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- 282 - < U M Lößnitz, den 22. März. Heute, zum Geburtsfest Sr. Maj. des deutschen Kaisers, waren auch in unserer Stadt die öffentlichen und mehrere Privatgebäude festlich beflaggt. Eächstsche und örtliche Angelegenheiten. Schneeberg, den 25. März 1882. Hartenstein. Der gestern an dieser Stelle gemel dete Einbruch bei Herrn Hofprediger K. in Thierfeld, be ruht auf Jrrthum. AamiliennachrichLen. Verlobt. Frl. M. Pabst mit Hrn. Kaufmann M. Güntzel in Plagwitz-Leipzig. — Frl. A. Otto in Leisnig mit Hrn. Mülenbesitzer O. Friede in Kreischa. — Frl. M. Mummert mit Hrn. O. Händel in Crimmitschau. — Frl. R. v. Luedecke in Haasel mit Hrn. C. Roßberg in Dresden. Getraut. Hr. Assessor Dr. G. Wahle mit Frl. A. Lange in Dresden. — Hr. F. W. Wagner mit Frl. S. Marschall in Zittau. — Hr. A. Leuthold mit Frl. E. Fiedler in Treuen. Geboren. Hrn. Ingenieur Wilke in Dresden e. S. — Srn. Droguist C. Sticker in Großenhain e. S. — Hrn. G. Schultes in Döbeln e. S. — Hrn. Ä. Müller in Win dorf e. T. ' Gestorben. Fr. verw. Schullehrer C. Kunath geb. Klotzsch in Lungwitz. — Fr. F. verw. v. Zenker geb. Jordan in Bautzen. — Fr. A. Patz geb. Uibrig in Oelsnitz i. V. — Fr. A. Rohleder geb. Reichel auf Eisenwerk Pfeil- Hammer. — Hr. Superintendent E. A. Clauß iy Großen hain. — Hr. prakt. Arzt C. Uhlemann in Dresden. — Frl. CH. Thon in Leipzig. — Frl. I. Kretschmar in Oels nitz. — Hrn. Ref. Zieger in Lößnitz e. S. — Hrn. H. Höfer in Reitzenhain e. S. Lötznitz, 23. März. In früherer Zeit wurde der Ver kehr zwischen Lößnitz und Schneeberg durch die über die Mulde führende sogenannte „Eisenbrücke" wesentlich erleichtert. Die Brücke, die schadhaft geworden war, ist leider seit eini gen Jahren verschwunden, und bis jetzt haben sich die Hoff nungen auf baldige Wiederherstellung eines solchen Verkehrs mittels als' trügerische erwiesen. In anerkennenswerther Weise hat neuerdings der Bezirksausschuß der k. Amtshaupt mannschaft Schwarzenberg beschlossen, mit den Betheiligten in erneute Verhandlungen wegen des Baues der Brücke, die für den Fußverkehr und die Passage mit Handwagen rc. be stimmt sein soll, zu treten. Wünschen wir, daß diese Bemüh ungen von Erfolg begleitet sein möchten! Grünhain. Auch in unserem Städtchen wurde der Geburtstag Sr. Majestät des Kaisers von Deutschland durch einen Festkommers im hiesigen Nathhause von der freiwilli gen Feuerwehr und dem Männergesangvereine gefeiert. Der Kommandant der Feuerwehr, Herr Oswald Ficker, brachte ein Hoch! auf Deutschlands ruhmgekrönten Herrscher, Kaiser Wilhelm I., in welches die Festversammlung begeistert ein stimmte. Mit anderen Toasten und heiteren Vorträgen wechselten die patriotischen Lieder des Männergesangvereines, und verlief so der ganze Abend in recht gelungener, heite rer Weise. Nicht unerwähnt bleibe, daß auch an diesem Abende die freiw. Feuerwehr ihrem Kommandauten, wel cher gleichfalls seinen Geburtstag hatte, in Anerkennung seiner rastlosen Thätigkeit eine werthvolle silberne Dose über reichte. — Bei dem am vorigen Sonntage vom Männerge- sangvereine veranstalteten Konzerte zum Besten armer, wür diger Konfirmanden, kamen Männerchöre von Stuntz, Mohr und Gräbke, ein Quodlibet aus den „Gesellenfahrten" von I. Otto; gemischte Chöre von C. M. v. Weber und Abt; ein Volkslied: „Der Wirthin Töchterlein" von Br. Dost bearbeitet, und außerdem ein Marsch für Orchester und Piecen für Klavier und Violine zum Vortrage, welche Nummern alle mit Beifall ausgenommen wurden. Die Ein nahme war zur vorjährigen eine sehr geringe, denn jene betrug 60 Mark, wogegen sich diese nur auf 32 Mark be lief. 'Von diesem Gelds sind einige Bekleidungsstücke, als: Röcke, Mützen, Stiefel u. s. w. angeschafft worden, welche nächsten Dienstag unter einer kurzen Ansprache und einigen Gesängen den ärmsten und würdigsten Konfirmanden über reicht werden sollen. Dem Mängergesangvereine für seine große Mühe und Aufopferung, die leider nur wenig be lohnt worden ist, hierdurch zur Ermunterung ein herzliches „Grüß Gott!" Zwickau, 23. März. Gestern früh stürzten plötzlich von dem Giebel des Gewandhauses hier, welches ein Alter von mehreren Jahrhunderten zählt, drei zur Verzierung an gebrachte Sandsteinkugeln, deren jede gegen einen halben Centner wog, mit Donnergepolter aus einer bedeutenden Höhe auf das Straßenpflaster hernieder, wo sie in zahllose Stücken zerbarsten. Zum großen Glück war an der ver hängnißvollen Stelle, die für gewöhnlich sehr belebt ist, Niemand zugegen, sodaß keine Beschädigung von Menschen vorgekommen ist. Sofort sind die nöthigen Schritte von der Behörde gethan worden, um Unglück zu verhüten. Der Unfall wird dadurch erklärt, daß in dem Steine einer die ser Kugeln durch Witterungseinflüsss Spalten entstanden sind und die hierdurch gelockerte Kugel durch eine der gelegent lich bss kaiserlichen Geburtstages ausgehängten Flaggen her abgeschleudert worden ist und im Falle zwei weitere Kugeln mit fortqerissen hat. Das „Leipz. Tgbl." berichtet von folgendem merk würdigem Vorfall, der sich gestern Abend »uf der hohen Straße ereignete: Ein etwa 14jähriger Bursche, welcher nach einer auf der Straße daherfahrenden Kohlenambulanz hin- > blickte, nahm zu seinem nicht geringen Erstaunen wahr, daß i sich der Kutscher an dem vorn am Wagen befindlichen, i eisernen, zur Befestigung der Firma dienenden Gestelle am - Halse aufgehängt hatte. Rasch entschlossen sprang der be- § herzte Knabe auf den Wage» hinauf und schnitt mit seinem , Taschenmesser den verhängnißvollen Strick durch, wobei der Gehängte herabfiel und sich etwas am Kopfe verletzte. Die Hilfe war gerade noch rechtzeitig gekommen, der Kohlen fahrer athmete noch und wurde noch lebend nach den: Krankenhause gebracht. — Beim Abträgen der alten Kirche in Reudnitz vorgefundene Knochenüberreste waren in ein Massengrab gelegt worden, dasselbe aber vorläufig nur mit Pfosten zugedeckt worden. In der Nacht zum Montag nun haben Diebe, nach Uebersteigen der den Gottesacker umge benden Bretterwand eine Partie solcher Knochenüberreste , gestohlen. Chemnitz. Die Gehalte dec städtischen höheren Be- i amten sind bei den letzten Normirungen in der Weise fest- I gesetzt worden, daß zur Zeit beziehen: der Obsrbürgermei- i ster 10,500 Mk., der Bürgermeister 7,500 Mk„ von vier Stadträthen je einer 6600, 5100, 5000 und 4200 Mk., < der Stadtbaurath 5400 Mk., der Polizeidirektor 7200 Mk. Ferner erhalten von dem Beamtenpersonal: der Stadtcassi- rer 4500 Mk., der Stadtschreiber 3900 M., ver Baupoli- zeicommissar 3600 M., .die zwei Oberärzte am Kranken hause je 2200 Mk., der' Director der Realschule 6000 Mk., die 17 ordentlichen Oberlehrer an derselben im Durchschnitt je 3244 Mk., der erste Director der Stadtbank 6000 Mk., der zweite 4500 M., überdies jeder von beiden 1750 Mk. Tantieme, der Sparcassenverwalter 3000 Mk., der erste Cassirer bei der Sparcasse 2850 Mk., der Director der Wasserleitung 5000 Mk. Leipzig. Auffallend ist dieses Frühjahr in der hie sigen Gegend, sowie auch anderwärts, daS stacke Angebot von großen Quantitäten Kartoffeln, und zwar zu billigen Engrospreisen, wie mau sich deren kaum erinnern kann. So werden z. B jder Centner gute Speisekartoffeln für 1 Mark 75 Pfg., Futterkartoffeln der Centner für 1 Mark, ja bei Entnahme von größeren Partien der Centner sogar für 75 Pfg. vfferirt. Es spricht dies dafür, daß man na mentlich auf den größeren Gütern noch bedeutende Quan titäten Kartoffeln besitzt, weil sich für -die reichliche Ernte im Herbst nicht die Aufkäufer einstellten, oder doch nur un bedeutende Käufe abschloffen, beziehentlich auch der Bedarf vieler Brennereien gegen andere Jahre zurückgeftanden zu Feuilleton. * Ein kürzlich verstorbener reicher Pariser Bürger, Namens Benjamin Rampal, welcher ein leidenschaftlicher Bewundener des Herrn Schulze-Delitzsch war und dessen Werke ins Französische übersetzte, hat in seinem Testament eine Summe von mehr als anderthalb Millionen Francs, theils durch Liegenschaften, theils durch bewegliche Werths repräsentirt, dem Pariser Gemeinderath mit der Bestimmung vermacht, daß sie zu Vorschüssen an die Consum- .und Cre ditvereine für die arbeitenden Classen verwendet werden soll. Diese Vorschüsse sollen spätestens in 9 Jahren rückzahlbar sein, so daß auch 9 Corporativ-Gesellschaften dieser Art davon profitiren können. * (Was Paris in einem Monat ißt.) Nach der Verprovianlirungsstatlstik von Paris sind vom 1 bis 31. Januar in den Pariser Markthallen verkauft worden: 351,670 Hühner, 61,400 Truthühner, 56,500 Rebhühner, 284,000 Lerchen, 11,500 Schnepfen, 49,600 Krammetsvö- gel, 13,500 Fasanen, ungerechnet eine Unzahl Wasserwild, als da sind: Krickenten, Regenpfeifer, Wildenten u. s. w. Im Monat Januar kanten überdies nicht weniger als 134,800 Kaninchen auf den Markt. Die erhöhte Verzehrungssteuer hat den Austernkonsum nicht vermindert; im Pavillon IX. der Markthalle wurden allein 185 Millionen Stück Austern verkauft, die von dem französischen Küstenlande kamen. Die Butter sigurirt mit einer Million Kilogramm, die Eier mit der Ziffer von 12 Millionen Stück. La Brie hat 63,OM, Neuschatel 174,MO, Mont-d'Or 82,000 Käse, abgesehen von 200,000 anderen Stücken geliefert. See- und Süßwasser fische erreichten die Ziffer von 2 Millionen Kilogramm. Zur Ergänzung dieses statistischen Ausweises sei noch hinzuge fügt, daß im Monat Januar in den Zentralhallen von Paris über zwei Millionen Kilogramm von Rind-, Kalb-, Schaf- und Schweinefleisch verkauft wurden. * Solingen, 15. März. Ter Pferdefleisch-Verzehr nimmt der Barm. Ztg. zufolge hier von Jahr zu Jahr zu. Gegenwärtig trägt man sich mit der Absicht, nicht nur die zwangsmäßige Fleischschau auch auf das Pferdefleisch zu er strecken, sondern auch im Anschluß an das städtische Schlacht haus eine Pferde-Schlachthalle zu errichten. Während des verflossenen Jahres hat die Zahl der hier geschlachteten und verzehrten Pferde 253 betragen. * Tempelburg, (Regierungsbsz. Köslin) 14. März. Von einem schlafenden Mädchen in Tempelburg berichtet die „Nordd. Pr." wie folgt: Die Tochter des dortigen Schuh machermeisters Gustav Grawuuder, welche seit dem 4. Januar cr. in tiefem Schlafe lag, ist heute Mittag nach 12 Uhr wieder aufgewacht. Dieselbe hatte in letzter Zeit zwei Mal Nasenbluten, und ihr Gesicht nahm eine immer blassere Farbe an. Kurz vor ihrem Aufwachen, als ihre Mutter ihr die tägliche Portion Milch einflößen wollte, stieß sie unverständ liche Lauts aus und versuchte sodann, sich aufzurichten, was ihr jedoch nur mit Hülfe der Mutter gelang. Als sie bald darauf die Augen aufschlug, fragte sie der Vater, ob sie sich wohl befinde uno sagte ihr, daß sie sehr lange geschlafen hätte. Hierauf erwiderte sie, daß sie wohl nicht lange ge schlafen haben könnte, da sie noch müde sei. Ebenso wußte sie nicht, daß sie oft nach Anordnung des Arztes auf eine andere Seite gelegt worden sei, wie überhaupt nichts von den Vor gängen in ihrer Nähe. Ais ihr etwas Essen angeboten wurde, . wies sie dies zurück, da sie keinen Hunger verspüre. Nach dem dieselbe mehrere Stunden im Bett gesessen hatte, ver spürte sie wieder große Müdigkeit und legte sich zum Schlafe nieder. * Die Wiener Med. Blatte? bringen einen schier unglaublichen, aber thatsächlichen „Fall von Fremdkörpern im menschlichen Leibe," der alles bisher auf diesem Gebiete Beobachtete weit hinter sich läßt. Ein armseliges, in ver schiedener Hinsicht erkranktes schwächliches Frauenzimmer von 49 Jahren war in die Klinik zu Jena ausgenommen worden und wurde, weil sie über Verdanungsbeschwerden klagte, daraufhin untersucht; man beförderte nach und nach aus dem Körper des Weibes, hauptsächlich dem Verdauungslracts, nicht weniger als 235 Pflaumenkerne heraus! Nach 14tägi- ger Behandlung trat bei der Patientin eins wesentliche Bes serung ein. liche Meinung sich ganz überwiegend gegen das Tabakmono pol ausgesprochen, ist eine Thatsache, die jeder Unbefangene zugeben muß. Es würde dem Reichskanzler gewiß nicht zur Unehre gereichen, wenn auch er diese Thatsache anerkänute, wenn er zugäbe, daß der Widerstand, den er gefunden, größer und unüberwindlicher gewesen, als er sich vorgestellt, und wenn er angesichts dieser Erscheinungen von einem Plane abließe, der in den weitesten Kreisen mehr als alles andere die oppositionelle Stimmung genährt hat. Das Vo tum des Volkswirthschaftsraths enthält eine möglichst deut liche und dringende Aufforderung, von einem Projekt abzu lassen, > das nun einmal unter den deutschen Verhältnissen nicht durchführbar ist und nicht heilbringend sein kann. — Es wird darauf aufmerksam gemacht, daß Bücher zettel (offene gedruckte Bestellungen auf Bücher, Zeitschrif ten, Bilder und Musikalien, in denen die verlangten Werke handschriftlich bezeichnet sind bezw. der Vordruck ganz oder theilweise durchstrichen oder unterstrichen ist) außer im in neren deutschen Postverkehr nur noch im Verkehr mit Oe sterreich-Ungarn nach der Taxe für Drucksachen befördert werden, im Verkehr mit anderen Ländern aber eine Porto vergünstigung nicht genießen, sondern wie Briefe behandelt und demgemäß taxirt werden. Der Andrang zum Lehrerstande, so schreibt man aus Eisleben, ist jetzt so groß, daß bei der dortigen Präpa- randenanstalt schon der Bedarf an aufzunehmenden Zöglin- lingen für das Jahr 1883 vollständig gedeckt ist. Alle von jetzt ab sich Meldenden müssen entweder zurückgewiesen oder für das Jahr 1884 notirt werden. Oefterreick, Meeran, 23. März. Heute Nacht ist ein Schneesturm ausgebrochen. Der Schnee liegt meterhoch, die Temperatur ist unter Null gesunken. Man hat Befürchtungen für die Wein- und Obsternte. Brünn, 22. März. Der von der Burschenschaft „Arminia." veranstaltete Goethe-Commers gestaltete sich zu einer bedeutsamen deutsch-nationalen Demonstration. An wesend waren der Bürgermeister Winterholler, die Mitglie der des Professoren-Collegiums der technischen Hochschule, 'die deutschen Vereine rc. 3W Höhepunkt der Feierlichkeit bildete die Festrede des Pfarkers Dr. Trautenberger, der mit dem Hinweise auf das heute in Deutschland gefeierte 85. Geburtsfest des deutschen Kaisers, des innigsten Alliir- ten unseres Monarchen, begann, die Bedeutung Goethe's als deutscher nationaler Dichter hervorhob und die Vorwürfe, die der Excellenz und dem Minister Goethe gemacht worden, zurückwies, indem er bemerkte, daß wir froh wären, wenn alle Excellenzen so excellirten und alle Minister Derartiges leisten würden, wie Goethe. Der Redner gedachte auch der Gefahren, welche die panslavistische Hochfluch spcciell für die Deutschen in Oesterreich herbeiführen könne, und schloß mit der Aufforderung, der rückläufigen Bewegung, die sich be merkbar macht, mit der Forderung Goethe's „Mehr Licht!" entgegenzutreten. Die treffliche Rede rief stürmischen Beifall hervor. Die Toaste auf die Deutschen in Oesterreich, das Professoren-Collegium, die deutsche Stadt Brünn und den Bürgermeister Winterholler wurden stürmisch acclamirt. Frankreich. Man macht in Paris einiges Aufsehen von einem Artikel, der im „Figaro" erschienen ist und dessen Verfasser de Grandlieu, die europäische Lage in einem für Frankreich höchst bedenklichen Lichte darstellt. Dieser Herr °de Grand lieu ist wirklich erstaunlich. Es gisbt in Europa keine Kanz lei, die ein Geheimniß für ihn hätte; besonders im GMs des Fürsten Bismarck liest er wie in einem offenen Buche. Es unterliegt für ihn nicht dem geringsten Zweifel, daß der deutsche Kanzler entschlossen ist, die baltischen Provinzen, einen Theil Polens und Luxemburg zu annectiren, um das deutsche Reich zu vervollständigen. Fürst Bismarck will Rußland bekämpfen, damit dieser Staat sich nicht mit Frank reich verbünde; er treibt die Pforte zur Besetzung von Egypten an, um von dort aus Frankreich in Algerien und Tunis zu bedrohen. Er reizt Italien gegen Frankreich auf, hat Spanien und Belgien für seine Pläne gewonnen, und binnen kurzer Zeit wird diese ganze Coalition ihre furcht baren Kräfte in Bewegung setzen. Das Alles klingt so be drohlich, daß einige Blätter es für nöthig halten, das Pub licum zu beruhigen. Es scheint indessen nicht, daß dasselbe dieser Tröstungen sehr bedarf. Rustltrnd. Petersburg, 21. März. Recht bezeichnend für rus sische Verhältnisse ist folgender kleine Vorfall. Ein ham burgischer Unterthan, der hiesige Gastwirth Schmidt, stand vor dem Petersburger Friedensrichter Botscharow unter der Anklage, einen Gast beleidigt, d. h. auf die Straße gewor fen zu haben. Nach der Verhandlung geruhte der Friedens richter folgende höhnende Bemerkung zu machen: „Solch ein germanischer Unterthan, solch ein Deutscher will hier in Rußland einen Gast hinauswerfen!" Der Privatanwalt machte eine bescheidene Bemerkung über die Unzulässigkeit solcher Ausdrücke, wurde aber dafür vom Richter zur Ruhe verwiesen. Dieser Vorfall gibt dem St. PeterSb. Herold Anlaß zu folgender Bemerkung: „Wie wir erfahren, wird Herr Schmidt der hiesigen deutschen Botschaft eine Beschwerde über diesen Fall vortragen. Sicherlich wird die hiesige deut sche Botschaft der Beschwerde des Herrn Schmidt Folge ge ben und eben so gewiß wird unser russischer Justizminister auf Grund dieser Beschwerde diesen netten Richter belehren, daß es seine Aufgabe ist, ohne auf die Nationalität der Parteien zu sehen, Recht zu sprechen, andernfalls er eben untauglich zu dem hohen Amt eines Richters sei." Austcalie». Wir haben bereits auf die große Sperlingsplage in Australien hingewiesen und angeführt, daß die Regierung von Süd-Australien für jedes hundert Sperlingseier 2,25 und für jedes Dutzend Sperlingsköpfe 0,80 Ri. zahle. Es wurden im Verlaufe von ungefähr zwei Monaten 81,000 Eier und 8000 Köpfe eingeliefert und dafür 2358 M. ge zahlt. haben scheint. Fast eine jede Gutswirthschaft mit stärkerem Kartoffelbau hat von dieser Frucht noch so viel, daß sie um jeden Preis zu verkaufen sucht, während viele Land- wirthe, welche sonst erst im Frühjahr ihre überzählige Kar toffelfrucht zu verkaufen pflegten, bei den billigen Preisen es vorziehen, die noch vorräthigen Kartoffeln als Futter mittel zu verwerthen. Uebrigens mag der milde Winter und das zeitige Frühjahr ebenfalls nachtheilig für die Kon sumtion, resp. den Preis der Kartoffelfrucht gewirkt haben. — Auffallend billig sind gegenwärtig auch die Zwiebeln, von welchen nach ihrer Ernte im Herbst die Metze 35 Pfen nige kostete, wo jetzt ambulante Händler die Metze für 20 Pfennige ausrufen, während sonst die Zwiebeln zum Früh jahre in der Regel sehr hoch im Preise zu stehen pflegen.