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Dresdner Journal : 30.12.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-12-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190212308
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19021230
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19021230
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-12
- Tag 1902-12-30
-
Monat
1902-12
-
Jahr
1902
- Titel
- Dresdner Journal : 30.12.1902
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>ene Amtlicher Teil. Finanzen. 12571 Rüger v. Metzsch wird man, wie die „Berl. Pol. Nachr." mit Recht ^,^et betonen, sehr bald erkennen, Ivie wenig hinter dem»'M7»jtz Bei den bevorstehenden Senatswahlen werden lautem Treiben der Gegner der Tarifreform steckt, und In- Nichtamtlicher Teil störung der Solidarität von Landwirtschaft und dustrie gerichteten Bestrebungen zn begrüßen. daß es nur entschlossenen Willens und festen Zu greifens bedarf, um ein Trugbild zu zerstören, das mit Unrecht als der wahre Ausdruck der Auffassung und Gesinnung der deutschen Landwirtschaft hin gestellt wird. Vom Standpunkte der nationalen Wirtschafts politik ist daher das Vorgehen des Hrn. v. Kardorff als ein entscheidender Schlag gegen die auf die Zer Hr. v. Kardorff und der Lund der Landwirte. Die Lossagung des Reichstagsabgcordneten v. Kardorff vom Bnnde der Landwirte und deren Begründung muß als ein politisches Ereignis von ZU den Unruhen in Marokko. Die aus Marokko eingegangenen Nachrichten lauten für die Sache des Sultans recht ungünstig. Es ist nicht daran zu zweifeln, daß seine Truppen bei Tesa eine Niederlage erlitten haben, durch die sie genötigt wurden, diesen Ort aufzugeben und sich auf Fez zurückzuziehen. Das Lager wurde von den Truppen des Prätendenten ge nommen mit Waffen, Munition und sämtlichen Kamelen, das heißt also mit dem ganzen Troß. In Fez, wo der Sul tan, sonstige Truppenführer und noch andere Flüchtlinge angekommen sind, herrscht dem Vernehmen nach große Erregung, und man trifft dort Vorbereitungen zur Verteidigung; doch fürchtet man, daß die Stadt im Falle eines Angriffes nicht lange werde standhalten können, da sie ganz unzureichend verproviantiert sei. Alan behauptet, daß der Sultan nur noch Silber lich 33 Mitgliedern, die ausgelost werden. Die Sitzungen werden von einem Präsidenten oder vier Vizepräsidenten Dresden, 24. Dezember. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Vorsteher bei der Landesanstalt Sonnenstein Julius Hermann Reichmann das Albrechtskreuz zu verleihen. WekannLrnachung, die Aufsicht über die Befolgung dec fischerei polizeilichen Vorschriften betreffend, vom 29. November 1902. Die Aufsicht darüber, daß den in Gesetzen und Verordnungen getroffenen fischereipolizeilichen Vor schriften nicht zuwidergehandelt werde, haben auch die Amtsstraßenmeister mit zu führen. Durch diese Auftragsertheilung wird an der den polizeilichen Organen obliegenden Aufsichtsführung nichts geändert. Die Ministerien des Innern und der Znm Vorgehen gegen Venezuela. Von der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" wird jetzt bestätigt, daß die amerikanische Mitteilung, wonach Präsident Roosevelt bedauert, den Schicds spruch in der venezolanischen Angelegenheit nicht selbst übernehmen zu können, am vergangenen Sonn abend in Berlin überreicht worden ist. Die Ab lehnung des Schiedsrichteramts durch den Präsi denten der Union wird in einem Berliner Tele gramm der „Cölnischen Zeitung" damit erklärt, daß dieser nicht die Verantwortlichkeit übernehmen wollte, daß Venezuela später auch den Inhalt des Schieds spruches ausführcn werde. Im übrigen wird in dem Telegramm gegenüber Darstellungen von eng lischer und französischer Seite, als ob die beteiligten Mächte erst infolge des Hinweises der Vereinigten Staaten sich für Verweisung des Streitfalles an das Haager Schiedsgericht erklärt hätten, nochmals betont, gleich in der Note, in der Deutschland und England dem Präsidenten das Schiedsgericht an boten, sei ausgeführt gewesen, daß, wenn Roosevelt ablchnen sollte, die Mächte die Absicht hätten, sich nach dem Haag zu wenden; dasselbe sei in der italienischen Note festgestcllt worden. Es sei das um so mehr von Bedeutung, als man neuerdings auch in Frankreich die Dinge so darstcllcn möchte, als ob Deutschland und England einer Berufung an das Haager Schiedsgericht grundsätzlich abgeneigt gewesen wären. Zufolge einer Meldung aus Caracas teilte der nordamerikanische Gesandte Bowen dem Prä sidenten Castro den ablehnenden Entschluß Roose velts bezüglich des Schiedsrichteramtes mit. In Washington wird, nach einem Privatkabeltelegramm des „Berl. Lok.-Anz", Castros formelle Antwort auf diese Mitteilung heute erwartet. Die Regierungen von Norwegen und Dänemark haben, laut einer Nachricht aus London, ihre Forderungen an Venezuela nach genauer Berechnung sowohl England, Deutschland und Italien wie den Vereinigten Staaten von Amerika eröffnet. Nor wegen verlangt für geschädigte norwegische Schiffs besitzer nie Entschädigung von 1750000 Bolivares (1V>« Mill. M.) sowie 150000 Bolivares für die Familien getöteter Seeleute, Dänemark beziffert die Entschädigungen seiner Staatsangehörigen auf 900 000 Bolivares. Beide Regierungen ersuchen die cinschreitenden Mächte, ihre Interessen mit zu unterstützen und deren gleichberechtigte Zulassung zur Verhandlung vor dem Haager Schiedsgerichte an zuerkennen. Nachdem Seine Königliche Hoheit der Kronprinz die Absicht kundgegcben haben, die mit Höchstseiner Frau Gemahlin entstandene Eheirrung auf gerichtlichem Wege zum Austrag bringen zu lassen, ist von Seiner Majestät dem König darauf gemäß 8 12 Abs. 1 (urspr. Abs. 2) des Nachtrags zum Königlichen Hausgesetze vom 20. August 1879 zur Entscheidung dieser Eheirrung ein besonderes Gericht von sieben Richtern niedergesetzt worden, das aus dem Präsi denten des Oberlandesgerichts und sechs vorwiegend mit Ehesachen beschäftigten Oberlandcsgerichtsräthen besteht. Auch über das Verfahren haben Seine Majestät der König besondere Vorschriften getroffen. Der Klagantrag wird auf Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft gerichtet werden (Bürg. G.-B. 8 1575). Ernennungen, Versetzungen re. im öffent» lichen Dienste. Im «eschäftSbereiche deS Ministeriums deS SultuS u. öffentl. Unterrichts. Zu besetzen: Eine stand Lehrerstelle in Lichtentanne. Koll : Die oberste Schulbehörde. Einkommen einschl 200 M. Wohnungsgeld 1500 M., steigt v vollend 25. Lebensj. an aller S I. um 150 M , bis m d. 55. Lebensj der Höchstgehalt von 3000 M. erreicht wird. Ges. unter Beifügung sämtl. Prüfungs- u. AmtSsührungszcugnisse, sowie eines Nachweises betr. der Militärpflicht, bis 20. Jan. b. Bezirksschulinsp. f. Zwickau II, Schulrat Hörig, einzureichen; — Ostern die 2. Lehrerstelle an d. vierkl. Volksschule in Mahlis. Koll.: Die oberste Schulbehörde. 1300 M. Grundgehalt, 100 M. vorausgewährte Alterszulage u. 55 M. f. Turnunterricht im Sommer neben schöner Wohnung im Schulhause m. Obst- u. Gemüsegarten. Bewerbungen m. d. ersorderl Unterlagen (ev. Militärdienst ausweis) bis 15. Jan. b Bezirksschulinsp. Schulrat Reil, Oschatz, einzureichen. (Behördl. Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile.) großer Tragweite angesehen werden. Hr. v. Kardorff war es, der in einer Zeit freihändlerischer Hochflut mit der Broschüre „Gegen den Strom" zuerst wieder die Fahne der nationalen, auf den gleichmäßigen Schutz aller Zweige der heimischen Arbeit abzielen den Wirtschaftspolitik hochhob und damit den An stoß zu dem Umschwünge der öffentlichen Meinung gab, deren Niederschlag der Zolltarif von 1879 war. Wie Hr. v. Kardorff einer der eifrigsten und erfolg reichsten Mitarbeiter Bismarcks an diesem großen Werke war, so hat er auch in dem folgenden Jahr zehnt das Banner gleich wirksamen Schutzes für Landwirtschaft und Industrie in Wort und That treu und fest hochgehalten und demzufolge die Caprivische Handelsvcrtragspolitik entschieden be kämpft, weil er in ihr eine einseitige Berück sichtigung der Industrie zu Lasten der Landwirt schaft erblickte. Hrn. v. Kardorffs Name ist daher ein Programm, und mit vollem Rechte hatte man ihm die Leitung der Kommission anvertraut, die sich die Aufgabe gestellt hatte, für einen wirk samen Schutz der Landwirtschaft zu sorgen. Wenn ein solcher in guten und schlechten Tagen gleich bewährter Vorkämpfer gleichmäßigen und wirksamen Schutzes von Landwirtschaft und Industrie das Tischtuch zwischen sich und dem Bunde der Land wirte zerschneidet und wenn er dies thut unter dem Wahlspruche: „Das Vaterland und nicht die Partei", so liegt darin für jeden unbefangen Denkenden eine Verurteilung des Vorgehens der Bundesleitung, die es für angezeigt erachtet hat, angesichts des gemein samen gewaltigen Ansturms der Zollopposition unter Führung der Sozialdemokraten den Ueberwindern der Obstruktion der letzteren den Krieg zu erklären. Ganz besonders scharf aber trifft Hrn. v. Kardorffs bündiger Nachweis, wie wenig die Darstellungen der bündlcrischen Führer Anspruch auf Zuverlässigkeit haben. Findet, woran nicht zu zweifeln ist, Hrn. v. Kardorffs Beispiel Nachfolge von Seiten aller derjenigen Männer, die mit ihm dem Wahlspruche „Das Vaterland und nicht die Partei" folgen, so Die bevorstehenden Senatswahlen in Frankreich. Aus Paris schreibt man uns: Am nächsten 4. Januar finden in Frankreich Senatoren wahlen statt; indes wird nicht der ganze Senat der Neu wahl unterworfen, sondern nur ein Drittel desselben, nämlich die Serie A, die erste der drei Serien, in welche die hohe Versammlung zu Wahlzwcckcn eingeteilt wird Die Serie A umfaßt die 30 dem Alphabet nach ersten der 87 französischen Departements, vom Ain- bis zum Gard-Departement. Dazu kommen noch das Departe ment Algier und die Kolonien La Guadeloupe und La Röunion. Der Senat wurde durch das Verfaffungsgesetz vom 25. Februar 1875 eingesetzt und trat zum ersten Male am 8. März 1876 zusammen. Seitdem wurde die im ganzen 98 Senatoren gewählt werden müssen. Unter den neuzuwählenden Senatoren ist ein einziges Mitglied des Kabinetts, nämlich Niinisterpräsident Combes, der Senator des Charente-Jnfsrieurc-Departements ist und bei den Wahlen von 1885 in den Senat eintrat. Er wurde im Jahre 1893 Vizepräsident des Senats, und nachdem er 1894 mit 559 Stimmen im ersten Wahl gange wiedergewählt worden war, auch wieder Vize präsident. Es scheint keinem Zweifel zu unterliegen, daß Hr. Combes auch dieses Mal wiedergcwählt wird. Ebenso zweifellos dürfte es sein, daß die Mehrheit der neu- gewählten Senatoren regierungsfreundlich sein wird. Von den 94 Senatoren, die sich der Neuwahl unterziehen müssen, sind 53 ministeriell und 41 antiministeriell. Schon dieses Verhältnis deutet auf den Ausfall hin. Uebcrdies hat die Regierung den Schluß der letzten parlamentarischen Tagung zeitig genug zu bewerkstelligen vermocht, um den Kandidaten eingehende Vorbereitung und eine wirksame Wahlpropaganda zu gestatten. Unter solchen Umständen hatten cs auch die Regierungs parteien für überflüssig gehalten, besondere Vorkehrungen zu treffen, und sahen sogar von den sonst üblichen Manifesten und Programmerklärungen an die Wähler schaft ab. Sie halten den Ausfall der Wahlen in republikanischem Sinne für schlechterdings sicher. ... Mtzc von 94 Senatoren erneuert, welche die Serie A umfaßt. Jedoch kommen hierzu noch diejenigen, die im Laufe des zweiten Halbjahres von 1902 durch den Tod ihrer Inhaber frei geworden sind, nämlich vier, so daß A zweimal erneuert, am 25. Januar 1885 und 7. Januar 1894, denn die Mitglieder des Senats, an der Zahl, werden auf neun Jahre ernannt, der Senat ins Leben trat, bestanden seine 300 Mit- auS 225 von den Departements und den Kolonien und aus 75 lebenslänglichen, aus der hervorgegangenen Senatoren. Im veränderte letztere jedoch auf einem Kon- in Versailles, ihrem gewöhnlichen Tagungsorte, lerfassungsgesetz von 1875 und schaffte die lcbens- Senätoren ab, indem sie deren Sitze den und den Kolonien zuteilte, sobald ihre starben. Vor 8 Jahren lebten nur noch lebenslängliche Senatoren. Heute sind deren nur 13 am Leben, worunter Henri Alexandre Wallon, französische Senator, der „Vater der Kon- tution", geboren am 22. Dezember 1812 in Valen- ennes, ein bekannter Geschichtsschreiber, der dieser Tage inen 90. Geburtstag feierte. Senator kann jeder ranzose werden, der sein 40. Lebensjahr vollendet, iner Militärpflicht genügt hat und im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte ist. Die Senatoren beziehen, ^ic die Deputierten, eine Entschädigung von 9000 Fres. Sic werden von einem Wahlkollegmm gewählt, das in der Hauptstadt des Departements oder der Kolonie zu- sammentritt und zusammengesetzt ist aus den Deputierten derselben, aus den Generalratsmitglicdern, aus den Arrondissementsratsmitglicdern und aus Delegierten, die durch die Gemeindcräte aus der Wählerschaft der Ge meinde ausgewählt werden. Diejenigen Gemeindcräte, die aus 10 Mitgliedern bestehen, wählen 1 Delegierten, diejenigen von 12 deren 2, diejenigen von 16 deren 3, diejenigen von 21 deren 6, diejenigen von 23 deren 9, diejenigen von 27 deren 12, diejenigen von 30 deren 15, diejenigen von 32 deren 18. Diejenigen Gemeinde räte, die aus 36 und mehr Mitgliedern bestehen, wählen 24 Senatsivahldelegierte und der Pariser Gemeinderat wählt 30. Der Senat ist eine Versammlung, die nicht aufgelöst werden kann. Wenn der Präsident der Republik die Auflösung der Kammer für notwendig hält, muß sich der Senat hierüber aussprechen und sie erfolgt nur bei Stimmenmehrheit. Der Senat hat seinen Sitz im Luxembourgpalaste. Zur Vorbereitung der Gesetze, die ihm zur Prüfung vorgelegt werden, teilt er sich in neun Bureaus von durchschnitt Dresdner Herausgegeben von der Königl. Expedition des Dresdner Journa! Urschet»«»! Werktag» nach«. 5 Uhr. — Origtualberichte »ad Mü vezugSpretS: Beim Bezüge durch die HeschLstssteL« tanertzak» Dresden» 2,50 M. (ewschl Zukragung), durch die Vst im Deutschen Reiche 3 M. (autschlieblich Bestellgeld) vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Wird Zurückfenduna der für die Schnstleitung bestimmten, aber von dieser nicht ein» aesorderten Beiträge bean sprucht, so ist da» Postgeld beizufüge». ElnkstndtgangSgebühre»: Die Zeile kleiner Schrift der 7ma.' gespaltenen Ankündi^ gung» Seite oder deren Raum 20 Pf Bei Tabellen- und Zisfernlatz 5 Pf Ausschlag für die Zeile Unterm Re- oaktionSstrich (Eingesandt) die Textzeile mitiler Schrift oder deren Raum 50 Pf. Gebühren - Ermäßigung bei üsterer Wiederholung. Annahme der Anzeigen bi» mittag» 12 Uhr für die nach mittag» erscheinende Nummer- Journal. Dresden, Zwingerstraße 20. — Fernspr.-Anschluß Nr. 1295. :gen dürfe» »nr mit voller Quellenangabe uachgedruckt werde». M 301. Dienstag, den 3v. zember nachmittags. 1902 Kunst und Wissenschaft. .Konzert. Ter dritte Streichquartett-Abend der Herren Henri Petri, Theodor Bauer, Alfred Spitzner und Georg Wille hatte sich eines außer ordentlich zahlreichen Besuches zu erfreuen. Zum Vor trag kamen das Läur-Streichquartett op 130, die für dieses Werk ursprünglich als Schlußsatz komponierte, später jedoch als selbständiges Werk (als op. 133) hcrausgcgebene große L-ckur-Fuge und das als „Harfen quartett" bekannte Streichquartett in Ls-ckur (op. 74). Daß die ausgezeichneten Künstler bei ihrem vollständigen Eindringen in den Charakter und Inhalt der Werke, wie durch die völlige Beherrschung aller technischen Schwierig keiten auch diesmal vorzügliche Leistungen boten, braucht gewiß nicht aufs neue betont zu werden. Besonders eindrucksvoll wurde die Cavatine des erstgenannten Ouartetts vorgetragen. Von hervorragender Wirkung war durchgehends die Ausführung der Piano- und Cres cendi-Stellen Dies trat namentlich in den ersten Sätzen des Harfenquartetts hervor, derer liebliche, durch- sichttg-klarc Melodien zu dem düsteren, herben Gedanken- labyrinth der vorangegangenen großen Fuge einen wohl- thuend befreienden Gegensatz bildeten ßß Der Meißner Dom. II. E» handelt sich in der Hauptsache um die Wieder herstellung des zu Grunde gegangenen, wahrscheinlich aber niemals planmäßig vollendet gewesenen Aufbaues Pber der Westhalle. ' Ich würde, so betont Schäfer in seiner Denkschrift, Pflichtwidrig handeln, wenn ich nicht offen aussprechen wollte, daß dieser Plan als verfehlt angesehen werden muß, der von der Meinung ausgeht, der jetzige Abschluß des Westbaues mit Galerie, Gesims und Unterschicht sei originell, jeder Plan also, der diese Bekrönung als Grundlage für die Weitercntwickelung nach oben benutzt. Denn wer den Turmstumpf wirklich studiert, wird sofort einsehen, daß selbst das dritte Geschoß, die Schöpfung des nun bereits mehrfach genannten letzten Meisters, unvollendet, also als Torso dastcht. Der vorhandene Notabschluß schneidet in rohester Weise die Entwickelung des Flächenmaßwcrkes durch, womit außen das Geschoß endet, und der Notabschluß müßte beseitigt und das Geschoß vollendet und um mehr als einen Meter erhöht werden, selbst wenn man den unglaublichen Entschluß fassen wollte, den höheren Aufbau in einem der „modernen" Stile durchzuführen, die zur Zeit alle drei Jahre einander ablösen, um sämtlich spurlos in der Nacht der Vergessenheit zu versinken. Wer der ernsten Sache, die hier vorliegt, eine ernst hafte Ueberlegung gönnt, wird sich sagen müssen, daß im geschichtlichen Sinne, im Sinne der Pietät, gegen eine entschwundene, nicht hoch genug zu schätzende, glanz volle Kunstperiode vorgcgangen werden muß Soll dies geschehen, so ist zu erwägen: ») Wie muß der neue Oberbau gestaltet werden, um den einschlagenden, allgemeinen Bildungsgesetzen der mittelalterlichen Kunst zu genügen? b) Sind anderwärts Beispiele alter Turmbauten vorhanden, die Aufschluß geben könnten über das, was in Meißen einst vorhanden oder beabsichtigt war? e) Finden sich am Werke selbst Anhaltspunkte für die weitere Planung? Zur Beantwortung dieser Fragen schreitend, ist zu nächst zu erwähnen, daß bei vielen früheren Vollendungs- Versuchen das Wesen des romanischen und gotischen Turmbaues verkannt worden ist. Ein mittelalterlicher Turmbau besteht aus drei Haupthöhenstufen. Die untere, die noch einmal in zwei oder drei Stockwerke ein geteilt sein kann, entspricht in ihrer Höhe der des Mittel schiffes der Kirche und ist mit deren Rauminnern in mehr oder weniger vollständiger Weise in Verbindung gebracht. Die zweite Stufe enthält nur tote Räume und ist ausschließlich dazu vorhanden, das Glockenhaus, das die dritte Stufe bildet, über die Dachhöhe der Kirche emporzuheben, sodaß die Glocken selbst in lichte, freie Höhen zu hängen kommen und ihr Schall nach allen Seiten hin ungehindert ertönen könne. Der Turm bau in Meißen ist nur bis zur Höhe des Dachfirstes vorhanden bezw. vollendet worden. Der Hauptteil des ganzen Organismus, bestehend aus dem Glockenhause öder den Glockenhäusern, der Teil, um desientwillen der Turmbau überhaupt da ist, fehlt ihm Es fehlt ihm das, selbstverständlich monumentale, d. h. steinerne, Glockenstockwerk. Ein Plan, der annimmt, das jetzige, oberste Geschoß, das fast öffnungslose Dachgeschoß, sei der gewollte Abschluß des Steinbaues, und auf dieses Geschoß könne man unmittelbar die bekrönenden Turm spitzen aufsetzen, geht durchaus irre. Vielmehr muß zunächst ein Glockenbau aufgesetzt werden, der der Höhe nach auch zum Teil zweigeschossig sein darf. Zweigeschossig müssen sogar die Glockenhäuscr sein, die seitlich als Türme zu errichten sind, und zwischen diesen Türmen muß eine eingeschossige, stark geöffnete Halle erbaut werden Dies nämlich, wenn nicht nur das Schema des mittelalterlichen Turmbaues überhaupt, sondern besonders das des alten sächsischen Turmbaues befolgt werden soll, von dem in Ober- und Nieder sachsen noch Hunderte von Beispielen aufrecht stehen Handelt es sich um Vorbilder für oie Wieder herstellung, so muß ich, so schreibt Schäfer, in erster Linie auf die große Uebcreinstimmung aufmerksam machen, die zwischen den, Westbau von Meißen und dem des Domes in Magdeburg besteht. Der bauliche Organismus ist in beiden Füllen ganz der gleiche, und wer §wci Abbildungen nebeneinander legt, von denen die eine die Westfassade von Meißen, die andere die von Magdeburg wiedergicbt, wird überrascht sein über die Art, wie beide sich decken. Statt eines Fassadenbildes von Meißen, würde freilich ein Querschnitt, der dicht vor der Fassade gemacht wäre, die Ansicht des vorliegenden Fürstenchöres also beseitigte und das große Westportal sichtbar machte, die Gleichheit noch schlagender vor Augen führen. Sie geht so weit, daß das erste Stockwerk oes einen Baues dem ersten des anderen, das zweite Stock werk des einen dem zweiten des anderen nachgebildet er scheint, trotzdem in Magdeburg wie in Meißen zwischen die Errichtung des ersten und des zweiten Stockwerkes eine Bauunterbrechung fällt. Und schließlich treten in den obersten Teilen des Magdeburger Westbaues genau dieselben ganz individuellen Bauformen auf, wie am dritten Westgeschoß in Meißen, das heißt, es tritt dort- selbst der siebente Meister von Meißen selbst auf. Er ist es, der den Turmbau in Magdeburg zu Ende geführt hat Da der Magdeburger Dom das bedeutendere Bau werk ist und die Magdeburger Meister schon von der Gründung des Chores ab als vorgeschrittene Führer in der deutschen Baukunst dastehen, so muß an genommen werden, daß in bezug auf den Westbau Magdeburg das Vorbild darstellt, Meißen die Nach ahmung. Die Westfront von Magdeburg aber steht voll endet vor uns, als Meisterbild eines sächsischen Turm baues, mit der klassischen Bekrönung durch zwei hohe Seitentürme und eine niedrigere, über dem Dachfirst des Mittelschiffes liegende, stark durchbrochene Zwischen halle. Und da der Westbau von Magdeburg vom Fundament ab bis zu den Kreuzblumen der Turmhelme uns als eine ganz einheitliche, durchaus organische Schöpfung entgegentritt, so sollte nach Schäfers Erachten
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