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— »72 — unter Kaiser Ferdinand, auf des Jesuiten Lamormain's Anstiften, in Böh men und Schlesien getan. Trotz einer sorgfältigen, von dem schändlichen Minister und gefügigen Werkzeuge der Kamarilla, Louisvo, ongeord- neten Grenzbewachung entkamen doch über 50000 protestantische Fa milien aus diesem Lande der Knechtschaft, welche in Holland, England und Preußen die freundlichste Aufnahme fanden und als geschickte, fleißige und wohlhabende Bürger sich dort niederließen. Für Frankreich aber war diese Emigration gleichsam ein unsinniger Aderlaß, -er sein in nerstes Nervenleben gefährdete. Bon deutschen Landesfürsten rg-ar es vorzüglich -er Erzbischof von Salzburg, Anton Eleutherius Graf von Firmian, welcher sich Ludwig XIV. Verfahren gegen seine protestantischen Untertanen zum Muster nahm. Kein Mittel der Güte oder Gewalt blieb unversucht, um die Ketzer, -. h. Irrgläubigen, wieder zu guten Katholiken umzuwandeln: die Proselytenmacherei, -. h. das Geschäft, Andersdenkende zu bekehren, stand in höchster Blüte: Gewaltmaßregeln gegen die sogenannten Ab trünnigen folgten sich auf dem Fuße und Oesterreich schickte sogar zu nachdrücklicher Aushilfe seine Henkersknechte, die Kroaten ins Lastd, um die halsstarrigen Ketzer, welche sich nicht umtaufen lassen mochten, bis aufs Blut zu peinigen, woran es diese vertierten Söldlinge auch garnicht haben fehlen lassen. Zur Auswanderung erhielt niemand Erlaubnis. Bleiben und abfallen oder Not und Qual aller Art, das war die schreck liche Alternative! Nachdem die protestantischen Fürsten diesem unheil vollen Treiben Les heiligen Erzpriesters lange erst teilnahmslos zugesehen, wurde es ihnen am Ende Loch zu toll und riefen einige Lem intoleranten Großpfaffen ein drohendes Halt zu. Da jagte derselbe einen großen Teil feiner braven evangelischen Untertanen halb nackt über Lie Grenze, von denen Ler König von Preußen, Friedrich Wilhelm I., ihrer allein 17 000 in seinem Lande aufnahm, die er, so lange sie sich selbst nichts verdieMN konnten, ausreichend mit Geld unterstützte, indem der biedere Fürst sich dahin äußerte: «Gott hat es mir verliehen, daß ich die armen Leute nicht soll Hungers sterben lassen." Die betreffende salzburgische Verfolgung fällt in die 3ahre 1728 bis 1732, in welchem erstem Jahre sich auch die Emulation (Verbannung) er eignete, welcher hier noch, mit Benutzung der besten Quellen, besonders gedacht werden soll. Es ist dies nämlich Lie zwangsweise Uebersiedelung der evangelischen Bewohner der nahen böhmischen Landesgrenze, Lobko- witzschen und Llaryschen Herrschaftsgebiets, auf diesseitiges Territorium. Der Bergflecken und Grenzort ZinnwalL, -er hier vorzüglich in Bezug kommt, gehört zur größeren Hälfte nach Böhmen, ist als sächsischer An teil der höchste Gebirgspunkt im Kreis Dresden (bis 850 Meter hoch und rauh belegen) und von zusammen etwa 2000 Menschen, davon ein Drittel fächstscherseits bewohnt. Der böhmische Anteil gehört teils zur fürstlich Lobkowitzschen Herrschafft Liebshausen, teils zur fürstlich Llaryschen Herrschaft Graupen, der sächsische dagegen zur Herrschaft Lauenstein, welche sich früher im Besitze derer von Bünau befand, jetzt aber dem Grafen von Hohenthal-Püchau gehört. Die nächsten sächs. Orte sind -le Städte Geising und Altenberg, beide etwa 1 Stunde nördlich belegen. (Schloß f^Z