 14 Polen, 6 Reichspartei, 53 Sozialdemokraten (nach dem „Vorwärts" 58), 4 Wilde, 6 Elsässer, 5 National liberale, 1 Däne, 1 Reformpartei, 2 Bauernbund. An den Stichwahlen sind beteiligt 36 Konservative, 120 Sozialdemokraten, 24 Freisinnige Volkspartei, 64 Nationalliberale, 10 Freisinnige Vereinigung, 4 Elsässer, 8 Polen, 15 Reichspartei, 1 Bund der Landwirte, 5 Antisemiten, 35 Zentrum, 9 Wilde, 6 Bauernbund, 8 deutsche Volkspartei, 8 Welfen, 6 Reformpartei. — Die Sozialdemokraten gewinnen 14 Sitze und verlieren 2, die Konservativen ge winnen 2 und verlieren 5, die Nationalliberalen gewinnen 2 und verlieren 6, das Zentrum verliert 3 Sitze und gewinnt 1 Sitz, die Freisinnige Volks partei verliert 7, die Freisinnige Vereinigung ver liert ebenfalls 7, die deutsche Volkspartei verliert 3 Sitze. Die Reformpartei büßt 3 Sitze ein, der Bund der Landwirte verliert 3 Sitze und gewinnt 1 (Schwäbisch Hall), die Welfen verlieren 2 Sitze, Bauernbund, Reichspartei, Antisemiten und Wilde je einen Sitz. — Es fehlen noch 6 bayerische Wahl bezirke, ferner 3 aus Mecklenburg (Hagcnow, Malchin, Rostock Doberan), ferner Sachsen-Altenburg, Lauter bach-Hessen und Zauch-Belzig Diese Wahlkreise waren bisher vertreten durch insgesamt 4 Konservative, 5 Zentrum, 1 Bauernbund, 1 Antisemit, 1 Sozial demokrat. Die vorstehend genannten Wahlergebnisse beziehen sich daher auf 385 Wahlkreise, in denen sich 180 Stichwahlen nötig machen. Berichtigung: In unseren gestrigen Mitteilungen über die Ergebnisse der Reichstagswahlen sind beim 11. Wahl kreise (Oschatz, Grimma) unzutreffende Stimmziffern mit- gete'lt worden. Tatsächlich haben erhalten: Stadtgutsbesitzer Hauffe in Dahlen, konservativ, bisheriger Abgeordneter, 9844 St., Fabrikant und Stadtrat Bruck in Oschatz, frei sinnige Volkspartei, 2583 St., Buchhändler Lipinski in Leipzig, Soz., 10 003 St. Engere Wahl erforderlich zwischen Hauffe und Lipinski. Tagesgeschichte. Dresden, 18. Juni. Wir erhalten folgende Fernsprechmeldung aus Sibyllenort: Am heutigen Tage fand bei wundervollstem Wetter die Ent hüllung und Weihe des Erinnerungskreuzes statt, das Ihre Majestät die Königin-Witwe Sr. Majestät dem hochseligen König Albert im Sibyllenorter Parke hat errichten lassen. Die Weihe vollzog, nachdem die evangelischen Schulkinder ein von dem evangelischen Pfarrer gedichtetes Lied ge sungen hatten und nach einer Ansprache des Ver waltungschefs, Se. Eminenz der Kardinal vr Kopp. Zum Schlüsse erfolgte Gesang der katholischen Schul kinder. Die im engsten Kreise der Allerhöchsten Herrschaften stattgehabte Weihe machte einen außer ordentlich erhebenden Eindruck. Deutsches Reich. Berlin. Gestern morgen unternahm Se. Majestät der Kaiser einen Spazierritt nach dem Hippodrom und besichtigte mit Ihrer Majestät der Kaiserin von ^10 Uhr ab die Kunstausstellung im Landesausstellungsgebäude. — Abends 11 Uhr 20 Min reiste der Monarch nach Meppen ab. — DerAuSschußde«Bundesrats fürRechnung«- wesen und die verein taten Ausschüsse für Rechnungs wesen und für Elsaß-Lothrrngen hielten gestern Sitzungen ab. — Auf das Ersuchen um eine authentische Erklärung über den Eingangszoll für Zucker in Deutsch land nach dem 1. September, hat der Reichskanzler, wie die „Neue Hamburgische Börsenhalle" hört, folgende Antwort erteilt: Der aus den Vertragsstaaten stammende Zucker, ebenso der über die Zollgrenze ausgeführte und ins Inland zurückkehrende Zucker ist vom 1. September ab nach dem Satze von 18,80 M für den Doppel zentner raffinierten oder dem gleichgestellten Zucker und nach dem Satze von 18,40 M. für den Doppelzentner Rohzucker zollpflichtig, ohne Rücksicht darauf, ob der Zucker vor oder nach dem Inkrafttreten des Brüsseler BertrageS erzeugt oder ausgeführt worden ist. — Die Zahl der neu begonnenen Ausstände in Deutschland war im ersten Vierteljahr 1903 nach der amtlichen Zusammenstellung ungewöhnlich groß. Sie be trug 316 gegen 198 im ersten Vierteljahr 1902. Von den neuen Ausständen kam allein 73 (1902 nur 36) auf das Baugewerbe, ferner 48 (35) auf die Industrie der Holz- und Schnitzstoffe und 45 (14) auf die Metall verarbeitung, dagegen nur 19 (40) auf die Lederindustrie. Beendet sind im ersten Vierteljahr d. I 272 (1902 175) Ausstände, darunter 245, die erst in demselben Viertel jahr, und 27, die schon früher begonnen waren. Am Vierteljahrsschluffe blieben noch 72 Ausstände in Wirk samkeit, darunter ein schon vor dem 1. Januar d. I. begonnener Von den beendeten Ausständen waren 591 (1902 421) Betriebe betroffen, von denen 178 (82) zum völligen Stillstand gebracht wurden. In diesen Betrieben waren insgesamt 38217 (18 500) Arbeiter be schäftigt, darunter 5928 (4989) in den aus schließlich vom Ausstand ergriffenen Betriebszweigen. Die Zahl der Betriebe, in denen der Aus stand sich nicht auf Geschäftszweige erstreckt, be trug 171 (294), die Hauptzahl der gleichzeitig aus ständigen Arbeiter 14245 (7701), die der gezwungen feiernden 865 (961). Die Ausständigen hatten in 71 Fällen einen vollen, in 77 einen teilweisen und in 124 gar keinen Erfolg. Der Prozentsatz der erfolglosen Ausstände betrug nur 39,2 gegen 42,4 im ersten Viertel jahr 1902 Die Zahl der neu begonnenen Aussperrungen ist gegenüber dem Vorjahre von 7 auf 13 gestiegen. Beendet sind 12 (1902 6) Aussperrungen, von denen 39 (29) Betriebe mit 3661 (3873) Arbeitern betroffen worden sind. Die Höchstzahl der gleichzeitig ausgesperrten Arbeiter betrug nur 752 gegen 2589 im Vorjahre. Von den beendeten Aussperrungen hatten 4 vollen, 1 teilweisen und 7 keinen Erfolg. Wiesbaden. Der König von Dänemark begab sich von Wiesbaden aus nach Schloß Friedrichshof bei Cronberg, um dem zur Zeit dort residierenden Prinzen Friedrich Karl von Hessen und seiner Gemahlin einen mehrstündigen Besuch abzustatten. Hierauf kehrte König Christian nach Wiesbaden zurück. Lsterreich-Ungarn. Wien. DasAbgeordnetenhausnahmdasGesetzüber die Sonntagsruhe in dritter Lesung an und trat darauf in dle Beratung der Lokalbahnvorlage ein. Im Einlauf befindet sich ein Antrag Kaftan, das Haus wolle beschließen, die Verhandlungen des Aus- gleichsausschusses zu vertagen, bis die neue ungarische Negierung ihre schriftliche Zustimmung erklärt habe zu den mit ihren Vorgängern getroffenen Abmachungen, be treffend die Auslegung wichtiger Bestimmungen des Zoll- und Handelsbündnifses. Die nächste Sitzung findet morgen statt. — (Von einem besonderen Korrespondenten.) Wie die „Neue Freie Presse" aus Budapest meldet, wird in Kreisen der liberalen Partei folgende Minister liste kolportiert: Präsidium und Inneres Tisza, Finanzen Wekerle eventuell Lucacs, Handel Hieronymi, Justiz Hodossy, Ackerbau Graf Emerich Szechenyi oder Graf Rodert Zelenski. Fejervary, Julius Szechenyi und Cseh bleiben. — Als Präsident des Abgeordnetenhauses wird Perczel genannt. — Die „Neue Freie Presse" meldet, die Regierung werde im Herbst dem Parlamente ein neues Wehr gesetz vorlegen, das im Entwürfe bereits fertig sei. Das Gesetz sehe zweijährige Dienstzeit vor, mit sechs- bis achtjährigem Übergang je nach den Truppengattungen. Frankreich. Paris. Der Kongregationsausschuß hat ent gegen seinem ersten Beschlusse sich dafür entschieden, den für die Säkularisation der Kongreganisten angenommenen Wortlaut aufrechtzuerhalten. Der Präsident der Kom mission Buisson trat darauf von seiner Stelle zurück, um den Wortlaut bekämpfen zu können. Bienvenu Martin wurde für ihn zum Präsidenten gewählt. In der Versammlung der Abgeordneten der die Mehr heit bildenden Gruppen der Depntiertenkammer wurde, wie wir gestern mitteilten, einstimmig be schloßen, den von dem Kongregationsausschuß be schlossenen Wortlaut betreffend die Säkularisation der Kongreganisten beizubehalten und die Kammer zu ersuchen, über den Bericht der Kommission am nächsten Montag zu berichten. Schweiz. Bern. Der Nationalrat hat mit 97 gegen 22 Stimmen einen Beschluß angenommen, durch den dem Bundesrate ein Kredit von 21700000 FrcS. zur Neu bewaffnung der Feldartillerie mit einem 7,5 mn- Rohrrücklaufgeschütz der Firma Krupp in Essen bewilligt wird. Ein Antrag, gleichzeitig auch die Organisation der Artillerie neu zu ordnen und den Beschluß einem Refe rendum zu unterstellen, wurde mit 95 gegen 56 Stimmen abgelehnt. «rotzbritannie«. London. Unterhaus. Zunächst wird die serbische Angelegenheit besprochen (vgl. Tagesgeschichte Serbien). Sodann nimmt Campbell-Bannerman Bezug auf das Telegramm der Regierung von Neu-Südwales über die Handelsbeziehungen der Kolonien zum Mutterlande' unter Hinweis auf die Äußerung des Premierministers dieser Kolonie, daß dieses Telegramm sich aus Erklärungen Balfours und Chamberlains be zogen habe, fragt er, ob Balfour dieses auf seine Rede bezügliche Mißverständnis berichtigen wolle, angesichts dessen, daß das Haus Gewißheit habe darüber, daß, so lange die vom Kabinett vorzunehmende Untersuchung über das Finanzsystem im Gange ist, keine Beschlüße ge faßt und keine Maßnahmen getroffen werden. Premier minister Lord Balfour erwidert, er habe nichts zurück zunehmen oder zu erklären bezüglich seiner Rede. Darauf beantragt Campbell-Bannermann die Vertagung des Hauses behufs Erörterung dieser Frage. Die Besprechung wird in einer späteren Sitzung stattfinden. Auf eine Anfrage Burtons betreffend den Schriftwechsel mit Deutschland über die Behandlung Kanadas erwidert Lord Balfour: Es hat in den Jahren 1900, 1901 und 1902 kein Schriftwechsel mit Deutschland stattge funden, dieser wurde im Jahre 1903 kurz vor dem 1. Mai ausgenommen. Nach dem Scheitern der Ver handlung in Montreal hat kein Schriftwechsel stattge funden. Burton sagt, es sei dann nicht richtig, zu sagen, daß beharrliche Vorstellungen an Deutschland ge richtet worden seien. Lord Balfour erwidert, er habe Tatsachen mitgeteilt, Buxton müsse selbst Schlüße daraus ziehen. Auf Auflagen bezüglich der Untersuchung über das Finanzsystem erklärt Lord Balfour, daß diese bereits begonnen habe. Bonar Law erklärt, daß die Leuchtturmgebühren mit Geltung vom 1. April um 12^ Proz. ermäßigt werden. Campbell Banner- man begründet seinen Antrag auf Vertagung des Hauses behufs Beratung des Telegramms der Regierung von Neu-Südwales an die englische Regierung, worin jene die Genugtuung ausdrückt über die Erklärungen Chamberlains »nd Lord Balfours, daß jeder Kolonie das Recht gesichert werden solle, mit dem Mutter lande in engere handelspolitische Beziehungen zu treten, und wünscht gegen Neu - Südwales die klare Mitteilung, daß die englische Regierung an die Äußerungen der vereinigten Meinungen der beiden Minister nicht gebunden sei. Bannerman verlangt eine klare Erklärung über die Stellungnahme der Regierung. Premierminister Lord Balfour verspottet die Opposition, daß sie kein direktes Tadels votum beantrage, und betont die Einmütigkeit der Re gierung in der Politik, eine Untersuchung des Finanz systems anzustellen. Er erklärt, wenn die Kolonien mit dem Mutterlande in engere handelspolitische Beziehungen treten wollen und das Ausland die Kolonien zu strafen suchen werde, könne die Negierung nicht teilnahmslos zuschauen. Jenes Telegramm drucke die Ansicht der Regierung aus. Dieke sagt, nach der Erklärung Lord Balfours sei die Regierung zu Vcrgeltungsmaßregeln verpflichtet. Lord Balfour bestreitet das. Dies könne auch anders erreicht werden, doch schrecke er, wenn nötig, nicht vor Vergeltungsmaßregeln zurück. Grey fragt Lord Balfour, ob er der Ansicht sei, daß gegenwärtrg eine Kolonie durch eine feindselige Untersuchung an der Ausübung jenes Rechts gehindert werde. Kolonial- sekretär Chamberlain steht auf und sagt: „Ja, die Regierung ist dieser Ansicht", und fährt fort, er erhebe nicht den leisesten Tadel gegen Deutschland, das sein unzweifelhaftes Recht ausübe. Deutschlands Vorgehen sei keine unfreundliche Handlung. Es werde sich auch nicht ändern, solange es Englands Politik sei, sich diesem Vorgehen zu unterwerfen. Chamberlain geht auf die Haltung Kanadas ein, das eine englische Gütervorzugs behandlung bewilligte. Er erklärt, Deutschland handelte in voller Ausübung seines Rechts, als es Kanada dem Schema der Tarifbestimmungen unterwarf, wonach kanadische Güter in Deutschland einem höheren Zoll unterliegen. Vor wenigen Wochen hatten die deutschen Zeitungen erklärt, die deutsche Politik gehe dahin, Kanada dafür zu strafen, daß es England besondere Ver günstigungen einräume, um andere Kolonien abzuschrecken, diesem Beispiele zu folgen, wobei man besonders an- aebliche Pläne für die VorzugSbehandlung England« in Südafrika im Auge hatte. Er bedauere tue gegenwärtige Politik, die eine feindliche Ausnahmebehandlung einer englischen Kolonie möglich machte. Auf GreyS An- flagr, wie ein solcher Fall zu verhindern sei, erwidert Chamberlain, da liege die Voraussetzung vor, ob man sich mit einem solchen Falle zu beschäftigen habe oder nicht. Er habe ausgeführt, wie die Angelegenheit vor kurzem in Deutschland stand. Jetzt sei ein schwer zu verstehender Wechsel der Meinungen eingetreten. In den deutschen Zeitungen sei nicht mehr von Unter scheidungsmaßnahmen gegen Kanada die Rede Die deutsche Presse billigt unser Vorgehen und gibt der Ansicht Ausdruck, daß, wenn das Vorgehen einen Wechsel der Zollpolitik in sich schließe, deutsche Interessen nicht geschädigt zu werden brauchten, da die deutsche Politik entsprechend geändert worden und Deutschland einen rnoäus vivsväi mit uns finden würde. (Anhaltender Beifall.) Augenblicklich befürchte ich nicht, daß wir in die Lage versetzt würden, Vergeltungsmaßregeln wegen Kanadas in Erwägung zu ziehen. Die Opposition zeige außergewöhnliche Be sorgnis, daß die Kolonien enttäuscht würden. Nun, in dem gegenwärtigen Amte glaube ich Mittel zu haben, ein richtiges Urteil über die öffentliche Meinung in den Kolonien zu erfahren. (Beifall bei den Ministeriellen.) Nach weiteren Ausführungen Chamberlains lehnt das Haus mit 252 gegen 132 Stimmen den Antrag Bannerman ab. Dänemark. Kopenhagen. (Von einem anderen Korrespondenten.) In dem Parteienverhältnis ändert das Ergebnis der vor gestrigen Folkethingwahlen wenig. Geringe Einbuße erleiden die Liberalen, nämlich radikale 4 von 77, ge mäßigte 2 von 14 Sitzen. Die Konservativen steigen von 8 auf 12, wovon 3 Freikonservative, die Sozial demokraten von 14 auf 16. Schweden. Helsinborg. Die deutschen Küstenpanzerschiffe „Hildebrand" und „Hagen" sind gestern abend auf der hiesigen Reede eingetroffen. Rußland. St. Petersburg. Der Verleger der antisemitischen Blätter „Snamja" in St. Petersburg und „Bessarabetz" in Kischinew, Kruschewan, wurde gestern nachmittag auf dem Newsky-Prospekt von einem Israeliten, an geblich einem ehemaligen Studenten des Polytechnikums m Kiew, von hinten mit einem Messer gestochen und am Halse verwundet; die Verwundung ist nicht lebens gefährlich. Kruschewan hielt den Täter mit Hilfe des Publikums fest. Serbien. Belgrad. Die an der Verfassung von 1888 vorgenommenen Abänderungen sind gestern von der Skupschtina mit 113 gegen 3 Stimmen und hierauf vom Senat einstimmig genehmigt worden. Die Deputation ge dachte heute früh nach Genf abzureisen; sie überbringt dem König einen Abdruck der abgeänderten Verfassung von 1888 zur Einsicht. Nach seinem Eintreffen in Belgrad wird der König in feierlicher Sitzung der Nationalversammlung die Verfassung unterzeichnen und den Eid leisten. — Die gestern angenommenen wichtigsten Ab änderungen der Verfassung von 1888 bestehen dem „Berl. Lok.-Anz." zufolge darin, daß erstens beim Kapitel „König" die Dynastie Obrcnowitsch durch die Karageorge- witsch ersetzt wird. Der Absatz lautet: „Erblicher König Serbiens ist Peter Karageorgewitsch aus der Dynastie Karageorgs." Ferner wurde der Wahlzensus von 15 Fres für das aktive Wahlrecht beibehalten, jedoch mit der Bestimmung, daß in diese 15 Fres, auch die Kommunalsteuerzuschläge zugerechnet sind." Alle Privilegien des Hauses Obrcnowitsch wurden gestrichen. — Auf den Glückwunsch des Heeres, den der neue Kriegsminister, General Atanazkowitsch, übersandte, traf folgende Antwort des Königs Peter ein: „übermitteln Sie meiner ruhmreichen Armee, in deren Namen Sie, verdienter General, den Glückwunsch über sandten, meinen herzlichen königlichen Dank und seien Sie der Dolmetsch meiner Gefühle, die ich stets für meine heldenmütige Armee hege, um sie als ihr König und Oberbefehlshaber auf jenem Wege voranzuführen, den mein unsterblicher Großvater mit Ruhm bedeckt hat." — Der Stadtgemeinde Belgrad ist ein Telegramm des Königs zugegangen, worin dieser seme Freude aus spricht, nach 45 Jahren wieder nach Belgrad zu kommen. Die städtischen Behörden haben beschloßen, dem Könige eine Deputation bis Wien entgegenzusenden. — Der extremradikale „Odjek" bespricht die des neuen Königs harrende große Aufgabe und sagt, ein Lebensalter sei schon eine Gewähr dafür, daß nun eine Epoche ruhiger, kluger Regierungsweise folgen werde, daß der König den Staat vorsichtig und taktisch wohl überlegt auf den gleichen Weg wie andere europäische konstitutionelle Staaten führen werde Dem neuen König stehe eine große, schwierige Aufgabe bevor, denn die Arragonicn durch Frau Salbach gipfelte der Eindruck, den die Darstellung des Heinrichs VIII auf unserer Bühne hinterließ. Die Mischung von königlichem Stolz und edler Schlichtheit im Wesen der unglücklichen Königin, die Tiefe des Leids, das sie im Bewußtsein ihrer Reinheit überwindet, die treue Neigung, dre sie dem untreuen Gemahl bewährt, wurden voll Wärme und anspruchsloser Anmut durch die Künstlerin erfaßt und belebt. Frau Salbach feierte einen völligen künstlerischen Triumph. Interessant und mit berechtigter Hervorkchrung des plebejischen Elements in dem prachtliebenden stolzen Emporkömmling, verkörperte Hr. Froböse den Kardinal Wolsey. Hrn. Wienes Heinrich VIII. hätte das Widerspruchsvolle, Willkürliche im Charakter dieses Herrschers weit stärker herausstellen können, wenn er, was in solchem Falle erlaubt ist, über den Rahmen des Stückes hinausgegriffen hätte Die Herren Eggerth (Herzog von Norfolk), Winds (Bischof Gardiner), Rens (Graf Surrey), Huff (Kardinal CampejuS), Frl. Serda (Anna Bullen) traten aus dem Zusammen spiel belebend und wirksam hervor; die Gesamtwirkung erreichte die Höhe, die hier überhaupt möglich war. Adolf Stern. Wissenschaft. * Am 4. August soll in Berlin eine Vorkonferenz zur Vorbereitung einer internationalen Konferenz zur Regelung der Funkentelegraphie stattfinden Musik. * Als eins der Hauptwerke verzeichnet die VortragS- ordnung für das 15. Schlesische Musikfest, das in den Tagen vom 21. bi» 23. d MtS m Görlitz ab gehalten wird, Mozarts große 6-moll-Messe, auch „Dresdner Meße" genannt, sofern sie hierselbst in ihrer vom verstorbenen Großherzogl Hofkapellmeistcr a. D. Alois Schmitt herrührenden Rekonstruktion zum ersten Male zur Aufführung gelangte Und zwar soll da« Werk im Verein mit Beethovens neunter Symphonie am ersten Tage dargebotcn werden Für den zweiten Tag, o. i. Montag, den 22. d. Mts , sind angesetzt: „Meistersinger"-Vorspiel, Bach: „Wettstreit zwischen Phoebus und Pan", Schubert: unvollendete Ü-inoU- Symphonie, und Mendelssohn: „Die erste Walpurgis nacht". Die Vortragsordnung des dritten Tages ver heißt: Tschaikowsky: L-moII-Symphonie (Nr. 4), Liszt: „Mazeppa", Eugen d'Albert: Ouvertüre zu „Der Im provisator", Wagner: „Kaisermarsch" und Solistcnvorträge. Theater. * Die Direktion des Wiener Burgtheaters hat Ferdinand v. SaarS neues vieraktiges Volksdrama „Eine Wohltat" zur Aufführung angenommen. Das Stück soll zu des Dichters siebzigstem Geburtstag Ende September in Szene gehen. 1' Im Alter von 82 Jahren starb in Paris Etienne Victor Trvfeu (eigentlich Trvfeu de Frsval), der sich als einer der Textdichter Offenbachs einen Namen gemacht hat. Von Trsfeu sind die Texte der Operetten „II sixuvr Laxosto", plsur« st äsan qui rät", „4,» Lrineesss cks Msbiz.oväs", „4s Roman äs I» Ross", „Louis äs nsixs" u. a. verfaßt worden. Außerdem schrieb er Komödien, Schwänke, Aus stattungsstücke rc. * Mitteilung aus dem Bureau der Königl. Hofthcater. In der Sonnabend, den 20. Juni, nn Königl. Opernhause stattfindenden Aufführung der vieraktigen Oper „Margarethe" von Gounod gastiert Frl. Marga Burchardt vom Stadttheater in Rostock m der Titelpartie. * Residenztheater. Morgen abend wird „Madame Sherry" zum letzten Male gegeben Sonnabendabend kommt „Die Geisha" durch da« Ensemble de« Ber liner Zentraltheater« zum ersten Male zur Auf führung. Centraltheater. Morgen abend findet die letzte Aufführung von „Er und seine Schwester" mit den Wiener Gästen statt. — Am Sonnabend wird zum ersten Male „Die Notbrücke" von Grssac und Croisset mit vollständig neuer Ausstattung an Dekorationen, Möbeln und Requisiten gegeben. Das Lustspiel ist im Berliner Trianontheater während der letzten Wintersaison ununterbrochen ausgeführt worden Den außergewöhn lichen Erfolg, den das Stück in Paris und Berlin er zielte, darf man auch wohl für Dresden ermatten * Morgen, Freitag, nachmittags '^6 Uhr, findet in der hiesigen Frauenkirche znm Besten des Ver eins für Kinderheilstätten an deutschen See küsten die Geistliche Musikaufführung des Dresdner Lehrergesangvereins statt. Nach dem vorliegenden Programme verspricht sie einen hohen künst lerischen Genuß. Wir verfehlen daher nicht, noch ein mal besonders darauf aufmerksam zu machen. * Der Dresdner Orpheus veranstaltet Donnerstag, den 25. Juni, abends '^8 Uhr und Sonntag, den 28. Juni, nachmittags 4 Uhr je ein Sommerkonzett im Etablißemcnt Linckesche» Bad. (Siehe auch Ankündi- gungSteil.) * Dresdner Musikschule (DirektorR. L.Schneider). Da» Programm der Sonnabend, den 20. Juni, abends 7 Uhr in Hammer« Hotel stattfindenden Aufführung wird enthalten: Beethoven, Klavierkonzert in S-äur; Vieuxtemp», Violinkonzert in L äur; David, Klannetten- konzett in L-äur; Nokturne für Waldhorn von Reinecke; Klaviersoli von Chopin, Henselt und Scharwenka, sowie Gesänge von Torelli, Chopin, Schubert, Porpora, Mendelssohn und Hildach. Eintrittskarten erhält man unentgeltlich in den Schulexpeditionen Neumarkt 2, Chemnitzer Straße 20 und Blasewitz, Bergaattcnstraße 1. * Nicht weniger als drei musikdramatische Werke, von denen da» eine noch fest im Spielplan steht, werden in der nächsten Spielzeit für Dresden auf ein fünfzigjähriges Bühnenleben zurückblicken können. Es kamen hierselbst im Jahre 1853 zur ersten Aufführung Adolphe Adams „Nürnberger Puppe" am 29. September, Albert Lortzings „Opernprobe" am 28. Oktober und Nicolais „Lustige Weiber von Windsor". Ersteres Wett ging in der Besetzung: Cornelius — Räder, Benjamin — Rudolph (der Schwieger sohn Tischatscheks), Heinrich — Beck und Bertha — Frau Schuselka-Brüning zum ersten Male in Szene, nachdem es erst im Jahre zuvor, d. i. am 21. Februar 1852, seine Uraufführung in Paris erlebt hatte. Der Erfolg aber war nur mäßig und erst bei der Wiederaufnahme der musikalischen Bluette am 26. September 1890 er wies sich hier das Glück hold. Mit Frau Schuch, dann mit Frau Wedekind in der eigentlichen Hauptrolle hielt sie sich bis zum 23. September 1902 auf vem Spiel plan. Das an zweiter Stelle genannte Wett, der Opern einakter „Die Opernprobe", dessen Uraufführung in Berlin am 14. Oktober 1850 stattgefunden hatte, ging hierselbst in folgender Besetzung m Szene: Graf — Räder, Gräfin — Frau Wächter, Luise — Frl. Bredo, Hannchen — Frau Schuselka-Brüning, Baron Reinthal sen. — Koch, Baron Reinthal )un. — Rudolph Der Erfolg war da mals gleichfalls nur ein mäßiger. Erst als es am 29. Januar 1893 wieder auf der Bühne erschien, sprach es lebhafter an. Die Besetzung war vie folgende: Graf — Hr. Nebuschka, Gräfin — Frl. Löffler, Luise — Frl. Bossenberger, Hannchen — Frl. Brüning, Baron Rein thal svn. — Hr. Decarli, Baron Reinthal jun. — Hr. Erl. Da» Werk verschwand seit dem 27 März 1897 vom Spielplan. Nicolais „Lustige Weiber", die wir heute noch in voller Bühnenwirksamkeit erblicken, gab man vor 50 Jahren in der Besetzung: Falstaff — Räder, Fluch — Mittcrwurzer, Reich — Abrgcr, Fenton — WeixelSdorfer, Spärlich — Rudolph, Frau Fluth — Frl. Nev, Frau Reich — Frau Krebs - Michalesi, Anna — Frl Agne« Bunke Von ihnen allen ist einzig noch Frau KrebS- Michalesi, die unvergessen« Meistersängen», die erste deutsche Fide«, am Leben —ä.
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