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Dresdner Journal : 23.06.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-06-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190306231
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19030623
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19030623
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-06
- Tag 1903-06-23
-
Monat
1903-06
-
Jahr
1903
- Titel
- Dresdner Journal : 23.06.1903
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vez»»«Pret«: Veim Bezüge durch dir Geschäft»-«!« lnutrtzak« Z>r«»d«n» 2,b0 M (einschl. Zutragung), durch dir im Deuljchtn Reich« L M. (autschließüch Bestellgeld) vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Wird Zurückfendung der für die Schristleitung bestimmte», aber von diefer nicht rin- aesorderten Beiträge bean sprucht, so ist da« Postgeld beizufügea. V- 112 Dresdner Journal Herausgegeben von der Königl. Expedition des Dresdner Journals, Dresden, Zwingerstraße 20. — Fernspr.-Anschluß Nr. 1295. Prfcheiuent Werktag« aachm. b Uhr. — Originalberichtr »nd Mitteilungen dürfen unr mit voller Quellenangabe nachgedruckt werden. Dienstag, den 23. Juni nachmittags. AnkündtgungSgcbkhren: Die Zeile kleiner Schrift der 7 mal gespaltenen Autündi- guna«>Scite oder deren Raum 2» Pf. Bei Tabellen- und Ziffernsa» S P! Aufschlag für die Zeile. Unterm Re daktionsstrich (Lingesant oie Textzcile mittler Schrift oder deren Raum Sv Pf. Gebühren - Ermäßigung bei öfterer Wiederholung. Annahme der Anzeigen bi« mittags 12 Uhr für die nach mittags erscheinendeNummer. IMS. Amtlicher Teil. Dresden, 23. Juni. Se. Königl. Hoheit der Kronprinz ist heute nachmittag 4 Uhr 4 Minuten von Thorn nach Dresden bez. Wachwitz zurückgekehrt. Dresden, 23. Juni. Se. Hoheit der Erbprinz von Sachsen-Meiningen ist heute nachmittag 4 Uhr 3 Minuten in Dresden eingetroffen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Kassen- und Rechnungsfübrer des Bezirks armenvereins Mühltroff, Degenkolb, das Albrechts kreuz zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Prokuristen Braune bei der Firma Johann Christian Freygang in Leipzig das Ritter kreuz 2. Klasse des Albrechtsordens zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Lagerverwalter der Firma Jung L Simon in Schedewitz, Singer in Zwickau, das allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen. WekannLrnachung, eine Anleihe der Stadt Glauchau betreffend. Die Ministerien des Innern und der Finanzen haben zu der von der Stadtgemeinde Glauchau be schlossenen Ausgabe von Schuldscheinen in Abschnitten von 1000 und 500 M., welche auf den Inhaber lauten und seitens des letzteren unkündbar sind, be hufs Aufnahme einer mit 3'L vom Hundert jährlich zu verzinsenden Anleihe im Betrage von 3 Millionen Mark nach Maßgabe des vorgelegten Anleihe- und Til gungsplanes die nach 8 795 des Bürgerlichen Gesetz buchs erforderliche Genehmigung erteilt. Dresden, den 20. Juni 1903. Die Ministerien des Innern und der Finanzen. v. Metzsch. Rüger. ssao (Bchördl. Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile.) Nichtamtlicher Leit. Vor den .Stichwahlen. Die Sozialdemokraten haben diesmal in nicht weniger als 174 Wahlkreisen bei der Hauptwahl die stärkste oder wenigstens die zweitstärkste Stimmen zahl erhalten. Vor fünf Jahren war dies nur in 133 Wahlkreisen der Fall. Der Fortschritt, den die sozialdemokratische Partei in der deutschen Wähler schaft gemacht hat, ist also unleugbar ein großer. Ja, er ist wesentlich größer als ihn die Sozialdemo kraten selbst erwartet hatten. Welche Ursachen neben der skrupellosen Agitation der Sozial demokraten zu dieser unerfreulichen Erscheinung ge führt haben, kann erst erörtert werden, wenn die Wahlen vollständig abgeschlossen stnd und ein ruhiges Urteil ermöglichen. Heute haben wir cs in erster Linie mit der Aufgabe zu tun, bei den bevorstehen den Stichwahlen einem erheblichen Wachstum der Sozialdemokratie entgegenzuarbeiten. Nur in einer geringen Zahl der 122 Wahlkreise, in denen sozial demokratische Kandidaten sich der engeren Wahl zu unterwerfen haben, ist es den Sozialdemokraten aut eigner Kraft möglich, das Mandat zu erringen. Der „Vorwärts" glaubt, die Zahl dieser für seine Partei noch sicheren Mandate zwar auf 12 angeben zu können; aber das ist, wofern nur die bürgerlichen Wähler gewissenhaft ihr Wahlrecht ausüben und ge schlossen gegen die Sozialdemokraten stimmen, um- mindestens zwei Drittel zu hoch gegriffen. Bei diesen aus eigner. Kraft erworbenen Mandaten aber niuß es sein Bewenden haben Dafür zu sorgen, ist die Aufgabe aller derjenigen Wähler, die am 16. Juni für bürgerliche Kandidaten an die Urne getreten sind. Es kann mit großer Genugtuung festgestellt werden, daß die Leitungen der bürgerlichen Parteien in weit stärkerem Maße als vor fünf Jahren Auf forderungen an ihre Wähler richten, das Trennende beiseite zu stellen und gemeinsam der Sozialdemokratie entgegenzutreten. Was im besonderen die fünf säch sischen Reichstagswahlkreise anbetrifft, in denen sich Stichwahlen notwendig machen, so hat die Sieges zuversicht der Sozialdemokratie einen wesentlichen Stoß erhalten, seitdem in den beiden am meisten gefährdeten Kreisen Freiberg (IX.) und Leipzig- Stadt (XII.) durch Erklärungen des Komitee- liberaler Wähler bezl. eines angesehenen Partei gängers (vergl. die betreffenden Aufrufe in der gestrigen Nummer unseres Blattes unter „Wahl bewegung") die Parteifreunde ersucht werden, auf den Kandidaten der Ordnungspartei ihre Stimmen zu vereinigen. Dieser patriotische Entschluß verdient ebenso rückhaltlose Anerkennung wie derjenige der Zentrumsanhänger im Wahlkreise Bautzen (III ), die nach einer Erklärung in der heutigen Nummer der „Sächsischen Volksztg." beschlossen haben, in der Stichwahl ebenfalls für den Kartellkandidaten ein zutreten. Geschieht ein gleiches in den beiden übrigen Kreisen Oschatz (XI.) und Borna (X I V.) und darf ge hofft werden, daß in diesen und im Bautzner Kreise die zunächst für den Kartellkandidaten noch nicht gewonnenen freisinnigen Stimmen den Sozialdemokraten nicht zu fallen, fo wird die Erwartung der Sozialdemokraten sich nicht erfüllen, daß zu den 18 bisher eroberten säch sischen Mandaten sich noch weitere gesellen könnten, daß Sachsen somit ganz das „rote Königreich" würde, wie sie großsprecherisch in der vorigen Woche ausriefen. Auch im Reiche ist ein energischer Zusammen schluß der staatserhaltenden Parteien gegen die Sozialdemokratie überall bemerkbar. Die konser vativen Parteien, die Nationalliberalen, die Anti semiten stehen allenthalben Schulter au Schulter ihr gegenüber und die Zentrumspartei gibt wenigstens, wie soeben die „Germania" mitteilt, die Parole aus, daß es für ihre Wähler unter allen Umständen nicht zulässig sei, für sozialdemokratische Kandidaten zu stimmen. Das ist gegenüber dem Verhalten dieser Partei im Jahre 1898 ein entschiedener Fortschritt, und es wird erwartet werden dürfen, daß iy Wahl kreisen, in denen es darauf ankommt, sozialdemo kratische Siege zu verhindern, die katholischen Wähler für den bürgerlichen Kandidaten stimmen und nicht sich der Wahl enthalten werden; denn dies würde einem direkten Eintreten für die Sozialdemo kratie gleichkommen. Die freisinnige Volkspartei hat zwar von einer allgemeinen Stichwahlparole Abstand genommen und den einzelnen Wahlkomitees über lassen, wie sie sich in der engeren Wahl den bürger lichen Parteien gegenüber verhalten wollen; aber aus verschiedenen Bezirken liegen doch bereits Mitteilungen vor, daß die Wähler jener Partei beschlossen haben, gegen die Sozialdemokratie zum stimmen. Vor fünf Jahren stand die Leitung der freisinnigen Volkspartei im großen und ganzen der Sozialdemokratie noch ziemlich wohlwollend gegenüber. Auch hier also ist ein erfreulicher Wandel zum Bessern eingetreten, was allerdings in Anbetracht der gehässigen und schwach vollen Behandlung der Richterschen Partei durch die Sozialdemokraten nicht zu verwundern ist. Einzig und allein die Leitung und die Presse der freisinnigen Vereinigung macht es sich zur Auf gabe, direkt die Sozialdemokratie bei den Stich wahlen zu unterstützen und ihre Wählerschaft zur Stimmabgabe gegen sämtliche nicht frei sinnige und nicht sozialdemokratische Kandidaten aufzufordern. Wenn die Wähler der Freisinnigen Vereinigung nicht eine bessere nationale Einsicht besitzen, sondern die erwähnte Parole befolgen, so dürfte den Sozialdemokraten immerhin noch eine Reihe von Mandaten znfallen; denn leider würde dadurch anderseits auch die Wählerschaft der Ordnungsparteien beeinflußt werden, sodaß diese sich möglicherweise weigern würde, für die Kandidaten der Freisinnigen Vereinigung zu stimmen. Danach ist unter allen Umständen zu wünschen, daß die frei sinnigen Wahlkomitees schon im eigenen Interesse die von den Parteileitcrn ausgegcbcne Stichwahl parole ablehncn. Die Lage der bürgerlichen Parteien bei den Stichwahlen ist danach der Sozialdemokratie gegen über ohne Zweifel eine im allgemeinen günstige. Es darf jedoch zweierlei trotz der Kürze der Zeit, die uns noch von dem Termin der engeren Wahl trennt, nicht versäumt werden. Das erste ist die in ver stärktem Maße auszuübende Einwirkung auf die jenigen Wähler, die auch bei diesen Wahlen wieder nicht gestimmt haben, und diese dürfte unter Hin weis auf die sozialdemokratische Gefahr nicht ohne Erfolg sein. Das andere ist die möglichst intensive Aufklärung der sogenannten Mitläufer der Sozial demokratie, die am 16. Juni infolge Irreführung oder Verstimmung oder aus anderen Gründen sozial demokratische Zettel abgegeben haben. Vielen dieser Wähler, die im Grunde genommen als patriotische Männer, die von den Zielen der Umsturzpartei nichts wissen wollen, zu erachten sind, wird bereits über die sozialdemokratische Gefahr ein Licht aufgegangen sein, wenn sie die Auslassungen der sozialdemokratischen Parteipresse nach den Wahlen zu Gesicht bekommen haben. Der einstimmige Jubel, mit dem die internationalen Sozialrevolutionäre aller Länder die Siege der deutschen Sozialdemokratie als eigenen Sieg begrüßt haben, zeigt deutlich, wie weitab von unserem nationalen Wohle die Ziele liegen, die von der deutschen sozialdemokratischen Partei befolgt werden. Würden die auswärtigen Revolutionäre, die sich immerhin noch nationale Ge sinnungen bewahrt haben, derart über Parlaments siege einer deutschen Partei triumphieren, wenn sie von dieser nicht die Vernichtung der deutschen Macht und Einheit erwarteten? Kein deutscher Wähler, der noch Nationalbewußtsein besitzt, sollte es über sich gewinnen, durch Abgabe roter Zettel dem äußeren und inneren Feinde unseres Vaterlandes Triumphe zu bereiten. Wer sich bei der Hauptwahl hat dazu verführen lassen, der hat es jetzt bei der Stichwahl in der Hand, den Fehler wieder gutzumachen. Die Parole kann für jeden deutschen Mann, der sein Vaterland lieb hat, nur lauten: Gegen die Sozial demokratie! Tagesgtschichte. Dresden, 23. Juni. Se. Hoheit der Erbprinz von Sachsen Meiningen ist heute nachmittag 4 Uhr 3 Min zu Besuch Sr. Majestät des Königs auf dem hiesigen Hauptbahnhofe eingetroffen und wurde daselbst im Allerhöchsten Auftrage vom Königl. Flügeladjutanten Major Frhrn v. Welck empfangen und nach dem Sommerhoflager Pillnitz geleitet, wo selbst der Hohe Gast Quartier genommen hat. — An der um '^6 Uhr stattfindenden Königlichen Tafel wird außer Sr. Hoheit dem Erbprinzen auch Se. Königl. Hoheit der Kronprinz mit Höchstseinem persönlichen Adjutanten Hauptmann v. Zeschau teil nehmen. Zu dieser Tafel sind ferner noch mit Einladungen ausgezeichnet worden: Se. Exzellenz der Königl. Staats- und Kricgsminister General der Infanterie Frhr. v. Hausen, die Obersten v. Kospoth, Kom mandeur des 7. Königs Infanterieregiments Nr 106, und v. Ehrcnthal, Kommandeur des 1. (Leib-) Grenadierregiments Nr. 100 sowie der Major im Generalstabe v. Carlowitz. Während der Tafel wird die Kapelle des 7.Königs- Infanterieregiments Nr. 106 im Cchlvßparke kon zertieren. Dresden, 23. Juni. Ihre Königl. Hoheit die Frau Prinzessin Johann Georg zeichnete gestern abend das zum Besten der Kinderbewahr anstalt Loschwitz-Weißer Hirsch ausgeführte Wohl- tätigkcitskonzert im Etablissement Weißer Adler mit Höchstihrem Besuche aus. Dresden, 23. Juni. Se Exzellenz der Hr. Staats- und Finanzministcr Dr Rüger ist vom Urlaub zurückgckchrt und hat die Leitung der Geschäfte wieder übernommen. Deutsches Reich. Berlin. Aus Cuxhaven wird gemeldet: Se. Majestät der Kaiser traf gestern nachmittag ^7 Uhr an Bord der „HohenzoUern", die von dem Kreuzer „Nymphe" und dem Tepeschenboot „Sleipner" begleitet war, hier ein. Das Fort Grimmcrhoern feuerte einen Salut von 33 Schuß. Gestern vormittag nahm der Monarch den Vorträg des Chefs des Zivittabinetts entgegen. — Wie berichtet wird, hat der Bundesrat in seiner letzten Sitzung, entsprechend dem Beschlusse des Reichs tages, alle Gesuche um strafrechtliches Verbot medi zinischer Eingriffe an Menschen zu anderen als diagnostischen, Hell- oder Jmmunisierungszwccken, also nicht zu wissenschaftlichen Versuchen, dem Reichskanzler zur Erwägung überwiesen. — Das Kaiser!. Statistische Amt beabsichtigt, eine Zusammenstellung der gegenwärtig zwischen Arbeit gebern und Arbeitnehmern für ganze Gewerbe, sei es an einzelnen Plätzen oder für größere Bezirke, bestehenden Tarifverträge zu veranstalten, und bittet die beteiligten Arbeitgeber und Arbeiterkrcise, ihm die in ihrem Ge werbe bestehenden Tarife in einem Exemplar einsenden zu wollen. Potsdam. Ihre Majestät die Kaiserin ist gestern abend '^12 Uhr nach Plön abgereist. Breslau. Hier fand am vergangenen Sonnabend als Abschiedsfeier zu Ehren des bisherigen kommandieren den Generals des 6. Armeekorps, Erbprinzen Bern hard von Sachsen-Meiningen, jetzt General inspekteur der 2. Armeeinspektion, im Festsaale der Zwingerressource ein gemeinschaftliches Essen statt, zu dem an etwa 200 Personen Einladungen ergangen waren. Nachdem General v. Woyrsch, Oberpräsident Herzog zu Trachenberg, Kardinal Kopp und der Reetor NaxniLous Prof. Or Leonhard gesprochen, erhob sich der Erbprinz und richtete an die Festgesellschaft folgende Worte: „ Empfangen Sie zunächst meinen herzlichsten Dank dafür, Kunst und Wissenschaft. Die sächsische Kunstausstellung Dresden 1S0S. VI. Einen besonderen Glanzpunkt der Ausstellung bildet die stattliche Fülle plastischer Werke, unter denen sich außer den vielen kleineren Arbeiten, die aus der am Schluffe des vorigen Jahres veranstalteten Konkurrenz für die Klein- und Kabinettplastik hervorgegangen sind, mehrere Skulpturen von größerem Kunstwert befinden. Die Urheber der bei weitem meisten dieser Skulpturen leben und arbeiten in Dresden, ein Zeichen, daß noch immer die Pflege gerade dieses Kunstzweiges einen be sonders ehrenvollen Platz in dem Kunstleben der sächsi schen Hauptstadt einnimmt. Aber auch in Leipzig und dem benachbarten Meißen hat die Skulptur bereits an- gefangen, tiefere Wurzel zu schlagen, dort sicherlich unter dein Einfluß Max Klingers, hier in Verbindung mit dem wiedererwachtcn Streben an der Königl. Porzellan manufaktur, zu einer reicheren, modernen Formcnsprachc zu gelangen. Von den außerhalb ihres Vaterlandes lebenden Bildhauern sächsischer Herkunft haben sich nur wenige beteiligt. Nur aus Rom, Wien, Berlin und Charlottenburg sind einige Arbeiten eingesendet worden. Da es nicht möglich war, Klingers „Beethoven" für die Ausstellung zu gewinnen, müssen sich die Ver ehrer des Leipziger Künstler«, die gerade in Dresden sehr zahlreich sind, mit dem Gipsmodell seines „Athleten" und der Büste des dänischen Schriftstellers Georg Brandes begnügen Beide haben in der immer wieder feierlich und festlich wirkenden Eingangshalle Platz gefunden Der „Athlet" (Nr. 294) ist ans der Estrade link«, die Brandes-Büste (Nr. 295) in der Nähe von SrffnerS „Eva" auf der rechten Seite der Halle zu suchen. Man meints, in der Figur des Athleten die Studie zu dem Adler an dem Beethoven-Denkmal erblicken zu müssen, da der Künstler an ihr die Bewegung des Adlers be obachtet haben soll. Diese Erklärung, über deren Authentizität wir nicht unterrichtet sind, macht das Werk jedenfalls nicht leichter verständlich. Man kommt viel weiter, wenn man den auf den Boden hockenden, muskulöfen Kämpfer, der jeden Augenblick bereit ist, aufzuspringen, um sich aufs neue zu verteidigen, für einen gestürzten Titanen hält, der vorläufig zu Falle gekommen ist. Welcher Erklärung man sich aber auch anschließen may, das, was an der Figur am meisten zu bewundern ist, ist die kolossale physische Anspannung dieses urkräftigen Körpers, der einen auf das sorgfältigste beob achteten und glänzend durchgeführten Männerakt in schwierig ster Haltung darftellt. Auch die Brandes-Büste verdient uneingeschränkten Beifall. Klinger hat in ihr weit mehr als in seiner Lisztbüste das Persönliche und das Typische in Einklang zu bringen verstanden. Hätte er bloß das Porträt des bekannten dänischen Literaturkritikers und Essayisten wiedergeben wollen, so würde das überlebens große Format stören. Brandes erschien ihm aber offen bar als der Typus des modernen, ebenso scharfsinnigen, als rücksichtslosen Kritikers, dem es nicht bloß auf eine sachliche Erörterung ankommt, sondern der zur Be friedigung seiner persönlichen Eitelkeit alle Künste der Dialektik spielen läßt und in der Wahl der Mittel, sich durchzusetzen, nicht gerade ängstlich ist. Darum übertrieb er die an und für sich schon stark ausgeprägten Charakter- züae dieses Kopfes, mdem er das üppige Haupthaar sich sträuben ließ und die Denkerfalten auf der Stirn besonders betonte, als wolle der gereizte Kritiker soeben über einen Gegner herfallcn Auf diese Weise hat die Büste etwas von der energischen Lebendigkeit bekommen, die wir von den Porträt« der belgischen Bildhauer kennen: derselbe Zug von egoistischer Rücksichtslosigkeit und Härte, der an so vielen von jenen auffällt, ist auch dieser Klingerschen Brandesbüste eigen. Nicht minder bedeutend ist Karl Seffners Marmor- sigur der „Eva" (Nr. 334). Der jugendliche Leib dieser Frauenaestalt ist in allen Teilen prächtig durch- aebildet und kaum weniger schön als Hildebrands viel bewunderte „Luna" von 1899. Doch tritt der sinn liche Reiz in Seffners Arbeit wesentlich stärker hervor, als bei der Hildebrands, was vielleicht auf die überaus geschickt durchgeführte bräunliche Tönung des Marmors zurückzuführen ist. Die gleichfalls in Marmor gearbeitete „Beetyovenbüste" Seffners (Nr. 335) im Hauptsaal ist schon wegen des Vergleichs mit Klingers nach der Totenmaske geformten Beethovenkopfe interessant. Sie erscheint weit weniger heroisch und enttäuscht vielleicht deshalb auf den ersten Blick, da sie aber die mensch lichen Züge des großen Komponisten betont, empfängt sie als die Arbeit eines strengen Realisten ihre besonderen Reize, die auch der auf denselben künstlerischen Anschau ungen beruhenden Büste des verewigten Leipziger Gym nasialrektors und Universitätsprofeffors vr Richard Richter (Nr. 336) nachgerühmt werden müssen. Von Georg Kolbes als Akt ausgezeichneter Adams- sitzur (Nr. 298) haben wir bereits bei der Würdigung seines Kolossalgemäldes gesprochen. Weniger einverstanden können wir uns mit seiner als „Leiden" bezeichneten Frauenbüste (Nr. 300) erklären Ist auch der gewollte Ausdruck mit eigenartiger Kraft herausgckommen, so wirken doch die erstarrten Züge dieser Frau in der Marmorausführung im Grunde nur sonderbar, aber nicht ergreifend. ES liegt hier offenbar eine stilistische Ver wechslung dessen, wa« dem Maler gestattet ist, mit dem für den Bildhauer Zulässigen vor, ein Irrtum, der bei einem Künstler, der wie Kolbe nach beiden Richtungen hin noch in der Entwicklung begriffen ist, leicht erklärlich ist. Eine ähnliche Doppelstellung wie Kolbe nimmt Carl Stoeving m Berlin ein. Er ist allerdings sowohl als Maler wie auch als Bildhauer weit fertiger als Kolbe, aber seine Kunst ist durchaus eklektisch und lehnt sich mehr, als es gut ist, an englische Vorbilder an. Aller dings zeigt sich diese Unselbständigkeit weit mehr in seinen Gemälden, als in seinen plastischen Arbeiten, ob wohl auch diesen eine gewisse Neigung zu einer spiele rischen Formgebung eigen ist. Das gilt am meisten von seinen beiden Erzreliefs (Nr. 343 und 344), namentlich von dem mit dem Motto: „Berget uns, Flammen" (Nr. 343) versehenen, dessen Liniengewirr sich niemand klar machen kann. Die Erzbüste Friedrich Nietzsches (Nr. 340) kann sich neben der Klingers kaum behaupten und auch die weibliche Erzbüste, die als „Wunsch" (Nr. 341) bezeichnet ist, erscheint wegen des steif empor gehaltenen Halses zu gesucht. Die beiden Gips reliefs Arthur Volkmanns aus Rom, „Die Amazone mit Pferd" und mehr noch der „Jüngling mit Stier" (Nr. 371 und Nr. 372) gewinnen durch die Aufstelluncz, da sie als Dekoration der beiden Wände, welche die Eingangshalle von dem Hauptsaal trennen, auf das glücklichste verwertet werden konnten. Die beiden auf recht stehenden Gestalten des Jünglings und der Amazone ergeben durch den Gegensatz zu den wagrechten Rückenlinien der Tiere ein in sich geschloffenes Raum bild, das durch sein ruhiges Ebenmaß erfreut. Auch die Bemalung dieser beiden Gruppen ist dezent genug, um nicht zu stören, während sie der'„weiblichcn Bildnisbüste" (Nr. 369) direkt etwas Lebloses gibt, also gerade da« Gegenteil der beabsichtigten Wirkung erreicht Eine über aus liebenswürdige Leistung von cbensogroßer Anmut wie Zartheit ist dann die aus dem Besitz der Königl. Skulpturensammlung stammende Marmorgruppe „Erste Liebe" von Felix Pfeifer in Leipzig-Schleußig (Nr 315). Sie entzückt durch die Keuschheit der Empfindung, die
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