Prof. Hugo Steurer Programm oder bildhafter Hinweis? 1675 schrieb Heinrich Biber 16 Solosonaten für Violine „zur Verherrlichung von 15 Mysterien aus dem Leben Mariä“, kurz danach erschien Johann Kuhnaus „Musi kalische Vorstellung einiger biblischer Historien in sechs Sonaten auf dem Klavier zu spielen“, Couperin und Rameau folgten, und seitdem ist die Reihe der „in Musik malenden“ Komponisten eine Kette ohne Ende geworden. Liszt, Berlioz, Strauss, Debussy, Messiaen, sie alle gaben den meisten ihrer Werke Namen, verglichen sie mit Gedichten, philosophischen Abhandlungen, Gemälden, historischen Persönlich keiten, abstrakten Ideen und Naturereignissen. Ist das alles Programmusik? Ja und nein! Musik, die ohne das zu schildernde Objekt nicht verständlich wird, die also einen programmatischen Untergrund braucht und darüber hinaus mit ihrem Programm vor oder über dem eigentlichen Kunstwerk steht, muß als Programmusik bezeichnet werden. In den meisten dieser Werke wird die mit Effekten erzielte Tonmalerei Selbstzweck. Bleibt die Tonmalerei jedoch Teil des Kunstwerks, hat der Komponist ein bildhaftes Gleichnis gewählt, um Idee, Inhalt und Aussage seiner Musik verständlicher zu machen, wird man den Begriff Programmusik besser vermeiden müssen. Wenn Beethoven in seiner „Pastorale“ forderte „Mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei!“ und Max Butting den Hörer anweist, sich in erster Linie an die rein musikalischen Hinweise zu halten, oder wenn Ottmar Gerster in seinem Klavier konzert ganz auf programmatische Satzüberschriften verzichtet und dennoch eine