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Dresdner Journal : 28.05.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-05-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190305284
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19030528
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19030528
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-05
- Tag 1903-05-28
-
Monat
1903-05
-
Jahr
1903
- Titel
- Dresdner Journal : 28.05.1903
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Kolonialpolitisches. * Nach Mitteilung des Kolonialwirtschaftlichen Komitee-, Berlin, wird die zur wirtschaftlichen Nutzbarmachung de- Fischflusses in Deutsch-Südwektafrika unter der Leitung de« Ingenieur- Kuhn entsenoete Expedition zunächst im Bezirk Keetmanshoop bei Naute eine Stau anlage ausführen. Da- durch diese Stauanlage geschaffene Wasser soll namentlich dem Bedarf Keetmanshoop an Tränk- und Rieselwasser dienen. * Daß Diamantenboden (Klus xrounä) in Deutsch- Südwestafrika vorhanden ist, ist erwiesen' ob sich aber Diamanten in abbaufähiger Menge finden, ist bisher nicht festgestellt worden. Der vielgenannte Diamant von Bersaba, der während des vorjährigen Kolonialkongresses im ReichStagSgcbäude ausgestellt war und sich in Ver wahrung des Auswärtigen Amts befindet, steht noch iminer vereinzelt da. In dem Regierungsschürfgebiet von Bersaba war im vergangenen Jahre vom Deutschen Minensyndikat auf Diamanten geschürft worden. Mangel an dem erforderlichen Kapital hatte das Syndikat jedoch genötigt, die Untersuchungsarbeitcn auf der Murukob- mine einzustellen. Jetzt kommt die Meldung, daß* im Bezirk Keetmanshoop, südlich von Bersaba, etwa unterm 27 Grad südlicher Breite und 18. Grad östlicher Länge, das Vorhandensein reicher Diamantenlager nachgewiesen sein soll. Der Ingenieur Kuhn, der Letter der Fischflußexpedition, hat an das kolonial-wirt schaftliche Komitee berichtet, daß der Eigentümer der Geitsi-Gubib-Mine bei Keetmanshoop mit der De Beers-Company über den Erwerb und die Ausnutzung dieser Mine durch die Company unterhandle, und daß nach Mitteilung des Eigentümers die Geitsi-Gubib-Mine reicher als die Kimberleygruben sei und auch reinere Diamanten habe. Um festzustellen, auf welche Tatsachen sich diese Angaben stützen, ist der der Fischflußexpedition beigegebene Bergingenieur Moscovic der Bezirksmann schaft Keetmanshoop zur Verfügung gestellt worden. Es wäre nach den bisherigen Erfahrungen verfrüht, sich über triebenen Hoffnungen hinzugebcn, bevor der Bericht des Bergingenieurs Moscovic vorliegt. Lautet dieser Bericht günstig, wird sich auch deutsches Kapital finden, um die Minen ausbauen zu können, damit vermieden wird, daß die englische De Beers-Company in unserem deutschen Schutzgebiete festen Fuß faßt und dadurch englischem Kapital übermächtiger Einfluß eingeräumt wird. * Man schreibt aus Kamerun, Ende April: Die Zeit vom Dezember 1902 bis März 1903 war für die Kolonie im allgemeinen eine friedliche, so daß die militärische Besatzung von Haunde zurückgezogen und durch einen Zivilbeamten mit einigen Polizeisoldaten er setzt werden konnte Die im November vorigen Jahres begonnene Strafexpedition nach Banowa hatte in- sofern Erfolg, als das Land bald beruhigt wurde Md «eitere Ruhestörungen nicht mehr vorkamen; da es aber bis heute noch nicht gelungen ist, den Häuptling Fontem, den Hauptschuldigen der früheren Ruhestörungen, zu fangen, mußte die Station noch militärisch besetzt bleiben. Am 24. März hat nun Hauptmann Langheld al- stellvertretender Kommandeur der Schutztruppe eine In spektionsreise nach Bangwa angetreten, um, wenn möglich, die Kompagnie der Schutztruppe von dort zurück- zuziehen und nur einen Unteroffizierpostcn in Stärke von 1 Unteroffizier und 20 Mann dort zurückzulaffen. * Zur Förderung der von dem Kolonialwirtschaft lichen Komitee eingeleiteten Baumwollkultur in Deutsch-Ostafrika hat die Finna Wm. O'Swald « Co., Hamburtz-Zanzibar, in dankenswerter Weise sich bereit erklärt, die frachtfreie Beförderung von Baum wolle auf ihrem Dampfer „Zanzibar" von Ostafrika nach Hamhurg zu übernehmen. Dem Kolonialwirtschaft lichen Komitee wurden von dem Distriktschef des Oka- Handjabezirks, Deutsch-Südwestafrika, Proben von Baum wolle cingesandt; von der Textilindustrie wird diese Baumwolle der Sea-Jsland-Baumwolle, welche zu den feinsten Garnen verwendet wird und 1 M. bis 1,75 M. per kostet, gleichbewertet. Der Stapel ist von erstaunlicher Länge und Feinheit und würde das wert vollste Produkt ergeben, das überhaupt von Baumwolle gepflanzt wird. Örtliches. Dresden, 28. Mai. * In der Wohnung des Hrn. Stadtrat Königl. Bau rat Richter brachte gcstcrn eine Deputation des Rats Die vier Glocken des Herrn von Perna. Künstler-Roman von A. v. Klinckowstroem. »o (Fortsetzung.) VIII. Der Karneval war iin vollen Gange. Hollingers hatten zahlreiche Besuche gemacht und wurden mit Einladungen und Aufforderungen, hier hin und dorthin zu kommen, überschüttet. Die Münchner Geselligkeit spielt sich ja vielfach außerhalb der Häuslichkeit ab. Das ist bequem und verpflichtet zu nichts. Inge fand sich schnell in den leichten Ton der Künstlerkreise hinein, der sie anfangs in staunendes Entsetzen geraten ließ. Blieb sie selbst auch inner lich unberührt davon, so lernte sie doch milde über allerlei kleine Leichtfertigkeiten urteilen, wie über etwas Unvermeidliches, was im Grunde recht amüsant war. Und gerade die Männer und Frauen, die am meisten von sich reden machten, kamen ihr mit der größten Liebenswürdigkeit entgegen. Dafür war sie ordentlich dankbar und glaubte kein Wort von dem, was man sich von ihnen erzählte. Nebenher freute es sie, bewundert und gefeiert zu werden. Das war ihr ein Ersatz für alles, was ihr tagsüber das Leben verbitterte. Sie schlich nämlich oft blaß und elend im Hause umher, und der Arzt batte ihr nachdrücklich das Reiten unter sagt, was für Fried ein willkommener Anlaß wurde, den Fuchs zu verkaufen. Daß er ihr das Geld dafür einhändigte, war ihr sehr angenehm, denn die Schneiderrechnungen fingen an, sie zu beängstigen. Sie hatte doch keine Ahnung gehabt, wie teuer elegante Kleider sein konnten. In Anbetracht ihres Übelbefindens wurde ihr übrigens die Trennung von dem Fuchs nicht allzu schwer. Sie hatte ihr Lebtag nicht gekränkelt und wurde jetzt ungeduldig und launisch. Abends jedoch fühlte sic sich wohler und wollte dann ihre .Zerstreuung haben. Was ihr als Mädchen aus pekuniären Gründen versagt geblieben war, genoß sie jetzt in tiefen Zügen wie ein durstiger Mensch. und des Stadtverordnetenkollegiums, bestehend aus den Herren Oberbürgermeister geh Finanzrat a. D Beutler, Stadträten Schröer und vr Lotze, Stadtverordnetenvor steher Rechtsanwalt vr. Stöckel und den Stadtverordneten Anger und Hertzsch, dem Jubilar die Glückwünsche, wobei ihm als besondere Auszeichnung die Große goldene Medaille der Stadt Dresden überreicht wurde. Gleich zeitig teilte Hr. Oberbürgermeister Beutler mit, daß Se. Majestät der König Hrn Baurat Richter die Krone zum Ritterkreuz 1. Klaffe des Albrechtsordcns verliehen habe. * Bei Beginn der Reisezeit ist jedermann anzu empfehlen, sich für alle Fälle mit emem behördlichen Ausweis zu versehen, namentlich dann, wenn das Reise ziel über das Heimatsland hinausliegt oder gar über die deutschen Grenzen. In den weitaus meisten Fällen wird eine Paßkarte genügen, auch Bürgcrscheine, Einwohner scheine re., wenn die deutschen Grenzen nicht überschritten werden Es gibt jedoch auch eine Anzahl von Ländern, die ausdrücklich einen Paß vorschreiben und auch solche, die noch außerdem ein Visum ihrer in den verschiedenen Staaten beglaubigten Gesandtschaften, Konsulate rc. zur Bedingung machen. Paß- und Visapflicht legen z. B. Rußland, Rumänien, die europäische und asiatische Türkei auf, Serbien und Bulgarien gestatten den Eintritt auf Paßkarte. Wer demnach genötigt ist, sich einen „visierten Paß" zu verschaffen, kümmere sich bei Zeiten darum, denn die Gesandtschaften rc. sind nicht immer im Wohn orte des Reisenden aufhältlich, sondern meistens in Berlin. * Die Sächsisch-Böhmische Dampfschiffahrts- Gesellschaft wird während des Pfingstfestes wieder eine Anzahl Sonderfahrten ausführen lasten, um allenthalben eine glatte Abwicklung des Verkehres zu er zielen. Auf der oberen Strecke verkehren an den beiden Feiertagen früb 5,30 von Dresden nach Wehlen—Rathen und umgekehrt von Rathen—Wehlen nach Dresden vor mittags 8,55 Obcrdcckdampfer zu gewöhnlichen Fahr preisen. Diese Schiffe laufen auf der Bergfahrt alle Stationen an, während talwärts nur an den Haupt plätzen (Wehlen, Ptrna, Pillnitz, Blasewitz und DreSden- Neustadt) gelandet ivird. Auf der unteren Strecke werden folgende Sonderschiffe und zwar an allen drei Festtagen eingelegt: vorm. 6,40 (nur am ersten und zweiten Feier tag), nachm. 3 Uhr und 8,30 von Dresden nach Meißen; ab Meißen nach Dresden vorm. 9 Uhr (nur am ersten und zweiten Feiertag), nachm. 5,30 und (9,15 im An schluß an Fahrt Nr. 89, abends 6,15 von Riesa, An kunft in Meißen gegen 9 Uhr). Ferner wird bei Be darf an allen drei Festtagen von nachm. 1,30 an zwischen Dresden—Pillnitz einviertelstündiger Verkehr eingerichtet, außerdem werden die planmäßigen Fahrten bei Erforder nis in entsprechender Weise unterstützt. Hierbei sei noch mals auf die Einrichtung der neuen Haltestelle Schandau- Bahnhof, direkt unterhalb der Bahnstation verwiesen, weil gerade diese für den wechselseitigen Verkehr all gemeines Interesse hat und, ohne daß erst, wie bisher, die überfahrt nach Schandau-Stadt bewirkt zu werden braucht, ein bequemes Besteigen der Dampfer zur Weiter reise auf dem Wasserwege ermöglicht. Ebenso ist das natürlich umgekehrt der Fall und den Schiffspasiagieren Gelegenheit geboten, die Weilerfahrt ab Schandau-Bahn hof mit der Bahn zu bewirken. Das letzte Schiff trifft nach dem Sommerfahrplan abends 8,43 auf dieser Station ein, so daß Anschluß an die Zugverbindungen zu erreichen ist. —* Der Verein zur Förderung Dresdens und des Fremdenverkehrs wünscht Reisebilder aus Sachsen, also Aufsätze folgender Art zu erwerben: Auf nach Sachsen! Auf sächsischen Eisenbahnen. Rundreisen in Sachsen. Im Gebiete des Oybins. Vom sächsischen Wendenlande. Das malerische Bautzen. Rund um den Königstein. Schandau und seine Um gebung. Seitwärts vom Elbtale Nach dem Mücken türmchen. Die höchste Bergstadt Sachsens. Das sächsische Erzgebirge kein Sibirien. Im Tale der wilden Zschopau. Fichtelberg und Keilberq. Das sächsische Vogtland. Das sächsische Manchester. Monumentale Brückenbauten in Sachsen. Sächsische Industriestädte. Sächsische Bergbahnen. Das romantische Meißen. Sächsische Königsschlösser rc. rc. — Die Aufsätze dürfen noch nicht anderweit veröffentlicht sein und sollen einen Umfang von zwei- bis dreihundert Zeilen haben. Die Verfasser wollen ihre Arbeiten nebst Angabe der Ho- noraransprüchc an das Bureau des Vereins zur För derung Dresdens und des Fremdenverkehrs Dresden, Hauptbahnhof, einscndcn. Der Verein will die Auffätze zu völlig freiem Eigentum enverben. Nichtgeeignetes wird baldigst zurückgesendet. * Der Allgemeine Deutsche Lehrerinnenverein hält, wie wir schon früher erwähnt haben, am 1. und 2. Juni seine 8. Generalversammlung hier ab. Zu Ehren dieser Versammlung wird die Stadt Dresden Dienstag, den 2. Juni ^8 Uhr im Prunksaale des Ausstellungspalastes einen Festabend veranstalten. * Der Verein evangelisch-lutherischer Gottes kasten im Königreiche Sachsen hat soeben seinen Bericht über das 25. Vereinüjahr erstattet. Der Verein wurde 1878 aus der Chemnitzer Konferenz heraus von ' 74 Geistlichen und Laien mit einem JahrcsertrügniS von 1501 M. gegründet. Heute zählt er 667 im ganzen Lande zerstreut wohnende Mitglieder lind hatte im Jubiläumsjahre 28713 M. Einnahmen, aus denen er Hilfeleistungen an 132 verschiedenen Stellen bestritt. Während die Einnahmen im Berichtsjahre gegen das Vorjahr zurückgegangen sind, ist die Zahl der Mitglieder um 51 gestiegen. Die Schriftenverbreitung brachte bei 1000 M. Ausgaben bereits 1300 M Einnahmen. Das Unterstützungsgcbiet des sächsischen Gotteskastens befindet sich in Bayern, Elsaß-Lothringcn, Lippe-Detmold, Hannover, der Schweiz, Österreich (Böhmen, Mähren, Schlesien), Ungarn, Frankreich (Paris, Elbeuf), Nordamerika (Sti- pcndiengcwährung an Zöglinge in Kropp und Breklum für Ausbildung für die lutherische Kirche in Amerika) und Südamerika (Brasilien und Peru). Außerdem wurde auch eine Anzahl Freikirchen Deutschlands unterstützt, wozu zu bemerken ist, daß die Gotteskastcn nur mit denjenigen freikirchlichen lutherischen Gemeinden in Ver bindung stehen, die sich wegen der in Preußen und anderen Staaten eingeführten Union von den unierten Landeskirchen getrennt und nun selbständig ihr Kirchen- wcsen gemäß dem lutherischen Bekenntnis gegründet haben. Die auch im Königreiche Sachsen bestehenden misiourischen Gemeinden werden von keinem Gotteskasten unterstützt. In bezug auf die evangelische Bewegung in Österreich wird mitgeteilt, daß diese auch im vergangenen Jahre nicht stehen geblieben ist und die Zahl der Über tritte zur lutherischen und reformierten Kirche 4624 be trägt. In Böhmen wurden 1902: 12 neue evangelische Kirchen geweiht, in ganz Österreich 21, gegen 6 im Jahre 1901. Kirchenbauvereine haben sich 18 gebildet, Grund steinlegungen fanden 9 statt. Zu Pfarrgcmeinden wurden 3 Predigtstationcn erhoben und 15 Predigt stationen wurden ncugebildct. Erstmaliger evangelischer Gottesdienst wurde an 26 Orten gehalten, über die ver bündeten Gotteskastcn Deutschlands wird mitgetcilt, daß deren Einnahmen 1901 betrugen 118223 M., wovon er hielten deutsche Landeskirchen 16577 M., deutsche Frei kirchen 13 769 M, Österreich-Ungarn 40812 M , andere europäische Länder 2650 M., außereuropäische Länder 6890 M. und Stipendien 4960 M. In dem Jahres berichte, der viel Interessantes über die Diasporaarbeit der evangelisch-lutherischen Landeskirche enthält, wird der Wunsch nach Gotteskastenfesten und Kollekten in größerem Umfange als bisher ausgesprochen und betont und des längeren begründet, daß der Gotteskastenvcrein den von vielen Gliedern der Landeskirche erhobenen Vorwurf, ein Konkurrenzunternehmen zum Gustav Adolfverein zu fein, ablehnen muffe, denn er sei nicht entstanden, um ein anderes Werk zu schädigen, sondern nur der eigenen Kirche genug zu tu». * Eine Kollektion der Königl. Sächs. Landes lotterie erhielten der Inhaber des Ziaarrengeschäfts der Brüdergemeinhandlung Johs. Max Ntyemann, Schloß straße 19, I., hier, und I. Olivier, Königl. Hof lieferant, Prager Straße 5. * Morgen abend sind im Zirkus Schumann die Clowns an der Spitze. Auch das übrige Programm ist sehr reichhaltig, insbesondere wird Hr. Direktor Albert Schumann mit seinen neuesten Originaldressuren glänzen. Um ^10 Uhr beginnt die Prachtausstattungs- und Waffer- pantoimme „Die lustigen Heidelberger. Am Pfingstsonn- und -Montag finden je zwei große Gala-Festvorstcll- ungen statt, nachmittags 4 und abends 8 Uhr. Kinder zahlen an beiden Tagen nachmittags auf allen Plätzen ohne Ausnahme einschließlich Galerie halbe Preise. * Eine Fülle der schönsten Touren für die Feiertage bietet der auf den Höhen des linken Elbufers gelegene Luftkurort Oberwartha-Cossebaude. Man besuche den Amsel- und Tännichtgrund und versäume nicht den Poetenweg mit Magdabank und Gertrudsquell daselbst aufzusuchen. Dicht am Klostcrgute ist der überaus malerische Bischof Bennoweg mit seinem sehenswerten Inge war ehrgeizig. Sie wollte in dieser neuen Welt eine Rolle spielen. Fried hatte ihr vor geworfen, daß sie unter klugen Menschen nichts zu sprechen wisse; ihre Hilflosigkeit gegenüber den be kanntesten Tagesfragen stand ihr noch von jenem ersten geselligen Abend im eigenen Hause in Er innerung. Sie orientierte sich jetzt über dies und jenes, las Zeitungen, Broschüren, Kritiken, ging in Kunstausstellungen, Theater und Konzerte und hörte Vorträge. Nun konnte sie sich an jeder Unter haltung beteiligen, die nicht allzusehr in die Tiefe ging, wußte sehr anmutig über das zu plaudern, was gerade von aller Welt gelesen und gesehen wurde, und fand sich mit der Tatsache ab, daß sie die Frau eines berühmten Künstlers sei, indem sie von seinen Arbeiten mit großer Sicherheit als von Kunstwerken ersten Ranges sprach, ohne daß sie im innersten Herzen davon überzeugt gewesen wäre. Doch das war ihr ja gleichgültig. Fried fand zuerst auch Gefallen daran, sie zu begleiten, freute sich, wenn sie sich hübsch auzog, und war eitel darauf, daß sie Aufsehen erregte. Es gewährte ihm Genugtuung, sein Eigentum heraus zuputzen, damit zu glänzen, und er stellte mit Be friedigung fest, daß es ihr neuerdings gelang, schlag fertig in die Unterhaltung einzugreifen. Nach und nach jedoch wurde es ihm lästig, jeden Abend auszugehen, Toilette zu machen, gut rasiert zu sein. Er wäre lieber hie und da im Arbeitsanzug an den Stammtisch gegangen, wie in früheren Zeiten, um mit den Kollegen beim Krug Bier fachzusimpeln. Aber Inge dauerte ihn. Sie hatte wirklich viel auszuhalten, und er gönnte ihr dann abends die kleine Zerstreuung. Wenn sie nur nicht stets so spät heimgekehrt wären! Und wenn sich bei ihm nicht regelmäßig am folgenden Morgen Kater stimmung und ÄrbeitSunlust eingestellt hätten. Dann machte er ihr den Vorschlag, mit ihm einige der kleinen KünstlercafvS zu besuchen, in denen die jungen Unberühmten, Werdenden ver kehrten. Das war ihr noch etwa- neues, und er meinte, es solle sie interessieren, und ihr einen Be griff von dem Treiben in jugendlichen Malerkreisen beibringen, an dem er so lebhaften Anteil nahm. Nebenher lief da ein kleiner selbstsüchtiger Hinter gedanke mit unter. Er brauchte sich nicht umzu ziehen, konnte in seiner bequemen Hausjacke bleiben und um elf hcimgchcn. Inge stimmte auch sehr erfreut zu, machte aber große Augen, als er sie in ein ganz primitives Lokal führte, das nichts von der schablonenhaften Talmieleganz der Restaurants besaß, in denen sie früher mit ihrem Vater zu speisen pflegte. Hier waren die verräucherten Wände mit Kari katuren bedeckt, die sie abscheulich fand, weil ihr das Talentvolle drin entging. Rings um die dunkle Holzvertäfelung liefen ausgcsesscnc Bänke, auf den Tischen lagen keine Servietten, und zwanglose Gruppen drängten sich mit aufgcstützteu Ellenbogen darum. Alte Kostümfetzen, groteske Holzpuppen, zinnerne Krüge hingen verstaubt an der Balkendecke, wo die übermütige Laune früherer studierender Generationen sie hingestiftet hatte. In einer Ecke hockten ein paar Akadcmieschüler und stellten ganz laut tiefsinnige Betrachtungen über ,das Weib* an, das als Einzclfall bisher wohl noch selten in ihr Leben getreten sein mochte, da sie noch einen durchaus grünen Eindruck machten. Um so eifriger und düsterer debattierten sie darüber, und stellten Begriffe auf, die Fried sehr erheiterten. Am Nebentisch ging es lustiger und lärmender zu. Kameradschaftlich saßen hier junge Atclier- schülerinnen und angehende Maler beisammen und disputierten über die Vorzüge der verschiedenen Modelle. ,Der Symbolist* führte das große Wort, und richtig trug das Mädel auch wieder den roten svskter, ein Kleidungsstück, das offenbar allen Toilettezwecken genügen mußte. Doch daran nahm niemand hier Anstoß, ebensowenig wie an den durchgescheuertcn Ärmeln und auSgefransten Röcken der andern Ein kleines ruppiges Ding klimperte auf der Mandoline Fried wurde von allen achtungsvoll begrüßt. Dem Ansehen nach kannte ihn ja dies ganze, leicht Hain echter italienischer Kastanienbäume und der Ludivig Richter-Bank zum Besuche zu empfehlen und einige Minuten weiter das idyllische Silbertal mit seinem Vogel sang und Bachesrauschen. Nachrichten aus den Landesteilen. Leipzig. Der außerordentliche Professor in der juristischen Fakultät der Universität, Hr. I)r Woldemar Engelmann, wurde als Professor des Strafrechts an die Universität Marburg berufen. — Um den Besuch der Deutschen Städte ausstellung in Dresden für städtische Beamte zu ermöglichen oder zu erleichtern, hat der Rat unter Vor behalt der Zustimmung der Stadtverordneten ein Be rechnungsgeld von 5000 M. bewilligt Zwickau. Forstassessor Hertel ist, wie cs bei der furchtbaren Verletzung und nach den letzten Nach richten leider zu erwarten stand, gestorben. Der Tod war in diesem Falle eine Erlösung für den von den größten Schmerzen gequälten unglücklichen Mann. — Die Beerdigung des WaldwärterS Röder erfolgte gestern Mittwoch nachmittag unter reqcr Anteilnahme der Bevölkerung auf dem Rautenkranzer Friedhof, der unweit des Schauplatzes des überaus traurigen Vorfalles liegt. Plauen. Die freie Vereinigung sächsischer Ortskrankenkassen der 142 Kassen mit etwa 460000 Mitgliedern angchören, wird am 28. und 29. Juni d. IS ihre Jahresversammlung hier im Saale der Zcntral- .Halle abhalten. Die Vorversammlung soll am Sonntag abend und die Hauptversammlung am Montag vormittag stattfinden. Ein aus Vorstandsmitgliedern der hiesigen Ortskrankenkasse bestehender Ausschuß wnrde mit den nötigen Vorarbeiten betraut. Jedenfalls wird u. a. auch eine Besichtigung des Genesungsheims bei Bad Elster er folgen. Meerane Aus eignen Mitteln und unter Auf wendung bedeutender Kosten hat der hier bestehende „Verein für Gesundheitspflege und Naturhcilkundc" auf einem über zwei Acker einnehmenden Grundstück Sand-, Licht- und Luftbäder einrichten lassen, die kranken Mitgliedern des Vereins zur Heilung dienen sollen. Für die Männer ist ein Bad geschaffen worden, das 875 qm umfaßt, ein für Frauen bestimmtes Bad wird einen Flächenraum von etwa 300 qm einnehmen. Außer diesen Bädern hat man das Grundstück auch zur Ein richtung von Schrebergärten benutzt, die über die ganze Breite der Anlagen laufen und mit Gartcnhäuschen versehen sind. Jeder dieser Gürten ist 90 qm groß und bereits bepflanzt. Demnächst wird, um bei ungünstigem Wetter ein Unterkommen zu finden, noch eine Unter kunftshalle mit Kegelbahn gebaut. Die gesamte Ein richtung des rund 12000 qm einnehmenden Grundstücks wird im Laufe dieses Sommers vollendet werden. Vermischtes. *-Die Perlenmuschel im Dienst des Menschen. Sehr mit Unrecht hat sich in der Auffassung der euro päischen Völker eine Art von Verachtung gegen die Chinesen eingebürgert, als ob von diesem Volk erhebliche Leistungen auf dem Gebiet der Kultur kaum mehr zu erwarten wären. Die unwiderlegliche Tatsache, daß die Chinesen eine Reihe der großartigsten und wcitesttragen- den Erfindungen und Entdeckungen um mehr oder weniger lange Zeit den Europäern vorausgenommen haben, wird einer überwundenen Vergangenheit zu geschoben, zu deren Fortsetzung die heutigen Chinesen wenig mehr zu leisten vermöchten. Wie dem nun auch sei, ist es jedenfalls lehrreich zu wissen, in welchem Umfange die Chinefen seit Jahrhunderten und Jahr tausenden die Naturkräfte erkannt und zu benutzen ver standen haben. Ein Naturforscher verweist in einer jüngst erschienenen Abhandlung daraus, daß man sich in China schon vor Jahrhunderten mit der Perlenmuschel und ihrem Erzeugnis beschäftigt hat, und zwar mit einem Erfolge, der von der eurcpäifchcn Wissenschaft erst seit kurzer Zeit vermittelt worden ist. Ein gewisser M-schun-yang, der im 13. Jahrhunderte in der Provinz Tschekiang lebte, stellte nicht nur bereits fest, daß die Entstehung der Perlen in der Muschel der Reizung ihrer Organe durch einen Fremdkörper zuzuschrciben wäre, sondern ging auch schon so weit, die in den Wasserläufen und Seen Chinas ungeheuer häufigen Süßwaffcrmuscheln durch künstliche Eingriffe zur Er zeugung von Perlen zu zwingen. Er wählte die lebige, junge, namenlose Volk. Einige hatte er aber auch unentgeltlich aus reiner Gutmütigkeit unter richtet. Von Inge nahm kaum jemand Notiz, nur die Akadcmieschüler rollten die Augen und ver schlangen sic mit düstcrn Blicken. „Hier ist es eklig!" sagte die junge Frau. „Und diese schlampigen Mädel finde ich schauderhaft. Sind denn das wirklich Künstlerinnen?" „Angehende, einige haben riesiges Talent. ,Der Symbolist* zum Beispiel ist ein begabtes drolliges Kerlchen; wird sich schon durchbcißen, und seinen Anhang mit hinter sich herziehen. Die drei gehören nämlich zusammen, sind geschworene Freundinnen, der Symbolist, die Rothaarige links und das bleich süchtige Ding mit der Mandoline haben alle mit einander nur ein Stübchen, einen Regenschirm und einen eleganten Kragen, der reihum über den alten Lodenröcken getragen wird; selbstverständlich auch gemeinschaftliche Kasse. Ta sie kein gemütliches Heim besitzen, ersetzt ihnen abends dieser Stammtisch die Häuslichkeit." „Gräßlich! Aber sich da drüben sitzen drei junge Mädchen, die ordentlich aristokratisch in dieser Um gebung wirken. Wie kommen die nur hierher? Du grüßtest die eine vorhin ordentlich höflich." „Das sind auch unsere Aristokratinnen, d. h. ver steh mich recht, keine Adligen, denn die hätten eben nicht den Mut, etwas aus sich zu machen, aber die Töchter reicher Patrizier aus irgend einer großen nordischen Handelsstadt, die sich das Recht auf Per sönlichkeit nicht verkümmern lassen wollen, und her- gekommcn sind, um zu studieren und zu versuchen, ob sie die Fähigkeit haben, etwas Ordentliches zu leisten. ES kommt ihnen nur auf die Ehre an, selbständig dastchen und eventuell die große Kon kurrenz aufnchmen zu können. Sie leben verhältnis mäßig einfach, wollen den Unterschied der Ber- mögenSverhältnisse zwischen sich und den Kolleginnen möglichst verwischen und arbeiten tüchtig." (Fortsetzung folgt )
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