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Dresdner Journal : 17.12.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-12-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190212173
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19021217
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19021217
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-12
- Tag 1902-12-17
-
Monat
1902-12
-
Jahr
1902
- Titel
- Dresdner Journal : 17.12.1902
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Yrzn-SPret»: Vtim Bezug» durch dir iunerSas« Prridru» 2,50 M (luncht Zuiragungl, durch die ^»st tu» Deuychen Sie che » Nt. (ausjchließlich Bestillgeld) vreneljahrirch. Einzelne Nummern 10 Ps. Wird Zurückjeudung der für die SchrisUeilung bestimmten, aber vun dreier nicht ein- aesurderten Beiträge bean- sprucht, io ist da» PostgeL beijusügen. Dresdner W Journal. Herausgegeben von der König!. Expeditton des Dresdner Journals, Dresden, Zwingerstraße 20. — Fernspr.-Anschluß Nr. 1295. Urschet««» r Werktag« nach», 5 Uhr. — Originalbertchte and Mitte ungrn dürfen mur »it »oller Quellenangabe oachgedruckt «erden. vukün»tgun«S«rbüdren: Dir Zeile Neiner Schi ist der 7 ma.' gespaltenen Ankündi gung» Seite oder deren Naum 20 Pf Bei Tabellen- und Zissernsatz 5 Pf Aufschlag für die geile Untrem Re- daltion-strich (Eiiigeiandt) die Lextzeile mittler Schrift oder deren Raum 50 Pf. Gebühren»Ermäßigung bei öfterer Wiederholung. Annahme der Anzeigen bi mittags 12 Uhr für die nach mittag» erscheinende Nummer. M 292. Mittwoch, den 17.1 Mlder nachmittags. 1902 Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben dem Chef der Hofhaltung Sr. Königl. Hoheit des Kronprinzen, Hofmarschall Kammerherrn Rittmeister z. D. Wolf Ferdinand v. Tümpling, das Komturkreuz 2. Klasse des Albrechtsordens Allergnädigst zu verleihen geruht. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Bahnhofsinspektor ll. Kl. a. D. Zahn in Neu hausen i. S. das Verdienstkreuz, dem Lokomotivführer I. Kl. a. T. Naundorff in Hof das Albrcchtskreuz, dem Packer a. D. Richter in Nenkunnersdorf, dem Nachtfeucrmann a. D. Scheid Hauer in Freiberg, den Bahnwärtern a. D. Müller in Dorfstadt und Zautc in Lehn sowie dem Weichenwärter II. Kl. a. D. Jahnsmüller in Remse das Allgemeine Ehren zeichen zu verleihen. Ernennungen, Versetzungen ie. im öffent lichen Dienste. Im GrschästSbereiche des Ministerium« »er Finanzen. Verwaltung der Zölle und indirekten Steuern Angestellt: Der Assessor und Hülfsrichter bei dem Amtsgerichte Oelsnitzvr. .jur. Mörbitz, unter Belassung des Titels Assessor, als juristischer Hülssarbeiter bei dem Hauptzollamte Dresden I; der Accessist Irmer als Steuer ausseher; der Feuermeister bei der It. Werstdivision Zier hold, der Feidwebel Garbe, der Sergeant Schmidt als Grenzaufseher. — Befördert: Der Hauptzollamtskontroleur Steuerinspektor Reymann zum Hauptzollamtsrendanten bei dem Hauptzollamte Dresden II; der Oberzolleinnehmer Glänzel zum Hauptzollamtskontroleur bei dem Hauptzoll - amtc Leipzig II: der Zollsekretär Gerber zum Lbergrenz kontroleur in Eibenstock; die Zollassistenten Röber und Schmalz zu Zollsekretären in Tctschen bez. Chemnitz; die Revisionsaufseher Münzel und MattheS zu Zollassistenten in Dresden bez Tetschen. — Versetzt: Der Haupt zogamlsrendant Thierig vom Hauptzollamte Dresden II zum Hauptzollamte Dresden I; der Obergrenzkon- irolcur Große als Obersteuerkontroleur von Eiben stock nach Dresden; der Zollsekretär Fischer als Lberzoll- einnehmer von Chemnitz nach BoiterSreuth. — In Warte - geld versetzt: Der Hauptzollamtsrendant Spitzner in Dresden Bei der Post-Verwaltung ist ernannt worden: Straumer, Stationsverwalter, als Postagent in Oberotten- dorf (Bz. Dresden). Im Geschäftsbereiche »e» Ministeriums »es Kultus u. öffentl. Unterrichts. Zu besetzen: Die zweiie ständ. Lehrerstelle in Schönfeld b. Dresden. Koll.: Tas Ministerium des Kultus rc. 1300 M. Gehalt, 83 M. f. Fortbildungsschulunterricht u. sr. Wohnung. Gesuche m d. vorgcschr. Beilagen bis 5. Jan. b. Bezirksschulinspektor Schul rat vr. Lange, Dresden, Blochmannstr. 2l, einzureichen; — die vierte ständ. Lehrerstelle an d. 8kl. Schule zu Taura b. Burgstädt. Koll.: Die oberste Schulbehörde. 1300 M. Ge halt u. fr. Wohnung. Gesuche m d. erfordcrl. Zeugnissen, insbes. auch einem Amtssührungszcugnisse bis aus d. jüngste Zeil b. Bezirksschulinspektor 1>r. Schilling, Rochlitz, bis 10. Jan. einzureichen. Nichtständ Bew. haben den Militärdienstnachweis beizubringen; — nächste Ostern zwei ständ. Lehrerstellen an d. Bürgerschule zu Lößnitz Kollator: Der Stadtrat. Gehalt einschl. Wohnungsentschädigung 1500 M u je 100 M. Zulage aller 2 I. bis 3000 M.; Zulageneintritt berechnet nach d. ständigen, ev. auch ausw. Dienstzeit v. erfüllt. 23. Lebensj. ab. Pers. Vorstellung nur auf Einladung. Vorschriftsmäßige Be werbungen bis 10. Jan. a. d. Koll. (Behördl. Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile.) nichtamtlicher Teil. Die LoMdemokratie im Ueichstage. Tas; der Hcrbstabschiiitt der laufenden Reichstags tagung einen Markstein in der politischen Entwickelung des Reiches bedeutet, wird, so schreibt die „Neue politische Korrespondenz", ernstlich kaum bestritten werden. Sein positives Ergebnis ist von der aller größten Bedeutung. Mit der Verabschiedung der Zolltarifvorlage ist eine brauchbare Grundlage für die Neuordnung unserer Zoll- und Handelsbeziehungen zum Auslande gewonnen und der erste entscheidende Schritt zur Beseitigung der Unsicherheit über unsere wirtschaftspolitische Zukunft, unter der alle Zweige unseres heimischen Erwerbslebens schwer leiden, unternommen worden. So bedeutsam aber auch die Früchte dieser zweimonatigen Verhandlungen sind, so ragen sie doch nicht in dem Maße über die positiven Leistungen anderer Tagungen hervor, als daß sie als das am meisten kennzeichnende Merkmal des jüngsten Tagungsabschnittes zu betrachten wären. Sein charakteristischstes Merkmal ist vielmehr da rin zu erblicken, daß die Sozialdemokratie zum ersten Male den planmäßigen Versuch unternommen hat, sich zum Herrn des Reichstages und dadurch mittelbar zum ausschlaggebenden Faktor zu machen. Sie hatte im Hinblick auf die Schärfe der Gegen sätze unter den bürgerlichen Parteien, ihre Zerfahren heit und bisherige Unentschlossenheit offenbar den Zeitpunkt für gekommen erachtet, im Reichstage den Satz „Wo dein starker Arm nicht will, stehen alle Räder still" zu verwirklichen und damit nicht nur in betreff der Zolltarifvorlagc, sondern mich durch stete Bedrohuug mit Lahmlegung dem Reichstage dauernd ihren Willen aufzuzwingen. Ter Sieges- Preis wäre in der That des Schweißes wert ge wesen. Die Zolltarifvorlage, von der die Sozial demokraten mit Fug und Recht eine wesentliche Stärkung des ihnen gleichvcrhaßten Großgrund besitzes und Bauernstandes befürchten, wäre gescheitert, die Brotwucherparole für die nächsten Wahlen nicht in ihrer Wirkung durch die vollendeten Thatsachcn abge schwächt, das Ansehen dcrPartei bei dcnWahlcn durch den errungenen Erfolg gewaltig gesteigert worden. Von weit größerer Tragweite aber noch würde der Fortschritt auf der Bahn zu dem Ziele der Diktatur des Arbeiterstandes gewesen sein, wenn es gelungen wäre, den Reichstag unter die Gewalt der Sozial demokraten zu beugen. Wenn diese Institution dabei verkümmerte oder selbst gar aufslöge, so wurde das namentlich auch im Hinblick darauf, daß der Reichstag nach der Verfassung des Reiches der Träger des Einheitsgedankens ist, den auf Be seitigung von Kaiser und Reich abzielenden Be strebungen der Partei nur förderlich sein. Ter Kampfespreis sozialdemokratischer Obstruktion war daher verlockend und die Siegesgcwißheit so groß, daß man von jeder Vorsicht absehcn und sich jede Herausforderung der Mehrheit ungestraft erlauben zu können vermeinte. So ist denn die wirkliche Natur und die ganze Gcmeingefährlichkeit der Sozial demokratie so offen hervorgetrcten, daß, wer nicht absichtlich die Augen schließt, darüber nicht mehr im Zweifel fein kann. Aber diese für unsere politische Entwickelung hochwichtige Klärung der Anschauungen ist nicht das einzige charakteristische Merkmal der letzten Reichs tagsverhandlungen; sie haben auch gelehrt, wie man der sozialdemokratischen Gefahr mit Erfolg begegnet. Fester Zusammenschluß aller patriotischen Elemente von staatscrhaltender Richtung und von jeder Senti mentalität freie rücksichtslose Entschlossenheit haben sich als probate Mittel zur Ueberwindung der sozial demokratischen Gewaltthätgkeiten erwiesen. Die Zornes- ausbrüche der sozialdemokratischen Redner und Blätter lassen erkennen, wie schwer die Partei von dem Mißerfolge getroffen worden ist. Sie wird zweifellos alles daran setzen, die Scharte so bald als möglich auszuwetzen. Zunächst natürlich, ab gesehen von Versuchen, den ruhigen Verlauf des Restes der Tagung und namentlich die Etats beratung zu stören, bei den im nächsten Jahre bevorstehenden Reichstagswahlcn. Ganz ohne Zweifel wird aber der jetzt mißglückte Versuch, sich durch Obstruktion thatjächlich zum Herren des Reichstages zu machen, bei jeder sich darbictcndcn Gelegenheit wiederholt werden. So lange die So zialdemokratie in ihrer jetzigen Stärke im Reichstage vertreten ist, wird man mit der Gefahr einer Lahm legung desselben durch Obstruktion und der Be drohung der staatscrhaltcndcn Mehrheit mit Lahm legung als einem dauernden Momente zu rechnen haben. Tic Schlußfolgerungen ans diesem Vorder sätze liegen auf der Hand: auch die Mittel, die sich aä boo zur Ueberwindung der Sozialdemokratie als geeignet erwiesen haben, müssen dauerndes Gemeingut der staatserhaltendcn Richtungen werden. Tenn fester Zusammenschluß gegen die Sozial demokratie unter Zurückstellung der trennenden und Vvranstellung der einenden Momente muß nicht nur für die nächsten Reichstagswahlcn, sondern für ab fehbarc Zeit darüber hinaus die Parole sein! Zu dem Vorgehen gegen Venezuela. Uebcr den Vorschlag einer schiedsrichterlichen Ent schcidung, den Präsident Castro durch den amerika nischen Gesandten Bowen machen ließ, hat die „Cölnische Zeitung" in ihrer gestrigen Abendausgabe einen Artikel der „Times" aus Washington abgedruckt, indem es folgendermaßen heißt: „Ohne Zweifel würde die hiesige Regierung gern die Lage beendet sehen, die lästige Möglichkeiten in ihrem Schoße birgt. Aber die plötzliche Bereitwilligkeit des Präsidenten Castro zur Annahme eines Schiedsgerichts ist nur der letzte Wurf der Spielers. Wie kann, so fragt man sich hier, die hiesige Regierung die Mächte zur Annahme desselben bewegen, wenn sie nicht Grund zu dem Glauben hat, daß Castro sich einem Schiedssprüche fügen wird, wenn er gegen ihn ausfällt? Und wer kann für Präsident Castros Aufrichtigkeit bürgen? Gewiß nicht diejenigen, die ihn oder die neueste Ge schichte von Venezuela kennen. Ein Schiedsgericht würde bedeuten Einstellung des Vorgehens, Aufschub, Ausgeber! der bereits gewonnenen Stellung nnd völlige Wiederholung gcthaner Arbeit von vorn an, wenn Präsident Castro, im Falle, daß das Schicds gcricht ihn in den Schaden verurteilt, Zahlungs unfähigkeit vorschützt." — Ferner veröffentlicht das genannte rheinische Blatt in seiner heutigen Morgen ausgabe die nachstehende Tcpesche vom gestrigen Tage aus Berlin: „Bis zur Stunde liegt hier im Gegensatz zu anderen Meldungen kein aus ein Schiedsgericht Hinauslausender Vor schlag der Vereinigten Staaten vor, es ist vielmehr nichts weiter geschehen, als daß der Gesandte der Vereinigten Staaten, Hr. Bowen, seiner Regierung einen Vorschlag Castros mitteilte, die ihn dann an Deutschland und England übermittelte. So lange Castro sich in Venezuela so gebärdet, wie er es jetzt thut, dürste bei einem solchen Vorschläge nicht viel heraus kommen, da Deutschland und England es keineswegs aus eine Vernichtung Venezuelas abgesehen haben, sondern nichts anderes wollen, als die Ersüllung ihrer gerechten Forderungen, so würde im Grundsätze gegen kein Verjähren etwas einzu wenden sein, von dem man mit Zuversicht annehmen könnte, daß es die Angelegenheit entsprechend den Grundsätzen der Gerechtigkeit regeln wird. Ob ein solcher Weg durch die Vermittelung eines fremden StaateS gefunden werden «kann, darüber ist heute noch kein Urteil zulässig und das wird von der Entwickelung der Dinge abhängen, die mau in ihren Einzelheiten heute unmöglich vorausseben kann Deutschland hat jedenfalls nur die sachliche Ersüllung unserer Forderungen im Auge, und für eS liegt kein Interesse vor, den Gang der Ereignisse übermäßig zu beschleunigen Wir können warten und das in einer Stellung, die Hrn Castro sehr unbequem ist und mit jedem Tage noch unbequemer werden wird." Zu der Beschießung von Puerto Cabello mußte, wie nicht mehr zweifelhaft sein kann, nach Lage der Sache geschritten werden, weil die venezolanische Antwort auf das deutsch englische Ultimatum vor Ablauf der in diesem gestellten Frist nicht cin- getroffen war. Trotzdem ist das Scnsationsfcucr in den amerikanischen Zeitungen, das zuerst infolge der übertriebenen Darstellung der Versenkung vene zolanischcr Schiffe entbrannte, durch jene Beschießung von neuem angefacht worden. Auch die sonst ernste Presse schlägt Lärm über die angebliche barbarische Bckriegung, die an Stelle der friedlichen Blockade getreten sei. Man dichtet Deutschland finstere Pläne an, verlangt das Einschreiten Amerikas, und drobt mit der kriegerischen Einmischung Chiles und Ar gentinicns. Bemerkenswert in allen diesen wilden Artikeln ist, daß die Verantwortung auf Deutsch land gewälzt, England jedoch entschuldigt wird. Auch wird behauptet, daß die Washingtoner Regie rung über die Art des Vorgehens Deutschlands und Englands schwer beunruhigt sei. Letzteres ist in dcrThat durchaus unwahr. Einer Depesche aus WastfMgtou in der gut unterrichteten Tribune zufolge haben Roosevelt, Hay und die leitenden Kongreßmitglieder die bestimmte Versicherung gc geben, daß sic unbedingtes Vertrauen zu den Absichten Deutschlands und Englands sowie dazu haben, das; trotz aller Prcßbcrichte nichts, geschehen werde, was Amerika irgendwie bennruhigcn und die Monroe lehre verletzen werde. Zum Unterschied von andern Blättern, welche die Scnsationsbcrichte ernst nehmen zu müssen vorgcbcn, warnt „Evcning Sun" vor Leicht gläubigkcit und glaubt, daß die Mehrzahl der vor liegenden Meldungen aus dem Lager Castros komme«, der natürlich den Wahn aufrecht erhalte, daß die Monroelehre bedroht fei. Wenn Castro von der Hoffnung geheilt sei, Nordamerika durch Ränke und Unwahrheiten in die Angelegenheit hineinzuziehen, dann werde der Konflikt in 24 Stunden vorbei sein England und Deutschland thütcn nur das, wozu die iu Venezuela lebenden Amerikaner die Ver einigten Staaten längst mit Recht aufgcfordcrt hätten. Nach einer Meldung des „Rcutcrschen Bureaus" aus Caracas hat Venezuela auf die italienische Note am vergangenen Sonnabend geantwortet, die italie nischen Ansprüche könnten nicht vor Niederwerfung des Aufstandes in Erwägung gezogen werden; cs seien Gerichte in Venezuela vorhanden, um über die aus der Revolution entstandenen Ansprüche zu urteile». Ter italienische Ministcrrcsident de Riva hat sich hierauf telegraphisch um Instruktionen nach Rom gewandt. Ferner gab gestern, wie aus New ?)ork mitgcteilt wird, der italienische Botschafter Major des Planches dem Staatssekretär Hay eine Erklärung, daß Italien gehofft habe, ebenso wie Frankreich (vergl. hierüber weiter unten), eine befric lügende Regelung seiner Forderungen von Venezuela zu erlangen. Es habe daher eine in entschiedenem aber höf lichem Tone gehaltene Note, nachdem Teutschland und England ihre Ultimaten gestellt hatten, an Venezuela gerichtet, aber keinerlei energische Maßnahmen iu Erwartung einer Antwort Venezuelas angekündigt. Ter Ton der Antwort, in der die Forderungen Italiens abgclchnt werden, sei aber für Italien durchaus beleidigend Italien habe sich daher ge nötigt gesehen, sich der Flottcndemonstration Tentsch- lands und Englands anzuschließen. Ter italienische Lunst und Wissenschaft. Königl. Opernhaus. — Am 16. d. Mts.: „Der Mikado. Burleske Operette in zwei Akten von W. S Gilbert. Musik von Arthur Sullivan. Die erste Wiederholung des liebenswürdigen Werkes sand vor einem im Hinblick auf die Weihnachtsnähe recht gut besetzten Hause statt und was gegenwärtig fast noch schwerer wiegen mag, erfreute sich einer überaus warmen Aufnahme. Man genoß mit sichtlichem Behagen die anmutig graziöse Musi!, über deren beste Nummern überdies em Hauch von wirklich poetischem Empfinden gegossen ist. Man lachte über die tollen Späße, die der an sich ja bescheidenen Handlung aufzuhelfen berufen sind und ließ der glänzenden Ausstattung gerechte Würdigung angedeihen. Und so liegt denn auch kein Grund vor, an den weiteren Erfolgen des Werkes zu zweifeln, zumal auch seine Wiedergabe eine vortreffliche, echt künstlerische ist. Vor allem erwies sich diesmal Frl. Nast als eine Vertreterin der Rolle der Ium Ium, der vollstes Lob zu zollen ist. Ganz im Rahmen der besonderen Fähigkeiten der jungen Künstlerin gelegen, bot sie ihr Gelegenheit, die anmutige Drolligkeit der Gestalt der kleinen Japanerin ebenso liebenswürdig als er götzlich zu veranschaulichen und dabei allen An forderungen nach der gesanglichen Seite hin mehr als nur gerecht zu werden Eine reizvolle Leistung, die dazu beitrug, den Charme, der den „Gros xirls" inne wohnen soll, restlos zur Erscheinung zu bringen, da ja auch Frl. v. d. Osten und Frl. Abendroth hier prächtig am Platze sind. In der Besetzung der weiteren Rollen war nur insoweit eine Aendcrung eingetreten, als Hr. Rains diesmal den Pish Tush darstellte Vorzüg lich in der Matzke und von größter Beweglichkeit, holte er sich mit seinem AuftrittS-Gesang und -Tanz — wie man hinzufügcn muß — auf offener Scene lebhaften Beifall. Die musikalische Leitung lag in Hrn. v. Schuchs bewährten Händen. O. S. Theologische Littcratur. Skizzen aus dem sittlichen und kirchlichen Leben einer Vorstadt. Von Traugott Kühn. Göttingen, Vandenhoeck und Ruprecht 1902. 1,20 M. Auf diesen Blättern schildert ein Geistlicher seine Erlebnisse als Seelsorger in einer Vorstadt. Der Arbeiterstand in seiner Stellung zur Kirche, zum kirch lichen Leben, zur Geistlichkeit wird darin vorwiegend dargestellt. Ein Mann mit scharfer Beobachtungsgabe und einem warmen Herzen für das Volk redet hier zu uns. „Ich fehe", sagt er in der Vorrede, „auf Grund meiner peffönlichen Erfahrungen in der Vorstadtgemeinde nicht mehr bloß harten Boden, sondern auch gutes Ackerland für das Wirken der Kirche, nicht mehr in jedem Sozialdemokraten einen unverbesserlichen Gegner der Kirche und Geistlichkeit. Wer mit Menschenfreund lichkeit und Liebe wirkt, mit weitem Herzen urteilt und Leben und Lage, das rauhe Denken und Empfinden des oft sehr gedrückten kleinen Mannes tiefer zu verstehen sucht, dem wird manche Bitterkeit in diesen Kreisen, manchmal ihre Verschlossenheit für das Evan gelium psychologisch begreiflich, der urteilt milder. Ein abgearbeiteter, durch Entbehrung geschwächter Leib ist eben selten der Wohnsitz einer glaubcnsfrohen, qottver- trauenden Seele." Der Kirchgcmcinderat, der Charakter der Bewohner, die Jugend und ihre Erziehung, Liebe und Keuschheit, die Stellung zu Christentum und Kirche, die kirchliche Armenpflege, die kirchlichen Amtshandlungen, die Wirkung der Predigt: das sind die Themata, die in knappen, scharfen Zügen skizziert werden Vor allem gilt es, das Mißtrauen der modernen Arbeiterschaft durch persönlichen Verkehr zu besiegen. Als eine Triebfeder des Arbeiterführers wird der Ehrgeiz aufgezeigt. Der Erfolg der sozial-vcrsöhnendcn Thätigkeit des Geistlichen hängt von seiner christlichen Persönlichkeit ab. Mitten in der Not des Lebens, die den Arbeiter und den Arbcitcrpastor ernst stimmt, fehlt aber die Komik nicht. Die Frau eines Tischlers, der wegen Arbeitslosigkeit vorüber gehend Milchhandel trieb, bat den Pastor brieflich um eine Unterstützung, weil der Mann zu wenig beim Milch handel „verdmnt". — Ein Ehemann bedankte sich nach der Trauung „für die trostreichen Worte". — Ein von seiner Begabung überzeugter Mann redete gcm von sich und seinen Fähigkeiten. Er ist nach seiner Meinung der tüchtigste Geschäftsmann. Er wäre gewiß ein bedeutender Redner, wenn er — nur „mit dem Mundwerk besser vorwärts käme". Leider mußte ihm gerade der Fehler unterlaufen, daß er einen Brief unterzeichnete: Hugo G, Pinsel und Bürstenfabrikant! — Ein Christ, ein Menschen freund, ein Freund des Volkes fpricht aus der Schrift. Nicht nur der Vorstadtgeistliche, nein jeder, der Sinn und Verständnis für das Volksleben hat, wird sie mit Inter esse und Förderung lesen. Friedrich Naumann: Gottcshilfe. Gesamt ausgabe. 380 Andachten aus den Jahren 1895—1902. 6 M. Göttingen, Vandenhoeck u. Ruprecht. 1902. Friedrich Naumann rechnet sich selbst zu den Suchenden, nicht zu den Fertigen. So bestimmt er seine Andachten auch nicht für die „Unerschüt- tcrten", sondern für die, denen es schwer ist, Christ zu sein. Zu ihnen redet er. Sie sollen empfinden, daß jemand neben ihnen sitzt, der ihrem eigenen Suchen nicht fremd gegenüberfteht. Alte und Junge, Männer und Frauen, die mitten im Leben der neuen Zeit ein perfönlichcS Verhältnis zum Christentum finden möchten, sind seine Gemeinde. Besonders hat er im Auge: den gebildeten Arbeiter, der sich zwischen Materialismus und Gottesglaubcn gestellt sicht, den Schüler höherer Lehr anstalten, der zwischen Religionsunterricht und Natur wissenschaft keinen Weg für seine Seele findet, die denkende Frau, die Glaubcnsbedürfnis hat, ohne doch dem Geistlichen einfach die Worte von den Lippen ab- lescn zu wollen. Der großen religiösen Sehnsucht, die sejbst in Kreisen besteht, die für gottcSfeindlich gelten, zum Ausdruck zu verhelfen, betrachtet Naumann als „die religiöse Aufgabe der Andachten. Das feine Verständnis für die Lage des Christentums im modernen Geistes leben befähigt ihn, den Heiland unserm Geschlecht nahe zu bringen. „Jesus und seine Predigt", Vorträge für Ge bildete von Erich vSchrenck. Göttingen, Vandenhoeck u. Ruprecht. 2,40 M., geb. 3,20 M. Die Schrift will Laien in die Predigt Jesu cinführcn und in die Hauptprobleme, die sie stellt. Wie verhält sich Jesus zu dem religiösen Leben vor ihm? Ist er Religionsstifter oder bloß Reformator? Was ist in seiner Predigt Originales, was Ueberkommenes? All diese Fragen beantwortet der Verfasser klar und fesselnd in treuer Verwertung der Ergebnisse theologischer Forschung. „Die babylonischen Ausgrabungen und die biblische Urgeschichte. Von V. Rud. Kittel, Professor der Theologie in Leipzig. Leipzig, A. Dcichcrtsche Ver lagsbuchhandlung, Nachf. Georg Äöhme. 1903 80 Pf. — Im Zeitalter Nietzsches und Haeckels sind vieler Blicke auf die Assyriologie gerichtet, ob es ihr gelingen werde, den Beweis gegen Bibel und Christentum zu erbringen. v Kittel untersucht in der interessanten Abhandlung, wie weit wir Hilfe von den neuaufgefundencn, alten Denkmalen in Keilschrift zu erwarten, oder wie weit wir etwa einen Gegner in ihnen zu erblicken haben. Man hat in neuester Zeit das, was wir als biblische Weltanschauung bezeichnen.
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