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mar, Berlin und Wien wurden. Im gleichen Jahr entstand die Burleske. Neben den acht Liedern nach Texten von Gilm (darunter „Zueignung“ und ,,Allerseelen“), dem ersten Hornkonzert — diese Werke fallen noch in die Studienzeit des jungen Strauss, als er an der Münchner Universität Philosophie, Ästhetik und Kunstgeschichte hörte —, der Suite für dreizehn Blasinstrumente und dem c-Moll-Klavierquartett gehört sie zu den persönlichsten und bedeutendsten Jugendwerken des Komponisten. Hans von Bülow, für den das Werk ursprünglich gedacht war, hielt den Klavierpart für zu schwierig: ,,Jeden Takt eine andere Handstellung, glauben Sie, ich setze mich vier Wochen hin, um so ein widerhaariges Stück zu studieren?“ Daraufhin widmete es Strauss Eugen d’Albert, der bei der fünf Jahre später erfolgenden Uraufführung den Solopart übernahm. Aus der Bezeichnung ,,Burleske“ ergibt sich schon der Charakter des Werkes: ,,burlesk“ kommt aus dem Italienischen und bedeutet soviel wie ,,scherzhaft“. Geist, Anmut und sprühender Witz vereinen sich in diesem liebenswürdigen Jugendwerk, das bei aller Eigen- wüchsigkeit eine gewisse Abhängigkeit von Brahms zeigt. Der Komponist selbst bezeichnete es übrigens selbst als ,,reinen Unsinn“ und meinte später, es sei ,,miserabel instrumentiert“. In der formalen Anlage folgt das einsätzige Werk der Sonatenform mit Themenaufstellung, Durchführung, Reprise und Coda. Höchst originell sind die vierfach besetzten Pauken eingesetzt, die zu Beginn das Hauptthema, die Keimzelle für das weitere thematische Mate rial, intonieren: Die für die Strausssche Kompositionstechnik typische Entwicklung, Wandlung und Um deutung von motivischen Keimzellen ist in diesem Jugendwerk bereits klar zu erkennen. Sergej S. Prokofjew: 3. Klavierkonzert, C-Dur, op. 26 Sergej Prokofjew war ein ausgezeichneter Pianist, er studierte — am damaligen Petersburger Konservatorium — Komposition und Klavier. Später führten ihn Konzertreisen, auf denen er größtenteils eigene Werke zu Gehör brachte, nach Japan, Amerika und in viele Länder Europas. Kompositionen für Klavier nehmen einen breiten Raum in seinem Schaffen ein. Er schrieb fünf Klavierkonzerte, ein Konzert für zwei Klaviere und Streichorchester, zehn Klaviersonaten und zahlreiche kleinere Klavierstücke. Prokofjew vollendete sein drittes Klavierkonzert im Jahre 1921. Er hielt sich damals vor übergehend in der französischen Bretagne auf, nachdem er seine Heimat schon im Sommer 1918 zwecks Konzertreisen nach Amerika verlassen hatte. Zwischen 1918 und 1923 führte der Komponist ein äußerst bewegtes Leben: Amerika, Frankreich, England und Deutsch land dienten ihm abwechselnd als Wohnsitz, bis er sich im Jahre 1923 endgültig in Paris niederließ. Erst zehn Jahre später entschloß sich Prokofjew, in seine sowjetische Heimat zurückzukehren. „Ich muß zurück“, erklärte er. „Ich muß mich wieder in die Atmosphäre meines Heimatbodens einleben. Ich muß wieder wirkliche Winter sehen und den Frühling, der ausbricht von einem Augenblick zum anderen. Ich muß die russische Sprache in meinem Ohr widerhallen hören, ich muß mit den Leuten reden, die von meinem eigenen Fleisch und Blut sind, damit sie mir etwas zurückgeben, was mir hier fehlt: ihre Lieder, meine Lieder. Hier werde ich entnervt. Ich bin in Gefahr, an Akademismus zugrunde zu gehen. Ja, mein Freund, ich gehe zurück.“ Das thematische Material des dritten Klavierkonzertes stammt fast durchweg aus der Zeit vor 1918, als der Komponist noch in Rußland weilte. — Die kurze langsame Einleitung, die dem ersten Satz vorausgeht, beginnt mit einer schlichten Klarinettenmelodie, die die Weite der russischen Landschaft eingefangen zu haben scheint: r Sie klingt wie ein einfaches russisches Volkslied und gewinnt in der Durchführung des in Sonatenform gehaltenen ersten Satzes große Bedeutung. Das kraftvoll-energische Haupt thema wird zuerst vom Klavier vorgetragen. Nach einem ausgedehnten Zwischenspiel folgt das durch eine unbegleitete Akkordfolge des Klavieres eingeleitete zweite Thema in den Holzbläsern und Streichern. Es ist eine jener märchenhaft-phantastischen Melodien, wie sie für Prokofjew so charakteristisch sind. Weitausholende Sprünge geben ihr das Gepräge: In der nach einer kurzen Durchführung einsetzenden Reprise ist die Virtuosität des Solo parts noch gesteigert. Das zweite Thema, das jetzt in vollen Akkorden im Klavier erklingt, hat seine Lebendigkeit verloren und wirkt durch die veränderte Instrumentation und Har monik gleichsam erstarrt. Eine mitreißende Coda führt den Satz zu Ende. Das reizende Thema des zweiten Satzes (formal ein Thema mit fünf Variationen) gehört zu den köstlichsten melodischen Einfällen Prokofjews. Anfangs nur vom Orchester vorgetragen, wird es zum Abschluß der Variationen von glitzernden Akkordketten des Soloinstrumentes untermalt. Der Schlußsatz ist dreiteilig. Sein tänzerisches Hauptthema, mit dem das Fagott den Satz eröffnet, ist mit der russischen Volksmusik verwandt. Eine ganz andere Welt eröffnet sich im Mittelteil, den eine lyrisch-sangliche Melodie in den Holzbläsern einleitet. Vorerst kann sie sich noch nicht behaupten; denn ein neuer humoristisch-ironischer Gedanke im Klavier schiebt sich unerwartet ein. Erst nach dieser kurzen Episode entfaltet sich das sangliche The ma in seiner ganzen Schönheit — bis das tänzerische Hauptthema des ersten Teils wieder einsetzt. Das dritte Klavierkonzert gehört zu den besten Werken des jungen Prokofjew. In größerem Maße als andere Kompositionen jener frühen Schaffensperiode des Komponisten ist es den Traditionen der russischen musikalischen Klassik und der russischen Volksmusik verhaftet. In seinen frühen Werken neigte Prokofjew häufig zu Ironie und Groteske. Das dritte Klavier konzert strahlt jedoch eine warme Menschlichkeit aus, durch die es den reifen, in der So wjetunion entstandenen Meisterwerken Prokofjews ebenbürtig wird. Renate Jahn Literaturhinweise: Schönewolf: Beethoven in der Zeitenwende; Krause: Richard Strauss VORANKÜNDIGUNG: 25./2Ö. Dez. 1959, jeweils 19.30 Uhr, 2. Außerordentliches Konzert Gastdirigent: Prof. Nikolai Anossow, Moskau S. Rachmaninow: 1. Sinfonie d-Moll Fr. Schubert: 4. Sinfonie c-Moll • R. Strauss: Don Juan Karten in den bekannten Vorverkaufsstellen! 1. AUSSERORDENTLICHES KONZERT 1959/60 6652 Ra III-9-5 1,2 1159 ItG 009/59