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Grzgeb.^DoLsfreund Redactton, Verlag und Druck von C. M. Gärtner in Schneeberg. 193. 1882. Sonntag, den 20. August Preis vierteljährlich 1 Mark 80 Pfennige. InsertionSgebllhren die gespaltene ZN^ 10 Pfennige, die zweispaltige Zeile amtlicher Inserate LS Pfennige. l» I WWWW"- Erscheint täglich, mit Ausnahme der i Sonn-und Festtage. - t! Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden in Aue, Grünhain, Hartenstein, Johanngeorgenstadt, Lößnitz, Neustädtel, Schneeberg, Schwarzenberg und Wildenfels. Ladung. Die Musiker 1 ., Wilhelm Lindner, 2 ., Karl Ruppert, beide 21 Jahre alt, geboren zu Seifen in Böhmen, deren Aufenthalt unbekannt ist, welchen zur Last gelegt wird, im Umherziehen gewerbliche Leistungen feilgeboten zu haben — Uebertretung gegen 8 148 Nr. 7 und Schlußsatz der Reichsgewerbeordnunq vom 21. Juni 1869 in Verbindung mit 8 1 unter Nr. 4 und 8 16 des König!. Sächs. Gesetzes vom I. Juli 1878 — werden auf den 2« September 1882, Vormittags 11. Uhr, vor das Königliche Schöffengericht zu Schwarzenberg zur Hauvtverhandlung geladen. Auch bei unentschuldigtem Ausbleiben wird zur Hauptverhandlung geschritten werden. Schwarzenberg, den 12. Juli 1882. Der Königliche Amtsanwalt. 1—2 — Horack. Oeffentliche Sitzung des Stadtgemeinderaths zu Johanngeorgenstadt Mittwoch, den 23. dfs. Mts, Nachmittags 4 Uhr im Sitzungszimmer. Die Tagesordnung wird durch Anschlag amMathhause bekannt gegeben. Bekanntmachung. Nachdem bez. auf Anregung des Herrn Feuerlöschdirector Gantenbrrg eine Ver kürzung der Dienstzeit der hiesigen Feuerwehren beschlossen und der hierdurch erforderlich gewordene Nachtrag zur Feuerlöschordnung für Aue von der Königlichen Amtshauptmann schaft Schwarzenberg genehmigt worden ist, wird gedachter Nachtrag hierunter zur öffent lichen Kenntniß gebracht. Äue, am 18. August 1882. Der Stadtgemeinderath. Schiefer, Brgrmstr. Nachtrag zur Feuerlöschordnung für die Stadt Aue vom 1. u-25.Febr.1881. 8 1- An Stelle des 8 1 der Feuerlöschordnüng für die Stadt Aue vom 1. Februar 1881 treten folgende Bestimmungen: In der Stadt Aue ist jeder dasige unbescholtene männliche Einwohner vom er füllten 25. bis zum erfüllten 35. Lebensjahre, sobald er drei Monate lang hier wohnhaft ist, zum Feuerwehrdienst verpflichtet und findet dabei eine Stellvertretung nicht statt. Es ist jedoch jedem Verpflichteten nachgelassen, seiner Pflicht in der freiwilligen Feuerwehr Genüge zu leisten. Ausgenommen von dieser Verpflichtung sind nur 1) diejenigen, welche wegen augenscheinlicher körperlicher und geistiger Gebrechen untauglich sind, oder im Zweifelsfalle ihre Untauglichkeit durch ein Zeugniß des hiesigen Polizeiarztes Nachweise» können; es können dieselben nach Befinden jedoch bei etwa entstehenden Bränden zum Nachtdienst oder sonstigen leichten Dienstleistungen herangezogen werden. 2) Die Mitglieder des Stadtgemeinderathes und alle bei der hiesigen städtischen Behörde oder im Staatsdienste angestellten Beamten. 3) der Ortsgeistliche, die Schullehrer, sowie der Director und erster Lehrer an der hiesigen Fachschule für Blecharbeiter. 4) Arzt und Apotheker. 5) Personen, welche in der freiwilligen Feuerwehr 6 Jahre lang gut gedient haben. 6) diejenigen, welche nach dem Dafürhalten der Feuerlöschdepntation dem Insti tute nicht förderlich sein würden und überhaupt nicht zum Dienste berufen werden. 8 2. 8 1 der gedachten Feuerlöschordnung wird hierdurch aufgehoben. Aue, am 11. August 1882. Der Stadtgemeinderath. Hauptspritzenprobe der dienstpflichtigen Feuerwehr zu Schwarzenberg, Montag, dm 21. August 1882, Abends 6 Uhr, wozu die sämmtlichen Mannschaften nur hierdurch eingeladen werden. Nichterscheinen wird gemäß 8 41 der Feuerlöschordnung mit 3 Mk. — Pf. Strafe geahndet. Schwarzenberg, am 18. August 1882. (1—2) Der Feuerlöschausschuß. Deimer, Stadtrath. Bekanntmachung. Vom 1. September dieses Jahres ab wird das Untersteueramt Hartenstein ohne Veränderung des Hebebezirks in eine Steuer-Receptur umgewandelt. Dresden, am 10. August 1882. Königliche Zoll- und Steuer-Direction. Schultz. Grabner. Tagesgefchichte. Der Parlamentarismus auf Probe. 3. D Der größte Nachtheil des parlamentarischen Regi mes besteht aber darin, daß es in Zeiten der Gefahr, in allen ernsten Lagen völlig werthlos ist. Die hohle Dekla mation, das Jntriguiren, die Rücksichtslosigkeit der Parteien und namentlich das vielköpfige Wesen eines Parlaments vermehren dann nur die Gefahren. In solchen Zeiten kann immer nur Einer gebieten, anordnen und entscheiden und dadurch ist aus dem Parlamentarismus immer der Cäsaris- mus entstanden, das ist die aufgeklärte Tyrannei oder Will kürherrschaft. Damals wurde in England Cromwell Dic- tator, der lange Jahre hindurch weder nach Parlament, noch nach Ministern und Gesetzen fragte, sondern seinen eignen Willen zum Gesetz erhob; darum kamen in Spa nien die diversen Siegesherzöge und in Frankreich die Na poleons an die Spitze des Staates. Langsam aber sicher steuert endlich jeder Parlamenta rismus schon deshalb der republikanischen Staatsreform zu, weil die Republik, wie sich auch ^Montesquieu ausdrückt, im Grunde das Ideal eines jeden Parlamentarismus ist und die Bemühungen einer jeden politischen Partei schließ lich ganz von selbst dahin gehen, Vsich dem Ideale immer inehr zu nähern. I« Frankreich tauchte deshalb auch bei jeder der seit 1817 stattgefundenen Erneuten und Revolu tionen sofort die rothe Mütze der Republik auf, und wenn sie auch zumeist wieder verschwand, so verschwand sie nur darum wieder, weil man sie noch nicht für zeitgemäß hielt.*) Bis jetzt ist aber auch eine jede Republik an demselben Uebel zu Grunde gegangen, welches regelmäßig dem Par lamentarismus umbringt, an der Usurpation oder dem Cä- sarismus, und diesem Geschicke wird Frankreich auch dieses Mal wieder unterliegen, um das voraus zu sagen, braucht's nicht des Sehers Auge. Der Cäsarismus steht dort schon lange lauschend aus der Schwelle. Wenn die parlamentarischen Schreihälse und Jntriguanten durch ihre Uneinigkeit, durch ihre rücksichts lose Wirthschaft das Volk mit Widerwillen erfüllt, das An- ') . Dasselbe creM.tc sich übrigens au- Grund des Paria. mcnwnSmns auch in Spanien, und wer die innere Geschichte Englands in diesem Jahrhundert nnr einigermaßen verfolgt Hatz findet auch hier zahlreiche Beweise für unsere Behauptung. sehen der Regierung durch ihre unaufhörlichen Wechsel in den höchsten Beamtenstellen völlig untergraben haben; wenn Niemand mehr Minister werden will; wenn die Armee, an ein persönliches Regiment gewöhnt, nicht mehr weiß, wem sie folgen oder gehorchen soll, dann öffnet wieder leise das Geschick die Pforten und wir werden dann abermals das neue und doch ewig alte Schauspiel des Cäsar erleben. Man sollte denken, daß sich die dermaligen Republika ner Frankreichs die Geschichte ihres Landes im letzten Jahr hundert, also ihre eigene Geschichte zu Herzen genommen hätten; — aber wenn die Lehren der Geschichte wirklich dazu da sind, um vergessen zu werden, so beweist das die jüngste Geschichte Frankreichs. Diese parlamentarischen Wort- und Parteiführer sind eben unverbesserlich; jeder fühlt sich, wie Voltaire sagt, als kleiner Herrscher, es sind genau dieselben eingebildeten, rechthaberischen Leute wie vor fünfzig und mehr Jahren. Damals, es war im Jahre 1824, rief einer dieser Mundhelden in der französischen Deputir- tenkammer, als man ihn auf das Gefährliche der fortwäh-, renden Ministerwechsel verwies, unter dem ungeheuersten Beifall seiner Anhänger: „Vor sieben Jahren waren Mini ster, wo sind sie? Gab es seit einem halben Jahrhundert ein System das sieben Jahre gedauert, ein Ministerium das sieben Jahre Bestand gehabt, eine Wahrheit oder ein poli tischer Name, den man sieben Jahre lang anerkannt hätte?" Und General Foy, der Führer der französischen Par lamentarier, rief bei derselben Gelegenheit pathetisch aus: „Von der Restauration an bis auf heute ist die mittlere Dauer eines ministeriellen Lebens auf zwei bis drei Jahre festgesetzt worden!" Haben wir jetzt nicht wieder dasselbe Schauspiel, in 12 Jahren einige sechszig Ministerwechsel l ha ben sich diese Menschen geändert? Sehen sie ein, daß sie an diesen fortwährenden Cabinetswechseln zu Grunde gehen müssen? Daß damit auch ihre besten Führer entmuthigt und die Reihen der Feinde verdoppelt werden? Darum sagen wir: der Parlamentarismus ist wieder einmal auf Probe, er giebt Gastrollen in Frankreich. Bis jetzt hat er kein Glück gehabt, — doch der weitere Verlauf der inneren französischen Angelegenheiten ermöglicht es Je dermann, sich über den Werth dieses einst viel gerühmten Systems bald und schnell ein sicheres Urtheil zu bilden. — Wohl ist auch bei uns in Deutschland ein parlamen tarisches Leben geschaffen worden, glücklicherweise aber wäh len sich unsere Fürsten ihre Minister nach ihrer eigenen Ue- berzeuqunq und unabhängig von den jeweiligen Kammer- majoriläten. Diese/ nur vom Vertrauen des Fürsten ab ¬ hängigen Staatswürdemräger stehen damit über den Par teien, und haben sich mit den, so oft vom'plumpen Zufall abhängigen Minoritäten und Majoritäten nach ihrer Weise auseinander zu setzen. Dadurch arbeitet die Regierungs- mascyinerie mit Ruhe und Stetigkeit, die Achtung vor den höchsten Beamten, vor dem Regierungssystem und vor den Gesetzen wird nicht erschüttert, und was! wären wir über haupt heute, wenn es nach unseren Parlamentariern ge gangen wäre, die Bismarck im Jahre 1863—65 als be schränkten Kopf, als Landesvecräther hinstellten? Die großen Thaten der jüngsten Zeit, an denen sich unser deutsches Reich glanzvoll wieder aufgerichtet; sie kommen auf Rech nung des monarchischen Princips und nichts ist geeigneter uns für dasselbe zu begeistern, als gerade die Vorgänge in Frankreich. Wenn uns darüber noch ein Zweifel bliebe, gewisse deutsche Journale helfen ihn verscheuchen. Deutlich liest man aus ihnen den bitteren Verdruß heraus, welche ihnen die innere politische Lage Frankreichs einflößt, denn sie sehen nur zu deutlich, daß sich dort der Parlamentaris mus, für den sie so lange und so heftig gefochten, wieder einmal gründlich blamirt, aber zum Heile unseres ge liebten Vaterlandes. Frankreich. Paris, 16. August. Die Bonapartisten begingen gestern den 15. August, den sogenannten Rapoleonstag, mit viel größerer Feierlichkeit als in den letzten Jahren. Infolge der durch die Umtriebe Gambettas entstandenen verzwickten Lage sind dieselben wieder hoffnungsvoll ge worden und sie halten den Augenblick für geeignet, wieder auf der politischen Bühne zu erscheinen. Seit dem Tode des kaiserlichen Prinzen waren Zwistigkeiten ausgebrochen. Die einen gingen mit Paul de Cassagnac, die zweiten mit Jules Amigues und die dritten mit dem Prinzen Napoleon (Jerome). Die beiden ersten Bruchtheile versöhnten sich und beschlossen, am 15. August die Einheit der bonapar- tistischen Partei zu besiegeln und den Prinzen Victor, den ältesten Sohn des Prinzen Napoleon (Jerome), als den Nachfolger des kaiserlichen Prinzen, nämlich als Napoleon V., auszurufen. Infolgedessen hatte man zwei Messen anbe raumt, die eine in der Notre-Dame-Kirche, die andere in der Kirche St. Augustin. Zugleich hatte man aber für gestern Nachmittag eine öffentliche Versammlung in dem Saale Wagram veranstaltet. Mehrere tausend Bonapac- tisten, eine große Anzahl von Arbeitern, viels ehemalige