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Dresdner Journal : 08.12.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-12-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190212080
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19021208
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19021208
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-12
- Tag 1902-12-08
-
Monat
1902-12
-
Jahr
1902
- Titel
- Dresdner Journal : 08.12.1902
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vez«,»Prrt«: Beim Bezüge durch dl» ch,schts1»fie«, iuuer^ul« ^r^dea» r,so M (ernlchl Zutragung), durch die im Deutschen Reiche S M. (auLschlietzlich Bestellgeld) vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Wird Zuracksenduna der für die Schriftleitung bestlminira, aber von dieser nicht ein» geforderten Beiträge bean sprucht, so ist da« Postgeld beizustigea. Dresdner Immml Herausgegeben von der Königl. Expeditton des Dresdner Journals, Dresden, Zwingerstraße 20. — Fernspr.-Anschluß Nr. 1295. Erscheinest Werktag» nachm. ü Uhr. — Originalberichte und MitteUungea dürfen nur mit voller Quellenangabe nachgedruckt werden. «nkündtgan,-gebühre«: Die Zeile Neiner Schrift der 7 mal gespaltenen Ankündi gungs-Seite oder deren Raum ro Pf Bet Tabellen- und ZiffernsaN - Pf Aufschlag für die Zeile Untern» Re daftionsstrich (Eingesandt) die Leptzeile mittler Schrift oder oeren Raum üv Pf. Gebühren»Ermäßigung bei öfterer Wiederholung Annahme der Anzeigen bi- mittag» 14 Uhr für die nach mittag- erscheinende Nummer 284. Montag, den 8. Dezember nachmittags. 1902 Amtlicher Teil. Dresden, 8. Dezember. Se. Majestät der König haben geruht, den in außerordentlicher Mission hier eingetroffcnen Belgischen Senator Grafen von Hemricourt von Grunne heute in feierlicher Audienz im hiesigen Königl. Residenzschlosse zu empfangen, um aus dessen Händen ein Schreiben entgegenzunehmen, in dem Se. Majestät der König der Belgier Seine Glückwünsche zur Allerhöchsten Thronbesteigung aussprechen. Hierauf empfingen Se. Majestät der König in gleicher Weise den Königl. Belgischen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister Baron Greindl behufs Entgegennahme seines neuen Beglaubigungsschreibens. Bekanntmachung. Die Allgemeine Rentenanstalt in Stutt gart hat als Hauptbevollmächtigten für das König reich Sachsen gemäß 8 115 Abs. 2 des Reichsgesetzes über die privaten Versicherungsunternehmungen vom 12. Mai 1901 Herrn Oskar Goedsche mit dem Wohnsitze in Dresden, Kurfürstenstraße 16, bestellt. Dresden, am 4. Dezember 1902. Ministerium des Innern, Abtheilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel. Ur. Bodel. 1141« (BehSrdl. Btkannlmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile) Nichtamtlicher Teit. Äus -tm Reichstage. Ter Reichstag hat am vergangenen Freitag über raschenderweise in früher Stunde seine Beratungen beendet und sich bis morgen vertagt. Die Oppo sitionsparteien stellten sich, wie unsere Leser aus dem Reichstagsberichte in der Sonnabendnummer er sehen haben, sehr entrüstet ob dieser Zeitvergeudung und nahmen die Gelegenheit wahr, sich als von par lamentarischem Arbeitseifer und von dem Wunsche beseelt hinzustellen, die Zolltarifverhandlungen zu fördern. Selbst der Abgeordnete Bebel, der wieder holt erklärt hatte, seine Partei werde alle Mittel anmenden, um die Durchberatung der Tarifvorlage in der laufenden Tagung zu verhindern, fand den Mut, die Mehrheitspartcien an ihre Pflicht, die Verhandlungen zu Ende zu führen, zu mahnen. Der Reichstagspräsident Graf v. Ballestrem aber wies mit vollem Recht demgegenüber darauf hin, daß die Abgeordneten in den letzten Tagen unge wöhnlich fleißig gearbeitet hätten und daß denen, die für den vergangenen Sonntag Heimreisen und den auf den heutigen Montag fallenden katholischen Feiertag begehen wollten, ein Reisetag wohl zu gönnen sei. Für morgen steht der neue Anttag auf Abänderung der Geschäftsordnung (behufs Eindäm mung der mißbräuchlichen Geschäftsordnungsredcn) auf der Tagesordnung. Man hatte erwartet, daß diese Anordnung auf erregten Widerspruch der Ob struktionsparteien stoßen und wieder stürmische Scenen Hervorrufen würde. Tas war aber zu allgemeiner Uebcrraschung nicht der Fall. In der Freisinnigen Vereinigung und in der Sozialdemokratie war offen bar die Parole ausgegeben worden, sich so ruhig und sachlich wie möglich zu verhalten, um die Mehrheits parteien ins Unrecht zu versetzen Es fand sonach eine übermäßige Ausdehnung der diesmal berechtigten Geschäftsordnungsdebatte nicht statt, und die Sitzung konnte ohne jeden Zwischenfall und in aller Ruhe bereits um 5 Uhr geschloffen werden. Allgemein aber sagte man sich, das sei Stille vor dem Sturm gewesen. Die Debatte über den neuen Antrag Groeber wird morgen vermutlich nicht so glatt verlaufen. Der Anttag selbst war eine dringende Notwendigkeit; das entschiedene Bor gehen der Mehrheit-Parteien wird im Lande unzweifelhaft mit großer Befriedigung aus genommen werden. Inzwischen haben die Ob- sttuktionSparteien freilich wieder ein neues Mittel, die Verhandlungen zu verzögern, gefunden. Sie haben eine weitgehende Fragestellung an die Be richterstatter organisiert und dadurch versucht, an jedes Referat eine Debatte zu knüpfen. Man fingiert Lücken oder Mißverständnisse in den Berichten und benutzt diese Fiktion, um „sachliche Aufklärungen" zu fordern oder zu geben. Diese Maßnahme läßt sich aber nur zwei- oder dreimal anwenden; dann dürfte der Präsident geschäftsordnungsmäßig dagegen einschreiten. Ohnedies wird die Berichterstattung noch reichlich Zeit in Anspruch nehmen. In den letzten drei Sitzungen sind erst siebzehn Berichte er ledigt worden, so daß noch mehr als doppelt so viel ausstehen. Glücklicherweise liegen davon nur noch drei in den Händen von Sozialdemokraten und keiner in denen der Freisinnigen Vereinigung; man wird also allmählich auch über diesen Berg hinweg und endlich zur sachlichen Beratung des Antrages v. Kardorff kommen. Die Mehrheitspartcien haben die Hoffnung, bis Ende dieser Woche die zweite Lesung der Zolltarisvorlage abzuschließen, und wo möglich vor den Weihnachtsfcricn, die alsdann am 20. d. Mts. beginnen sollen, auch noch die dritte Lesung zu beenden, noch nicht aufgegeben. So viel fach auch diese vielleicht etwas optimistische Ansicht bekämpft wird, so ist doch dringend zu wünscheu, daß sie sich verwirklichen möchte. Es könnte dem deutschen Volke kein schöneres Weihnachtsgeschenk dargebracht werden als die Beendigung der zu einer wirklichen Kalamität gewordenen Streitigkeiten über die Zolltarifrcfonn. Jur politischen Lage in Frankreich. Aus Paris schreibt man uns: In letzter Zeit haben sich in ununterbrochener Reihen folge Ereignisse zuaetraacn, welche die gegenwärtige politische Lage in Frankreich in drastischer Weise bc- ieuchten. Einen hervorragenden Anteil an ihnen hatte der Marineminister Pelletan, der sich durch verschiedene sonderbare Handlungen auSzeichnetc. Sowohl hierbei, als bei andrer Gelegenheit fiel aber auch auf das Kabinett in seiner Gesamtheit und nicht minder auf die Verhältnisse im Parlament, insonderheit auf die in der Kammer, ein recht bezeichnendes Licht. Da war zunächst der geheime Bericht des Generals Voyron über den Feldzug in China, den die Budgetkommlssion einzuschen verlangte, um über die französischen Missionare auf geklärt zu werden. Der vorige Ministerpräsident Waldeck-Rousseau hatte betreffs dieses Schriftstücks feierlich in der Kammer verkündet, es solle niemals ver öffentlicht werden; denn es war in der That nur für die Regierung zur eignen Instruktion verfaßt worden So wie es verfaßt war, würde es der Obcrkommandant der französischen Tnippen in China zweifellos nicht ver faßt haben, wenn er gewußt oder vorausgesehen hätte, daß es in die Oeffentlichkeit dringen und ihn mithin irgendwie bloßstellen könnte. Als die Budgetkommission den Marineminister um Einsichtnahme ersuchte, lieferte eS ihr dieser erstaunlich schnell aus. Er überschickte eS einem der Kommifsare einfach, ohne ein Wort der Ge brauchsanweisung hinzuzufügen. Das brachte letzteren in Verlegenheit. Denn die Verantwortung mußte auf ihm lasten, wenn er den Bericht nach seinem Gutdünken ver wendet hätte. Deshalb frug er vorerst die Budget kommission, was er thun solle, und diese beauf tragte ihn, an den Minister die Frage zu stellen, inwieweit sie den Bericht einsehen, bez veröffentlichen dürfe. Pelletan antwortete, nur der die Missionäre be treffende Passus solle eingeschen werden, der Rest geheim bleiben. Nun war vor Jahresfrist die Veröffentlichung des Voyronschcn Berichts schon einmal in der Kammer beantragt worden und zwar von den Sozialisten, worunter sich der damalige Deputierte Camille Pelletan, der jetzige Marineminister befand. Gegen diesen Antrag hatten damals sechs Mitglieder deü heutigen Kabinetts gestimmt Daher lag die Vermutung nahe, daß diese sich mittlerweile anders besonnen hatten, denn man mußte annehmen, daß Pelletan seine Kollegen befragt hatte, bevor er den Bericht der Budgetkommission übergab. In den Couloirs der Kammer und in der Presse wurde natürlich hierüber gesprochen, und nun traf den Marineminister ein neuer Schlag. Plötzlich erfuhr man init Erstaunen, daß er, obgleich es sich um ein die Gesamtheit der Regierung angehendes Dokument handelte, vollkommen eigenmächtig zu Werke gegangen war. Seine Kollegen gaben, um ihre eigene Verantwortung zu erleichtern, bekannt, daß im Ministerratc niemals die Frage der Auslieferung des Berichts an die Budgetkommission an sie gestellt worden sei. Pelletan hatte also ohne sie und allem Anschein nach rualssrs eur, ihnen zuin Trotz, gehandelt; denn er wußte ja, daß die Hälfte von ihnen seinerzeit gegen seinen bezüglichen Antrag gestimmt hatte. Doch waren die Zuschauer, die diesem Sensationsstück auf der politischen Bühne beiwohnten, noch nicht am Ende der Ueberraschungen. Es war noch nicht genug, daß der Marineminister, ohne seine Kollegen zu fragen, der Budget kommission ein geheimes Schriftstück auügelicfert hatte, dessen vertraulicher Charakter durch Kaminerbeschluß sanktioniert worden war. Der Ministerpräsident, an dem der Protest seiner Kollegen gegen Pelletans Eigenmächtig keit nicht spurlos vorübcrgcgangen war, ließ den Bericht erstatter Dubief, dem letzterer den Bericht übergeben hatte, zu sich kommen und bat ihn unter Darlegung der verschieoensten Gründe, er möge nur allein von dem Berichte Kenntnis nehmen und am besten so thun, als wenn er ihn gar nicht erhalten hätte. Um seiner Sache ganz sicher zu fein, begab sich der Ministerpräsidet noch persönlich in die Budgetkommission und setzte ihr aus einander, daß sie schon der Prinzipien wegen von der Kenntnisnahme des Berichts abstchcn müsse, denn sonst würden in Zukunft die Beamten der Republik ähnliche Indiskretionen füchten und ihren Vorgesetzten über nichts mehr Auskunft geben. Kaum hatte Hr. Combes den Rücken gewendet, so beschloß die Kommission, das fatale Schriftstück, daß man ihr nur von weitem als ein Buch mit sieben Siegeln zeigen wollte, sich vollständig vorlesen zu lasten. Und so wurde der Bericht verlesen. Der Ministerpräsident und der Minister des Auswärtigen aber erklärten in den Wandelgängen der Kammer, daß sie den Inhalt des Schriftstückes — eine ziemlich ver zweifelte Strategie! — nicht kennten. Wie sich die übrigen Minister und der Ministerpräsident seitdem mit dem Marineminister stehen, weiß nieinand. Nur etwas weiß man noch, daß letzterer dem Ministerrate, der auf die Uebersendung des Voyronschen Berichts an die Budgctkommission folgte, „krankheitshalber" fernblieb, weil ihm der Niinisterpräsident dieses diplomatische Unwohlsein angeratcn hatte! Die Vorgänge haben nicht verfehlt, die Reputation des Ministerpräsidenten und des Ministeriums überhaupt ernstlich zu erschüttern, und nachdem sich die Budget kommission in so ungenierter Weise über die Wünsche des ersteren hinwegsetzte, sieht man mit Besorgnis der nächsten Zukunft entgegen, wo das Kabinett noch sechzehn großen Kommissionen gcgcnübcrsteht, die jedenfalls, be sonders nach diesem Beispiele, nicht minder bedacht sein Kunst und Wissenschaft. Königl. Schauspielhaus. Am 7. d. Mts , nach mittags 3 Uhr: „Aschenbrödel oder Der gläserne Pantoffel". Märchen mit Gesang und Tanz in sieben Bildern. Nach dem gleichnamigen Märchen für die Bühne bearbeitet von C. A. Görner. Musik von verschiedenen Komponisten. (Neu einstudiert.) Das diesjährige, herkömmliche Weihnachtsmärchen „Aschenbrödel" ist genau vor dreißig Jahren zuerst auf unserer Hofbühne erschienen, von Zeit zu Zeit wieder ausgenommen und mangels eines besseren Neuen jetzt abermals neu einstudiert worden Die Zählebigkeit des Görnerschen Stückes liegt natürlich nicht in seinem poeti schen Verdienst, denn alle Zuthaten aller dieser Be arbeitungen, mahnen an Pappe, Glanzleinewand und Theatcrslitter, sondern sie stammt aus der Unverwüstlich keit des zu Grunde liegenden Märchenstoffcs und dein Aufwand an Licht und Farbcnschimmer, stimmungsvollen Dekorationen, an Tänzen und bunten Aufzügen, mit denen diese Weihnachtsmärchen in usum velplüni, das heißt zum Vergnügen der Kinderwelt, ausgestattet werden. Daß cs auch erwachsene Kinder genug giebt, d>e sich daran freuen, möge der Kaste des Schauspielhauses zu Gute kommen Weihnachtsmärchen sind kein Gegen stand der Kritik und die eigentlichen bevorrechteten Zu schauer, die nicht bloß das anmutvolle Aschenbrödel (Frl. GaSny) und seinen Prinzen Wunderhold (Hrn. Detmer), sondern auch die Frau WalpurgiS (Frl. Gui- nand), ihren verliebten Diener Sifax (Frl. Laue), den König Marabu (Hr. Bauer), den Hofmarschall Grase- mück (Hr Ren^), den Minister Puterhahn (Hr. Huff) und den Baron v. Montecontecuculorum (Hr. P. Neu mann) mit jauchzendem Entzücken und endlosem Hände klatschen bearft'nen, würden dem schnöden Recensenten, der irgend etwas einwenden wollte, spinnefeind werden. Doch ist's vielleicht im Sinne der lieben Kleinen, wenn man vorschlägt zu den Märchen von „Aschenbrödel", „Schneewitt chen", „Dornröschen", „Däumling", „Prinz Honigschnabel" und anderen, die Hr. Görner bearbeitet hat, es etwa einmal mit neuen Bearbeitungen solcher Märchen, die seither noch nicht auf der Bühne erschienen sind, zu ver suchen. — Für diesmal ist nur hervorzuhcben, daß die Beteiligung des Balletts eine ausgiebige ist, daß der Aufmarsch der Leibgarde der Fee Walpurgis, der Tanz der phantastischen Vögel in dem sich die Solotänzerinncn Frl. Hörnlein uni» Frl. Gäbler hervorthaten, der Spiegeltanz im Rokokokostüm, das Fest der Heinzel männchen in Aschenbrödels Küche, das lichtsttahlendc phantastische Schlußbild alle Kräfte und alle Künste des 0orp8 äs ballst und der Ballettschule, wie alle Zauber neuer Lichtcffekte entfalten. Im Vereine mit der guten Laune der Darstellerinnen und Darsteller, die das Weih nachtsmärchen zu spielen haben, verheißen die angeführten Herrlichkeiten dem neueinstudierten „Aschenbrödel" eine Reihe gefüllter Häuser. A. St. — Am 7. d. Mts. abends '^8 Uhr: „Ein Fallisse ment". Schauspiel in vier Akten von Björn st jerne Björnson. Die gestrige Wiederaufnahme von BjörnsonS erfolg reichstem Schauspiel: „Ein Fallissement" fand, wie an gekündigt, aber auf dem Theaterzettel nicht bemerkt war, zu Ehren des heutigen siebzigsten Geburtstages des Dichters (Björnson ist am 8. Dezember 1832 zu Kviknc in Oesterdalen in Norwegen geboren) statt Seit der Neueinstudierung im September 1897 sind immerhin in der Besetzung der wertvollen und in ihrem festen Glauben an die siegende, heilende, allversöhnende Kraft der Wahr heit so echt Björnsonschen Dichtung einige Veränderungen notwendig geworden Konsul Lind, den früher Hr Müller spielte, ist von Hrn. Eggerth, Bräumeister Jacobsen von Hrn. PNeumann, Leutnant Hamar von Hrn Gebühr über nommen worden. Aber die vier Hauptrollen des Stückes lagen gestern, wie vor fünf Jahren, in den Händen der Herren Winds (Großhändler Tjälde) und Wiens (Advokat Berent), der Damen Frl. Politz (Walburg) und Frl. Gasny (Signe). Das Zusammenspiel zeigte den gleichen lebendigen Fluß, die gleiche wirksame Natürlichkeit wie damals, und die große Scene am Schluss« des zweiten Aktes zwischen Tjälde und Berent kam mit all ihrer inneren Macht und ihrer ergreifenden Wahrheit zur vollen Geltung. Seit der norwegische Dichter mit seinem „Fallissement" auch auf der deutschen Bühne fisten Fuß gefaßt und alle Mängel seiner Erfindungen und Motivierungen, alle Hätten seiner Tendenzen durch die Kraft seiner warmen, lebensvollen Charakteristik, seiner echten Menschcndarstellung siegreich überwunden hat, sind ein paar Jahrzehnte ms Land gegangen, in denen der Name und die Schö pfungen Björnsons immer weitere Kreise durchdrungen haben Person und Werke des Dichters können für uns nicht die allmächtige Bedeutung haben, wie für sein Heimatland, wo nach vorübergehender Verdunkelung durch seinen großen Zeitgenosten und Rivalen Ibsen, Björnson in dem eigentümlichen Ansehen steht, das Georg Brandes mit den Worten bezeichnet: „Wenn man seinen Namen nennt, ist es als ob man die Fahne Norwegens auf steckte. Er ist in seinen Vorzügen und Fehlern, in seinem Genie und seinen Schwächen so ausgeprägt norwegisch, wie Voltaire französisch war. Seine Kühnheit und seine Naivetät, seine Offenherzigkeit als Mensch und seine Wortkargheit als Künstler, das ge steigerte und empfindliche norwegische VolkS- gefühl und das lebhafte Bewußtsein der Einseitigkeit und der geistigen Bedürfnisse dieses Volks, all dies ist in seiner eigentümlichen Mischung bei ihm so ausgeprägt national, daß er in seiner Persönlichkeit das ganze Volk vertritt." Entbehren wir dieses Gefühls, so reicht eine gute werden, ihm die Macht der radikalen Partei fühlen und e« nach ihrem Willen tanzen zu lasten, und man kann in der That dem „Tempi" nicht ganz unrecht geben, der neulich sagte, die augenblickliche Devise sei: „Da uombrv rsxns st I» korov xauvsrns!" Tagesgeschichte. Dresden, 8. Dezember. Se. Majestät der König wohnte gestern vormittag von H11 Uhr ab mit Ihrer Königl. Hoheit der Prinzesin Mathilde dem Gottesdienste in der katholischen Hofkirche bei. Nachmittags 5 Uhr vereinigte Sich die Königliche Familie zur Tafel bei Sr. Majestät im Residenz schlosse. An ihr nahm auch Se. Königl. Hoheit der Kronprinz mit teil. — Heute am katholischen Feiertag Mariä Empfängnis besuchte Se. Majestät der König von (411 Uhr ab den Gottesdienst in der Hofkirche, nahm nach demselben einige militärische Meldungen entgegen und hörte dann die Vorträge der Herren Staatsminister und des Königl. Kabinettssekretärs Nachmittags H2 Uhr empfing Sc. Majestät - in den Gemächern der zweiten Etage de- Residenzschlosscs den Spezialabgesandten Sr. Majestät des Königs der Belgier, Senator Graf v. Hemricourt v. Grunne mit seinen Begleitern, dem Prinzen Albert de Ligne, Sekretär bei der Königl. Belgischen Gesandtschaft in Berlin, und dem Grafen Leon v. Hemricourt v. Grunne in feierlicher Audienz. Der Hr. Abgesandte erschien in außerordentlicher Mission zur Ucberbringung der Antwort seines Souverains auf die Notifikation der Thronbesteigung Sr. Majestät des Königs Der Empfang fand in Gegenwart des Staatsministers der auswärtigen Angelegenheiten v. Metzsch, Excellenz, und der Herren des Königl. Dienstes statt. Unmittelbar darauf empfing Se. Majestät der König den Königl. Belgischen außerordentlichen Gc sandten und bevollmächtigten Minister Baron Greindl, behufs Entgegennahme seines neuen Beglaubigungs schreibens ebenfalls in feierlicher Audienz. In der Begleitung des Hrn. Gesandten befand sich der Königl. Belgische Lcgationssekretcir della Faille de Levergbem. AuS beiden Anlässen war vor den Gemächern Sr. Majestät des Königs eine Paradewache des Königl. Gardcreiterregiments aufgetreten, die sowohl den Herren der außerordentlichen Mission, wie dem Hrn. Gesandten die militärischen Ehrenbezeugungen erwies. Nachmittags 5 Uhr findet bei Sr. Majestät im Residenzschlossc Königliche Tafel statt, zu der die Königl. Belgischen Herren, sowie Se. Excellenz der Königl. Staatsminister v. Metzsch mit Einladungen beehrt worden sind. Dresden, 8. Dezember. Bei Ihren Königl. Hoheiten dem Prinzen und der Frau Prinzessin Johann Georg findet heute abend 6 Uhr im PalaiS Parkstraße Tafel statt, zu der mit Ein ladung ausgezeichnet worden sind: Frau v. Mangoldt- Neiboldt, Frau v. Schönberg-Purschenstein, General major und Kommandeur der 6. Jnf-Briq. Nr. 64 Graf Vitzthum v. Eckstüdt, Oberst z. D. v. Carlowitz und Gemahlin, Oberstleutnant v. Schlieben im Schützen-Regiment, Hr. v. Schönberg-Purschenstein und Oberleutnant v. Elterlein, Rgts.-Adjutant des Schützen-Regiments. Dresden, 5. Dezember. Mit der von Sr. Majestät dem Könige vollzogenen Ernennung des Ausschusses für Adelssachen und der Bestellung des Prof. I)r. Heyden reich zum Kommissar für Adelsangelegenheiten sind die Vorbereitungen zur Durchführung des Gesetzes, die Ein- Aufführung eines seiner Schauspiele doch hin, uns leb Haft erkennen zu lassen, daß wir verwandten Blutes mit dem Norweger sind, daß cs germanische Kunst ist, die aus ihm spricht und wirkt und daß wir Björnsons heute init Verehrung und Dankbarkeit zu gedenken haben! Adolf Stern Residcnztheater. — Am 7. d. Mts : „Der kleine Muck" oder „Im Reiche der Phantasie". Kindcrmärchen init Gesang und Tanz. Von A. Selig und C. Witt. Musik von B. Brenner. (Zum ersten Male ) Wenn cs wahr ist, daß Weihnachten und Märchen - dichtung untrennbar miteinander verbunden sind, so >st damit auch ohne weiteres klar gekennzeichnet, wo und wann das Märchen spielen muß, wenn es die Gemüter der Kinder, für die es nun doch einmal bestimmt ist, bewegen und erheben soll: im beschneiten deutschen Walde, in der Zeit, wo geheimnisvoll der Zauber der heiligen Nacht uns umqicbt. Von diesem Grundsätze ist das Residcnztheater m diesem Jahre abgewichen, indem es zum Schauplatze seines Märchens die Wunderwelt de« Orients wählte; ob dieser Bruch mit einer althergebrachten Tradition eine glückliche Idee war, darf bezweifelt werden, denn so berückend die Farbenpracht der Bilder des Morgenlandes immer auch sein mag, auf das Märchcnstück des Residenztheatcrs angewcndet. so glanzvoll die Ausstattung der einzelnen Bilder auch gelungen ist, so vermißt man doch in ihnen die Bestandteile des echten Kindermärchens, den weißharigen Knecht Ruprecht, Frau Holle, die armen Kinderlem rc. Es erscheint uns nicht genug, daß man in einem, dem fünften Bilde, als Traumgestalten da« „Schneewittchen", den „Gestiefelten Kater" und andere deutsche Märchenfiguren zeigt; wir meinen vielmehr, daß der Held des Stückes ein deutscher Knabe sein müsse, der in dieser oder jener Form eine der bekannten deutschen Märchenfiguren variiert. Sieht man von diesem
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