Suche löschen...
Erzgebirgischer Volksfreund : 14.01.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-01-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735709689-188201142
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735709689-18820114
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735709689-18820114
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Erzgebirgischer Volksfreund
-
Jahr
1882
-
Monat
1882-01
- Tag 1882-01-14
-
Monat
1882-01
-
Jahr
1882
- Titel
- Erzgebirgischer Volksfreund : 14.01.1882
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
- 42 den kann. M. Jenter, Vorsitzender. Daraus ist am gestrigen Tage folgendes Antwortschreiben eingegangen: „Berlin, 7. Januar. Mr die freundliche Begrüßung zum Jahreswechsel danke ich Euer Wohlgeboren und Ihren Her ren Auftraggebern. Ich hoffe, daß der Gedanke obligatori scher Genossenschaften schon bei den diesjährigen Reichstags- Verhandlungen in Bezug auf die Unfallversicherung zur An erkennung gebracht und damit eine Grundlage gewonnen werden wird, um denselben auch Behufs weiter sozialer und wirthschaftlicher Reformen nutzbar zu machen. Um den darauf gerichteten Bestrebungen den Erfolg zu sichern, ist aber natürlich die Mitwirkung der parlamentarischen Körper schaften nöthig. v. Bismarck. Herrn M. Jenter, Wohlge boren. Schleswig." Aus Westfalen, 6. Jan. Die Elberfelder Zeitung schreibt: Daß deutsche Lehrer eS in fremden Erdtheilen bis zum Unterrichtsminister bringen, ist schon mehrfach vorge kommen. In neuerer Zeit ist, wie pädagogische Blätter mittheilen, der aus Trek-Harburg bei Lüneburg gebürtige Lehrer Basedow, welcher später in den Vierlanden angestellt war, zum Unterrichtsminister in Australien ernannt wor den. Nachdem er in Amerika und Australien als Lehrer und als Redacteur einer Zeitung in Adelaide thätig gewe sen war, gründete er dort zuletzt eine Buchhandlung, die in Verbindung mit zwei andern Firmen den ganzen Buch handel Australiens beherrschte. Die Lehrerwelt Australiens setzt auf ihren neuen Unterrichtsminister große Hoffnungen. Greiz. Ein „armer Reisender" neueren Stils nahm am Dienstag die Anklagebank im Fürstl. Schöffengerichte hier ein. Derselbe hat geständigermaßen am 26. December v. I., also am 2. Weihnachtsfeiertag, die hiesige Stadt „abgeklopft" und ist dann Abends mit dem erbettelten Gelds in das Schützenhaus zu Tanz gegangen. Dort hat er selbst nicht nur wacker gezecht, sondern auch Andere mit Bier tractirt. Er wurde überlaunig, belästigte die übrigen Tänzer und mußte schließlich an die Luft gesetzt werden. Auf dem Wege nach Greiz fiel der betrunkene „arme Rei sende" am Bahnübergang eine ziemlich hohe Böschung hin ab. Der Fürstl. Gendarm Schmidt II. von hier, welcher den Tanz im Schützenhaus zu überwachen hatte und ihm gefolgt war, wollte ihn hier wieder auf die Beine helfen. Allein der Handwerksbursche, seines Zeichens ein Bäcker, aus Kohlsdorf bei Koswig stammend, biß ihm dafür in den Finger, so daß dieser blutete. Seiner nunmehr erfolgenden Arretur setzte er energischen Widerstand entgegen. Der „ärme Reisende" wurde zu 14 Tagen Haft und zu 4 Wo chen Gefängniß verurtheilt. OMerreich. Linz, 11. Januar. Aufsehen erregt ein Erlaß des - Unterrichtsministers an alle Landesschulbehörden, wonach der Lehrer an Volks-, Bürger- und Mittelschulen ausländische Kongresse und Lehrerversammlungen nur mit Genehmigung yer politischen Lanhesstelle besuchen dürfen. Sächsische und örtliche Anaele^ettheiten. Schneeberg, den 13. Januar 1882. Nachdem am Sonntag Abend Scheune und Stall des Gntsbes. Austel in Niederzwönitz niederbrannte ist, das stehen gebliebene Wohnhaus Tags darauf auch noch ein Raub der Flammen geworden. Albernau, den 9. Januar. Ein Fest, in unserem Orte wohl seltener Art, feierte am gestrigen Tage eine hie sige Familie. Es war dies die Feier des 50jährigen Ehe jubiläums des Ehepaares Wild. Nachdem schon in früher Morgenstunde der hiesige Gesangverein durch Darbringung von Gesängen und Gratulationen dem ehrenvollen Paare seine Theilnahme bekundete, begaben sich das Jubelpaar, so wie verschiedene Angehörige desselben im Laufe des vormit tags nach der Kirchs zu Zschorlau, um dort — an dersel ben Stelle, wo ersteres vor 50 Jahren als Brautpaar stand — die kirchliche Einsegnung entgegen zu nehmen. Es war nicht blos ein rührender Anblick, den 81jährigen Greis mit seiner 72 Jahre alten Gattin, beide den Verhältnissen angemessen noch rüstig und gesund, vor dem Altäre des Herrn stehen zu sehen, sondern auch die Worte des Herrn Pastor Rudolf an das Jubelpaar gerichtet, mußten eines jeden H-rz, der zahlreich Anwesenden, mit Freude aber auch mit Wehmuth erfüllen, denn es leuchtete daraus hervor, daß das ehrwürdige Jubelpaar nicht blos gute, sondern auch viele trübe Stunden erlebt und daß der Jubilar in dec Gemeinde, hauptsächlich während seiner langjährigen Amti- rung als Gemeindevorstand und Octscichter, sich viele Ver dienste erworben hat; kein Wunder daher, wenn die Bethei ligung eine fast allgemeine war. Ein fröhliches Zusammen sein verschiedener Betheiligter bis in die späten Abendstun den schloß die seltene Feier. Dem ehrwürdigen Jubelpaare aber wünschen wir von ganzem Herzen ein stetes Wohl ergehen ! — Das Jahr 1882 wird sich durch eine totale Son ne nfinsterniß auszeichnen, die am 17. Mai stattfindet und in unseren Gegenden sichtbar sein wird. Diese Verfin sterung dauert 5 Stunden und beginnt um 5 Uhr Mor gens, hat gegen 8 Uhr ihren Kulminationspunkt und endet nach 10 Uhr, so daß es um diese Stunde eigentlich erst Tag wird. Zwickau, 11. Januar. Zweite Strafkammer. Der Weber Carl Robert Günnel aus Wildenfels, am 25. Sep-, tember v. I. vom Gutsbesitzer Weigel in Zschocke» beim Kartoffesstehlen betroffen, rief diesem, als er ihn von sei nem Felde fortwies, zu: „er solle ruhig sein und nichts mehr sagen, er hätte schon andre Kerle wie ihn gehauen." Dabei hatte er eine Kartoffelhacke in der Hand. Wegen Nöthigung erhielt Günnel drei Wochen Gefängniß. Leipzig, 10. Januar. (Meßbecicht des „Dr. I.") Ein mächtiges Leden entfaltete sich gleich beim Beginn der Tuchmeffe. Schönes mildes Wetter hatte die Käufer aus Deutschlandin Schaare» herbeigelockt, um sich mit Rouoeau- t-s für das zeitig beginnende Fciihjahcsgeschäft zu ver sehen. Verschiedene große Fabrikanten in Mustersachen waren so mit Aufträgen überhäuft, daß sie keine Waaren nach hier brachten. Wer nicht zeitig Aufträge ertheilt hatte, wurde von den renommirten Fabriken in Cottbus wegen voller Be schäftigung abgewiesen. Cottbus und Peitz brachten sehr wenig mit zur Messe, und was sie brachten, wurde schnell verkauft. Große Aufträge sollten noch unterbracht werden bei ersten Häusern, die wohl nun in die Hände von kleineren Fabrikanten gelangen werden. Forst hatte eine starke Zu fuhr, aber alles ging bald in andere Hände über, und selbst die telegraphisch nach hier beorderten Ballen wurden, ohne geöffnet zu werden, weiter gesandt. Besonders Süddeutsch land kaufte große Posten darin; »englische Dessins vorherr schend. Auch Spremberg hatte siS tüchtige Zufuhr gebracht; und obgleich es die Hauptmesse für dieses Fabrikat ist waren die Käufer in Anbetracht der großen Lager zurückhaltend, auf billigere Preise rechnend; aber bald fanden auch hierbei die Fabrikanten ihre Rechnung, indem schnell die großen Borräthe zum Verkauf kamen. Crimmitschau, Werdau hatten ihre gute Waare sofort zu vorjährigen Preisen verkauft. Änwalker blieben natürlich vernachlässigt. Gerade in ReM beiden Plätzen werden die Fabrikanten, die ein gutes Stück Waare zur Messe bringen, immer sofort die ersten Tag: dec Messe ihr Lager räumen, die Anderen aber, die unsolid ar beiten, bringen ihre Waare von Leipzig nach Frankfurt und von Frankfurt nach Leipzig, und schließlich sind sie genöthigt, für sogenannte Schundpreise loszuschlage». Großenhain brachte ganz prächtige Rockstoffe, schön und sauber ausgsführt, und kand schnell Liebhaber, so daß wohl wenig wieder zu rückgegangen ist. Luckenwalde schien sich dieses Mal ganz besondere Mühe gegeben zu haben. Rockstoffe in Diagonal und glatt waren ausgclegt, die mit den besten französischen Sachen sich ruhig messen können. Sagan, Grüneberg waren nicht ganz befriedig von der Messe, da Holland nicht so viel wie sonst in Crois-s, Tuchen und Satins kaufte und sonstige Käufer zurückhaltend waren. Für Schwidbus und Finster walde war die Messe schlecht. Schwarze Tuche wegen lauem Winter vernachlässigt. Leugefeld, Kirchberg hatten eilt gutes Geschäft mit Süddeutschland zu befriedigenden Preisen. Ka menz wie letzte Messe still und ruhig, an lleberproduktion laborirend. Von anderen Meßwaacen lägt sich mchrs be richten, da dieselben hauptsächlich zur Oster- und Michaeüs- mcsse bevorzugt werden. Dresden, 12. Januar. Wiedas „Dr.Journ." glaub haft vernimmt, wird die von besonders feierlichem Ceremoniel begleitete Investitur Sr. Maj des Königs mit dem demselben von Seiten Ihrer Majestät der Königin von Großbritannien ÜK 'St» Aermel des Kleides war im Nu eine Flamme. Ei nt« der Anwesenden sprangen, der Prinzessin augenblicklich Mit zur Hand liegenden wollenen Shawls und Tüchern za Hülfe unv ^rstickten dainit glücklich die Flammen, doch nicht ohne daß Lhre königliche Hoheit eine leichte Brandwunde am Arme nebst arger Versengung ihrer Augenbrauen da- vontrug. Die gleichfalls in Brand gerathene Schürze riß sich die Prinzessin mit der einen ihr freigebltebenen Hand selbst ab und warf sie von sich, so ein weiteres Umsichgrei fen der Flammen an ihrem Gewände verhindernd. Die Bestürzung in dem Augenblick unter allen Anwesenden war, wie man sich leicht vorstellen kann, eine unbeschreibliche und höchst besorgnißerregende. Mäuch ohne die Zustimmung des BuudeSraths. Abg. Mar- tritt für den Antrag ein. Abg. Schröder (Sezessio- Mnist) meint, das Gesetz sei eine Vollmacht für die Negierung, Mein Schutz für die Staatsautorität, eS sei Sache des Landtags, Mstch nrit dem Gesetze zu beschäftigen; er stimme mit seinen k J Freunden für die motivirte Tagesordnung, eventuell für seine k J Person gegen den Antrag. Abg. Langwerth spricht für k J den Antrag. Die erste Berathung wurde hierauf ge- I schloffen, Abg. Windthorst als Antragsteller erhielt I das Schlußwort. Redner bedauerte das Schweigen I der Regierung. Gerade weil das Gesetz enge mit den Mai- t I gesehen zusammenhänge, müßte es man jetzt abschaffen, er dankte I schließlich für die freundliche Behandlungsart des'Antrages. » Die Abgg. Freiherr v. Ow, v. Kleist-Retzow und Rickert »brachten motivirte Tagesordnungen ein, Ersterer, weil Ver- M Handlungen mit der Kurie schwebten und man im Landtage I rirchenpolitische Vorlagen erwarte, der Zweite aus ersterem « Grunde allein, der letztere aus obigen Gründen und weil Mdas Gesetz seit Jahren nicht angewendet worden sei. Bei M der zweiten Berathung sprach Abg. Rickert für die Revision A der Maigesetze, aber nicht 'für den Antrag. Abg. v. For- I ckenbeck sprach für die Revision der Maigesctze von Fall zu « Fall und gegen den Antrag. Abg. Schröder (Wittenberg) äu- «f ßerte sich nochmals gegen den Antrag. Nach Bemerkungen seitens N der Abgg. v. Kardorf, Richter und Windthorst erfolgte die Abstimmung. Der Antrag Ow wurde gegen die Stimmen der deutschen Neichspartei abgelehnt, ebenso der Antrag Kleist-Retzow gegen etwa die Hälfte der Deutschkonservativen und einige Mitglieder der Neichspartei. Der Antrag Ri ckert wurde unter namentlicher Abstimmung mit 235 gegen 126 Stimmen abgelehnt. Abg. Rickert enthielt sich der Ab stimmung, dafür stimmten die Nationalliberalen, die Sezes- fionisten, die deutsche jReichspartei, ein Theil der Deutsch konservativen und der Fortschrittspartei. Der Antrag Windthorst wurde unter namentlicher Abstimmung mit 233 gegen 115. Stimmen angenommen. Sieben Abgeordnete enthielten sich der Abstimmung, dafür stimmten das Centrum, die Polen, die deutsche Volkspartei, die Elsässer, die Sozialdemokraten, > ein Theil der Deutschkonservativen und der Fortschrittspar- - tei, sowie einzelne Mitglieder anderer Fraktionen. Berlin, 10. Jan. Unter den officiösen Ankündi- ci gungen der letzten Zeit hat die gestrige, nach welcher in der h nunmehr bestimmt in Aussicht genommenen Frühjahrssession das Rohtabak-Monopol, im Falle das Fabricat-Monopol abgelehnt würde, beantragt werden soll, ein nicht geringes Aufsehen gemacht. Bremer und andere Haudelsemporien werden dadurch schwerlich beruhigt worden sein. Was die von derselben Seite in zweiter Linie angedeutete erhöhte Gewichtssteuer für Tabak in Verbindung mit einer Getränke steuer angeht, so würde die letztere nur die norddeutschen Staaten treffen. Daher die Vermuthung, es könnte am Ende eine Beseitigung der süddeutschen Reservatrechte ähn lich wie bei dem Hamburger Zollanschluß in Frage kom- > men. Aber man hat dafür keine andern Anhaltspuncte. - Aus Schleswig wurde am 4. Januar, den „Schlesw. Nachrichten" zufolge, an den Reichskanzler Fürsten Bismarck folgendes Telegramm abgesandt: „Der hiesige Handwerker- ; verein sendet Ew. Durchlaucht seinen ehrfurchtsvollen Glück wunsch zum Jahreswechsel und verbindet damit die Erklä rung freudigster Zustimmung zu der von Ew. Durchlaucht , befolgten Wirthschaftspolitik. Der Verein hat die feste Ue- berzeugung, daß nur in obligatorischen Genoffenschaften der Boden des Gedeihens für das Kleingewerbe gewonnen wer- Fra«krosch. Paris, 10. Jan. Die heutige Eröffnung des fran zösischen Parlaments ging sehr ruhig vor sich. Dis Zahl der Senatoren und der Deputirten, die sich eingestellt, wat nicht bedeutend; die Tribünen waren fast vollständig leer. Vor dem Luxembourg, wo der Senat, und vor dem PalatS Bourbon, wo die Deputirtenkammer sitzt, hatte sich fast niemand eingefunden. Den Senat eröffnete der Altersprä sident Gaulthier de Rumilly, ein steinalter Nepublicaner, der wegen seines ehrenwerthen Charakters allgemeine Hoch achtung genießt und verdient. Dieser Nestor der Liberalen gehört noch zu den Franzosen vom alten Schlage, die lei der nach und nach verschwinden, um dem sehr herabgekom menen Geschlechte Platz zn machen, welches unter dem Kai- serthum Napoleons Ui aufgefüttert wurde. Seine Ansprache als Alterspräsident, in welcher er nicht bloß das verwegene, sondern auch das charakterlose Auftreten Gambettas der Nation zum Bewußtsein brachte, wird nicht ohne tiefen Eindruck bleiben, da jeder weiß, daß dieser. Mann von 90 Jahren mit einem Fuße im Grabe steht und deshalb sich von persönlichen Interessen nicht mehr leiten läßt. Daß der Senat seine Mahnung, sich nicht auf die Revision ein zulassen, befolgen werde, bleibt freilich fraglich, da die neuen Senatoren fast alle Werkzeuge Gambettas sind und Gam bettas Blatt dies ganz ungezwungen andeuter. Unter dem neuen Senatoren hatte sich auch der Major Laborvere ein- gefunden. Derselbe nahm seinen Platz auf der letzten Bank der äußersten Linken. Freycinet war ebenfalls in der Si tzung anwesend. Man glaubt, daß er, da er in vier De partements gewählt ist, dazu berufen sei, wieder eine Rollr zu spielen. Jedenfalls ist er im Augenblick fast der einzige, der genug Ansehen hat, um Gambetta ersetzen zu könne». In der Deputirtenkammer führte dec Alterspräsident Gui- chard den Vorsitz; seine Rede war ohne alle Bedeutung. Während derselben trat Gambetta in den Sitzungssaal und wurde sofort von einem Hausen von Deoutirten umringt, unter denen sich viele befanden, welche einige Minuten vor her ganz wacker über ihn geschimpft hatten. Gambetta blieb ungefähr eine halbe Stunde in der Kammer und begab sich hinweg, als die Abstimmung über die Wahl des Präsidenten ihren Anfang genommen. Paris, 11. Januar. Gambetta äußerte sich gestern zu mehreren Abgeordneten über die Krise wie folgt: „Ich war immer ein Anhänger des Listen Scrutiniums. Es gibt keine andere Form, um der Demokratie eine solide Grund lage zu verleihen. Es ist notbwendig, daß ich diese Prin- cipien durchführe, da ich am Ruder bin." Die Kammer sei Herrin ihrer Tagesordnung, könne also das eigentliche Wahl gesetz, welches die Annahme des Listen-Scrutiniums noth wendig machen würde, votiren, wann sie wolle. Dies schütze sie vor einer vorzeitigen Auflösung. Er wisse, daß sicheine starke Opposition geltend machen werde; „aber", äußerte Gambetta weiter, „wenn ich die Majorität nicht überzeugen känn, so ziehe ich mich lieber wegen dieser als wegen einer andern Frage zurück." Die Revublique Francaise äußert sich in einem sehr bemerkenswertben Artikel in demselben Sinne. Ueber die Ernennung Miribel's und I. I. Weiß' sagte Gambetta: „Miribel's Vollmachten haben mit der Po litik nichts zu schaffen. Er hat sich blos mit dem Entwürfe eines guten Mobilisativnsplanes und der Sicherheit Frank reichs nach Außen zu befassen. Seine Geschicklichkeit steht außer allem Zweifel. Ich wählte ibn und habe ihm Gene ral Faron, einen der besten Republikaner, an die Seite gesetzt. I. I. Weiß habe ich genommen, um ibn mit der Nedaction von Noten und Depesche», deren Sinn ich ihm angebe, zu betrauen. Lasse man mich meine Leute wählen und beurtheile man mich nach meinen Thaten." lieber den verheerenden Sturm, welcher in der Nacht vom Freitag zum Sonnabend den Norden Englands und Schottlands heimsuchte, liegen jetzt ausführliche Berichte vor. In Edinburg wurde ein Kirchthnm theilweise umge weht und eine Droschke in den Fluß gejagt. In Glasgow wurde ein Haus umgeweht und das Glasdach der St.- Enochs-Statiön arg beschädigt. In Kilsyth wehte der Sturm den 100 Fuß hohen Schornstein einer Eisengießerei nieder. Der Wellenbrecher in Port Erin (Insel Man) wurde sehr beschädigt und der am Ende desselben befindlichs Leucht thurm in das Meer gespült. Im westlichen Schottland hat die Telegraphenverbindung sowie der Eisenbahnverkehr em pfindliche Störungen erlitten. Große Strecken des Ufers des Clyde wurden weggespült. Seit den letzten 40 Jahren erinnert man sich dort keiner so hohen Fluth, und der Sturm war viel heftiger als der, welcher die Taybrücke umwehte. Große Verbeerungen hat der Sturm auch in Dumbarton, Dundee, Preston und anderen Orten angerich- tet, und scheint das Unwetter auch viele Schiffsanfälle ver ursacht zu haben. London, 12. Januar. Dilke erklärte einem Mitglied des Parlaments gegenüber, er glaube, daß trotz der Schwie rigkeiten der Verhandlungen betreffs des Handelsvertrags Frankreich in einigen Tagen den Handelsvertrag mit Eng land abschließen werde. London. Wie die in Plymouth erscheinende „We stern Daily Preß" berichtet, schwebte die Prinzessin von Wales vor einigen Tagen in ernster Lebensgefahr. Es ist im Verlaufe der "Weihnachts- und Neujahrsfestlich keiten und auch bei Geburtstagsgelegenheiten, in Gesell- schafts- und Familien-, namentlcch aber in Kinderkreisen ein Gesellschaftsspiel sehr beliebt, welches unter dem Namen „Schnapp-Drache (sinip bekannt ist. Dasselbe be ¬ steht daren, daß große Rosinen uud überzuckerte Früchte in eine Schüssel gethan und mit Branntwein begossen werden, welcher angezündet wird, und das Vergnügen der Kinder und auch größerer junger Leute besteht darin, die Süßigkei ten behende, ohne sich zu verbrennen, aus der blauflackern- drn Alkoholflamme herauszunehmen und dem Munde zuzu führen. Die kronprinzlichen Kinder und andere Gäste wa ren vor einigen Abenden in Sandringham emsig mit die sem erheiternden Vergnügen beschäftigt, welches die Prin zessin von Wales, wie immer auf die Unterhaltung ihrer Gäste, wie des Kinderkreises bedacht, leitete, als plötzlich die Schüssel mit ihrem brennenden Inhalt Umschlag und die lodernde Flüssigkeit sich auf das aus leicht entzündbarem Stoffe bestehende Kleid der Prinzessin von Wales ergoß, welches natürlich sofort Feuer fing und hell aufflammte; nament-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)