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(NEtück'vMakM zum geringsten Teil in der Gewißhell ihrer Dauer besteht. // Freilich regte sich nichts von Neid oder eigener Begehr- / Daß auch Inge dabei «inbegriffen sein mußte, ver- ursachte ihm freilich noch sür geraume Zeit ein unbe hagliches Gefühl aufrichtigen Bedauerns. Denn er konnte nicht an sie denken, ohne daß es ihm warm ums Herz wurde, und ohne daß ihm allerlei liebe Erinnerungen durch den Sinn gingen. Sie wird den Mann, dem sie eines Tages Leib und Seele schenkt, sehr glücklich machen, dachte er dann wohl — nicht durch Seligkeiten von jener be rauschenden und überschwenglichen Art, wie eine Luisa Magnus sie vielleicht zu vergeben hah wohl aber durch jene stillen und tiefen Freuden, deren Köstlichkeit nicht ie Gedanken an Luisa waren jedesmal ärger liche, ja, saft beschämende Augenblicke für Rodeck gewesen; denn es war ja sein fester Entschluß, sich von diesen Erinnerungen ein für allemal loszumachen. Bon außen her hatten sie während dieser ganzen Zeit nicht die geringste Nahrung erhalten. Er wußte weder, wo sich die Brasilianerin befand, noch wie es um ihr Ergehen bestellt war. Wenn der Oberst inzwischen aus dem Leben geschieden war, so hatte seine Tochter es jedenfalls für überflüssig gehalten, ihn davon in Kenntnis zu setzen. Und ebensowenig hatte sie ihn über die weitere Gestaltung ihres Verhältnisses zu Gerhard Holthausen unter- richtet. Daß er darüber sehr gern Gewißheit gehabt hätte, wagte sich Rodeck freilich trotz all seiner mannhaften Vorsätze nicht zu verhehlen, und wenn er sich auch nicht hatte entschließen können, unter irgendeinem Vorwande an Holthausen selbst zu schreiben, so war er doch eines Tages der Versuchung unterlegen, sich mit seiner Schwester brieflich in Verbindung zu setzen. Es war ein sehr vorsichtiger und ganz unverfänglicher Brief gewesen, ein Lebenszeichen, das ihr lediglich als die Erfüllung einer Höflichkeitspflicht erscheinen mußte, und das nicht einmal mit Notwendigkeit eine Antwort heischte. Beiläufig hatte er des großen Bildes erwähnt, das dem nächst in Hamburg zur Ausstellung gelangen würde, und für das er auf eine ebenso freundliche Beurteilung hoffe, wie sie seinen „beiden Leonoren" hatte widerfahren lassen. Und ganz am Schluffe hatte er der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß Gerhards Gesundheitszustand sich inzwischen in dem erhofften Maße gekräftigt haben möge. Er hatte lange gezögert, den Brief abzuschicken, dann aber hatte er mit einer Ungeduld, wegen deren er sich selber verspottete, auf das Eintreffen der Antwort ge wartet. Aber es war ein vergebliches Warten gewesen. Nicht mit einem einzigen Wort hatte Inge Holthausen ihm für seine Höflichkeit gedantt, und nachdem er den begreiflichen Aerger über diese Enttäuschung erst einmal verwunden, hatte sich Hermann Nodeck gesagt, daß es so doch vielleicht am besten sei. An eine Möglichkeit, das gelockerte Freundschaftsband mit Gerhard Holthausen von neuem zu knüpfen, konnte er nach den peinlichen Ein drücken, die er in Hamburg von dem so traurig ver änderten Wesen des Arztes empfangen, nicht mehr glauben. Und alles Unwahre und Unklare in den Be ziehungen zweier Menschen zueinander war ihm von jeher so in innerster Seele verhaßt gewesen, daß er nicht nur sich selbst, sondern auch dem anderen mit einem un zweideutigen Abbruch allen Verkehrs den besten Dienst zu leisten meint«. lichkeit in seinem Herzen, wenn er solchen Vorstellungen nachhing. Was er für sich selbst erträumte, .war von ganz anderer Art. Und es wurde nicht beherrscht von dem Phantom irgendeiner berückenden Frauengsstalt. Wie er den Frauen bis zu diesem Tage keine entschei dende Gewalt eingeräumt hatte über sein Schicksal so gedachte er sich auch in Zukunft seine Unabhängigkeit von ihnen zu bewahren. In all seiner reifen und vollkräf tigen Männlichkeit war er noch immer naiv genug, seinen Beruf als Künstler fast wie ein Priestertum aufzufassen, das die Hingabe des ganzen Menschen verlangte. Er überschätzte seine Fähigkeiten nicht, aber er war entschlos sen, das Höchste zu erreichen, das ihm mit Anspannung aller Kräfte zu erreichen möglich war. Er wollte sein Temperament und seine Begeisterungsfähigkeit so wenig wie seine physische Kraft in Liebschaften oder aufreiben den Genüssen anderer Art vergeuden. Er wollte sich seine Freiheit bewahren, und er hatte aus hundertfältiger Beobachtung die Gewißheit gewonnen, daß es im Leben keine schlimmere Knechtschaft gibt, als die sklavische Ab hängigkeit von den eigenen Lüsten und Begierden. Schon auf der Akademie war er um seiner Enthaltsamkeit und um des strengen Ernstes seiner Lebensführung willen ein Gegenstand des Staunens für seine zu allerlei Leicht fertigkeiten aufgelegten jugendlichen Kunstgenüssen ge wesen. Nicht des spöttischen Staunens allerdings, sondern viel eher des bewundernden; denn in seiner Art war schon damals etwas gewesen, das zur Achtung und zur Ehrerbietung zwang. Er hatte nur selten einen Tropfen geistiger Getränke über die Lippen ge bracht, und war doch allezeit ein fröhlicher und aufge räumter Gesellschafter gewesen; er hatte sich in seiner Lebensweise einer geradezu asketischen Genügsamkeit und Sparsamkeit befleißigt, aber er hatte sich nie vergeben» bitten lassen, wenn es galt, die augenblickliche Not eine» guten Bekannten zu lindern. Und er hatte den anderen vor allem durch die eiserne, von keiner lockenden Ver- Im I^ampf um Liebe Roman von Rudolf Zollinger. (24. Fortsetzung.) j