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Dresdner Journal : 25.10.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-10-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190210253
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19021025
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19021025
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-10
- Tag 1902-10-25
-
Monat
1902-10
-
Jahr
1902
- Titel
- Dresdner Journal : 25.10.1902
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Sezus-Pret«: «kjugt durch die -r«»nw 2,K0 M. («nicht. Autraauua), durch die W»M t» ^üyche» Reiche 3 M. (autschließlich Bestellgeld) vierteljährlich. »iu-rlut Nummer« »0 Ps. Wird Zuräcksniduna der säe dir Schristleitung bestimmten, «brr von dieser nicht rin- gejordertea Beiträge brau» Auch,, so ist da« Popgew beijufügen. Dresdner W Iollnml. Herausgegeben von der König!. Expedition deS Dresdner Journals, Dresden, Zwingerstraße 20. — Fernspr.-Anschluß Nr. 1295. Erscheine« t jWerktag« uachm. » Uhr. — Lrigtualberichte und Mitteilungen dürfen nur mit voller Quellenangabe nachgrdruckt werden A«tü»»t««««««e»Stzr««: Dir Zeile klrinrr Schrift der 7 mal gespaltene« Änküudi- gung«<Stltr oder deren Raum «o Pf. Bei Tabellen, und Ziffernsatz k Pf Ausschlag sür die Zeile Unterm Re» daktion-strich (Eingesandt) di« Lertieile mittler Schrist oder deren Raum KO Pf. Gebühren - Ermäßigung bei bfterer Wiederholung Annahme der Anzeigen bi« mittag« 1» Uhr für die nach mittag« erscheinend« Nummer ^«249. 1902. Sonnabend, den 25. Oktober nachmittags. Amtlicher Tril. Dresden, 25. Oktober. Se. Königl. Hoheit der Kronprinz und Ihre Kaiser!, und Königl. Hoheit die Frau Kronprinzessin sind gestern Abend 8 Uhr 33 Minuten von Paris zurückgekehrt. Se. Majestät der König haben dem Oberzoll- inspektor und Vorstande des Hauptzollamts Chemnitz, Oberzollrath August Langer das Ritterkreuz 1. Kl. vom Verdienstorden Allergnädigst zu verleihen geruht. Mit Allerhöchster Genehmigung ist dem Ober zollinspektor und Vorstande des Hauptzollamts Chemnitz, Oberzollrath August Langer, die nach gesuchte Versetzung in den Ruhestand unter Ge währung der gesetzlichen Pension bewilligt worden. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Fleischermeister Paul Guido Heinrich in Leipzig den ihm von Sr. Hoheit dem Herzoge von Sachsen-Altenburg verliehenen Titel: Herzog!. Sachsen-Altenburgischer Hoflieferant annehme und führe. Die Feuerversicherungs-Gesellschaft Rheinland in Neuß hat zu ihrem Bevollmächtigten für das Königreich Sachsen im Sinne von 8 115 Absatz 2 des Reichsgcsetzes über die privaten Versicherungs unternehmungen vom 12. Mai 1901 den General agenten Herrn Hermann Böhme in Leipzig, Pfaffen- dorfcrstraße 19 pt. bestellt. Dresden, den 20. Oktober 1902. Ministerium des Innern. Für den Minister: SÜSS Merz. Ernennungen, Versetzungen re. im öffent lichen Dienste. I» SeschLflAverttch« »«S Ministeri««- »er Fi«a«r««. Bei der Postverwaltung sind ernannt worden: Türschmann, Webermeister, al« Postagent in Dennheritz (Bez. Chemnitz); Beckert, Rentenempfänger, als Postagent in Erfenschlag; die unverehel. Müller als Post- agentin in Eythra; Moritz, GasthosSbesitzer, Posthülf-stellen- Jnhaber, als Postagent in Großdalzig (Bez. Lpz ). I» »«schSftASerrlch« » 4 «intsteriu»« »«» Kult»« u. östentl. Unterrichts. Erledigt: die 3. ständ. Lehrerstelle a. d. 8kkl Schule zu Taura v Burg städt. Koll: die oberste Schulbehörde 1200 M Gehalt, 100 M pers. Zulage bi- z Eintritt der 1 gesetzt. AlterS- zulage, 110 M f Fortbildungsschulunterricht, 55 M. f. Sommcrturnen u. fr. Wohnung Gesuche sind unter Bei- sügung sämtl. Zeugnisse, insbes auch eines AmtSsührungS- zeugnisseS bis auf die jüngste Zeit b. Bezirksschulinspektor vr Schilling, Rochlitz, bi- 25 Nov einzureichen Nicht ständige Bewerber haben den MilitärdienstnachweiS beizu bringen —Zu besetzens, die 3 ständ Lehrerstelle zu Döben. Koll.: die oberste Schulbehörde. 13S0 M v. Schuldienst, 100 M f Stellvertretung b Kirchendienste, 110 M f. Fort- bildung-schul- und bk M. f. Turnunterricht. Bon nichtständ. Lehrern ist der Militärnachweis beizubringen. Gesuche m d. erforderl Beilagen sind bi- 12. Nov. b Bezirksschulinspektor vr. Michel, Gnmma, einzureichen; — die 2. ständ. Lehrer- ftelle in Naußlitz. Koll: da- Ministerium deS KultuS re. 1200 M Gehalt, 200 M. pers. Zulage, sr Wohnung u. Gartcngcnuß. Gesucht m. sämtl. Zeugn u. Militärausweis sind bis 10. Nov. b Bezirksschulinspektor Schulrat vr. Gelbe, Meißen, einzureichen; — die fünfte ständ Lehrerstelle in SteinpleiS Koll.: die oberste Schulbehörde. Bis z. 27. LebenSj. 1350 M. Grundgehalt. Dieser steigt v. 27., 29., 31, 34, 37., 40., 46. u. 49 LebenSj. ab um je 100 M., bis m d. 52 LebenSj. der Höchstgehalt v. 2400 M erreicht wird. Hierzu fr Wohnung oder 200 M Wohnungsgeld f. einen verh u 120 M. f. einen unverh. Lehrer Gesuche sind unter Beifügung sämtl. Prüfung-- u AmtssührunaSzeugnisse bi- 12 Nov. b Bezirksschulinspektor sür Zwickau l, Schulrat Lohse, einzureichen. iBehördl. Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile.) Kunst und Wissenschaft. König!. Opernhaus. — Am 24. d Mts.: Erstes Symphoniekonzert der Königl. musikalischen Kapelle und der Hoftheater. (Reibe L.) Die erste Programmnummer, Händels O-äur-Ouver- turc, galt durch die Einrichtung für großes Orchester der Erinnerung an den vor wenigen Wochen in seiner rhei nischen Heimat dahingeschiedenen ehemaligen Dresdner Hoskapellmcister und Direktor des Konservatoriums vr. Franz Wüllner, dessen Verdienste um das musikalische Leben unserer Stadt unvergessen bleiben werden. Es darf bei dieser Gelegenheit auch auf die von dem Ver storbenen zum fünfundzwanzigjährigen Jubiläum der ge nannten Musikanstalt im Jahre 1881 veranstaltete groß artige Aufführung der Bachschen H-moll-Messe, auf die glückliche Ergänzung des „Oberon" durch Rezitativ«, so wie auf WüllnerS hervorragende Bedeutung als Klavier- und Gesangspädagoge („Chorschule") Hingeiviesen werden. Die kernigen, festen Rhythmen des fugiertcn Allcgros der Ouvertüre waren den Bach und Händclfreundcn ein besonderes Labsal; im „Maestoso" traten die hochliegen den Trompetengruppen im Fortissimo zu sehr aus dem Orchestcrkörper heraus. Rob. Volkmanns v-moU-Sere- nade für Streichorchester, eine der bekanntesten und be vorzugtesten Kompositionen des deutsch ungarischen Meister«, bot dem Königl. Konzertmeister Hrn Georg Wille Gelegenheit, seine vornehme, klangbezaubernde und technisch vollendete Künstlerschaft auf dem Violoncell — und zwar auf einem besonders wertvollen Instru mente — auf« neue und vorteilhafteste zur Geltung zu bringen. Goldmarks farbensprühende, in ihrer charakte- nftischen AuSdruck«weise der Musik zur „Königin" von Saba" enavcrwandte Sakuntala-Ouverture, dl« durch ihre vom Komponisten drr Partitur beigegebene Inhalt«- Nichtamtlicher Teil. Vie auswärtige Politik der Woche. Die Burengenerale Dewet, Delarey und Botha sind von dem britischen Kolonialminister Chamberlain zu einer neuen Besprechung auf gefordert worden und werden demzufolge aus eng lischem Boden diejenigen amtlichen Beziehungen wieder anknüpfen, deren sorgsame Pflege allein der Zukunft des Burenvolkes von Nutzen sein und seine gegenwärtige Lage erleichtern kann. Einen Für sprecher, der persönlich bei König Edward ein gute« Wort zu ihren Gunsten einlegen konnte, hätten die Buren vielleicht in Sr. Majestät dem Kaiser ge wonnen. Diese Möglichkeit haben sie sich jedoch durch ihre eigene Haltung verscherzt. Daß ihnen die wenige Minuten dauernden, mit höflichen Redensarten ausgefüllten und sogleich nach England hinüber als bedeutungslos entschuldigten Empfänge bei den Herren Combes und Dclcasf« gar nichts, nicht einmal eine Befriedigung der Eitelkeit gebracht haben, wissen die Generale selbst am besten; und wenn ein deutsches Blatt die Frage stellen zu müssen meint, warum der deutsche Reichskanzler nicht als gelehriger Nachahmer der Pariser Staatsmänner auf getreten, warum es wieder einmal an der Seine ganz anders gewesen sei als bei uns, so ist die einzig zutreffende Antwort darauf: weil bei uns doch noch nicht wie von den Galliern seit Jahr hunderten das Wort des römischen Geschichtsschreibers gilt: nstio oowoväa est! Man sehe z. B, wie der „Matin" und der „Gaulois" fast in demselben Atem zuge die Burengenerale und ihren Besieger, den Lord Kitchener, als Ehrengäste an der Seine, den Lord sogar als Waffenbruder von 187H71, will kommen heißen. Da können wir wirklich nicht mit kommen. Die Pariser Reden der Burenführer waren nicht ganz frei von politischen Anspielungen. In Berlin haben sie, was ihnen von ihren Verehrern als taktisches Meisterstück angerechnet wird, den Ge brauch der Worte „England" und „englisch" — fast sollte man sagen — ängstlich gemieden. Daß sie der Sache nach durch ihr ganzes Auftreten gegen Eng land demonstrierten, kann für eine unbefangene Auffassung nicht zweifelhaft sein. Wir erinnern übrigens an das gewiß nicht verdächtige Zeugnis der burenfrommen „Franks. Ztg ", die sich mit jener unserer Dcmokratenpresse bei der Behandlung internationaler Fragen eigenen Unbedachtsamkeit das naive Zu geständnis entfahren ließ, das Sammeln von Geldern für und durch die Buren sei schon eine anti-englische Demonstration. Auch wer sein Urteil besser in der Gewalt hat als solche parteibefangene Zeitungsdiplomaten kann sich des Eindrucks nicht entschlagen, daß die Haltung der Generale vor einem ihrer eigenen Regierung nichts weniger als freundlich gesinnten Publikum etwas Schiefes hatte, daß die festländischen Spenden nicht in demselben Sinne zur Unterstützung der britischen Politik in Südafrika gegeben wurden wie die von England zu Gunsten der Buren flüssig gemachten 5 Mill. Pfd. Sterl. Wie immer man die Reden und Handlungen der Generale inmitten der Vertreter einer england- feindlichen Strömung auf dem Kontinent mit der von ihnen beanspruchten Eigenschaft als loyaler britischer Unterthanen zu vereinigen suchen mag, es bleibt ein peinlicher Rest; und Dewet, Delarey nnd Botha sind zu ehrliche, gradsinnig denkende Leute, als daß ihnen dieses Mißverhältnis zwischen dem schilderung der Programmmusik zuzuzählen ist, bildete, zumal in der hinreißenden Steigerung der Schlußepisode, eine bewundernswert virtuose Leistung der Königl. Kapelle unter Hrn. Generalmusikdirektor E. v. Schuch. Die vokale Mitwirkung des Abends brachte die willkommene und höchst interessante Bekanntschaft mit der dramatischen Sängerin Frau Fvlia Litvinne. Nach den Bemerkungen des Programmbuches begann die Künstlerin ihre musika lische Laufbahn an der Kaiser!. Oper in St. Petersburg. Sie folgte nach zahlreichen Gastspielen sodann einem Rufe an das Theater de la Monnaie in Brüssel, an dem sie noch heute als Vertreterin hauptsächlich Wagner scher Partien erfolgreich thätig ist. Ihren internationalen Ruf befestigte Frau Litvinne m den von dem verstorbenen Kapellmeister Lamoureux in Paris ins Leben gerufenen Aufführungen von „Tristan und Isolde", bei welcher Gelegenheit ihre von prächtigen Stimmmitteln unter stützte Darstellungskunst gerühmt wurde. Im Mai d. I. sang die Künstlerin in den von Alfred Cortot geleiteten Aufführungen der „Götterdämmerung" die Brünhilde. Nach den gestrigen Gesangsproben (GounodS Stanoes äs 8»ppbo, Isoldens „Liebestod", Lied von Rubinstein nach einem Klavierstück des Komponisten und Schumanns „Ich grolle nicht") wird man der vortrefflichen Sängerin den Besitz einer echten dramatischen Bühnenstimme, starkes Temperament und eine nicht gewöhnliche Vor tragskunst zusprcchen müssen, doch schien die ungewöhnlich imposante Erscheinung der mit reichstem Beifall aus gezeichneten Künstlerin eine noch bedeutendere Kraft, Trag- und Ausdrucksfähigkeit des Organs verheißen zu sollen Die geniale, ergreifende Tondichtung Wagners erweckte die Sehnsucht nach einer erneuten Aufführung des „Tristan" im Königl. Opernhaus«. U S. cingestandenen und unausgesprochenen Sinne ihres Thuns nicht zum Bewußtsein gekommen sein sollte. Einen Schluß auf den Inhalt ihrer Verhandlungen mit Chamberlain wird man daraus ziehen können, ob sie ihre den Bedürfnissen der eigenen Volks genossen nicht unbedingt angepaßte Rundreise wieder aufnehmen oder nicht. Im übrigen ist auch die Londoner Regierung dafür verantwortlich zu machen, wenn sie Unterthanen der britischen Krone die Frei heit gewährt, im Auslande unter Umständen umher zureisen, die für Englands Empfindungen nicht schmeichelhaft sein können. Auch abgesehen von Südafrika, wo die voll ständige Niederwerfung der letzten Reste des burischcn Widerstandes noch nicht geglückt, die Wiederherstellung geordneter Verhältnisse über die ersten Anfänge noch nicht hinausgelangt und wichtige Finanzlagen un gelöst sind, hat die englische Auslandspolitik manche Sorgen. Zu den geringsten zählen wir die fortdauernde Beunruhigung der öffentlichen Meinung Englands durch die Meeren gcnfrage. Die Meldung der „Daily Mail" von der angeblich be vorstehenden Erneuerung des Vertrages von Hunkjar Skelefsi, durch die das Osmanische Reich sich förmlich unter die Schutzgewalt Rußlands stellen würde, ist von beiden beteiligten Seiten für un richtig erklärt worden. Es liegt auch auf der Hand, daß der Sultan, ohne seinen Thron zu gefährden, nach Anschauung der Mohammedaner eine derartige Unterwerfung gegenüber dem Erb feinde der Türkei nicht vollziehen kann. Insoweit ist das Dementi glaubwürdig. Es fragt sich aber, ob die Namhaftmachung gerade des Hunkjar Skelessi- Bertraaes nicht absichtlich erfolgt ist, um durch eine lediglich gegen die Erneuerung gerade dieses Ver trages gerichtete Zurückweisung Wünsche zu ver hüllen, die in einer modernen Form an den Sultan oder die Pforte herangctreten sein könnten. Nun hat allerdings im britischen Parlament der Premier minister Balfour erklärt, daß in der Dardanellen- fraac Unterhandlungen nicht im Gange seien. Allein diese Erklärung will zuviel beweisen. Giebt eS wirklich russisch türkische Geheimverhandlungen, so wird gerade der Leiter der englischen Politik der letzte sein, den die Türkei, geschweige Rußland selbst, davon unterrichtet. Ganz klar sieht man vorläufig in dieser Sache noch nicht, und jedenfalls ist nicht ui bestreiten, daß Rußland unerfüllte Wünsche an der Meerenge hat, wie auch, daß die Entwickelung der Dinge im Mittelmeer geeignet ist, solche Wünsche dringlicher als in früherer Zeit werden zu lassen. Für deutsche Leser ist noch der Hinweis nützlich, daß auch die für diesmal wie im Nebel sichtbar ge wordenen unbestimmten Umrisse einer Meerengen frage genügt haben, um in der englischen Presse die alte Sehnsucht nach einer Verständigung mit Ruß land gegen den absichtlich überschätzten Einfluß Deutschlands in der Türkei zu entfesseln. Im „Observer" wurde zu diesem Zwecke die Oeffnung des englischen Geldmarktes für Rußland angebotcn — eine Tonart, die auf russischer Seite der Finanz minister Witte niemals ungern hört. Näher als durch die Mcerengenfrage, zu deren Wiederaufnahme höchstens ein post fsstum kom mender Einspruch gegen die öfters erörterte Durch fahrt der vier russischen Torpedoboote dienen könnte, sind die Engländer durch das Mißgeschick der gegen den Hada Mullah im Somaliland ausgeschickten Truppe des Obersten Swayne berührt. Die Er klärungen der Regierung im Unterhaus? scheinen auf der noch zurückgehaltenen Nachricht von der gänz ¬ lichen Aufreibung dieser Truppe vorbereiten zu sollen, wennschon inzwischen beruhigendere Mit teilungen veröffentlicht worden sind. Auch im ersteren Falle aber wäre der Eifer übertrieben, mit dem in deutschen Blättern die neueste „Niederlage" Eng lands in Afrika behandelt wird. Die Machtmittel, um für die vielleicht schweren Verluste Rache zu nehmen, sind ohne weiteres verfügbar, und England würde die Gelegenheit zu nach haltiger Wiederbelebung seines Ansehens im öst lichen Afrika gehörig auszunutzen wisfen. Auch in Rom soll man sich wegen der Rückwirkung eine- Eingeborenensieges in Somaliland auf die Sicher heitsverhältnisfe der Benadir Küste mit den Briten solidarisch fühlen. Die gleiche Wahrnehmung ist in den jüngsten Tagen bei den Maßnahmen zur Unter drückung von Seeräuberzügen im Roten Meer gemacht worden, wo ein englisches Kriegsschiff gleich lautende Instruktionen niit einem italienischen zu be folgen hatte Das angcdrohte Bombardement von Horedda, das leicht der Ausgangspunkt von politischen Weiterungen hätte werden können, unterbleibt, da die Türkei auf das italienische Verlangen nach Genug- thuung rechtzeitig eingelcnkt hat. Nicht so sicher wie den englischen Waffen im Kampfe gegen den „Mad Mullah" läßt sich der Londoner Diplomatie ein Erfolg bei ihren Ver handlungen mit Rußland über Afghanistan in Aussicht stellen. Es war nicht langer ;u versäpoeigen, daß die hier wiederholt erwähnte Foidenntg der russischen Presse nach Einsetzung eines diplomatischen Vertreters des Zarenreiches in Kabul nesterdingS von der russischen Regierung amtlich erhoben worden ist. Das Londoner Kabinett will nach der Erklärung Lord Cranbornes im Unterhause nur einen unpoliti schen Verkehr zwischen den Grenzbeamten unter- genau fcstzusetzcnden Beschränkungen zulassen. So entschieden diese Wahrung der bisherigen Alleinherrschaft Eng lands ani Hofe des Emir auch klingt, so wenig ist die Londoner Presse dadurch befriedigt. Ohne eS offen auszusprcchen, empfindet man den russischen Schritt als einen unfreundlichen Akt und erwartet in einiger Zeit eine zweite, schärfer gehaltene Mit teilung deS asiatischen Nebenbuhlers. In der That wird Rußland, nachdem es die Aenderung des be stehenden Zustandes in seinem Verhältnis zu Afgha nistan einmal angeregt hat, die Verweisung auf einen durch England überwachten Grenzvcrkehr kaum hin nehmen können. Aber von beiden Seiten sucht und findet man auch wohl einen gütlichen Ausgleich. Wie wenig ^im Gegensatz zu deu ausschließlich be deutungslosen PreßauSlassungcn an der Themse und an der Newa die russisch-englischen Beziehungen in Asien selbst gespannt sind, crgiebt sich aus der von den „Times" mitgeteilten Thatsache, daß der Militär- Attache der britischen Botschaft in St. Petersburg, Oberstleutnant Beresford, eben jetzt Turkestan bereist, in Taschkent mit den Behörden freundschaftlich ver kehrt und nach Besichtigung der in der dortigen Bibliothek vorhandenen Karten versprochen hat, genaue auglo-indische Karten von Afghanistan zu übermitteln. Auch in Persien weicht England vor der von Rußland verfolgten Absperrungspolitik nicht ohne weiteres zurück. Dem persischen Großvezier ist während seines Aufenthalts in London nahe gelegt worden, in Zoll- und Handelsfragen neben den russi schen auch die britischen Interessen zu berücksichtigen. Dies, sowie die Mitteilung, daß ein förmlicher russisch-persischer llvertrag noch nicht abgeschlossen sei, war die Antwort des britischen Premierministers Arthur Balfour aus, eine von dem Parlament- Von den Berliner Theatern. Berlin, den 24. Oktober 1902. Drei Erstaufführungen sind uns jüngst wieder bc- scheert worden: Das Lessing-Theater brachte das Lustspiel „Das Theaterdorf" von Blumenthal und Kadelbura; „Monna Vanna", Schauspiel von Maurice Maeterlink, deutsch von v. Oppeln-Bro- nikowüki, ging im Deutschen Theater in Scene, und das Kleine Theater (Schall und Rauch) bot die Tragikomödie „Rausch" von August Strindberg dar. In das Seele und Gemüt verstimmende Hasten des Alltags trägt das Lessing-Theater die sprudelnde Laune und den erlösenden Humor. Einer Theatcrstadt vom Range Berlins präsentiert man die Geschichte eines Theaterdorfes. Das ist mindestens originell. Man darf den im Kleinen Theater viel belachten paro distischen Akt „Bauernkumedie" von Ferdinand Kronegg in gewisser Hinsicht als Prolog hierzu betrachten. Aber während dieser Einakter sich nur als gemütlicher Scherz charakterisiert, zeigen sich die Eompagnons Blumenthal und Kadelburg auch diesmal als feine Beobachter mensch licher Art und Unart, die sie derb und zart, je nach dem Moment, vorzutragen wissen. Das „Lessing-Theater" läßt dem Theaterdorf zudem eine Darstellung zuteil werden, die, das möchte ich zuerst feststellen, eine wirklich künstlerisch vollendete ist. Man schenkt liebevoll auch dem Kleinsten, dem Unbedeutendsten Beachtung und gelangt dadurch zu einer prachtvollen Gesamtwirkung, zu der die treffliche Jnscenesetzung Witte-Wild's noch beiträgt. — In eine älplerische Sommerfrische e« wioiature,dem Dorfe Nuffensee, dringt, den bisherigen paradiesischen Frieden jäh zerstörend, mit dem Justizrat Riebeck aus Bremen, dessen Frau und Tochter, der Schauspieler Günther. Dieser folgt errötend den Spuren CilliS, des justizrätlichen Töchterleins Der weise Dorftat schwitzt zur Zeit gerade allerlei konfuse Gedanken au«: wie man dem Orte zu einer größeren Beachtung seitens der Touristen verhelfe. Günther er scheint hier wie ein cleus er maelüna. Auch in Nuffen- see soll nach ihm das Theater einen Bund mit der Natur schließen. Die Nuffcnseer sollen „tegcrnscern", sollen „fchlicrseern". Im Schrcibpult des alten Pfarrers Altwanger schlummert ein Manuskript. Es soll erwachen. Kathi, vcs Krcuzhubcr-Bauern Pflegekind küßt es als „Heldin" wach; sie, die selbst längst zur Liebe weckte de« Bachwirtssohn Franzl. Aber giftiger Trug trennt das junge Paar und die Faungcstalr des alten Kreuzhuber, der selbst das Pflcgetöchterlcin zur Ehe begehrt. Diesem bunten Treiben gegenüber steht händeringend der Justiz rat: dem Lärm, dem er entflohen wähnte, er fand ihn wieder. Doch Ella Sidonie, feine Frau, triumphiert; nun ist sie ausgesöhnt mit der auch das kleinste Kur haus entbehrenden Sommerfrische. Wie sich nun alles entwickelt, es ist zu bunt, um es zu schildern Aber wie das „Wie" vor sich geht, das ist unterhaltend, ist voll Witz und bezeugt, daß es dem Leben entlehnt ist. Zum Ende wird alles gut. Wie soll es auch anders kommen, wenn mit dem Pfarrer ein guter Geist im Dorfe wohnt. „Sie", d. h. die Liebenden, finden sich. Der Justizrat hat seine Ruhe wieder, denn es wird nicht „getegernseert", also auch nicht mehr geprobt. Der alte Krcuzhubcr macht aus der Not eine Tugend — und der alte Pfarrherr selbst — resigniert. Er will ein „Kiebitz" bleiben, beim Glücke der anderen. Die Charaktere, die in den Hauptrollen sich offenbaren, sind gut beobachet Der Dialag ist nicht nur voll warmen Humors; ost, besonders in den Scenen mit dem Pfarrherrn, steigert er sich zu gemütstiefer Wirkung. Das Stück bietet nicht nur ein äußeres reiches Feuerwerk, es hat auch seine stillen, feinen Effekte. Adolf Klein, dem Pfarrer, applaudierte man bei offener Scene Er hat seine Figur verstanden, er giebt ihr Leben und Wahrheit. Emil Höfer, als Kreuzhuber, unterstreicht ein wenig stark, doch der Alte verträgt das ganz gut, und so verblüfft
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