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ETN BRIEF HENRIK IBSENS AN EDVARD GRIEG Lieber Herr Grieg! Dresden, 2J. Januar 1874 Ich richte diese Zeilen au ' e aus Anlaß eines Planes, mit dessen Ausf ührung ich umgehe, und weswegen ich Sie //•. >1 möchte, ob Sie mittun wollen. Es handelt sich um folgendes: Ich beabsichtige „Peer Gyu! ' für die Aufführung auf der Bühne einzurichten. Wollen Sie die erforderliche Musil, hur •miere'n? Ich werde Ihnen in aller Kürze andeuten, wie ich mir die Einrichtung denke. — Der erste Akt wird ganz beibehallen, nur mit einigen Strichen im Dialog. . . Aus der Szene im Hochzeilshaus muß mit Hilfe des Balletts weil mehr gemacht werden, als im Buch sieh' Hierzu muß eine besondere Tanzmelodie komponiert werden, die sich gedämpft bis zum Schluß des Aktes hinzieht. — Im zweiten Akt muß der Auf tritt mit den drei Sälerinnen (Anm. In der Konzertsaalaufführung gestrichen.) nach Gutdünken des Komponisten musikalisch behandelt werden, aber der Teufel muß drin los sein! Dasselbe gilt f ür die Szene zwischen Peer und der Grüngekleideten. Ebenso muß eine Art von Begleitung zu den Auft. ii'en in < : Dovre-Alten Halle gemacht werden, wo im Dialog jedoch bedeutend gestrichen werden soll. Auch die Szene mit dem Krummen, die ganz gegeben wird,muß von Musik begleitet sein... Glockenläuten und Choralgesang ertönen weit aus der Ferne. Im dritten Akt brau, he ich Akkorde — aber sparsam — für die Szene zwischen Peer, dem Weib und dem Troll jungen. (Anm. Hierzu findet sich in der Griegschen Partitur nichts Ent sprechendes.) Fast der ganze vierte Akt 'wird bei der Aufführung gestrichen. Statt seiner habe ich mir ein großes musikalisches Tongemälde gedacht, das Peer Gynts Umher schweifen in der weiten Weft andeutet: amerikanische, englische und fra• jsische Melodien könnten als wechselnde und wieder verschwindende Motive hindurchklingen. (Anm. Auch diesen Vor schlag hat Grieg auf Veranlassung des Theater direktors Josephson später nicht berück sichtigt, da auf der Bühne wesentliche Teile des vierten Aktes entgegen Ibsens Erwartungen zur Darstellung kamen.) Den Chor Anitras und der Mädchen hört man hinter dem Vorhang in Verbindung mit der Orchestermusik. Währenddessen gehl der Vorhang auf, und man sieht gleich einem fernen Traumbilde das (im Text des vierten Aktes) beschriebene Tableau, worin Solvejg als Frau mittleren Alters singend im Sonnenschein vor dem Hause sitzt. Nach ihrem Gesang fällt der Vorhang wieder langsam, die Musik wird vom Orchester weiter geführt und geht zur Schilderung des Seesturms über, womit der fünfte Akt beginnt. .. So ungefähr habe ich mir das Ganze gedacht und erbitte mir nun Nachricht, ob Sie diese Arbeit über nehmen wollen. Wenn Sie darauf eingehen, so tuende ich mich sofort an die Direktion des „Christianiaer Theaters", reiche ein eingerichtetes Textbuch ein und sichere uns im voraus die Aufführung des Stückes. Als Honorar gedenke ich mir 400 Speziesthaler auszubedingen, die zu gleichen Hälften unter uns geteilt werden. Ich halte cs für ausgemacht, daß 1wir auch auf die Aufführung des Stückes in Kopenhagen und Stockholm rechnen können. Aber ich bitte Sie, die Sache bis auf weiteres geheim zu halten und mir so bald wie möglich zu ant- xoorlen. Ihr freundschaftlichsl ergebener Henrik Ibsen. . PS. Meine Adresse hier in Dresden ist: Wettinerstraße 22, zweite Etage. Reduktion des vorliegenden Progrommes: Well Goette Die Reproduktionen oul den Seiten 2 und 3 wurden ongelertigt nods Ge.-ndlden von Erik Werenskjold. P»lo. ^olionolgoleri«