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entstanden, begreiflicherweise den werdenden Meister noch nicht frei von den ver pflichtenden Vorbildern seiner Kunst sah. Erst allmählich wurde der Blick frei für die starke Eigenwüchsigkcit auch dieses Konzerts, das in seinen drei Sätzen die unter schiedlichsten Gefühlswerte vom mannhaften Pathos über die innige Gesangslinie bis zur launigen Spritzigkeit - und das Alles von der Form her sinnvoll bewältigt — in sich schließt. Die G-Dur- Sinfonie, op. 88 (1899) - einer Werkreihe zugehörig, die in ihren Grundzügen bestimmt wurde durch das von der Natur in und um Vysokä begünstigte Überwinden der inneren Erregungszustände um die Zeit der Entstehung der d-Moll- Sinfonie op. 70 - weist kein ausgesprochenes Programm auf, hat jedoch Episoden, die in etwa in der Richtung der Ouvertüre „In der Natur“ liegen. Aus dem Werk spricht - bei allem bunten Wechsel der Stimmungsgehalte - das Ausreifen der neugewonnenen Selbstsicherheit, spricht aber auch (und das zeugt von dem Grad des Zurückfindens) bereits wieder die Freude am Experiment auf dem Fundament gesicherter Meisterschaft. Aus Dvoraks eigenem Munde ist bezeugt, daß diese Sinfonie sich von seinen übrigen abhebt und mit ihrem Material nicht nur auf die herkömmliche Weise umgehen solle. Geht er hierbei der formalen Tradition auch nicht direkt aus dem Wege (die überkom menen Formschemata sind durchaus nicht zu verkennen) so gibt es doch in diesem Werk eine Fülle fesselnder Einzelheiten, die seine sichere Hand in der Verarbeitungstechnik beweisen, gibt cs harmonisch, rhythmisch und in der Orchestrierung Stellen, die auf horchen machen, die zugleich aber einmal mehr die Ausprägung des Dvoräkschcn Pcr- sönlichkeitsstils auf der Grundlage der nationalen Intonation unterstreichen. Welche Wirkung diese Sinfonie auf Fachkreise ausübte, mag eine Briefstcllc Flans Richters nach der Wiener Erstaufführung im Januar 1894 belegen: „Lieber böser Freund! An dieser Aufführung hätten Sic gewiß Freude gehabt. Wir alle haben gefühlt, daß es sich um ein herrliches Werk handelt; darum waren wir auch alle mit Enthusiasmus dabei. Brahms speiste nach der Aufführung bei mir, und wir tranken auf das Wohl des leider abwesenden Vaters von Nr. 8. Vivat Scqucns! Der Beifall war warm und herzlich.“ Und als die Universität Cambridge die Anerkennung, die Dvorak sich in England erworben hatte, mit der Verleihung des Ehrendoktorats der Musik unterstrich, war es neben dem „Stabat mater“ die G-Dur-Sinfonie, die am Vorabend der Promotion den sonst üblichen Dissertationsvortrag ersetzte. Mag sich die vorangegangene „Siebente“ durch größere Spannweite auszcichncn, die ihr in dieser Beziehung gewiß eine Sonderstellung in Dvoraks Neunzahl einräumt: mit der „Achten“ bekennt sich ihr Schöpfer in ganz persönlicher Aussage zu seinem Werk und dessen Fundament im heimatlichen Boden, und er bekennt sich zur tief im Inneren haftenden Freude, die aus solchem Werk wächst. Walter Bänsch LITERATUR II INWEISE Sourck: Antonin Dvorak, Biographie und Wcrkanalysen, Band I, Artia-Verlag Prag VORANKÜNDIGUNG: Nächste Konzerte im Anrecht B 6. 7. Mai 1961, jeweils 19.30 Uhr Einführungsvorträge jeweils 18.30 Uhr. 2-/3. Mai 1961, jeweils 19.30 Uhr, 16. Außerordentliches Konzert PEER GYNT Aus der dramatischen Dichtung von H. Ibsen • Musik: E. Grieg Freier Kartenverkauf! 9. ZYKLUS-KONZERT 1960/6 6115 Ra III-9-5 461 1,4 ltG 009/37/61