Volltext Seite (XML)
402 Unterstellung derselben unter den zeitweiligen Generalgou verneur in Odessa. — Die neuste deutsche „St. Peterburger Zeitung ".'erfährt, daß das Kriegsministerium Details für die im Prinzip beschlossene Erbauung neuer Forts in Warschau. Kowak und Zonionz (Gouvernement Grodno) ausarbeite. Dis Gesammtkosten sind auf 60 Millionen veranschlagt; die Arbeiten sollev in 10 Jahren beendet sein. In diesem Jahre sollen die Forts bei Warschau in Angriff genommen werden. 6 Werst von Warschau auf der linken Seite der Weichsel werden 7 Forts, auf einer Strecke von 27 Werst ver theilt, angelegt; jede Befestigung ist 250 Faden lang. 2 Werst hiervon entfernt werden 4 ebenso große Forts, jenseits von Prags 6 Werst von der Stadt 4 Forts von größeren Dimensionen errichtet. Zur Ausführung dieser Arbeiten sind für das laufende Jahr zunächst 10 Millionen assignirt. Allgemein wird die Saumseligkeit der Negierung und Polizei gegenüber den jetzigen Pöbelexcessen getadelt. Nicht einmal eine Kundgebung haben die Juden an Jgna- tieff erlangen können, daß die Krawalle gegen den Willen des Zaren seien; im Gegentheil wird ihm die Aeußecung zugeschrieben, man müsse dem Pöbel die Juden überlassen, damit er ein Objekt habe, seine durch die Nihilisten erzeugte Aufregung abzukühlen. Aber die Ausschreitungen richten sich nicht mehr blos gegen die Juden, sondern auch gegen die Polizei und, wenigstens in Balta, sogar gegen die orthodoxe Geistlichkeit. Daß auf die Judenverfolgung eine Deutschenhetze folgen möchte, wurde bereits im vorigen Jahre prophezeit, mit welchem Recht, haben die Ereignisse bewiesen. Auch jetzt darf Trubnikoff unbeanstandet eine zweite Auflage seiner Schmähschrift vorbereiten; er darf öffentlich sich rühmen, sie solle so stark werden, daß an „jeden deutschen Schädel" ein Exemplar geworfen werden könne. oft vermißt wurde, bekundet, so daß die Hoffnungen darauf, daß unsere Stadt sich immer mehr zur Industriestadt ent wickeln werde, als wohl berechtigte erscheinen. Dieser Un ternehmungsgeist zeigt sich hier besonders in der bedeuten den Vermehrung der Stickmaschinen sowie in der bereits stattgefundenen, theils jetzt stattfindenden und bez. noch projektirten Errichtung von Stickmaschinengebäuden und in der Neueinrichtung von Fabrikräumen, wodnrch vielen Ar beitskräften Gelegenheit zu Verdienst geboten wird. Erfreu licherweise läßt sich aber auch ein Gleiches von unserer Nachbarstadt Neustädtel sagen. Bei der Wichtigkeit, wel che diese Branche für die hiesige Gegend hat, dürften wet tere Mittheilungen über die Zahl der Stickmaschinen, welche die beiden Hauptgebiete für diesen Industriezweig, die Schweiz und unser Sachsen aufzuweisen haben, von Interesse sein. Nach der statistischen Aufnahme der Maschinenstickerei, welche das Kaufmännische Direktorium von St. Gallen in den Monaten Juli und August des Jahres 1876 aufnehmen ließ, betrug die Zahl der Stickmaschinen in der Schweiz überhaupt 10237 oder einschließlich der 107 in Vorarl berg befindlichen, ebenfalls ausschließlich für die Schweiz arbeitenden Maschinen 10424. Seit jener Zeit hat sich selbstverständlich die Zahl dieser Maschinen nicht unbeträcht lich weiter vermehrt. Eine neue statistische Aufnahme hat inzwischen allerdings nicht stattgefunden; das Kaufmännische Direktorium von St. Gallen Hit aber jedenfalls seine guten Gründe, wenn es in seinem Berichte auf 1880 die von Mitte 1876 bis Anfang 1881 eingetretene Vermehrung auf ca. 3000 Stück schätzt. Bedenkt man nun, daß gerade im Jahre 1881 und zu Anfang des Jahres 1882 wieder eine besonders auffallend- Vermehrung der Stickmaschinen stattgefundsn hat, so kann man getrost annehmen, daß die Gesammtzahl der Stickmaschinen in der Schweiz sich jetzt auf mindestens 14000 beläuft. Was die Zahl der Stick maschinen in Sachsen anbetrifft, so fehlen freilich jetzt be stimmte Nachrichten darüber. Nach den Ermittelungen der Handels- und Gewerbekammer Plauen betrug dieselbe für deren Kammergeluet, auf welchen sich die mechanische Sticke rei in der Hauptsache beschränkt, Ende 1872 zusammen 1621, wovon 907 auf Plauen, 165 auf Auerbach, 144 auf Eibenstock, 104 auf Schneeberg, 73 aus Adorf ka men und die übrigen sich auf 36 einzelne Ortschaften ver theilten. Diese Maschinenzahl stieg — was für den Ge schäftsgang in den betreffenden Jahren charakteristisch ist, 1873 um 3, 1874 um 7, 1875 um 70, 1876 um 44, 1877 um 5, 1878 um 43, 1879 um 214, 1880 um 242 Maschinen, stellte sich also Ende 1880 auf 2249 Maschinen, nämlich 1132 in Plauen, 232 in Auerbach, 205 in Eiben stock, 161 in Schneeberg, 81 in Adorf, 77 in Falken stein, 45 in Lengenfeld, je 34 in Pausa und Neustädtel, 32 in Klingenthal, .25 in Ellefeld, 24 in Oelsnitz und die übrigen in 49 anderen Orten. Ueber die Vermehrung in den Jahren 1881 und 1882 liegen keine genauen Angaben vor, dieselbe ist aber sehr beträchtlich gewesen. Rechnet man hierzu noch die Stickmaschinen, welche sich in Chemnitz, Kappel, Leipzig und einigen andern Orten außerhalb des Kammerbezirks Plauen in nicht sehr erheblicher Anzahl be finden, so dürfte man der Zahl von 3000 ziemlich nahe kommen. Beim Vergleiche mit der Schweiz muß man sich aber vergegenwärtigen, daß im Durchschnitt die sächsischen Stickmaschinen sowohl wegen der größeren Breiten ais we gen der größeren Etagenzahl, als auch wegen der engeren Rapporte eine bedeutend größere Nadelzahl repräsenliren als die schweizerischen und deshalb der Quantität entspre chend mehr leisten. Neustädtel. Gestern Abend 9 llhc wurden wir durch den Ton der Sturmglocke erschreckt und gleichzeitig erblickte man nach der sogenannten Scheibe hin einen schwachen Feuerschein. Jedoch war die Angst der Ein wohner nicht begründet, denn es brannte auf der Halde hinter der Stadt, und zwar hatte man dort die Ueberreste der Walpurgisbesen mit dürren Quecken zusammen anfge- stapelt und angebrannt. Ei» übermnthiger Jugendstreich!— Am Freitag hielt der Zweigverem der Gustav-Avolf-Stiftung für die hiesige und Zschorlauer Parochie im Carlsbader Haus eine außerordentliche Versammlung ab. Au Stelle des nach Wendishain verzogenen Herrn Pastor Doberenz wühlte man seinen Nachfolger, Herrn Pastor Stille von hier zum Vorsitzenden, lehnte man zweitens den Vorschlag ab, alle Zwrigvereine genannter Stiftung in hiesiger Ephorie zu einem Ephoralzweigverein zu verschmelzen, und wählte man drittens Herren, die in diesem Jahre das Sammelwerk für die Gustav-Adolf-Stiftung übernehmen. Neustädtel. Ueber eine Rohheit sondergleichen ist wieder vom Gleeßberge zu berichten. Nachdem im verflos senen Herbste und Winter sämmtliche Fenstertafeln in der Unterstandshütte auf genanntem Bergs von ruchloser Hand zertrümmert worden waren, hatte der Erzgebirgszweigver ein Schlema am Tage vor dem Gründonnerstage die Fen ster wieder repariren lassen. Der betreffende Handwerker war an diesem Tage nicht fertig geworden mit seiner Ar beit, und als er sie am nächsten Morgen vollenden wollte, waren die eingezogenen Tafeln in der Nacht gestohlen wor den! Die Fenster wurden trotzdem an diesem Tage her gestellt, um am folgenden Tage von Besuchern des Berges wieder vollstänmg zertrümmert vorgesunden zu werden. Nach solchen Erfahrungen könnte man es dem opfer willigen Verein nicht verargen, wenn er in Zukunft alle Reparaturen unterließe. Leider ist bis jetzt auch noch keiner der frechen Buben, die solchen Vandalis mus verübten, ermittelt oder betroffen worden, um sie zur Anzeige zu bringen, trotzdem der Verein 30 M. Belohnung hierfür ausgesetzt hat. Betrübend ist es, daß die für unsere Bevölkerung so nützlichen Bestrebungen des Erzgebirgsvereins bei eben dieser Bevölkerung die entgegen gesetzte Würdigung findet. Hoffentlich sieget auch in dieser Beziehung der ordnungsliebende Sinn des Erzgebirgers über den Hang zur Rohheit, der in den niederen Volksschichten sich zeigt. ^Hartenstein. „Ja das Unglück schreitet schnell!" Aus dec vergangenen Woche datiren zwei Unglücksfälle, die höchst schnell und unerwartet kamen. Der Stellmachermei ster M. hatte das Malheur, derart von der obersten Stufe seiner Haustreppe in die steinerne Hau sflur herabzustüczen, daß selbiger schwer krank darniederliegt. Contusionen all den Serble«. Die serbischen Studenten in Paris, welche Skobeleff zu seiner berüchtigten Rede vrovozirten, haben von der Regierung dadurch die verdiente Züchtigung erhalten, daß einer Anzahl von ihnen das Staatsstipendium entzogen ist mit der Begründung, das Land bedürfe wohl wissen schaftlicher Kräfte, aber keinerlei Agitatoren, an denen es leider nur allzureich sei. Nikolajew, 29. April. Die deutsche Colonie Saga- dowka am Dniepr (Jekarationslawer Gouvernement) wurde von russischen Bauern überfallen und in ähnlicher Weise wie die jüdischen Ortschaften verwüstet. Türkei Konstantinopel, 27. April. Wie bereits gemeldet, war unter dem Vorsitze Said Paschas ein Ausschuß zur Einführung von Reformen in' Kleinasien gebildet worden. Dem Vernehmen nach soll nun der Sultan diesen Ausschuß, dessen Schöpfung aus seinem eigenen Antriebe hervrrgegan- gen ist, erweitern und mit größerer Machtvollkommenheit ausstatten wollen. Es soll dies dadurch bewerkstelligt wer den, daß der Ausschuß in eine festorganisirte Verwaltungs behörde, ein Ministerium für Reformen umgewandelt wird, dessen Thätigkeit sich darauf erstrecken würde, die Lage in der: europäischen und asiatischen Provinzen zu studiren und durch Einführung von entsprechenden Reformen zu verbes sern. Ueber Said Pascha, der eintretendenfalls wohl mit der Leitung dieses Ministeriums betraut werden würde, be merkt die Straßb. Post: Said ist ein Mann in den besten Jahren, von liebenswürdigen UmgangSformsn und einer größereil allgemeinen Bildung, als die türkischen Würden träger sie im allgemeinen besitzen. Er ist in England er zogen, spricht die englische Sprache vorzüglich und ist ein begeisterter Freund englischer Einrichtungen und Verhält nisse. Mehrere Jahre war er im Uebecsetznngsbureau dsr Pforte, dec hohen Schule für türkische Staatsmänner und Diplomaten, thätig, später fungirte er lange als Palastmar schall des Sultans, mit dem ihm das Band persönlicher Freundschaft verbindet. Dem Einflüsse Osman Paschas ge lang es, Said aus seiner einflußreichen Stellung zu ver drängen, die daun der „Löwe von Plewna" selbst über nahm, während Said Gouverneur von Gaza in Palästina und später Generalgouverneur des Archipels wurde. Im Volksmunde und auf der hohen Pforte wird Said „der Dicke" oder „der Engländer" genannt, während inan seinem Namensvetter, dem Großvezir Said, den Beinamen „der Kleine" giebt. G«q!anv. London, 28. April. Alle Anzeichen und gewisse halbofficielle Aeußerungen deuten die Möglichkeit eine: bal digen Versöhnung mit Irland, und zwar auf Grund einer Abmachung Gladstone's mit Parnell während dessen kürz licher Freilassung an. Die Regierung — heißt es — be willige gewisse Forderungen der Land-Liga bezüglich der Pachtrückstände und der Erleichterungen bei Ankauf des ge pachteten Landes, wogegen die Parnelliten die Zusage ma chen, daß die gewaltige Agitation und rie agrarischen Ver brechen aufhören sollen. Es sind jedoch die irischen Zu stände so verwickelte, daß die Annahme einer baldigen Ver söhnung wohl allzu sanguinisch erscheint; auch bleibt es fraglich, ob Parnell über die in der letzten Zeit wieder in den Vordergrund getretene fenisch-revolutionäre Richtung Macht besitzt. Afrika. Algier, 28. April. Aus Süd-Oran wird gemeldet: Eine französfische wissenschaftliche Mission war südöstlich von Mecheria mit topographischen Arbeiten beschäftigt, als eine Reiterbande Si-Sliman's dieselbe überfiel und, ehe aus Me cheria Hülfe kam, 40 Mann, darunter 2 Offiziere, tödtete und ebenso viel verwundete. Si-Sliman war mit seiner Beute bereits entkommen, als Hülfe erschien. Eine franzö sische Kolonne soll die Fliehenden über die Grenze verfolgen. Zachfifche uuv örtliche Anqele^rcheite». Schneeberg, den 1. Mai 1882. In der Maschinenstickereibranche haben sich gegen wärtig die Verhältnisse gegen früher weit günstiger gestal tet, und infolge dessen zeigt sich in den Gegenden, in denen die Maschinenstickerei vertreten ist, eine erfreuliche Rührig keit, uni diese Geschäftslage auszunützen. Zu unserer leb haften Freude sei mifgetheilt, daß sich auch in unserm Schneeberg neuerdings, namentlich was die Stickmaschi nenbranche anbetrifft, ein frisches Geschäftsleben und ein entschiedener Unternehmungsgeist, der früher hier leider so immensen Werth (man spricht von etwa 800,000 Mk.) re- präsentiren. Das Gebäude'selbst ist außerordentlich massiv und konnte der Brand daher nicht weiter nach unten um sich greifen; die Speicherräume waren alsbald zusammenge brannt und als der Dachstuhl etngestürzt war, wurde man des Feuers bald Herr. Die Feuerwehr mußte sich haupt sächlich auf den Schutz der Nachbargebäude beschränken, die bei dem starken Wind ernstlich bedroht erschienen. In Bernburg wird gegenwärtig eine Fabrik gebaut, in welcher das aus Algerien kommende Alfa (oder Esparto Gras) zu Papier verarbeitet werden soll. ES ist dies die erste derartige Fabrik des Kontinentes. In England giebt es schon mehrere solcher Fabriken. Algerien hat von der genannten Faserpflanze in den vier Jahren 1877—80 nicht weniger als 273,000 Tonnen ausgeführt. Oesterreich. Te plitz, 29. April. Die Auszahlung beim „Otto"- Schachte des Kohlen-Jndustrie-Vereins ging ohne jede Ru hestörung vor sich. Mitternachts fuhren 140 Jäger von Kaaden nach Aussig ab. Auf der Aussig Teplitzer Bahn, ver kehrt außer den Personenzügen nur ein Manipulativnszug täglich. "Die Zahl der hiesigen Fabriken, welche ihren Koh lenbedarf bisher täglich bezogen und wegen Mangels der selben den Betrieb einstellen müssen, mehrt sich. Karbitz bei Aussig, 29. April. In Kommotau und Aussig ist ein allgemeiner Strike auf sämmtlichen Werken ausgebrochen. Prag, 29. April. Dem „Prager Tageblatt" zufolge trafen gestern Abend zwei Züge Dragoner in Brüx ein; für beute werden weitere Züge erwartet. Die Fabrikanten fürch ten für den Betrieb ihrer Fabriken wegen Kohlenmangels. In Brüx besetzten die Dragoner sämmtliche Straßen gegen Dux, um den Sinkenden die Rückkehr aus Dux unmöglich zu machen. Jäger und Gendarmerie aus Komotau besetzten die Schächte um Brüx, wie Tschauch, Guide, Triebschitz, Julius, Oberleutensdorf. Eine Depntation sämmtlicher Werk besitzer des Teplitzer Reviers fuhr heute nach Prag zum Statthalter, um die Sachlage darzulegen und energischen Schutz für ihre Person und ihr Eigenthum zu erbitten. Die Localbehörden entwickeln eine lebhafte Energie. In Teplitz sind augenblicklich 10 Züge Cavallerie und 3^ Compagnien Infanterie als Besatzung. Die Strikenden wurden um Tausende von feiernden Arbeitern vermehrt. 3 Hauptagitatoren wurden verhaftet. Mrankretth. Paris, 26. April. Dem „Temps" wird aus Tunis vom 25. April telegraphirt: Nachrichten aus Tripolis vom 20. d. Mts. zufolge muß die Türkei die Garnison dieser Provinz noch nicht für ausreichend halten: denn jedes Schiff führt noch mehrere hundert Mann herbei. Erst gestern wurden wieder 600 Soldaten ausgeschifft. Es ist eine wahre Invasion von zerlumpten, schlecht genährten und gar nicht besoldeten Soldaten, welche, statt die Ordnung aufrecht zu erhalten, zu jedem schlechten Streiche gleich bei der Hand wären. Alles beweist, daß die Türken den Tunesen Hoff nung auf eine Intervention machen. In Tripolis herrscht solche Aufregung, daß man glaube» möchte, die Stadt be fände sich lm Belagerungszustande. Täglich militärische Auf züge, Ausschiffung von Schießvorräthen. Rollen von Ge schützen, Alles das mit großem Apparate vor einer Volks menge, die über so gewaltige Waffen ganz entzückt ist. I» einem Gefecht zwischen französischen Truppen und Arabern hat man kürzlich constatiren können, daß die letzteren mit Martinigewehrcn bewaffnet wären, die ihnen nur von den Türken geliefert sein konnten. Tripolis ist der Zufluchtsort für die ärgsten Taugenichtse Tunesiens geworden, die Ban diten, die Strolche, die Leuts, die sich in Sfax und Gabes compromittirt haben, finden bei den türkischen Behörden in Tripolis die freundlichste und achtungsvollste Aufnahme. Die Räuber, welche in Tunesien einbrechen, um Vieh zu stehlen und es dann in Tripolis zu verkaufen, bleiben durch aus unbehelligt. Nach der Ansicht unserer Grenzbehörden gehört eine eiserne Faust dazu, die Stämme im Süden der Regentschaft in Zaum zu halten und ihrs Einbrüche, sei es in das Tripolitanische oder in das Tunesische, zu verhin dern. Dies ist die Aufgabe des Generals Jamais, der in diesem Augenblick südlick von Mesreb steht. Marseille, 27. April. Mehr als 700 Pilger, unter welchen 300 Priester, die übrigen meistens Frauen, sind ge stern hier angekommen, um sich nach Jerusalem zu begeben. Dieselben sind mit Zelten versehen, um in den Ebenen Sy riens lagern zu können. Voit Mitternacht an wurden Mes sen gelesen in der Kirche Notredame de la Garde, wo der Bischof die Kreuze und die Banner der Pilger segnete. Um Mittag findet die Abfahrt der Pilger auf den Dampfern „Picardie" und „Guadeloupe" statt. Rußland. — Die Zeitung Semstwo berichtet folgenden Vorfall: „Eine bejahrte Jüdin wurde aus Moskau ausgewiesen. Dieselbe legte der Behörde ein ärztliches Attest vor, wonach jede Wohnungsveränderung unfehlbar ihren Tod zur Folge haben müßte. Die Polizei befragte Nerzte, wie lauge die Jüdin leben könne. Als das ärztliche Gutachten zehn Tage in Aussicht stellte, gestattete die Polizei der Greisin, noch zehn Tage in Moskau zu bleiben, befahl aber, wenn sie den zehnten Tag überleben sollte, sie unnachsichtlich auszu- weisen. Selbst das russische Blatt fügt hinzu: Wir soll das Volk Leben und Eigenthum seiner jüdischen Mitbürger ansehen, wenn eS seitens der Behörden solches Verhalten wahrnimmt?" So handelt eine Negierung, die 1877 einen blutigen Krieg angeblich aus Humanitätsrücksichten unter nahm und damit bei unzähligen Einfaltspinseln in ganz Europa Glauben fand. Dem Golos wird gemeldet, daß am 25. April aus Charkow der erste Trupp jüdischer Auswanderer nach Palästina aufbrechen werde. In Brody sollten am 24. und 25. April 200 flüchtige Familien aus Kischenew und Balta «»kommen. In Lemberg hat gestern eine Conferenz stattgefunden, an welcher sich die Vertreter der Brodyer, ^"rger und Londoner Hülfscomites betheiligten. Für die ^"Swanderer wurde in Lemberg ein ständiges Bu- ' Die Noth der armen Flüchtlinge ist 29. April. Der „Negierungs-Anzeiger" ckkas, betreffend die Verhängung des Zu- Schutzes über das Militärgouvernement . Stadthauptmannschaft Sebastopol und die