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KONGRESS-SAAL DEUTSCHES HYGIENE-MUSEUM ZUR EINFÜHRUNG Sonnabend, n.März 1961, 19.30 Uhr Sonntag, 12. März 1961, 19.30 Uhr 8. Philharmonisches Konzert GASTDIRIGENT GMD Kurt Masur, Berlin SOLI ST Prof. Rolph Schroeder, Kassel Walter Draeger Konzert für Violine und Orchester geb. 1888 (Erstaufführung) Molto animato Grave Allegro con brio PAUSE Dmitri Schostakowitsch geb. 1906 7. Sinfonie, Op. 60 (Leningrader Sinfonie) (Erstaufführung) Allegretto Moderato (poco allegretto) Adagio Allegro non troppo PROF. ROLPH SCHROEDER Walter Draeger KONZERT FÜR VIOLINE UND ORCHESTER Von den zur Zeit in unserer Deutschen Demokratischen Republik tätigen Kompo nisten und Musikpädagogen ist Walter Draeger eine der geschätztesten und erfolg reichsten Persönlichkeiten. Er wurde im Jahre 1888 im Brandenburgischen geboren und war während seiner Berliner und Pariser Studienjahre vornehmlich Schüler von Otto Taubmann und Franz Schreker. Nach dem zweiten Weltkrieg wirkte er lange Jahre hindurch am Konservatorium in Quedlinburg und anschließend an der Hoch schule für Musik in Halle. Zur Zeit lebt er in Weimar als Professor für Theorie und Komposition an der dortigen Musikhochschule. Draegers reiches bisheriges Schaffen umfaßt sinfonische und konzertante Werke sowie Kammermusik aller Art. Von seinen Kompositionen haben ihm in den letzten Jahren bei Aufführungen im Konzertsaal und im Rundfunk außer dem Violinkonzert und einer Sinfonietta noch ein Streichquartett, die Bauernlegenden für Chor und Blasorchester und der Liederzyklus ,,Doris und Dämon“ besondere Anerkennung eingebracht; für den Liederzyklus wurde er mit einem Kunstpreis der Stadt Halle ausgezeichnet. In allen genannten Werken hat sich Draeger als einer unserer besten Vertreter eines volksnahen musikalischen Realismus bewährt, der durch Reich tum und Prägnanz der Erfindung, reife Gestaltung und eine auch in Klang und Harmonie überzeugende Sprache für sich einnimmt. Das ,,Violinkonzert“ wurde 1956 vollendet und noch im gleichen Jahr auf den Halleschen Musik tagen durch Prof. Schroeder (Violine) und GMD Förster mit dem Staatlichen Sinfonieorchester Halle zur Uraufführung gebracht; in der gleichen Wiedergabe wurde es auch von den Sendern der Deutschen Demokratischen Republik über nommen. Das Konzert ist dreisätzig und enthält zwei lebhaft bewegte Ecksätze, die einen ruhigen Mittelteil, ein Grave, umschließen. Das kraftvoll vorwärtsdrängende Haupt thema des ersten Satzes (Molto animato) ist bereits kennzeichnend für das konflikt reiche Auf und Ab der Entwicklung in diesem Abschnitt. Das Thema klingt in der Orchestereinleitung zunächst nur kurz und mottoartig an und macht sehr bald einem weiteren, noch energievolleren Gedanken Platz, der die volle Kraft des Orchesters entfesselt. Nach dem Absinken dieses Themas greift die Solovioline ein, zunächst nur präludierend, dann auch das vom Orchester vorgetragene Themenmaterial auf greifend. Vor allem das Hauptthema des Anfangs wird von ihr in Anspruch genom men und in mannigfacher Weise beleuchtet und abgewandelt, zuletzt in Verbindung mit der solistisch hervortretenden Flöte. Eine neue energische Episode wird vom Orchester allein bestritten. Aus ihr entwickelt sich die bedeutsame Gegenmelodie, ein ruhiges lyrisches Thema. Damit ist das Themenmaterial des Satzes erstellt. Aus den Gegensätzen der thematischen Gedanken, ihrem leidenschaftlichen Mit- und Gegeneinander, ihrem Wechsel zwischen heftigem Ansturm und entschlossenem Widerstand entwickelt sich der weitere Verlauf des Satzes, ergeben sich die Konflikte und Lösungen, die sie heraufbeschwören bzw. erstreben. Am Schluß beherrscht das Hauptthema das Feld: Mit seinen beiden ersten Takten gibt es in der Coda (Schluß anhang) dem dramatisch bewegten Satz einen charaktervollen Ausklang.