Suche löschen...
Dresdner Journal : 20.12.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-12-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190212205
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19021220
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19021220
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-12
- Tag 1902-12-20
-
Monat
1902-12
-
Jahr
1902
- Titel
- Dresdner Journal : 20.12.1902
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
.W 295 vezugoprei«: Beim Bezüge durch die Helchäsl-ftcTe iuuer-as» -re»de»» 2,50 M. (riujchl. Zuiragung), durch die N»A im Drulschen Reiche » M. (»»«schließlich Bestellgeld) vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Wird Zuracksendung der für die Schristleitnng bestimmten, aber von dieser nicht ein» geforderte« Beiträge bean sprucht, so ist da» Postgelb beizusüge». Dresdner W Journal. Herausgegeben von der König!. Expedition de- Dresdner Journals, Dresden, Zwingerstraße 20. — Fernspr.-Anschluß Nr. 1295. Sonnabend, den 20. Dezember nachmittags Grfchetnen r Werktag» nachm. 5 Uhr. — Originalberichte »ad Mitteilung« dürfen nur mit »oller Quellenangabe aachgedruckt werden. Snkündign«,»gebühre«: Die Heile kleiner Schrist der 7ma.' gespaltenen Änkündr gung» Zelte oder deren Raum so Pf Bei Tabellen- und Ziffernsatz 5 Pf Ausschlag für die Zeile Unterm Re daktionsstrich (Eingesandt) die Textzrile mittler Schrist oder deren Raum 50 Pf. Gebühren - Ermäßigung bei bsterer Wiederholung Annahme der Anzeigen bi» mittag» 12 Uhr sür die nach mittag- erscheinende Nummer- 1902 Amtlicher Teil. Dresden, 20. Dezember. Ihre Majestät die Königin-Witwe haben von heute ab Wohnung im König!. Rcsidenzschlosse genommen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß von denjenigen Hof- und «Staatsbeamten u. s. w., welche Hofrang haben, sowie von denjenigen am Königs Hofe vorgestellten Per sonen, welche das Hofklcid tragen, zur Uniform bez. zum Uniformfrack (Chiffrefrack) ein Uniform- Mantel (Havelock) von schwarzem Stoff mit schwarzem Sammetkragen getragen werde, jedoch mit der ausdrücklichen Bestimmung, daß die Anschaffung eines solchen Mantels lediglich dem Ermessen der betreffenden Personen anheimgestellt bleibt. Abbildungen dieses Mantels sind in der König!. Hofbuchhandlung H. Burdach (Warnatz und Leh- mamO, hier, Schloßstraßc Nr. 32, zu haben. Dresden, den 18. Dezember 1902. Köiligl. Oberhofmarschallamt. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Ober-Telcgraphenassistenten a. D. Stange in Leipzig das Albrcchtskreuz zu verleihen ^Zekanntnicrchung. Die bisher von dem Lotterie-Kollekteur Heinrich August Böhme in Leipzig verwaltete Agentur der Altersrentenbank ist nach dem Ableben ihres bis herigen Inhabers eingezogeu worden. Dresden, den 18. Dezember 1902. Finanzministerium, I. Abtheilung. 12261 Or. Schroeder. Ernennungen, Versetzungen re. im öffent lichen Dienste. Im SeschLftSbereiche »es Ministeriums des Sulins u. sgentt. Unterrichts. Zu besetzen: Ostern die neuzubcgr. 5. stäub. Lehrerstelle in Stetzsch. Koll.: Das Ministerium deS Kultus re. 1250 M. Aufangsgehalt u 350 M. Logi-geld; Höchstgehalt (nach vollend 54 Lebensj.) 260« M u 350 M. Loaisgeld. Ges. m. d. erfordert. Unter lagen (Abschriften d. Mitttärpapiere bei Hilfslehrern) bis 3i Dez. b BezirkSschulinspcktor f. Dresden II, Schulrat Fink, Gerokstr. 2k, einzureichen. (BehörLl Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile.) Nichtamtlicher Teil. will sich nicht — das ist der Unterschied gegen die Lage des Jahres 1877 — von den Ereignissen überraschen lassen, sondern rechtzeitig einen Damm gegen die Sturzfluten errichten, die sich mit dem Beginn des nächsten Frühjahres über Makedonien ergießen könnten. Wje vom Kaiser Nikolaus und seinen Ratgebern der gegenwärtige Zustand des Orients beurteilt wird, ist in der amtlichen Mit teilung des „Regierungsboten" zur macedoni- schen Frage nicdcrgelegt. Wir können mit Befrie digung darauf verweisen, daß diese Mitteilung in allen Einzelheiten mit den öfters und auch gestern wieder an dieser Stelle gemachten Ausführungen über die Grundzüge der derzeitigen russischen Orient politik zusammentrifft. Die Kundgebung des „Re- aierungsboten" enthält die schärfste Absage, die gegen Umtriebe der makedonischen Komitees jemals von Rußland ausgesprochen worden ist Auch die Re gierungen Bulgariens und Serbiens werden mit sehr ernsten Mahnungen bedacht lieber Oesterreich- Ungarns Einverständnis mit der russischen Balkan politik wird bemerkt, daß dem Vertreter der habsburgischen Monarchie in Konstantinopel ein besonderer Auftrag erteilt worden sei, sich den Schritten seines russischen Kollegen anzuschlicßen. Damit wird den in englischen Blättern aufgctauchten Gerüchten über eine Sonderpolitik des Frhrn. v. Calice mit seinem britischen Kollegen O'Conor der Boden entzogen. Praktisch muß sich das zwischen dem russischen und dem österreichischen Botschafter hergestellte Einvernehmen darin zeigen, ob die für den Sultan kaum erfüllbare Forderung der Be rufung von Christen in die höheren Verwaltungs ämter Makedoniens durch Frhrn. v. Calice weitere Unterstützung findet. Rußland hatte sich bisher auf das Verlangen beschränkt, daß christenfreundlichc Bc amte mohammedanischen Glaubens in die westlichen Vilajets zu entsenden seien. Ueber diesen Punkt wie über andere Einzelheiten der von Rußland für Makedonien gewünschten Verbesserungen wird sich Graf v. Lambsdorff in Wien mit dem Grafen v.'Goluchowski unterhalten können. Wir treten bereit willig den günstigen Urteilen bei, die im Hinblick auf den Besuch des Leiters der russischen Politik in der Hofburg sowohl in österreichischen als auch er freulicherweise in russischen Blättern über den Wert der im Jahre 1897 zwischen den beiden Kaiser Mächten über die Erhaltung des Gleichgewichts auf dem Balkan gepflogenen Absprachen geäußert worden sind. Wo Rußland und Oesterreich Ungarn für die Interessen des europäischen Friedens im Orient zu sammenwirken, ist Deutschland von selbst der Dritte im Bunde; und wir haben schon in unserer letzten Uebersicht betont, daß auch ohne besondere Weisung unser Botschafter am Goldenen Horn die zur Festigung der rechtmäßigen Staatsgewalt in Make donien bestimmten Schritte seines russischen Kollegen wiederholt unterstützt hat. Nur im Vorbeigehen mag der von Wien selbst rechtzeitig erfolgte Wider spruch gegen die läppische Vorstellung liberaler deutscher Blätter erwähnt sein, wonach Graf v. Lambs dorff mit Graf Goluchowski über eine gcgcnDcntsch land gerichtete handelspolitischcVcrstän di gung beraten werde. Die Grundlosigkeit solcher Aus streuungen liegt für jeden auf der Hand, deni es noch nicht zur fixen Idee geworden ist, daß Deutsch land international bestraft werden müsse, weil es sich jetzt dank der Politik des Grafen v. Bülow einen nationalwirtschaftlichen Zolltarif gesichert hat. Weit näher als die größtenteils nur für eine frei Einbildungskraft vorhandenen Schreck Die auswärtige Politik -er Woche. In der europäischen Politik ist das wichtigste Ereignis der heute zu Ende gehenden Woche die bereits gestern an dieser Stelle betrachtete Ankündi gung einer nahe bevorstehenden politischen Reise des russischen Ministers des Aeußern Gra fen v. Lambsdorff nach Wien, Sofia und Belgrad. Das Kabinett von St. Petersburg macht iu amtlichen Mitteilungen kein Hehl daraus, daß der Grund dieser Reise, abgesehen von dem Wunsche des Grafen v. Lambsdorff, dem Kaiser Franz Joseph, dem der Minister persönlich noch nicht bc kaunt ist, vorgestellt zu werden, in der makedonischen Frage und überhaupt in der Entwickelung der Balkandingc zu suchen ist. Die russische Diplomatie (oder im Gewcrbehaus) m Dresden bercus vortetthasl bekannte Pianistin Frau Bloomficld-Zcislcr mit, die noch vor wenigen Tagen in Paris unter eigentümlichen Begleiterscheinungen (Widerspruch der dortigen ausübenden Künstler gegen die Aufführung Saint - Saenscher Kom positionen) konzertierte. Auch gestern spielte die Künst lerin eine Komposition des französischen Meisters, leider nicht das gediegene, auf Bachsche Einflüsse hinweisende O-moIl-Konzcrt, sondern das dritte, weniger bedeutende Konzert in 0-moU. Frau Bloomfield - Zeisler trug das Werk, dem es gleichwohl nicht an wirkungsvollen Ein gebungen fehlt, mit Temperament, mit sprühender musi kalischer Belebung und glänzender Technik vor, erzielte aber einen noch größeren, hinreißenderen Erfolg mit dem graziösen, delikaten Tonspicl des Scherzos aus dem H. Litolffschen v-moll Konzert, das an Originalität den ähnlichen Schöpfungen des französischen Komponisten mindestens gleichzustellcn ist. U. S. Refi-enztheater. Am 19. d. Mts.: „Im Aus- tragstüberl". Volksstück mit Gesang und Tanz in vier Akten von Maximilian Schmid und Hans Neuert. (Gastspiel des Schlierseer Bauerntheaters.) Die fortschreitende künstlerische Entwickelung der Schlierscer Bauernschauspicler zeigte sich auch gestern wieder in der Aufführung des sinnigen Schmid-Neuert schen Volksstückes, das die Freuden und Leiden des im sogenannten „Austrage" lebenden Bauern in so lebendiger, ursprünglicher Weise schildert. Gesteigert bis zur Grenze der Tragik und dennoch auch wieder getaucht in goldenen, quellenden Humor, wird gerade dieses Drama immer zu denjenigen bayrischen Volksstücken gezählt werden dürfen, die unter Verzichtleistung auf die Dar stellung tieferer Probleme doch starke seelische Vorgänge in poetisch verklärter und dramatisch wohlgerundeter Form zum Ausdruck bringen Die Schlierseer Künstler bewährten sich in der Wiedergabe der geschilderten Kunst und Wissenschaft. Konigl. Opernhaus. — Am 19. d. Mts.: „Drittes Symphoniekonzert der Generaldirektion der König!, musikalischen Kapelle und der Hoftheatcr. (Reihe L.) Die feste musikalische Säule im gestrigen Konzert, den ragenden Fels des Abends, bildete Beethovens 8 ckur-Cymphonie, die unter Hrn. Generalmusikdirektor E v Schuch eine in den Allegrosätzen außerordentlich schwungvolle, rhythmisch lebensfrische und im Adagio — einer der köstlichsten und eindringlichsten Umschreibungen des Goctheschen „Was soll all' der Schmerz und Lust? Süßer Friede, komm, ach komm in meine Brust! — eine von höchster Weihe und Schönheit des Ausdrucks erfüllte Wiedergabe erfuhr. Gegenüber dem klaren, klassisch durchsichtigen Aufbau der Symphonie erschien Max Schillings erstmalig in Dresden vorgeführtes „Zwiegespräch" für kleines Orchester und Soloinstrumentc als ein Stück musikalischer Philosophie, als eine aus modernsten Pfaden wandelnde Phantasie, die wohl durch geistvolle thematische Arbeit, eigenartige Melodiebehandlung, kühne Harmonik und mehrfach überraschende Chromatik Interesse erweckte, trotz alledem jedoch nicht zu warmer, innerlich überzeugender Anteilnahme führte. Daß die Konzrrtbesucher von ähnlichen Empfindungen erfüllt zu sein schienen, lieh sich aus den spärlichen Beifalls- bczeugungen schließen, die sich zudem in erster Linie an die ausgezeichneten Solisten (Herren Prof Petri und Konzertmeister Wille), an Hrn. Hofkapellmeister Hagen und an die König!. Kapelle richteten Auch nach mehr maligem Hören dürfte sich das musikalische Urteil über Schilling» Tonschöpfung, die nur scheinbar in das Ge wand der Einfachheit und Anspruchslosigkeit gekleidet ist, kaum günstiger gestalten Als Solistin am Klavier wirkte die von ihrem früheren Auftreten im Hoftheater nisse unserer Tarifpolitik liegt für Rußland wie auch für Oesterreich Ungarn der Gedanke an die schweren Schädigungen, die beiden Mächten ein neuer Fricdens- bruch auf der Balkanhalbinsel zufügcn müßte. Sic würden ganz anders in Mitleidenschaft gezogen weiten als etwa England, das im neuen Orient- kriege fast ohne Gefahr mit seinen Geschwadern das Mittelmeer durchfurchen könnte. Wie bitter man in Rußland im Vergleich mit dieser fast unumschränkten britischen Bewegungsfreiheit die einschnürende Enge der eigenen Stellung empfindet, haben die „Bir schewija Wjedomosti" kürzlich in folgenden bezeichnen den Mätzen ausgesprochen: „Soviel wir wissen, ist die Gerechtigkeit der Idee des Erscheinens Rußlands imMittelländischen Meere iu der letzten Zeit von niemhnd geleugnet worden, aber die Wirklichkeit hat fichlv gestaltet, daß die Versuche zu der Verwirk lichDng dieser Idee in der Praxis uns in die Rolle desWhakespeareschcn Helden gebracht hat, dem man aufIeinen Ausruf: „ich kann ohne Luft nicht leben" —Antwortet: „Sir, ich sehe nicht die Notwendigkeit, daASie leben". Mas französisch-italienische Mittelmeer- abyommen war, obschon für Rußland ohne un miMbaren Nutzen, ja, als Mittel zur Steigerung dcHfranzösischen Selbstgefühls kaum erwünscht, in S«Petersburg doch als eine offenkundige Ver schWung des Gleichgewichts zu Ungunsten Groß briDmuicns nicht ungern gesehen worden. England abL hat die Lücke in seinen italienischen Beziehungen rasch erkannt nnd wieder auSgesüllt. Tie Vor- beMtungen zum Somali-Feldzuge wie die Ausübung einer SicherheitSkontrollc im Roten Meere zeigen urHdic Kabinette von London und Rom wieder in einer Verbindung, die wenngleich an sich örtlich und zufällig, doch auf die allgemeine politische Lage und die Machtvcrhältnissc im Mittelmeer nicht ohne Wirkung bleibt. Ueberdics hat gerade die letzte Woche die Veröffentlichung zweier Verträge gebracht, die Abessynien, das einzige Gebiet in Afrika, wo Rußland eine eigene politische Zukunft sucht, mit England und Italien abgeschlossen hat. Tie neuen ZugcständnisscMeneliks an den britischen Ein flMin seinem Reiche sind beträchtlich, auch wenn wkrM die von der österreichischen Presse aufgeworfene Frage, inwieweit dadurch ältere Rechte Frankreichs verletzt werden, nicht näher cingchcn. Die bloße Thatsache, daß Italien und England gleichzeitig und sicherlich nicht ohne vertrauliche Fühlung miteinander ihre Beziehungen zu Abessynien durch neue Abmach ungen regeln, kann in Paris und St. Petersburg nicht übersehen werden. In den Tagen der fran zösisch-italienischen Flottenkundgcbungen hat gewiß niemand an eine so schnelle Veränderung des da maligen Mittelmeerbildes gedacht. Freilich bleibt das Bündnis Rußlands mit Frankreich durch solche Wechselfälle unberührt. Es ist aber doch bezeichnend, daß angesichts der unsicheren Oricntlage Rußland neben der Pariser Bundesgenossenschaft die Unter stützung der Kaisermächte nicht entbehren zu können glaubt, ja diese iu erster Reihe sucht, und Frank rcichs Hilfe vor allem darin erwartet, daß nicht durch unzeitgemäße anti türkische Kundgebungen im Stil der Mytilenefahrt Störungen hcrvorgerufcn werden , In Asien haben Engländer und Japaner ihre Bestrebungen auch in neuester Zeit nicht so herab gestimmt, daß Rußland seine Aufmerksamkeit von dort abwendcn könnte. Die englische Presse richtet Scheinwerfer auf zollpolitische Schutzmaßnahmen Rußlands längs der mandschurischen Bahn und an den Grenzen des Gebietes von Talienwan. Tschang Figuren durchaus. Jnsvcwndcrc gewannen die lym- pathischcn Gestalten des alten Lehmhofbauern und seines Weibes in der Verkörperung durch Hrn. Faver Terofal und FrauTherese Dirnberger charakteristisches Leben. Aber auch der Martl des Hrn. Joseph Meth und die Darsteller der übrigen Figuren erwiesen aufs neue die Begabung der bayrischen Bauernschauspicler im Einzel- wie im Ensemblespiel. Ihr diesjähriges Gastspiel hat die Sympathien bedeutsam verstärkt, die diesen trefflichen Künstlern von allen Seiten cntgegengebracht werden, und ihnen zweifellos zu den alten viele neue Freunde gewonnen. Möchten die nunmehr dem Ende zugchenden Vorstellungen den Schlierseern noch einige wohlgefüllte Häuser bringen, damit dem künstlerischen auch der äußere Erfolg nicht fehle. W. Dgs. Deutsche Lyrik. I Wo der „gute alte Brauch" gilt, der mitunter ein recht schlechter zu sein pflegt, wird der deutschen Lyrik um die Weihnachtszeit durch den Kauf einer Anthologie gehuldigt, die „Blüten und Perlen" enthält und den lyrischen Hausschatz von „Heines Buch der Lieder" und Geibels ersten „Gedichten" stattlich ergänzen hilft. Thatsächlich sind für weite und große nnd nicht einmal unempfängliche Kreise die lyrischen Mustersammlungen die Hauptquellen zur Kenntnis der neueren Lyrik und insofern ist es allerdings von Wichtigkeit, daß diese Sammlungen im letzten Jahrzehnt einen be merkenswerten Umschwung zeigen. Ehedem wurden sie — auch nach gutem alten Brauch — meist aus der gleichen, kleinen Anzahl von poetischen Werken geschöpft, die den Herren Herausgebern bequem zur Hano waren und gaben in rührender Einhelligkeit die gleichen be liebten Gedichte zum Besten, sodaß die Sage entstehen konnte, daß ans je neun Mustersammlungen immer die tschi tung, der neue Vizekönig von Nangking, wurde zum Einspruch gegen diese neuen von der SeezoU Verwaltung unabhängigen Grenzzollämter aufgc stachelt; und wie unbequem den russischen Behörden in Nord China diese unablässige Anfeindung ihrer Thätigkeit durch die anglo chinesischen Blätter des Aangtse Gebietes geworden ist, läßt sich daraus ent nehmen, daß auf Anregung des GcneralgouverneurS der Amurprovinz in einem Jmmediatbericht an Kaiser Nikolaus die Gründung einer russischen Interessen dienenden Zeitung in Schanghai betrieben wird, um den Verleumdungen der zarischen Politik unter der eingeborenen Bevölkerung des Aangtsc Thales entaegenzuwirkcn. Aus Korea berichtet die „Nowoje Wremja" über neue Regungen der arg wöhnischcn Eifersucht Japans; der diplomatische Kampf um den maßgebenden Einfluß am Hofe in Söul zwischen den dortigen Gesandten Rußlands und Japans Waeber und Hayaschi steht wieder in voller Blüte. In Tokio erklärt die Presse, ein Zu sammcnstoß mit Rußland sei jederzeit zu erwarten, und Japan müsse daraufhin seine Flottenrüstuügen betreiben. Die Entsendung japanischer Offiziere als Lehrmeister für die chinesische Armee hat den russi schen Vertreter in Peking schon zu einer scharfen Verwarnung an die chinesische Kriegsverwaltung ge nötigt. Alle diese Erscheinungen wollen nicht viel bedeuten, solange Rußland seine Macht unvermindert nach dem fernen Osten richten kann Eben deshalb braucht es Frieden im Eüdwcstcn seiner Reichsgrcnzcn. Daher die von Graf v. Lambsdorff persönlich unternommenen Bemühungen in der macc dänischen Frage. Der Balkan ist sür Rußland gegenwärtig und bis auf weiteres der Angelpunkt der Weltlage. Wird es dort in Schwierigkeiten ver wickelt, so gewinnen England, Japan und Amerika in Afghanistan, Persien, Korea und China einen Vorsprung, der sich kaum wieder ciuholcn läßt. ZUM Vorgehen gegen Venezuela. Wenn die Ereignisse dahin führen, daß das im Anfang nur als Exekution gegen einen böswilligen Schuldner gedachte Vorgehen der verbündeten Mächte gegen Venezuela die Bedeutung einer Welt politischen Frage annimmt, so liegt der Grund hier für weder in der Persönlichkeit des Präsidenten Castro noch in der Größe der von den Alliierten zu schützenden materiellen Interessen, sondern in dem Eindruck, der nicht sowohl durch die bisherigen Maßnahmen Deutschlands und Englands als viel mehr durch alle Künste publizistischer Entstellung, ja, Fälschung offenkundiger Thatsachcn in der Be völkcrung der Vereinigten Staaten von Amerika er regt worden ist. Für die Regierung in Washington ist cs nicht leicht, gegenüber diesem Hochgehen der Volkslcidcnschaft unthätig zu bleiben. In der Sache selbst hat die amerikanische Regierung sich bekannt lich bisher darauf beschränkt, den Gedanken einer schiedsrichterlichen Lösung der Frage durch ihre Ver trctcr in Berlin und London äußern zu lassen, und zwar nicht als eine Anregung Amerikas, sondern als Wunsch des Präsidenten Castro. Man wird wohl in der Annahme nicht fehlgchcn, daß über die Auf nähme des Vorschlages einer schiedsrichterlichen Ent schcidung bei den beteiligten Kabinetten nähere Mit tcilungen jbevorstchen Wir beschränken uns heute darauf, unten bloß noch die von dem Wölfischen Telegraphen - Bureau zur Sache verbreiteten Mel zehnte hervorgehc. Dies hat in der Hauptsach c au gehört. Man müht sich, ein wirkliches Bild der poc tischen Entwickelung zu geben, strebt nach einer charak tcristischen Vertretung der lyrischen Dichter, sucht, soweit dies überhaupt möglich ist, einigermaßen vollständig zu sein, oder man sammelt unter bestimmten Ge ¬ sichtspunkten, um eine oder die andere Gruppe von lyrischen Dichtern vorzuführen und das Publikum mit einer besonderen Strömung der deutschen Lyrik vertraut zu machen. Die Anthologien, die uns zur Zeit vor liegen, bestätigen das Gesagte. Da ist zuerst die Jubi läumsausgabe, die zwanzigste Auslage der bereit» wcit- verbreitetcn lyrischen Anthologie „Deutscher Dichter wald" von Georg Scherer (Stuttgart und Leipzig, Deutsche VcrlagSanstalt), die in ihrer völlig neuen Bc arbeitunq die lyrische Poesie des 19. Jahrhunderts von den Dichtern der Befreiungskriege E. M Arndt, Th Körner und Schenkendorf bis zu den „Neuesten": Hans Bcnzmann und Fritz Lienhard, R. Schaukal und Hugo v. HofmannSthal, Anna Ritter und Marie Madclcinc zu spiegeln sucht. Und das Wertvollste daran ist, daß die Zwischenglieder zwischen den Aeltesten und Jüngsten nicht fehlen. Natürlich ist der Rahmen zu lnapp, al» daß dcr Spiegel ein volles Bild der einzelnen dichterischen Individualitäten gewähren könnte. Doch bietet dcr Herausgeber mit feinem Geschmack fast durchgehend vorzügliche Gedichte und die Antho logie gestaltet sich dadurch zu einem guten Führer im deutschen Dichterwald dcr Neuzeit, auch da, wo besagter Wald die Neigung zeigt, mehr Gestrüpp als stattliche, frei entwickelte Bäume hervorzubringcn. Namen wie Otto Ludwig, Maric Ebner-Eschenbach, Peter Corneliu» u. a. vermißt man freilich ungern in solcher Samm lung, aber etwa» zu wünschen bleibt bei jeder Auswahl — und im ganzen leistet der Schererschc „Tichterwald", was sich irgend verlangen läßt. — Eine zweite vor zügliche Anthologie, die in dritter Auflage vorliegt, ist
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite