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KONGRESS-SAAL DEUTSCHES H Y G I E N E - M U S E U M Sonnabend, 22. April 1961, 19.30 Uhr Sonntag, 23. April 1961, 19.30 Uhr 9. Z YKLU S-KO NZ E RT DIRIGENT Siegfried Geißler SOLIST Jan Panenka, Prag ANTONIN DVORÄK 1841 —1904 Ouvertüre „In der Natur“, op. 91 Konzert für Klavier und Orchester g-Moll, op. 33 Allegro agitato Andante sostenuto Allegro con fuoco PAUSE 8. Sinfonie G-Dur, op. 88 Allegro con brio Adagio Allegretto grazioso Allegro ma non troppo Die Ouvertüre „In der Natur“ aus dem Jahre 1891 ist die erste der drei Pro gramm-Ouvertüren, opp. 91-93, die der fünfzigjährige Dvorak, seine Gedanken um in der Natur waltende Mächte in Töne übersetzend, ursprünglich als Zyklus „Natur, Leben und Liebe“ konzipierte, dann aber (vgl. auch die Einführung zum 4. Zyklus- Konzert!) mit den Titeln „In der Natur“, „Karneval“ und „Othello“ versah. Aufschlußreich für die inhaltliche Deutung des Opus 91 sind weitere in den Skizzen ent haltene Überschriftsentwürfe wie „Ouvertura lyrica“ und „Sommernacht“, die bereits eindeutig in der Richtung der Erläuterung liegen, wie sie der Dvorak-Biograph Otakar Sourek mit folgenden Worten gibt: „Ein Sommerabend vor Einbruch der Dämmerung. Ein einsamer Mensch betritt die scheinbar verstummte Natur. Sein Ohr vernimmt nur einen unbestimmten langgczogcnen Ton, der die einzige vernehmbare Stimme der einschlummerndcn Natur zu sein scheint. Nur dann und wann erklingt ein Vogclruf. Als das Gemüt des Lauschenden die Last der Lebensdrangsale von sich getan und sich ganz in die gewaltigen Arme des Weltalls geschmiegt hat, beginnt plötzlich in der Seele die innere Stimme der Natur zu tönen. Anfangs klingt sie verhalten, wie aus gro ßer Ferne, schnell aber erstarkt sic, mehrt sich und wächst an, bis sic in erhebend lauteren Frcudenlauten hinjauchzt: die Natur singt die Symphonie ihrer geheim- nisschwangcren Urtiefen, die Symphonie von Leben und Liebe. Und der Mensch fühlt sich von diesem hymnischen Jauchzen erhoben, freudig gesteigert und ge stärkt. Innerlich geläutert kehrt er dann mit seinem Geist in die Wirklichkeit zu rück, während die Natur über ihm nun wieder mit ihrer langgczogcnen tiefen Stille hintönt, die nur von vereinzelten Vogclrufcn unterbrochen wird.“ Das Werk, ausdrucksgesättigt und tiefehrliche Gemütsempfindungen in der Geschlos senheit der Sonatenform wohlabgcwogen darbietend, widmete Dvorak der Universität Cambridge, die ihm kurz zuvor die Würde eines Ehrendoktors verliehen hatte. An Konzerten für Soloinstrumcntc und Orchester schrieb Dvorak zu verschiedenen Schaffensperioden drei: neben dem g-Moll-Konzert für Klavier, op. 33 (1876) je eines für Violine (op. 53, 1879 80, überarbeitet 1882) und Violoncello (op. 104, 1894 95). Dachte er bei jedem der Konzerte an einen Interpreten, der seinem Schaffen nahestand (beim Klavierkonzert war cs der Pianist Karl von Slavkovsky, der cs 1878 in Prag auch aus der Taufe hob), so bestimmte ihn das keineswegs, das virtuose Ele ment auf Kosten der musikalischen Substanz in den Vordergrund treten zu lassen. Viel mehr wirken beide Partner, das Soloinstrument und das Orchester, gleichberechtigt an einem echt sinfonischen Geschehen, dem in all seinen Phasen und Verästelungen zu folgen dem Hörer immer wieder reizvolle Aufgaben stellt: gewiß einer der Gründe für den bleibenden Erfolg der Werke auf den Konzertpodien in aller Welt. Allerdings darf nicht verschwiegen werden, daß dem Klavierkonzert nicht von vornherein d a s Aus maß an Zustimmung bcschicdcn war, wie es sich bei den beiden anderen sofort ein stellte. Eine Revision des Soloparts durch den Prager Professor Vilem Kurz, die einiges geschmeidiger zu machen wußte, kam der Verbreitung des Werkes entgegen, das, in der Entwicklungszeit vor der „slawischen“ Periode mit ihren ersten großen Erfolgen