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Dresdner Journal : 17.04.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-04-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190204171
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19020417
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19020417
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-04
- Tag 1902-04-17
-
Monat
1902-04
-
Jahr
1902
- Titel
- Dresdner Journal : 17.04.1902
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Vt,»««Pret»r »ei« Bezüge durch di« Geschäfts»»«« tuuerbas» »resdea» «,»0 M. (einlchl. Zuliagung), durch die Hkaß k» Dculschea Strich« » M- luutjchlievlich Bestellgeld) vierteljährlich. Liuzelue Nummer» 10 Ps Mrd Zttrücksenduna der für die SchnsUeitung bestimmte», «der von dieser nicht ein» forderten Beikäge bean- Arncht, so ist da» Postgeld beizusagen. Dresdner A»tü»dt»u»,««ebütre»r Journal Dir Zeile kleiner Schritt d«r 7 «al gespaltenen Antündd >»»a».Seite oder deren Staum SV Pf. Bei La bellen- und Zissernsatz » Ps Ausichlag für die Zeile Unterm Ne- daltion-strich (Eingesandt) di« Leitzeile mittler Schrift oder deren Raum SO Ps. Gebühren - Ermäßigung del öfterer Wiederholung. Herausgegeben von der König!. Expedition de- Dresdner Journals, Dresden, Zwingerstraße 20. — Fernspr.-Anschluß Nr. 1295. Grschelue», Werktag» nachm 5 Uhr. Annahme der Anzeigen bi» mittag« IS Uhr für tue nach mittag» erscheinende Nummer. O87. Donnerstag, den 17. April nachmittags. 1902 Amtlicher Teil. Dresden, 11. April. Se. Majestät der König habe» Allerguüdigst geruht, dem in den Ruhe stand getretenen Oberlehrer am Seminare in Borna, Musikdirektor Julius Edmund Sachse das Ritter kreuz 2. Klasse vom Albrechtsorden zu verleihen. Srnennnngea, Versetzungen rc. tm öffeutl. Dienste. -»Geschift-beretche be»«tniftertu«s der Ktnanzeu- Verwaltung der Zölle und indirekten Stenern »»gestellt: die Wachtmeister Müller und Flach, der Vizewachtmeister Schneider und der Hoboist (Sergeant) vuicker al« «reuzausseher. — Befördert: der Zollsekrrtär Geißner zum Vorstand- der Zollabfertigungsstelle am Bahn hose in Anuaberg nnter Beilegung de» Luel» Sieuer- illipektor; der Zollsekretär Richter zum Obergrenzkontroleur i» Klingenthal; der Zollassistent Helbig zum Zollsekretär in veipert; der Revisionöausfther Bregen zu» Zollassistenten i» letschen; der Steucrausseher Wagner zum Untersteurr- einaehmkr in Dippoldiswalde. — Versetzt: der Borstand der MabseitigungSstelle am Bahnhöfe in «nnaberg, Steuer inspektor Reppe alS Zollsekretär rach Lhemnitz unter Be- lafluug del Titel» Steuerinspektor; der Obersteuerkontroleur Echubarth-Engelschall von Riesa nach Wurzen; der Odergrenzkontroleur Zieger al» Obersteuerkonttoleur von Klmgenthal nach Riesa; der Oberkontrolassistent Dietrich «I» Zollassistent von Borna nach Leipzig; der Zollassistent vernhart al» Oberkontrolassistent von Tetschen nach Borna. — Pensionirt: der Steuereinnehmer Pietsch inDippoldis- »alde — Verstorben: der Steuerausscher Lotzmann in Leipzig — Entlassen: der Revision-ausseh-r Hasselhorst in Bodenbach auf Ansuchen. (vehtrdl Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile.) Nichtamtlicher Teil. Die Geschäftslage des Reichstags. Im Reichstage hegt man die Hoffnung, daß eS möglich sein wird, die zweite Lesung der Seemanns- oidnung bis zum Schlüsse dieser Woche zu beenden. Beim aber die Beratung nicht rascher fortschreitet al! bis jetzt, so dürfte sich diese Hoffnung als trügerisch «weisen. Die Dienstag-Sitzung wurde fast volMindig von der Diskussion über 8 54, der von der Haftung des Reeders bei Erklankungen und Un fällen von Seeleuten handelt, in Anspruch ge nommen; dabei sind nicht weniger al- vier sozial demokratische Redner mit ziemlich langen Ausführ ungen ausgetreten. Einen freiwilligen Verzicht der Sozialdemokraten auf ihre zu agitatorischen Zwecken vorbereiteten Reden namentlich bei dem wichtigeren Teile der Vorlage, der von den Disziplinar- und Strafvorschriften handelt, wird man nicht erwarten dürfen. Um aber den Schluß allzulang ausgedehnter Debatten durch einen Mehrheitsbeschluß herbei- zusühren, dazu ist — bis jetzt wenigstens — der Reichstag viel zu schwach besetzt. Die nicht sehr zahlreich eingetroffenen Volksvertreter werden also aut thun, sich mit Geduld zu wappnen, und sie können schließlich noch zufrieden sein, wenn die Sozialdemokraten die Abstimmungen über ihre Anträge auch bei beschlußunfähigem Hause gelten lassen. Jedenfalls aber wird man erwarten dürfen, daß die längst notwendig gewordene Verabschiedung der Eeemannsordnung, die nach der Absicht des vor liegenden Entwurfs schon am verflossenen 1 April hätte in Kraft treten sollen, noch in der laufenden Tagung erfolgt. Die ReichStogSmehrheit hat dazu den festen Willen; sie sollte also dafür sorgen, daß eS ihr nicht zuletzt an Kraft gebricht, diesen Willen durchzuführen. Ebenso ist die ReichStagSmehrheit fest entschlossen, das Eüßstoffgesetz und den Schaum weinsteuerentwurf, sowie den noch zu erwartenden Nachtragsetat behufs Besserstellung der Militär invaliden und die in der Kommission bis jetzt noch nicht durchberatene Branntweinsteuernovelle zu ver abschicden. Darüber aber, ob es möglich sein wird, auch nur riuenTeil der neuerdings eingegangenenBundeSratS- vorlagen überhaupt in Angriff zu nehmen, sind die Ansichten sehr geteilt. Allgemein herrscht die Ueber- zeugung, daß eS auf keinen Fall möglich sein wird, den Reichstag über die Mitte de- Juni hinaus zu sammenzuhalten. Ja vielfach ist man der Meinung, daß ein Weiterarbeiten deS ReichStagS-PlenumS nach Pfingsten überhaupt nur dann ermöglicht werden könnte, wenn das preußische Abgeordnetenhaus, dem nicht weniger als 117 ReichstagSmitglieder an gehören, ebensolange versammelt bliebe, weil dadurch die erwäbnte Zahl der Volksvertreter indirekt al» Landtag-angehörige in den Genuß von Tagegeldern gesetzt würde. Eine zu diesem Zwecke künstlich her beigeführte Verlängerung der LandtagStagung dürfte jedoch nicht beabsichtigt sein. Bekanntlich sind in den letzten Tagen drei neue Gesetzentwürfe dem Reichstage zugegangen: der be reits ausführlich besprochene Entwurf eines Gesetzes über gewerbliche Kinderarbeit, der Gesetzentwurf über den Servistarif und WohnungSgeldzuschuß und die Vorlage betreffend den Gerichtsstand der Presse. Von diesen Vorlagen hat wohl nur die letztgenannte Aussicht auf Erledigung in der laufenden Tagung. Außerdem wird noch die anscheinend zu erwartende Vorlage über die Zuckersteuer und Ausfuhrprämien unter Dach gebracht werden. Die Servistarifvorlage zu erledigen, liegt zwar ebenfalls im Wunsche der Par teien, allein man fürchtet, daß einer raschen Erledigung dieses an sich nicht umfangreichen und allgemein ge- billigtenEntwurfS sehr auSgedehnteDiskussionen aus dem Grunde im Wege stehen würden, weil verschiedene Abgeordnete die Gelegenheit wahrzunehmen geneigt wären, um für diese oder jene Stadt ihres Wahl kreises die Versetzung in eine höhere Skrvisllasse zu bewirken. Obwohl solche Versuche vergeblich sein würden, so werden sie voraussichtlich doch wieder unternommen werden, und damit rechnet auch die parlamentarische Geschäftsführung. Im allgemeinen aber ist man im Reichstage davon überzeugt, daß in der Vorlage das Richtige getroffen worden ist; denn man weiß, daß die Frage einer Verbesserung des Wohnungsgeldzuschusses, die vom Reichstage in einer Erklärung angeregt worden war, eingehend ge prüft und auf Grund eines reichen und zuverlässigen Materials entschieden worden ist. Den Gesetz entwurf, betreffend die Abänderung des 8 7 der Strafprozeßordnung (Gerichtsstand der Presse), ge denkt man im Reichstage ohne Kommissionsberatung zu erledigen. Ganz glatt aber dürfte auch die Ver abschiedung dieser Vorlage nicht gehen, da schon von verschiedenen Seiten die Forderung aufgestellt worden ist, unter allen Umständen die Strafverfolgung einer Zeitung nur an ihrem Erscheinungsorte zuzulassen, während der Entwurf bestimmt, daß bei Privat- beleidigungSklagen gegen ein Preßorgan auch das Gericht, in dessen Bezirk der Beleidigte seinen Wohn ort hat, sofern daselbst die betreffende Zeitung ver breitet worden ist, zuständig sein soll. Da man aber einem Beleidigten nicht wohl erhebliche Kosten, an deren Hervorrufung er ganz unbeteiligt ist, auf bürden kann, so dürfte eS bei dem Bundesratsentwurf sein Bewenden haben. Da- „Schmerzenskind* deS Reichstags, die diesem auferlegte schwierigste Aufgabe, lst und bleibt noch immer die Zolltarif-Vorlage. Hat die Kommission in den letzten Sitzungen ge zeigt, daß ihr daran gelegen ist, daS Tarif werk kräftiger als vor den Osterferien zu fördern, so hat sie doch wiederum eine Anzahl von Beschlüssen gezeitigt, die das Schiff der Tarifoorlage sehr be denklich belasten. Wohl haben hervorragende Mit glieder der tariffreundlichen Mehrheit erklärt, daß die Beschlüsse der ersten Lesung nichts weniger als endgiltige, sondern nur Wünsche seien, die später wieder fallen gelassen werden sollten; je mehr in dessen die Gestalt des Entwurfs derartig verändert wird, desto schwerer wird es sein, sie wieder normal herzurichten. ES ist dringend zu wünschen, daß die Kommission mit der weiteren Belastung des schon stark bedrohten Tariffahrzeugs aushören und sich entschlossen auf die durch den Entwurf vorgezeichnete mittlere Linie, auf der allein ein Zustandekommen des Tarifwerks erreichbar ist, begeben werde. Tagesgeschichte. Dresden, 17. April. Heute nachmittag 5 Uhr findet bei Ihren Königlichen Majestäten in Villa Strehlen Familientafel statt, an der Se. König!. Hoheit der Prinz Georg, Se. Königl. Hoheit der Prinz und Ihre Kaiser!, und Königl. Hoheit die Frau Prinzessin Friedrich August und Ihre Königl. Hoheit die Prinzessin Mathilde teil- nehiiien. Abends 7 Uhr empfangen Ihre Majestät die Königin in Strehlen Ihre Durchlaucht die Frau verw. Prinzessin Reuß j. L. geb. ReichSgräfin v. Hochberg. Deutsches Reich. Berlin. Gestern vormittag hörten Se. Majestät der Kaiser die Vorträge de« Staatssekretär« de« Reich»- Postamts Kraetke und de« Chef« des Zivilkabinetts Wirk! Geh Rat» I)r. v. Lucanu«. Zur FrühstückL- täfel waren geladen der Abt von Maria-Laach Frhr. r Stotzingen und dessen Brüder Oberleutnant im Re giment Garde» du Corp» und Leutnant im 1. Garde- Ulanen-Regiment Freiherren v Stotzingen sowie Excellenz vr. v Lucanu«. Der Abt war vorher von Ihrer Majestät der Kaiserin empfangen worden — Abend« begaben Sich Se. Majestät der Kaiser mit Er Kaiser!, und Königl. Hoheit dem Kronprinzen de« Deutschen Reiche« und von Preußen nach Bremerhaven zur Nordseefahrt. Im Gefolge de« Monarchen befanden sich der Chef de« Zivilkabinetts Wirkt. Geh Rat vr. v. Lucanus, der Chef de« Militärkabinetts General leutnant Graf Hülsen-Häseler, der Chef de« Marine. kabinettS Vizeadmiral Frhr v Senden-Bibran, Ober hofmarschall Graf Eulenburg, Hofmarschall Frhr v. Trotha, Gencraladjutant General der Infanterie v. Messen, Ge- neralmajor v. Löwenfeld, Flügeladjutant Hauptmann v. Friedeburg, Oberstabsarzt vr. Jlberg; in Begleitung deS Kronprinzen befanden sich Oberst v. Pritzelwitz und Oberleutnant v. Stülpnagel. — Wie in einem Teile der gestrigen Auflage unter Drahtnachrichten bereits gemeldet wurde, sprach im Auftrage Sr. Majestät des Kaisers Dienstag nach mittag General ä la «uitv Generalmajor v. Löwenfeld bei dem russischen Botschafter anläßlich der Er mordung de» Minister« Ssipiagin vor. — Daß der Bundesrat sich schon in einer nahen Zeit mit einzelnen neuen gesetzgeberischen Arbeiten beschäftigen wird, darf, wie die „Berl. Pol. Nachr " mit teilen, mit Sicherheit angenommen werden E« kommt dabei in erster Linie die Vorlage in Frage, die infolge der internationalen Zuckerkonvention nötig geworden ist Aber auch ein schon weit länger in Vorbereitung befindlich«» Gesetz entwurf dürfte dem nächst zur legrslator,scheu Behandlung rnf sein, di« Vorlag« wrg«n de« Rechtsverhältniffe« zwischen Arbeitgrbern und Arbeitnehmern im Hanbelsgewerbr. Zwar haben sich gerade diesem Entwürfe eine Menge Schwierigkeiten entgegengestellt, wie ja denn auch die öffentliche Erörterung der in der Vorlage hauptsächlich zur Erscheinung zu bringenden Gesichtspunkte davon ein kleine« Bild gegeben hat. Man hofft aber in den zu ständigen Kreisen, daß e« möglich sein wird, der Schwierig keiten bald Herr zu werden und dann zunächst dem BundeSrate die Gelegenheit zur Beschlußsaffung über die Vorlage geben zu können Schließlich dürfte auch der Nachtrag»«tat von 1902, in dem die erweiterte Veteranen» fürsorge geregelt werden soll, nicht lange auf sich warten lassen Ob e« gelingen wird, alle diese Entwürfe auch dem Reichstage noch in dem diesmaligen Tagungs abschnitte zu unterbreiten, hängt allerdings von der Dauer de« letztere» ab lieber diese Dauer dürsten end- giltige Abmachungen bi« jetzt noch nicht getroffen sein — Der Staatssekretär de« Reichsamte« des Innern, StaatSminister vr. Graf v Posadowsky-Wehner erklärte gestern in der Zolltarifkommission die von der Mehrheit beschlossen« Erhöhung der Viehzölle für unannehmbar (zu vergl den Kommissionsbericht unserer heutigen Nummer). — Die neuerrichtete arbeitsstatistische Abteilung de« Kaiser!, statistischen Amte« dürfte zunächst di« verschiedenen Erhebungen, die ihr von der Kommrssion für Arbeit«statistik unerledigt Hinte,lasten worden find, zu Ende führen lieber ihr Arbeitsprogramm wird der „Allg Ztg" geschrieben: In erster Linie dürfte hier die Erhebung über die Arbeitszeit der in den Kon torea beschäftigten Personen in Betracht kommen Da« Er- gebni« der schriftlichen Umfrage, die im vergangenen Herbst stattgrfunden hat, ist dem Kaiser!, statistischen Amt zur Bearbeitung überwiesen worden und wird voraussichtlich die erste Veröffentlichung der neuen Abteilung bilden, der alsdann mündliche Vernehm ungen von Prinzipalen und Gehilfen folgen werden Außerdem ist bekanntlich eine Erhebung über die Arbeitszeit im Fleischergewerbe von der Kom mission für Arbeitsstatistik empfohlen und der der Er hebung zu Grunde liegende Fragebogen bereit« fest gestellt worden Ferner ist eme Erhebung über die Arbeitszeit im Verkehrsgewerbe oder bester im pri vaten Transportgewerbe von der Kommission schon soweit vorbereitet hinterlasten worden, daß man mit der schriftlichen Umfrag« demnächst wird beginnen können Endlich ist die Kommission für Arbeiterstatipik noch in ihrer letzten Sitzung in nähere Erwägungen über eine Erhebung bezüglich der Arbeitszeit im Binnenschiff fahrtsgewerbe eingetreten. — Nach dent vor kurzem dem Reichstage zu- gegangenen Gesetzentwürfe über die Beschäftigung von Kindern in Gewerbebetrieben sollen auch die eigenen Kinder von gewerblichen Unter nehmern dem gesetzlichen Schutze unterstellt werden. Durch eine solche Bestimmung wird eine in der Ge- werbeordnungsnooelle vom 1. Juni 1891 ausdrücklich festgesetzte Anordnung beseitigt werden. ES ist in dieser Novelle 8 154 Abs. 4 vorgesehen, daß die Arbeiter- schutzbestimmungen auch auf andere al» mit Motoren arbeitend« Werkstätten und auf Bauten ausgedehnt werden können, aber ausdrücklich der Vorbehalt gemacht, daß Werkstätten, in denen der Arbeitgeber ausschließlich zu seiner Familie gehörige Personen beschäftigt, unter diese Bestimmung nicht fallen. Damal« gingen die Gesetz, geber von der Idee aus, daß «ine Regelung der Kinderarbeit namentlich in der Hau«indufirie möglich sei, ohne daß ein Eingriff in die Familie nötig werden würde. Die vor einiger Zeit vorgenommene Erhebung über die Beschäftigung von Kindern in gewerblichen Betrieben hat aber gezeigt, daß ein Kinderschutz in dm in Rede stehenden Betrieben nicht durchgeführl werden kann, wenn ihm nicht auch die eigenen Kinder der betreffenden Arbeitgeber unterworfen werden. An« diesem Grunde ist man dazu gekommen, eine gesetz- Lunss und Wissenschaft. Refidenztheater. — Am 16. d. MtS.: „Galeotto". Drama in drei Akten und einem Vorspiel nach dem Spanischen de« Joss Echegaray. Deutsch von Paul Lindau Al» zweite Gastrolle hatte Hr. Joseph Kainz »om Kaiser! und Königl Hofburgtheater zu Wien die de» Ernesto in dem Drama „Galeotto" de« spanischen Dichters Echegaray gewählt. Da« Werk erscheint ver- hältnismäßig selten auf der Bühne, obgleich e« seiner geschickten scenischen Anlage wie der kräftigen Charakter, zeichnung, die in ihm wahrzunehmen ist, nach, nicht »mder mit Rücksicht auf seinen nicht unbeträchtlichen poetischen Gehalt, auf seinen Reichtum an Geist und die Eindringlichkeit und farbige Lebendigkeit seiner Sprach« zu dm beachtenswerten Erscheinungen der Schauspiellitteratur au« den achtziger Jahren de« vorigen Jahrhundert« zählt. Diesen Mangel an Volkstümlichkeit mag der Gründcharakter de« Werke« verschulden, da« Fehlen einer wahrhaften poetischen Er hebung und Versöhnung in ihm, da« Dominieren jener trüben Schicksalsschilderuna, di« blindlings ihre Opfer sucht. Ma» kann sich beim Anhören dieser Dichtung zwar der Gewißheit nicht entziehen, daß all« in ihr dar- gestellten Motive und Handlung«» wohl vereinzelt im «den zu finden sei» mögm; aber man hat zugleich von ihnen den Eindruck, daß sie mühsam erklügelt sind So wirken sie denn befremdlich und schroff auf unser Gemüt, und wrnngleich man in ihnen di« ernste Thätigkeit «ine« ernsten Dichter» erkennt, so steigert sich doch beim An blicke der geschilderten Ereignisse von Scene zu Scene nne nervöse Verstimmung, der man nicht Herr zu werden vermag Die Rolle de« Ernesto, die führende, von Virtuosen mit erklärlicher Vorliebe gespielte de« Stücke», ließ da« künstlerische Vermögen des Wiener Gaste« in weit stärkerem Maße erkennen al» sein Willy Janikow Hatte man bei diesem letzteren nicht überall den Eindruck voller künstlerischer Einheitlichkeit und Abrundung, so erbrachte diesen sein Ernesto Wie bei jener, so legt» der Künstler auch in der Wiedergabe dieser Gestalt den Nachdruck auf die Betonung de» nervösen Moment«, und e« gelang ihm hier in der That vollkommen, da« nervös-erregte Wesen Ernesto«, sein grübelnde« Sinncn, den Widerstreit der Gefühle, di« Wallungen tiefer Liebe, reiner Verehrung, glühenden Zorn», maßloser Verachtung und schließlich eine« wilden, sinnlosen Hohn« in anhaltender Steigerung zu charakterisieren Zu seiner in jeder Bewegung und dem Spiele der Mienen vollendeten Leistung gesellte sich zudem in der gestrigen Vorstellung in ebenfalls ver stärktem Maße die Macht und Wucht seiner Sprache, oi« ihren wahrhaft erhabenen Höhepunkt in der letzten Scene de» dritten Akte» fand, wo Ernesto da» ge« schmähte Weib de« verlorenen Freunde« an sich rerßt und die moralische Schmach auf sich nimmt, derer man ihn bi« zu diesem Augenblick schuldlos angeklagt hat. Der gestrige Tag hat die ungewöhnliche Begabung de« Wiener Gaste« rn ihrer vollen Größe gezeigt und man darf deshalb mit hochgespannten Erwartungen seinen ferneren Gastspielen entgegensetzen In der dankbaren, aber schwierigen Rolle der Julia gastiert« in der gestrigen Vorstellung Frl. Gerda Saalburg, die von der nächsten Spielzeit an dem Residenztheater al« Mitglied ongehören wird. Die zweifello« nicht untalentierte Künstlerin blieb der ersten Abteilung ihrer Rolle, der unbefangenen Julia, nicht« schuldig, während in die erschütternde zweite sich ein falsche« Patho« und ein Zuviel an Gebärden und Be wegungen mischte, da« dem Gesamteindruck ihrer sonst lobenswerten Leistung nicht zu statten kam Dre Mitglieder sei» Residenzlheater« spielten nach besten Kräften; daß diese für so anspruchsvolle Leistungen, wie sie Echegaray von seinen Schauspielern verlangt, nicht überall ausreichtcn, sei ihnen nicht persönlich al« Schuld angerechnet, da an ihre Vielseitigkeit Anforder ungen gestellt werden, die schlechterdings bei allem guten Wollen und tüchtigen Können nicht erfüllbar sind. W Dg>. Konzert. Mit der gestern abend erfolgten Aus führung von Franz LiSzt« Oratorium „Christ»«" leistete der Dresdner Chorverein seine zweite künst lerische Ttzat Und eine solche war e« in mehr al« einer Hinsicht Der junge unter Leitung de« Hrn. v Baußnern höchsten Zielen zustrebende Verband tilgte eine Ehrenschuld, indem er auch dem zweiten der Oratorienwerke Liszt« — „Die heilige Elisabeth" war hier bereit« gehört worden — in unserer Stadt zu seinem Rechte verhalf. Er gewann sich aber auch zu gleich die Achtung und Wertschätzung aller ernstdenkendrn, von Sonderinteressen freien Musiker nicht nur durch die Wahl seiner Aufgabe, sondern auch durch di» Art, wie er sie löste Dem unbefangen Urteilenden mußte sich der Gedanke aufdrängen, daß e« ein Ziel, auf« innigste zu wünschen sein müsse, daß dieser Neugründung auf irgend eine Weise, durch einen kräftigen Appell an die Bürger schaft, durch Förderung feiten» vermögender Gönner oder dergleichen, eine feste finanzielle Basis bereitet werd«. Um zunächst bei der Wahl de» Werke» zu bleiben, so «wie» sie sich ja vielleicht au« rein praktischen Gründen nicht so günsiig wie di« für die erste Ausführung ge troffene. Aber von idealen Gesichtspunkten au« mag man sie nur gutheißen Der Verein wollte einen Teil seine« Programm« offenbaren, wollte zeigen, daß el in seiner Absicht liegt, keine«w«g» etwa einseitig die Alten und da» Alte zu pflegen Und da war die Hand, die nach LiSzt« „Christ»«" griff, keine übelberatene gewesen. Rian könnte diese» Werk geradezu ein typisch moderne» nennen; allerdings auch in einem nicht nur guten Sinne. Eine herzerhebende, seelenbefreiende Wirkung, wie sie beim „HeraklcS" von Händel wohl ein jeder in der Hörerschaft empfunden haben mag, war hier schon in sofern ausgeschlosicn, als sich Liszt seiner ganzen Art nach gar nicht an Herz und Gemüt wendet, dann da ein Teil der effektiven Wirksamkeit dock auch verloren geht, wenn di« herangezogenen alten Kirchenhymr.cn und liturgischen Melodien nicht eine lebendige Resonanz finden Die Wirkung konnte also von vornherein im günstigsten Falle «ine vornehmlich aesthetisch befriedigende werden Und sie erwirkte denn da« Werk im großen und ganzen auch Schon der Umstand, daß e« mel- leicht rn höherem Grade al« manche andere der kirchen- musikaUschcn Schöpfungen LiSzt« zeigt, daß e« diesem ernst war um seinen Glauben, mußte hier den Hörer günstig beeinflußen Mit dem Umstande aber, daß dieser Glaube mehr am Aeußeren, an den schönen Formen de« Kultu«, dem EtimmungSzauber haftete, den ste in ihrer wechselnden Erscheinung ausstrahlen, konnte man sich um so mehr abfinden, al« man ja wußte, daß gerade die schöpferische Potenz de« Musiker« Li«zt der Anregung durch äußere Eindrücke bedurfte, um sich er folgreicher zu bethätigen Mit andern Worten: den hehren Stoff, den sich der Meisier erkor, erfaßte er durchau« im Sinn« seiner „Programmmusiken". Die „Bilder", di« er bot, waren e«, die ihn fesselte», und wo die Bilder sich nicht von selbst ergaben, konstruierte er sie sich in seiner Phantasie, wie die« besonder« in den „Seligpreisungen" in der an sich sehr wirksamen Verteilung de» Texte« auf da« Barytonsolo — als Repräsentanten de« predigenden Heiland» — und Chor hervortritt, aber auch au« der oft nahezu theatralischen Ausfassung de« erschütternden Stabat-matsr-Texte« offenbar wird Daß e« im letzteren Falle, bei den „konstruierten" Bildern, LiSzt nicht ge- geben ist, seine höchsten Wirkungen zu erzielen, «rg»bt
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