Volltext Seite (XML)
6^8 Sächsische «nd öEchs Attgele«re»rtzeiten. Schneeberg, den 7. Juli 1882. — Bezugnehmend auf die Nachricht in der gestrigen Nr. unseres Blattes, nach welcher in Pappenheim in Bayern, der Tod eines Kindes infolge des Verschluckens von Kirsch kernen erfolgt ist, wird uns mitgetheilt, daß leider kürzlich auch hier ein derartiger betrübender Fall sich ereignet hat. Möchten daher alle Eltern ihre Kinder ernstlich vor der Unsitte des Verschluckens der Kirschkerne warnen und den selben die möglichen schlimmen Folgen der erwähnten Ge wohnheit nachdrücklich vorführen. Johanngeorgenstadt. Unter allgemeiner Theil- nahme und begünstigt vom herrlichsten Wetter fand Sonn tag, den 25. Juni die Weihe der von den Frauen und Jungfrauen hiesiger Stadt dem Turnverein geschenkten Fahne statt. — Sonntag früh 5 Uhr leitete Reveille den Festtag ein. Von 10 bis 12 Uhr Vorm, fand auf dem Turnplätze der Empfang der auswärtigen Turner statt und zwar erschienen: Joachimsthal in Böhmen, Raschau, Schön heide, Bernsbach, Bockau, Schwarzenberg, Neustädtel, Brei tenbrunn, Aue (allgem. Turnverein), Auerhammer, Schnee berg (Männerriege des allgem. Turnvereins), Obex-Zschor- lau und Eibenstock. — Nachmittag halb 2 Uhr versammel ten sich alle Turner wieder auf dem Turnplätze und zogen nach dem Markte, wohin auch die städtischen Vereine abge holt wurden. Die Weihe der Fahne fand nach 3 Uhr ne ben dem Johann-Georg-Denkmale statt. — Zunächst begrüßte Herr Bürgermeister Bochmann im Namen der Stadt die Gäste in herzlicher Ansprache. Hieran schloß sich das Li-d: „Das treue deutsche Herz", worauf die Uebergabe und Ent hüllung der Fahne durch Frl. Clara Schäfer erfolgte. — Der Vorsitzende des Turnverein G. Gruner, übernahm die selbe und dankte im Namen des Vereins allen edlen Gebe rinnen, welche Theil haben an der Widmung dieser kunst voll gearbeiteten Fahne, worauf der hiesige Verein die Fahne mit dem Liede: „Grüßt, Turngebrüdec, allzumal, der Fahne erstes Wehen," begrüßte. — Herr Pastor Werner ergriff hierauf das Wort und vollzog in trefflicher Rede die Weihe der Fahne, worauf der Verein „Sängerbund" das Lied: „Wir bleiben treu," v. Pfeil, intonicte. — Darauf wurde die neue Fahne von auswärtigen und hiesigen Vereinen, sowie Privatpersonen mit 22 Nägeln, einer prachtvollen Schleife und einem Lorbeerkranze mit roth und weißer Schleife reichlich und sinnig beschenkt. Nach Uebergabe der Fahne durch den Vorsitzenden G. Gruner an den erwählten Fahnenträger H. Graf entwickelte und bewegte sich der Fest zug, den 17 Fahnen und eine Standarte schmückten, nach dem Turnplätze. Nach dem Gesänge des Liedes: „Stimmt an," führte dec hiesige Turnverein Freiübungen mit Stäben unter Leitung des Turnwart Ed. Wagner vor, welche all seitig Beifall fanden und woran sich ein allgemeines Kür turnen schloß. — Während des Festes gingen zwei Glück wunschdepeschen und eine Karte ein. — Abends 7 Uhr wurde der Rückzug nach dem Markte angetreten. Daselbst angelangt, brachte der Vorsitzende des Turnvereins einHochl auf Se. Maj. den König aus, das von den Anwesenden be geistert ausgenommen wurde und einen würdigen Abschluß der Festlichkeit bildete. — Da das Fest in jeder Beziehung als ein würdiges und schönes bezeichnet werden kann, so wird es gewiß bei allen Theilnehmern noch lange in froher Erinnerung bleiben. Gut Heil! — Oberer Mittelerzgebirgs-Turngau. — Als Kampf richter des genannten Gaues für das Kreisturnfest in Chem nitz ist Gauturnwart Lehrer Herklotz (Eibenstock) gewählt worden. Abfahrt von Aue, Sonntag, den 16. Juli früh 5,35 min. Ankunft in Chemnitz 7,44 min. — Aufstellung der Vereine Nachm. halb 1 Uhr in der Hedwigstraße in folgender Ordnung: Affalter, Aue (allg. Turnverein), Auer hammer, Bernsbach, Bockau, Eibenstock, Grünhain, Johann georgenstadt, Lauter, Oberpfannenstiel, Raschau, Schneeberg (Turnklub), Schwarzenberg und Zwönitz. — Jeder Verein hat Standarte mitzubringen. Stammlokal: Stadt Lon don, Schiller st raße. Wegen Abhaltung des Gauvertre ters ertheilt auf Wunsch alles Nähere der Stellvertreter Lehrer Sieber in Zwönitz. — Im Uebrigen wird auf die letzten Nummern der Turnzeitung hingewiesen. — Gut Heil zum 1. Kreisturnfeste. Leisnig, 4. Juli. Am Vormittag des gestrigen Tages, während die Bauleute ihr Frühstück verzehrten, stürzten in dem im Bau begriffenen Beyerschen Eisengießer- gebäude plötzlich zwei Gewölbe mit einer starken Zwischen mauer ein, in Folge besten ein beim Bau beschäftigter Ar beiter, der noch unverheirathete Joseph Seifert, so schwer verletzt wurde, daß er in das Krankenhaus gebracht werden mußte. Zöblitz, 5. Juli. Heute Mittag 12 Uhr verunglückte F e uilLet o n. Die Macht der Welt. Roman von Theodor Ballerstedt. (40. Fortsetzung.) „Sie leiden? Gute, liebe, herzige Comtesse, sagen Sie Ihrer Lisette, was es ist, das Sie bedrückt. Ich habe es längst bemerkt, daß eine Veränderung mit Ihnen vorgegangen ist. Früher waren es nur Augenblicke, wo Sie still und in sich gekehrt saßen — jetzt sind's schon Stunden! Es werden Tage und Wochen werden — und dann — dann — ich mag es gar nicht ausdenken, was dann alles ge schehen kann!" Die Csmlesse hatte indessen schon ihre Selbstbeherrschung wieder gefunden. „Du bist eine kleine Närrin, liebe Lisette, und Dein gutes Herz verleitet Dich zu allerlei thvrichten theilS bewußt, den ihm die Seemacht in einer Mittelmeer- frage gibt. . . Wenn es der Türkei an Willen oder an Kraft fehlt, um den Forderungen der Civilisation nachzukommen, so wird England die Sache übernehmen, und es ist bereit. Der deutschen Regierung kann diese Haltung um so weniger gleichgültig sein, als Englands Verfahren correct ist und man sich nicht darüber beklagen und noch weniger sich ihm widersetzen kann. Es wäre ihr aber doppelt unangenehm, England seinen alten Platz im Rathe Europas wieder durch eine Glanzthat einnehmen und die Türkei, deren Vrotector sie spielt, in Aegypten eine tüchtige Schlappe erleiden zu sehen. Die Schlappe würde auf die deutsche Politik zurück- wtrken. Herr v. Bismarck will Frankreich nicht grade et was am Leibe flicken ... er sucht uns nur zu isoliren und zu lähmen. . . Alle Bemühungen des Herrn v. Bismarck sind darauf gerichtet, uns für einen Kriegsfall Schwierig keiten und etwanige Feindschaften zu stiften und Minen zu graben, die er unter unsern Füßen sprengen lasten kann..." Nach diesen und ähnlichen Betrachtungen erhebt sich der Temps, der England gegen Deutschland §gar zu gern aus spielen möchte, zu der Behauptung, Bismarck haste den eng lischen Parlamentarismus und habe besten kein Hehl; kurz, das Londoner Cabinet sei augenblicklich gegen das Berliner entschieden im Vortheil und Bismarck verliere eine Stel lung nach der andern. Wie man sieht, sind Blätter wie der Temps bei den leisesten Windstoß bereit, mit dem Winde zu segeln, den ihnen Gambetta macht. Paris, 5. Juli, Der neue österreichische Botschafter Graf Wimpffen wird in nächster Woche in Paris eintreffen, im Elysee seine Beglaubigungsschreiben abgeben und dann noch bis October nach Wien zurückkehren. — Gegen Louise Michel und die übrigen Redner der am 1. Juli in Lyon gehaltenen Volksversammlung ist eine gerichtliche Unter suchung eingeleitet. — In allen Flottenarsenalen herrscht die größte Thätigkeit. Die in Toulon ausgerüsteten oder noch in Ausrüstung begriffenen zwanzig Kriegsschiffe können 30,000 Mann nebst Cavallerie- und Artilleriepferden mit den nöthigen Lebensmitteln an Bord nehmen. In allen Kriegshäfen wird das Reserve-Panzergeschwader ausgerüstet. Dasselbe wird zehn Panzerschiffe umfassen: die Garonne und Revanche in Toulon, die Atlante, Savoie und Chateaux- Nenaud in Lorient, Devastation, Surveikant und Dupetit- Thouars in Brest und die Avisos Jntermet und Turenne in Cherbourg. In den Kriegshäfen wird Tag und Nacht (nachts bei elektrischem Lichte) gearbeitet. Die Regierung will in acht Tagen die mächtigste Flotte, die Frankreich je mals der Welt gezeigt habe, aufstellen. — Die Neserveflotte von 10 Kriegsschiffen, welche die Canalflotte bilden soll, wird den Vice-Ädmiral Thomassin zum Oberbefehlshaber erhalten. Alle Marine-Officiere, die auf Paketbooten der Messagerieen dienen, sind gleichfalls einberufen worden. Paris, 5. Juli. Diesen Nachmittag 2 Uhr wurde ein außerordentlicher Ministerrath im Elysee gehalten, welcher infolge der Nachricht zusammenberufen wurde, daß Lord Seymour die Drohung gegen Arabi erhoben habe, Alexan drien beschießen zu lassen. Admiral Conrad, Befehlshaber der französischen Streitkräfte vor Alexandrien, hat für den Fall, daß die Engländer mit der Beschießung Ernst machen, Weisungen verlangt. Es heißt, der Ministerrath werde dem Admiral Conrad Befehl ertheilen, mit Lord Seymour, der von seiner Regierung Vollmacht hat, je nach den ein tretenden Fällen zu handeln, gemeinschaftlich vorzugshen. Paris, 6. Juli. In der Kammer fragte Lockroy den Minister Freycinet betreffs der Gerüchte über militärische Vorbereitungen und verlangt Auskunft, ob die Regierung eine Intervention Frankreichs in Egypten auf Grund des Mandates der Konferenz voraussehe, oder ob Frankreich eine isolirte Action vornehmen solle. Freycinet erwiderte, der Marineminister sei mit gewissen Vorbereitungsmaßregeln vorgegangen, welche über die nothwendigen Vorsichtsmaßre geln nicht hinausgingen. Wenn eine Intervention Frank reichs eintrete, was man nicht bejahen, noch auch nur vor aussehen könne, würde das ohne vorgängige Zustimmung der Kammer nicht geschehen. Frankreich folge der Politik der Klugheit und müsse deshalb stark und für jede Eventu alität bereit sein. (Beifall.) Nutzland. Petersburg, 5. Juli. In der ägyptischen Frage ist der diesseitige Vertreter in Konstantinopel dahin instruirt worden, stets Hand in Hand Mit den Vertretern Deutsch lands, Oesterreichs und Italiens zu gehen. Dabei wird aber großer Werth darauf gelegt, daß den beiden Westmächten der Vorwand zu einem eigenmächtigen Vorgehen in Egyp ten benommen werde. Man glaubt übrigens, daß die Pforte heute die Einladung zu einer Intervention in Egypten er halten werde. Türkei. Konstantinopel, 6. Juli. Die Konferenz bcrieth ge stern über den Text der an die Pforte zu richtenden Einla dung; sie hält an dem guo ante und der Aufrechter haltung der internationalen Verpflichtungen, sowie an der beschränkten Dauer der Okkupation fest. Die endgiltige Be- schlußnahme soll in nächster Sitzung, welche voraussichtlich heute stattfindet, erfolgen. Das Verhalten der Pforte der Konferenz gegenüber scheint sich zu bessern. Egypten. Alexandrien, 6. Juli. Ragheb Pascha erhielt eine Depesche vom Sultan, welche besagt, die britische Flotte würde die Befestigungen Alexandriens bombardiren, wenn nicht sofort die Arbeiten eingestellt würden. Der Sultan werde den Khedive und die ägyptischen Minister für die Folgen verantwortlich machen. Ragheb Pascha erwiderte, das Ministerium habe schon nach Konstanstinopel telegraphirt, daß Demonstrationen stattgefunden haben, in Folge deren das Ministerium den Sultan um Erlaubniß bitte, die Ar beiten an den Erdwerken wieder aufzunehmen. Bis zum Emireffen der Antwort würde keine definitive Entschließung gefaßt werden. Die Arbeiten an den Befestigungen werden indessen trotz der offiziellen Ableugnung fortgesetzt. England. London, 5. Juli. Die Zeitungsnachrichten über einen drohenden Ausbruch von Feindseligkeiten zwischen der Flotie und der Besatzung von Alexandrien bestätigen sich. Die Forts werden derartig armirt und der Hafenausgang durch egyptische Barken so blockirt, daß Admiral Seymour j.d.n Augenblick veranlaßt sein kann, die Flotte für ge-l fährdet zu erklären und das Bombardement zu beginnen. Da man früher schon den Gouverneur von Alexandrien durch diese Drohung von der Fortsetzung der Erdarbeiten abschreckte, so ist jetzt die Hoffnung aus ein Nachgeben nicht ganz ausgeschlossen, trotzdem Arabi prahlerischer auftritt als je; doch müßten die Befestigungen heute noch eingestellt werden, sonst werden, wie dis St. James Gazette droht, morgen die Bomben zu fliegen anfangen. Man glaubt, Seymour habe dem Gouverneur von Alexandrien eine un zweideutige Aufforderung in obigem Sinne zugestellt. Das Bombardement würde mit den Conferenzbeschlüssen nichts zu thun haben; da aber die Folgen der Beschießung unbe rechenbar sind, so könnte es leicht geschehen, daß sie jene etwanigen Beschlüsse überholten. Der „Pall Mall Gazette" wird von einem Korrespon denten in Paris eine Aeußerung des Ministers Freycinet, welche derselbe am Freitag Abend im Gespräch mit einer Gruppe von Deputaten über die Botschafter-Konferenz ge macht hat, mitgetheilt. „Es ist nicht Frankreich," bemerkte ?er Minister, „sondern England, welches isolirt ist. Wir ind in das europäische Konzert wieder eingetreten, von velchem dasselbe wieder zurücktreibt. Unsere Politik ist jetzt, die Nationalpartei zu versöhnen und dadurch Egypten als Puffer zwischen Tunis und die Pforte zu schieben. Dies ist ganz der Tradition gemäß, welche sich seit 1830 als wir Algerien nahmen, gebildet hat. Arabi ist ein großes Fak tum mit dem wir rechnen müssen. Wenn wir ihn auf un sre Seite bekommen, so wird er uns ein Armeecorps werth ein." , der 66 Jahrs alte Chausseewärter Gottlob Uhlig von hier i Er fuhr mit in den Kriegwald nach Reisig, obwohl sei i jüngerer Sohn ihn davon zurückhalten und lieber selbst mit fahren wollte. Auf dem Nachhausewege fiel der mit Reisig i beladene Wagen — aus welcher Ursache, ist unbekannt — nach der Seite, auf welcher sich Uhlig befand, so daß der selbe unter den Wagen zu liegen kam. Anstatt daß nun der das Geschirr führende Knecht sofort das Reisig abladet und so dem armen Manne die nöthige Hülfe leistet, spannt er seine Pferde aus und geht mit diesen gemächlich nach Ansprung, wo er den ältesten Sohn des Verunglückten trifft, zu dem er sagt: „Es ist ein Unglück geschehen, Dein, Vater ist unter den Wagen gekommen." Unverzüglich setzt sich der Sohn auf eines der beiden Pferde, eilt nach der Unglücksstätte und entfernt das Reisig, findet aber seinen Vater bereits todt. Er lag mit dem Gesicht auf der Erde und da durchaus keine äußeren Zeichen einer Verletzung an dem Verunglückten zu finden sind, so ist wohl anzunehmen, daß er erstickt ist und daß schleunige Hülfe ihn auf alle Fälle gerettet hätte. Uhlig war ein sehr braver, allgemein geachteter und von seinen Vorgesetzten geliebter und ge schätzter Mann, weshalb dieser jähe Todesfall die regste Theilnahme unter der hiesigen Einwohnerschaft hervorruft. Pirna. In unserer Elbgegend hat man bereits mit dem Napsschnitt begonnen. Das Korn färbt sich nachdem „Peter Paul" die Wurzel gebrochen hat, schon merklich im Halm und steht, wenn der,, Siebenschläfertag" sich als kraftlos zeigt, der Schnitt in circa 14 Tagen zu erwarten. Dresden, 6. Juli. Ueber das Befinden Sr. königl. Hoheit des Prinzen Albert geht uns folgende Mittheilung zu: Se. königl. Hoheit hatten in der letzten Zeit wieder starke Gehirncongestionen, verbunden mit heftigem Fieber. Gegenwärtig haben sich diese Erscheinungen zwar wieder ver loren, die Schleimhautblutungen wiederholen sich aber immer wieder. Der Prinz ist vor wie nach sehr schwach und der Appetit fehlt fast vollständig. Dresden, 5. Juli. Verwichens Nacht durchbrach wie der hiesigen Polizei-Direktion telegraphisch mitgetheilt worden, der berüchtigte, zu 6 Jahren Zuchthaus verurtheilte Zeugarbeiter Roscher aus Kreischa das Eisengitter seiner Zelle in Freiberg und entfloh. Der Genannte ist 1853 ge boren, von übermittler corpulenter Statur, hat blonde Haare, blondes Schnurrbärtchen, spitze Nase, blasse Gesichts farbe. — Der wegen Verübung einer großen Anzahl Be trügereien lange gesuchte, am 26. v. M. endlich bei der Wachtparade betroffene und festgenommene 26 Jahre alte Musikus Friedr. Oskar Haupt ist letzten Sonntag aus dem hiesigen Stadtkrankenhause entflohen. Am anderen Tage hat er hinter Striesen einem Knaben wieder 5 M. abge schwindelt. Das Neichseisenbahnamt hat eine wichtige, die Ver spätungen von Schnellzügen betreffende Bestimmung getrof fen. Bisher mußte in solchen Fällen der anschließende Zug den verspäteten Zug erwarten, wodurch vielfach der Anschluß an fremde Bahnen versäumt wurde. Der neuen Bestim mung zufolge soll diese Wartezeit 20 Minuten ferner nicht mehr übersteigen; ist diese Frist abgelaufen, dann fährt der direkte Zug ab, während die Passagiere des verspäteten Zu ges, wie dies schon seither zumeist auf den sächsischen Staats- Lahnen gehandhabt wurde, mittelst Extrazuges nachbefördert werden sollen. Die dadurch entstehenden Mehrkosten fallen derjenigen Bahnverwaltung zur Last, welche die entstandene Verspätung verschuldet hat. Die in der Halbschicht des Jahres stattfindende Reife >er Heidelbeeren hatte Tausende fleißiger Hände und Nascher n die Dresdner Haide gelockt. Seit Jahren ist diese liebe Frucht nicht so gerathen wie Heuer, eine wahre Wonne nicht nur für den Magen, sondern auch für Färber, Handschuh macher — und Rothweinfabritanten. Wie der Winter sein weißes Bahrtuch über die stillen Fluren deckt, so bereitet und breitet der Sommer sein blaues Tischtuch in den Wäl dern aus. Aus allen Strahlen der Windrose war der Wald erfüllt mit beutelustigen, fröhlichen Menschen, um ihren Zehn ten zu holen. Sie waren erschienen Mit Schachteln und Körben, Mit irdenen Scherben, Mit Krügen und Kannen, Mit Töpfen und Pfannen, um mit bienenemsiger Geschwindigkeit der Beeren so viel wie möglich einzuheimsen. Das war ein Jubeln und Klingen, ein Lachen und Singen, daß die befiederten Meistersinger des Waldes ob all des freudigen Schallens und Hallens sich wundern mochten und nicht nur der grüne Teppich des Waldes war blau gemustert, aus reiner Höhe strahlte der blaue Himmel, nicht nur die Augen der fröhlichen Kinder, sondern auch ihre Finger und — Mäuler waren blau, Je dem war der Stempel seines sonntägigen Daseins aufge- drückt, kurz und gut, es war ein reines blaues Wunder. Viele Tausende von Litern Beeren mögen gesammelt worden sein, der Werth sich auf einige Hundert Thaler belaufen, gegönnt sei es euch, ihr armen, zufrieden en, fröhlichen Men schen. Meister Wilhelm Busch singt in seinem unsterblich klassischen Liede von Huckebein dem Unglücksraben: „Ein großer Freund war Tante Lotte, Von süßer Heidelbeerkompotte". Nun, viele huldigen dem gleichen Geschmack und gewiß ge nießt halb Dresden heute Heidelbeerkompotte. Wohl be komm's. (Dr. N.)